Verschiedene Texte. Martin Luther

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Verschiedene Texte - Martin Luther


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Eine Transsubstantiation also, die durch eine göttliche Macht geschähe, vorauszusetzen, ist nicht nötig; man muß sie vielmehr für ein erdichtetes Menschengebilde ansehen, weil sie sich weder auf die Schrift, noch auf einen vernünftigen Grund stützt, wie wir sehen werden.

      Die Kirche hat mehr als zwölfhundert Jahre recht geglaubt, nie und nirgends haben die heiligen Väter die Transsubstantiation (was schon ein recht ungeheuerliches Wort ist und erträumt) erwähnt, bis die sogenannte Philosophie des Aristoteles in diesen letzten dreihundert Jahren in der Kirche überhandgenommen hat,

      Warum kann Christus seinen Leib nicht in der Substanz des Brotes erhalten, ebenso wie er ihn (nach der Kirchenlehre) in den Akzidenzien erhält? Siehe, das Eisen und Feuer, zwei Substanzen, werden in einem glühenden Eisen so vermischt, daß jeder Teil Eisen und Feuer (zugleich) ist. Warum kann nicht der verklärte Leib Christi viel eher ebenso in allen Teilen der Substanz des Brotes sein?

      Was sollen wir hierzu sagen, wenn wir den Aristoteles und menschliche Lehren zu Richtern über so hohe und göttliche Dinge machen? Warum verwerfen wir nicht solchen Vorwitz und bleiben schlicht bei den Worten Christi und sind bereit, nicht zu wissen, was da geschehe, und sind zufrieden damit, daß kraft der Worte der Leib Christi da ist? Ist es denn nötig, daß wir die Art und Weise des göttlichen Handelns gänzlich begreifen?

      Daß wir aber nicht zu sehr ins Philosophieren kommen: scheint nicht Christus diesem Vorwitz fein entgegenzutreten, wenn er vom Wein nicht gesagt hat: ›Das ist mein Blut‹, sondern › Dieser ist mein Blut‹ (Matth. 26, 28)? Und noch viel klarer (wird es dadurch), daß er das Wort ›Kelch‹ mit hinzunimmt und sagt: ›Dies ist der Kelch des neuen Testaments in meinem Blut‹ (1. Kor. 11, 25). Sieht man denn nicht, daß er uns im schlichten Glauben behalten wollte, und daß wir lediglich glaubten, sein Blut sei in dem Kelch? Fürwahr, wenn ich nicht begreifen kann, auf welche Weise das Brot der Leib Christi sein kann, will ich doch meinen Verstand gefangennehmen unter den Gehorsam Christi und schlicht bei seinen Worten bleiben, und glaube fest nicht allein, daß der Leib Christi in dem Brot ist, sondern das Brot der Leib Christi ist. Denn zu dieser Auffassung bringen mich die Worte, wo er sagt: ›Er nahm das Brot, dankte, brachs und sprach: Nehmet, esset, das (das heißt: das Brot, das er genommen und gebrochen) ist mein Leib‹ (V. 23 f.). Und Paulus spricht: ›Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?‹ (1. Kor. 10, 16) Er sagt nicht: in dem Brot ist, sondern: das Brot selbst ist die Gemeinschaft des Leibes Christi. Was liegt daran, ob die Philosophie das nicht versteht? Der heilige Geist ist mehr als Aristoteles. Versteht sie denn überhaupt etwas von der Transsubstantiation dieser Dinge, da sie doch selber zugesteht, daß hier die ganze Philosophie zusammenstürzt?

      Und wie es sich mit Christus verhält, so verhält es sich auch mit dem Sakrament. Denn es ist nicht nötig, daß die menschliche Natur verwandelt werden muß, wenn die Gottheit in der Menschheit leiblich wohnen soll – als ob die Gottheit an die Akzidenzien der menschlichen Natur gebunden wäre. Sondern beide Naturen bleiben zugleich unversehrt bestehen, und so wird mit Recht gesagt: Dieser Mensch ist Gott, dieser Gott ist Mensch. Und wenn die Philosophie das schon nicht versteht, so versteht es doch der Glaube. Gottes Wort hat eine größere Vollmacht, als unser Verstand es fassen kann! In dem Sakrament ist also der wahre Leib und das wahre Blut. Es ist nicht nötig, daß sich das Brot oder der Wein in eine andere Substanz verwandele, so daß Christus unter den Akzidenzien eingeschlossen sei. Sondern beides bleibt zugleich bestehen, wie es in Wahrheit heißt: ›Dieses Brot ist mein Leib; dieser Wein ist mein Blut‹ und umgekehrt. So will ich es einstweilen zur Ehre der heiligen Worte Gottes verstehen. Ich will nicht dulden, daß ihnen durch menschliche Spitzfindigkeiten Gewalt geschieht und sie umgedeutet werden. Jedoch lasse ich es anderen zu, eine abweichende Meinung zu haben. Sie sollen uns nur nicht zwingen, daß wir ihre Meinung (wie oben gesagt) wie Glaubensartikel annehmen.

      Die dritte Gefangenschaft dieses Sakramentes ist der überaus gottlose Mißbrauch, durch den es gekommen ist, daß heute in der Kirche fast nichts verbreiteter ist, fester geglaubt wird, als daß die Messe ein gutes Werk und ein Opfer ist. Dieser Mißbrauch hat andere unzählige Mißbräuche nach sich gezogen, bis der Glaube an das Sakrament ganz erloschen ist und sie aus dem göttlichen Sakrament lauter Jahrmärkte, Krämerei und gewinnsüchtige Verträge gemacht haben. Daher werden die Teilhaberschaften, die Bruderschaften, die Fürbitten, die Verdienste, die Jahresfeiern, die Gedenktage und dergleichen Händel mehr in der Kirche verkauft, durch Verträge erhandelt und verglichen, und an diesen hängt die ganze Nahrung der Priester und Mönche.

      Ich rühre da ein heißes Eisen an, eine Sache, die vielleicht nicht zu erschüttern ist, weil sie durch jahrhundertelangen Gebrauch festgewurzelt und unter der Zustimmung aller angenommen, so eingenistet ist, daß es nötig wäre, den größten Teil der Bücher, die heute maßgebend sind, und schier die ganze äußere Gestalt der Kirche abzutun und zu verändern. Man müßte eine gänzlich andere Art der Zeremonien einführen oder vielmehr, man müßte sie auf ein geringes Maß zurückführen. Aber mein Christus lebt, und man muß mit größerer Sorgfalt das Wort Gottes befolgen als aller Menschen und Engel Gedanken. Ich will meines Amtes walten und die Sache ans Licht bringen. Wie ich die Wahrheit umsonst empfangen habe, so will ich sie ohne Mißgunst weitergeben. Im übrigen soll jeder für seine Seligkeit Sorge tragen. Ich will allen Fleiß darauf verwenden, daß keiner vor dem Gericht Christi die Schuld seines Unglaubens, und daß er die Wahrheit nicht gewußt hätte, auf mich abwälzen kann.

      Zuerst, um sicher und erfolgreich zu der wahren und freien Erkenntnis dieses Sakraments zu gelangen, müssen wir uns vor allen Dingen darum bemühen, alles das abzutun, was zu der ersten und schlichten Stiftung dieses Sakraments aus menschlicher Andacht und Eifer hinzugetan worden ist; als da sind die Meßgewänder, Zierate, Gesänge, Gebete, Orgeln, Lichter und die ganze Pracht der sichtbaren Dinge. Laßt uns unsere Augen und Gemüt allein auf die reine Stiftung Christi richten und auf nichts anderes sehen als auf das Wort Christi, durch das er das Sakrament eingesetzt, vollbracht und uns anbefohlen hat. Denn in diesem Wort und sonst in gar keinem anderen liegt die Kraft, Natur und das ganze Wesen der Messe. Alles andere ist menschlicher Eifer, zum Worte Christi hinzugekommen, ohne den die Messe sehr gut gehalten werden und bestehen kann. Die Worte, mit denen Christus dieses Sakrament eingesetzt hat, sind folgende (Matth, 26, 26ff.):

      ›Da sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brachs und gab es seinen Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; das ist der Kelch, das neue Testament in meinem Blut, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden, Solches tut zu meinem Gedächtnis. ‹

      Diese Worte überliefert auch der Apostel 1. Kor. 11, 23 ff., und erklärt sie weitläufiger. Auf diese müssen wir uns stützen, auf sie müssen wir uns wie auf einen festen Felsen gründen, wenn wir nicht durch jeden Hauch einer (neuen) Lehre (vgl. Eph. 4, 14) umgeworfen werden wollen, wie es bisher durch gottlose Lehren von Leuten, die der Wahrheit feind sind (vgl. Tit. 1, 14), geschehen ist. Denn in diesen Worten fehlt nichts, was für die Vollkommenheit, den Gebrauch und Nutzen dieses Sakraments nötig ist. Es gibt auch nichts, was überflüssig und uns nicht nötig zu wissen wäre. Denn wer diese Worte streicht und dennoch von der Messe redet oder lehrt, der lehrt ungeheure Gottlosigkeiten, wie es durch die geschehen ist, die ein opus operatum und Opfer daraus gemacht haben.

      So bleibts demnach zuerst und unfehlbar dabei, daß die Messe oder das Sakrament des Altars ein Testament Christi ist, das er bei seinem Tode zur Austeilung an seine Gläubigen hinterlassen hat. Denn so lauten seine Worte: ›Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut.‹ Es bleibe, sage ich, diese Wahrheit das unerschütterliche Fundament, auf das wir alles bauen wollen, was noch gesagt werden muß. Denn das wirst du sehen, wie wir alle Gottlosigkeiten der Menschen zunichte machen werden, die diesem überaus teuren Sakrament angetan worden sind. So sagt nun der wahrhaftige Christus mit Wahrheit: dies sei das neue Testament in seinem Blut, für uns vergossen. Ich wiederhole das nicht ohne Grund: es handelt sich um keine geringe Sache, sondern sie will tief eingeprägt sein.

      Wir wollen also (zunächst) danach fragen, was ein Testament ist! Dann werden wir auch zugleich wissen, was die Messe ist, wie sie zu gebrauchen, was ihr Nutzen, was ihr Mißbrauch ist. Ein Testament ist ohne Zweifel das Versprechen eines Sterbenden, in dem


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