Jesuiten-Spiegel. Walter Rupp

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Jesuiten-Spiegel - Walter Rupp


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Dienst und die größere Verherrlichung Gottes hinlenkt."

      Um das Wohl seiner Mitbrüder war er sehr besorgt. Am liebsten hätte er "in Erfahrung gebracht, von wie vielen Flöhen die fünfzig Novizen unter seinem Dach Nacht für Nacht gebissen werden"."Obwohl er wenig aß" - so schildert ihn ein Hausgenosse -, "war er doch niemals vor den Gefährten fertig. Er hatte die Gewohnheit, ein kleines Stück Brot zu nehmen und es sehr langsam in so kleinen Stücken zu essen und auch die Unterhaltung bei Tisch zu nutzen, dass er schließlich mit allen zusammen fertig war und die ganze Zeit gegessen zu haben schien."

      Der Ordensgeneral war ein Mann der Disziplin. Er arbeitete fortwährend an der Beherrschung seiner Gefühle, seiner Gesten, seines äußeren Auftretens, seiner Redeweise und seiner Kenntnisse. Er führte über seine Gedanken und Wahrnehmungen ein genaues Protokoll. Oft dauerte es einen Monat, bis er zu einem Entschluss gelangt war.

      "Man musste bei ihm, um etwas zu erreichen" - das stellten seine Untergebenen fest -, "nicht vorher den Puls fühlen oder nach dem Nordstern ausschauen oder sich leiten lassen von einer Seekarte, wie das bei den meisten zu sein pflegt, die eine Regierung ausüben. Er selbst war immer in sich gegründet und ragte zugleich über sich hinaus." Als er die Nachricht erhielt, Caraffa, der kein Freund der Gesellschaft Jesu war, sei zum Papst gewählt worden, sah er ganz erregt aus, und es zitterten ihm alle Knochen im Leib. Aber nach kurzer Zeit des Gebetes war er so fröhlich und zufrieden als sei die Wahl ganz nach seinem Wunsch ausgefallen.

      Eine seiner herausragenden Eigenschaften war die Klugheit: War es ihm nicht möglich, etwas zuzuge-stehen, hielt er sich heraus, damit die Freundschaft gewahrt blieb. "Alles, was er über einen anderen wissen will und unschwer kann, erzählt Goncalves da Camara in seinen Erinnerungen, "weiß er durch einen Dritten. Und so gibt er die Ermahnung, die er geben will, auch durch einen Dritten, so dass er nicht in Gefahr läuft, dass der Getadelte die Liebe zu ihm verliert." Wurden schwierige Probleme an ihn herangetragen, pflegte er zu sagen: "Schlafen wir darüber", was bei ihm bedeutete, dass er darüber beten werde.

      Klugheit ist bei ihm die Kunst, die Geister zu unterscheiden; zu erkennen, was von Gott gewollt oder nicht gewollt ist. „Alle Gedanken, die in unserem Herzen auftauchen, müssen, so empfiehlt er - "in einer scharfsinnigen Unterscheidung ihrer Ursachen geprüft werden, indem man ihren Ursprüngen und Urhebern von Anfang an nachgeht, damit wir nach dem Gebot des Herrn kundige Wechsler werden."

      Bei der Aufnahme von Kandidaten war Ignatius für strenge Auswahl. Oft klagte er darüber, "dass man nicht genug Leute entlässt". Er selbst entließ von 1552 bis 1556 über zweihundert Personen aus seinem jungen Orden, weil sie seinen Anforderungen nicht genügten. Am Ende seines Lebens sagte er: "Wenn es etwas gäbe, was mir ein längeres Leben für wünschenswert erscheinen liesse, so wäre es die Aufgabe, die Zulassung zur Gesellschaft möglichst zu erschweren." Aber er legte großen Wert darauf, dass man in Frieden auseinandergehe. In den Konstitutionen schreibt er vor: Der Entlassende "soll sich bemühen, den Entlassenen in grosser Güte und so getröstet wie möglich fortzuschicken ... Er soll ihn anzuleiten suchen, dass er einen anderen guten Weg wähle." Dem einen oder anderen gestattete er sogar den Wiedereintritt.

      Drei Gnaden, die der Ordensgeneral erbeten hatte, wurden ihm vor seinem Tod gewährt: Er konnte die Konstitutionen fertigstellen und für seine "Geistlichen Übungen" und für die Gesellschaft Jesu die kirchliche Bestätigung erhalten. Als es zum Sterben kam, bat er seinen Sekretär Polanco, den Papst zu verständigen, und sagte: "Ich bin am Ende, ich habe keine Hoffnung mehr, oder fast keine mehr auf ein Weiterleben. Ich bitte darum demütig Seine Heiligkeit um den Segen für mich." Auf den Einwand seines Sekretärs, ob es denn wirklich so schlecht um ihn stehe, antwortete er:

      "Es wäre mir heute angenehmer als morgen, je schneller, desto besser - doch macht, wie es Euch gutdünkt, ich überlasse mich Euch gänzlich." Da der Sekretär die Sache für nicht so dringlich ansah, starb der Ordensgeneral ohne den Segen des Papstes. An seinem Grab brachte man die Inschrift an:

       Nicht begrenzt werden vom Grössten und dennoch einbeschlossen sein vom Geringsten, das ist göttlich.

      Der unbekannte Verfasser dieses Textes hat eine Eigenart des Ignatius erkannt: seine Fähigkeit, Gegensätze zu vereinen: Nüchternheit und Eifer, Weltferne und Weltnähe. Er hat es verstanden, in genialer Weise einen vorherrschenden Charakterzug dieses Mannes auszudrücken: sein Verlangen nach dem ‘Magis‘, sich immer nur mit dem je Besseren zufrieden zu geben und dabei sein Ich, das er nie wichtig nahm, von dem er wünschte, es möge ganz der Vergessenheit anheimfallen, ganz in den Dienst der Sache zu stellen.

      Ignatius war zeitlebens nie bereit, sich malen zu lassen. Den vorhandenen Porträts kann man deshalb nur ungefähr entnehmen, wie er ausgesehen hat. Der heimliche Versuch, den der Maler Morga unternommen hatte, war gescheitert. Auch dem Maler Jacopin dei Conte gelang es nicht recht, den im Sterben liegenden Ordensgeneral im Bild festzuhalten. So fertigte der Hofmaler Sanchez Coello nach einem Wachsabguss von der Totenmaske ein Porträt an, das als das authentischste angesehen wird.

       Der größte Jesuit, den es je gab, Ignatius von Loyola, war nur 1,58 Meter groß. Alle späteren Jesuiten wurden größer, aber keiner hat ihn. überragt. –

      Ein Heiliger, der traurig ist, ist ein trauriger Heiliger

      Mit diesem Wortspiel brachte Ignatius zum Ausdruck, dass Humor und Heiligkeit kein Widerspruch sind und da, wo er fehlt, auch mit der Heiligkeit etwas nicht stimmt. Er liebte es, frohe Gesichter zu sehen, und notierte in sein Notizbuch: "Wer sich Gott geweiht hat, der hat keinen Grund zu trauern, wohl aber allen Grund, fröhlich zu sein." Goncalves da Camara erinnert sich an folgende Begebeheit:

      Eines Tages sagte der Arzt, er (Ignatius) dürfe ja nicht in Traurigkeit und Trübsinn verfallen, denn das würde ihm schaden. Worauf der Vater mir sagte: "Ich habe nachgedacht, was mich wohl trübselig oder traurig machen könnte, und ich konnte nur einen Fall ausdenken: wenn nämlich der Papst die Gesellschaft einfach auflösen würde; aber auch selbst dann, so meine ich, wäre ich, wenn ich mich nur eine Viertelstunde im Gebet gesammelt hätte, wieder ebenso froh oder sogar noch froher gestimmt als zuvor.'"

      Ignatius hatte Sinn für Humor. Seiner Umgebung fiel auf: "Wer aus seinem Zimmer kommt, ist heiter gestimmt." In seinen Briefen legte er Wert auf einen eleganten Stil, auf die persönliche Note, und er achtete darauf, Kritik oder Tadel in Humor wie in Watte einzupacken. So lässt er in einem Bericht über die römischen Ordenshäuser schreiben: "Das Einkommen, von dem das Kolleg lebt, ist Glaube und Gottvertrauen; die Zinsen davon werden zum größten Teil allerdings aufgebraucht, wenn man Häuser damit zu unterhalten hat ... Ich habe so viele Schulden, dass ich bloß noch ins Pfandhaus gehen kann ... Ich hoffe, dass Sie (gemeint ist Pater Nadal, der in Spanien Geldquellen erschließen sollte), wenn auch etwas spät, noch ein Wunder wirken werden."

      Ein Hausoberer, der die Anweisungen des Generals nicht so genau nahm, musste sich den Tadel gefallen lassen: "Euer Hochwürden sind offensichtlich in Gedanken so sehr mit Predigten und ähnlichen Aufgaben beschäftigt, dass Sie sich gar nicht mehr daran erinnern, was Ihnen geschrieben wurde, so dass Sie genau das Gegenteil von alldem tun."

      Auch Petrus Canisius musste sich wegen seiner Ungeduld eine Zurechtweisung gefallen lassen - sie ist ein Beispiel, wie offen Heilige miteinander reden: "Ihre Klagen, dass die gewünschten Bücher noch nicht fertig sind, lassen fast annehmen, dass Sie glauben, wir hätten in Rom nichts anderes zu tun ... Möchten Euer Hochwürden in Zukunft gefälligst nicht mehr so großzügig mit Versprechungen sein, wenn es sich um die Mühen anderer handelt. .. Die Mühe, die Sie mit Ihrem Katechismus hatten, kann Ihnen ein Maßstab sein für die mühsame Arbeit der Patres in Rom."

      Der Ordensgeneral, der selbst eine leserliche und sehr schöne Handschrift hatte, mochte es nicht, wenn jemand unleserliche Briefe schrieb. Einem Rektor ließ er mitteilen: "Wenn auf irgendeinen Punkt Ihrer Briefe keine Antwort erfolgt, so mögen Euer Hochwürden sich selber die Schuld zuschreiben; denn wir können hier Ihre Briefe nicht lesen. Schreiben Sie also in Zukunft entweder selber besser oder diktieren Sie einem andern, der wirklich schreiben kann." Dann fügte er die ironische Bemerkung hinzu: er wolle nicht, "dass der Schreiber seine Augen beim Schreiben


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