Förderung des Sprechens im kompetenzorientierten Englischunterricht der gymnasialen Oberstufe. Sebastian Miede

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Förderung des Sprechens im kompetenzorientierten Englischunterricht der gymnasialen Oberstufe - Sebastian Miede


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und vor Publikum sprechen). Jede diese Subkategorien schlüsselt sprachliche Handlungen in positiv formulierte „Kann-Beschreibungen“ – so genannte Deskriptoren – auf, die in einem sechsstufigen Diagnosesystem den Niveaustufen A (Elementare Sprachverwendung mit den Unterscheidungen A1: Breakthrough und A2: Waystage), B (Selbstständige Sprachverwendung mit den Unterscheidungen B1: Threshold und B2: Vantage) und C (Kompetente Sprachverwendung mit den Unterscheidungen C1: Effective Operational Proficiency und C2: Mastery) zugeordnet werden. Nicht immer sind diese trennscharf, insbesondere, weil das Festlegen von Niveaugrenzen ein subjektives Verfahren darstellt. Dieses Umstands sind sich die Herausgeber des Referenzrahmens allerdings bewusst und schlagen, auf Basis empirischer Erkenntnisse, vor, bei Unsicherheiten auf Zwischenstufen wie beispielsweise B1+ zurückzugreifen (vgl. Europarat 2001: 40). Es kann an dieser Stelle nicht auf alle Beispielskalen der beiden Kategorien der Sprechkompetenz detailliert eingegangen werden, daher wird exemplarisch vorgegangen.

      Der Kompetenzbereich der „mündlichen Produktion allgemein“ enthält, als Deskriptor für das Niveau A1, folgende Beschreibung: „Kann sich mit einfachen, überwiegend isolierten Wendungen über Menschen und Orte äußern“ (Europarat 2001: 64). In höheren Niveaustufen bleiben die Operatoren in ihrer Formulierung zwar einerseits recht allgemein, modifizieren aber andererseits die A1-Beschreibung immer weiter. Dies ist zur Verdeutlichung in einer Tabelle aufgeführt:

      An diesem Vergleich lässt sich erkennen, dass sich mit zunehmender Niveaustufe die Operatoren in ihrem Detailgrad verändern. In der A2-Beschreibung ist noch klar umrissen, worüber sich der Lernende auf diesem Niveau äußern kann und in welcher sprachlichen Form er dies tut (listenhaft, kurz). Der B2-Operator ist hingegen thematisch weiter gefasst. Es wird von einer Bandbreite an Themen gesprochen und allgemein von Sachverhalten, die beschrieben und dargestellt werden können. Die sprachliche Form ist weniger genau festgelegt als in den niedrigeren Niveaustufen, aber es werden Aussagen darüber gemacht, welche Kriterien die sprachlichen Äußerungen erfüllen sollen (untergeordnete Punkte, klare und detaillierte Beschreibungen, relevante Beispiele, stützende Details, klar und systematisch, angemessen). Die Operatoren des C-Niveaus werden wieder knapper gefasst, weil sie hauptsächlich auf den unteren Stufen aufbauen. Bei C1 ist von komplexen Sachverhalten die Rede und im C2-Niveau fällt eine Spezifikation des sprachlichen Genres ganz weg. Im Vergleich der weiteren Beispielskalen aus der Kategorie der mündlichen Produktion fällt auf, dass gerade zwischen C1 und C2 die Nuancen, die die Niveaus voneinander unterscheiden, so gering sind, dass eine Einstufung auf subjektiven Einschätzungen der Nutzer des Referenzrahmens beruht. Exemplarisch hier der Vergleich für den Komplex „zusammenhängendes monologisches Sprechen: Erfahrungen beschreiben“:

      Anhand verschiedener Vergleiche der Deskriptoren in den Beispielskalen des Referenzrahmens lässt sich festmachen, dass eine Operationalisierung sprachlicher Kompetenzen, wie sie im GeR vorgenommen wird, für die Nutzer, seien es Lehrende bei der Unterrichtskonzeption oder Diagnose oder Lernende bei der Selbsteinschätzung, überfordernd wirken kann. Quetz äußert sich entsprechend kritisch über den Referenzrahmen und betont, dass er daher nur „denjenigen bei der Arbeit helfe, die sich ohnehin ständig mit der Gradierung von Sprachmaterial für Curricula, Lehrwerke oder Tests befassen“ (Quetz 2003: 153).

      Im Bereich der mündlichen Interaktion unterscheidet der GeR in neun Subskalen, diese beinhalten produktive und rezeptive Strategien. Der Operator „mündliche Interaktion allgemein“ konzentriert sich auf Faktoren wie Idiomatik und Konnotationen. Er bezieht sich hauptsächlich auf den Wortschatz und die verschiedenen Graduierungsmittel zur Formulierung von Gedanken im jeweiligen situativen Kontext, allerdings geht es auch um die Fähigkeit zur Kompensation von Ausdrucksschwierigkeiten. Auch für den Bereich „Interaktion“ wird eine Beispielskala geliefert. Kompetente Sprecher kennzeichnen sich, laut GeR, durch die Fähigkeit Gespräche zu initiieren, aufrecht zu erhalten und dabei auf Gesagtes angemessen reagieren zu können. Je nach Niveaustufe werden Lernende zunehmend flexibler im Gebrauch der Sprache für soziale Zwecke und können auch komplexere Gedanken adäquat kommunizieren. Es wird für das B2-Niveau explizit darauf verwiesen, dass auch Diskussionen mit Muttersprachlern geführt werden können in welchen diese nicht dazu veranlasst werden, sich anders zu verhalten als bei Gesprächen mit anderen Muttersprachlern (z.B. langsamer sprechen, einfacher Wortschatz, einfache Satzstrukturen). Interessant ist auch, dass der Referenzrahmen thematisch in informelle und formelle Diskussion unterscheidet und für beide Situationen Skalen anbietet. Für den schulischen Kontext von besonderer Bedeutung ist die Subskala zur „zielorientierten Kooperation“. Hiermit lässt sich einschätzen, wie sicher Lernende zum Fortgang einer Aufgabe sprachlich beitragen können und wie sich diese Zielorientierung sprachlich manifestiert. Für das C-Niveau liegen keine differenzierten Deskriptoren in diesem Bereich vor, sondern es wird darauf verwiesen, dass Sprecher auf B2-Niveau bereits das angestrebte Kompetenzziel erreichen. Selbiges gilt für die Bereiche „Transaktionen: Dienstleistungsgespräche“ und „Informationsaustausch.“ Die Skala „muttersprachliche Gesprächspartner verstehen“ wird, obwohl sie auch in den Bereich der rezeptiven Fertigkeiten eingeordnet werden könnte, im Sinne eines Verständnisses des Sprechens als integrative Kompetenz, bei der Interaktion aufgeführt.

      Unter den sogenannten linguistischen Kompetenzen listet der GeR noch die Subskala zum „Spektrum sprachlicher Mittel“ auf. Die für die Kommunikation ebenfalls relevanten nonverbalen Faktoren wie Mimik und Gestik werden zwar angeführt, jedoch nicht näher operationalisiert.

      Auch als Diagnose- und Beurteilungsgrundlage für mündliche Leistungen kann der GeR eingesetzt werden. Die Autoren führen aus, dass eine valide Beurteilung „ein Sampling eines Spektrums relevanter Diskurstypen einfordert“ (Europarat 2001: 173) und verweisen auf verschiedene Formate, die in Sprachtests gemischt zur Anwendung kommen können und die monologische und interaktive Phasen beinhalten. Ebenfalls stellen sie dar, dass die Deskriptoren für kommunikative Aktivitäten auf drei Weisen gebraucht werden können: zur Aufgabenerstellung, für lernzielorientierte Rückmeldungen an Lernende und zur Selbst- und Fremdbeurteilung einer sprachlichen Leistung (vgl. Europarat 2001: 175). Hinsichtlich der Beurteilung von Performanz weisen die Autoren jedoch darauf hin, dass Deskriptoren zwar einen gemeinsamen Bezugsrahmen für eine objektive Rückmeldung schaffen können (vgl. ibid.) insbesondere aber bei der Beurteilung von Lernenden im Rahmen kommunikativer Aufgaben mit dem Ziel der Einstufung in eines der Kompetenzniveaus darauf geachtet werden sollte, dass die exemplarische Performanz innerhalb eines bestimmten Aufgabenformats lediglich einen Anhaltspunkt für die Beurteilung liefern kann.

      Dieser Einblick in den GeR im Allgemeinen, und die Ausgestaltung des Dokuments mit Blick auf den Faktor Sprechkompetenz im Speziellen, hat einige Stärken und Schwächen aufgezeigt. Zwar sind manche Kompetenzbeschreibungen eher vage und die Bedeutungsnuancen an den Übergängen zwischen den Niveaustufen nicht immer eindeutig definierbar, allerdings vermag es der Referenzrahmen durch seine positiv formulierten Kann-Beschreibungen „Fremdsprachenniveaus auf eine zuvor noch nie da gewesene Weise“ (Schröder/Tesch/Nold 2017: 16) zu präzisieren, ein Bewusstsein und einen Rahmen für kompetenz- und handlungsorientierten Fremdsprachenunterricht zu schaffen und durch klare Evaluationskriterien für Sprechleistungen auch mündliche Sprachproduktion überprüfen zu können. Burwitz-Melzer hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass gerade die im GeR vorgenommene Aufschlüsselung der hochkomplexen Sprechkompetenz positive Auswirkungen auf Unterrichtsforschung wie auch Unterrichtsgestaltung haben kann, weil Sie Lehrkräften wie auch Forschern aufzeigt, dass Förderung und Überprüfung ebendieser Kompetenz von Beginn an sorgfältig geplant werden müssen (vgl. Burwitz-Melzer 2014: 18-20). Im Folgeabschnitt wird der Blick nun auf die Bildungsstandards gerichtet, welche vom GeR maßgeblich beeinflusst sind.

      2.3 Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache

      Einen erheblichen Einfluss, insbesondere auf den Faktor Mündlichkeit in der gymnasialen Oberstufe, hat die Neustrukturierung des deutschen Bildungssystems als Folge der schwachen Resultate deutscher Schüler/innen in der PISA-Studie im Jahr 2000 (vgl. Baumert 2003). Diese Entwicklungen, die in der Abkehr von dem zuvor etablierten input-orientierten


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