Bauern, Bonzen und Bomben. Ханс Фаллада

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Bauern, Bonzen und Bomben - Ханс Фаллада


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der Provinz liegt etwas außerhalb Altholms. Mit seiner roten Backsteinarchitektur, dem Grauweiß der zementgeputzten Mauern, nur unterbrochen von den monotonen vergitterten Fensterlöchern der Zellen, macht es selbst an einem strahlenden Julinachmittag einen trostlosen Eindruck.

      Bürgermeister Gareis weiß Bescheid, er ist schon öfter dort gewesen. Als auf sein Klingeln ihm ein Wachtmeister die Tür des Einfahrthauses aufschließt, sagt er kurz: »Zu Direktor Greve. Ich weiß den Weg.«

      Der Wachtmeister sieht ihm nach, wie er langsam und ohne Hast, schwerfällig aus dem Torhaus hinaustritt, auf den Hof, in die Sonne. »Der sollte man gleich hier bleiben, der rote Bonze«, denkt er und schiebt krachend die Riegel wieder zu.

      Auf dem Hof ist mit zwanzig Quadratmetern Rasen, zwei Beeten Geranium und vier Rosenstöcken ein schüchterner Versuch gemacht worden, Anlagen zu schaffen, aber es bleibt ein Steinhof, eine trostlose Häufung von Granit, Ziegelsteinen, Zement und Eisen. Links das Untersuchungsgefängnis, rechts das Jugendgefängnis, gradezu der Bürobau, in dessen oberem Stockwerk, gekrönt von einem goldenen Kreuz, der »Betraum«, die Kirche untergebracht ist.

      Gareis kann nicht anders, als er dieses blitzende goldene Kreuz betrachtet, muß er die Unterlippe vorschieben, die Schultern bewegen und »Na ja« sagen.

      Ein Wortwechsel, laute und polternde Stimmen ziehen seinen Blick vom Kreuz auf ein Auto, einen geschlossenen Privatwagen, der vor dem Untersuchungsgefängnis hält. An dem Wagen stehen zwei uniformierte Wachtmeister, ein Zivilist, in dem er seinen eigenen Krimmalkommissar Katzenstein erkennt, und ein zweiter Zivilist, auf den von den andern dreien heftig eingeredet wird.

      Der Zivilist soll irgend etwas tun, scheinbar den Wagen besteigen, aber er steht dort, den Rücken fest gegen die Mauer gelehnt, die Hände schlagbereit vor sich. Die Wachtmeister schelten auf ihn ein, abwartend, ruhiger redend, mehr im Hintergrund, Kommissar Katzenstein.

      Einen Augenblick steht Gareis unschlüssig, da erinnert er sich plötzlich, wer der Zivilist ist. Er überquert den Steinplatz, geht eilig auf den Bedrängten zu und streckt ihm die Hand hin: »Guten Tag, Herr Reimers. Freut mich, Sie zu sehen. Ausfahrt machen, was?«

      Reimers sieht ihn mit seinen kalten grauen Augen prüfend, aber nicht ganz mißbilligend an: »Ganz zufällig, Herr Bürgermeister, was, daß wir uns hier wiedersehen?«

      Gareis lacht: »Man wird mißtrauisch, wenn man in so einem Käfig tagaus, tagein mit seinem eigenen Ich zusammenhockt? Alle andern draußen halten gegen einen zusammen, wie?«

      »Sie reden aus Erfahrung?«

      »Als ob ich auch schon gesessen hätte? Hab ich, hab ich. Pressevergehen Aber man konnte mir nichts beweisen und so durfte ich denn noch Bürgermeister von Altholm werden.«

      »Sie haben Schwein gehabt. Mir kann man was beweisen.«

      »Aber Sie haben mildernde Umstände. Schlimm wird es nicht. Und Bürgermeister wollen Sie ja nicht werden.«

      »Ich bin Bauer.«

      »Das Beste«, bestätigt Gareis. »Übrigens, was macht Ihr schwarzbunter Stier, der auf unserer Ausstellung den ersten Preis bekam?«

      Reimers lächelt, er lächelt wirklich: »War in diesem Frühjahr auf der Großen landwirtschaftlichen Ausstellung in Stettin, hat den Ehrenpreis der Landwirtschaftskammer bekommen.«

      »Nun also«, sagt Gareis. »Übrigens sehe ich Sie wirklich zufällig, Herr Reimers. Ich will hier jemand anders besuchen, der übrigens auch mit Ihnen – vielleicht – zusammenhängt. Einen Tredup. Einen gewissen Tredup.«

      »Tredup –? Dieses Schwein, das die Bilder verraten hat! Zu dem gehen Sie?!«

      »Richtig! Zu dem gehe ich.« Gareis lächelt. »Er steht nämlich in dem Verdacht, die Bombe gelegt zu haben, in der Nacht, als Sie verhaftet wurden.«

      »Der –?? Die Polizei – –«

      Reimers kommt nicht weiter. Einer der Wachtmeister hat die Unterredung des Bürgermeisters mit dem Häftling unter steigender Missbilligung angehört. Jetzt explodiert er fast: »Es ist verboten, mit den Gefangenen ohne Sprecherlaubnis zu reden. Gehen Sie weg!«

      Der Bürgermeister strahlt: »Richtig, Sie sind ein pflichttreuer Beamter. Sagen Sie mal, hat Ihnen der da, der Katzenstein, auch seine Sprecherlaubnis vorgezeigt?«

      »Das geht mich nichts an. Das ist ein Kriminalbeamter.«

      »Richtig. Und ich bin der Vorgesetzte dieses Kriminalbeamten. Also –?«

      Der andere Wachtmeister, da sein Kollege wortlos dasteht, beginnt: »Es ist etwas anderes. Herr Bürgermeister, verzeihen Sie, aber, nicht wahr, es ist doch etwas anderes? Die Form?«

      »Richtig. Die Form. Und deshalb bitte ich Sie oder Ihren pflichtgetreuen Kollegen, sich einmal zu Herrn Direktor Greve zu bemühen und ihm zu melden, daß ich hier mit einem Untersuchungsgefangenen rede.«

      Die Beamten sehen einander an, flüstern miteinander. Der Barsche entfernt sich. Unterdes hat sich der Bürgermeister längst wieder an den Gefangenen gewendet: »Und was war das für ein Disput, der gerade losging, als ich vorbeikam?«

      Für den Gefangenen, der schweigt, antwortet Kriminalkommissar Katzenstein: »Herr Reimers sollte von mir zu einer Vernehmung in der Bombensache nach Stolpe gebracht werden. Er will nicht ins Auto.«

      »Vernehmung in der Bombensache ist lächerlich. Ich soll nicht hier sein, wenn die Bauernschaft demonstriert.«

      »Das glaube ich auch«, sagt Gareis bieder. »Man will Sie gerne von hier weg haben. Finden Sie das so dumm?«

      »Nein, schlau sind die. Aber ich bin ebenso schlau.«

      »Schließlich«, beginnt der Bürgermeister langsam, »könnte man Sie mit Gewalt abtransportieren. Hier sind viele, Sie sind einer. Sie könnten schreien, hier ist schon mehr geschrien worden. Es ist immer dumm, sich aussichtslos zur Wehr zu setzen, weil es zwecklos ist.«

      »Aber man soll sich nicht fügen, man soll sich zur Wehr setzen.«

      Plötzlich kommt Leben in Gareis: »Selbstverständlich soll man kämpfen, Herr Reimers. Kämpfen Sie um Ihren Hof, für die Bauernschaft, gegen den Staat meinethalben, wenn Sie müssen – das ist Kampf. Aber einer gegen zwanzig körperlich sich rumhauen – das ist Idiotie.«

      »Ich gehe nicht weg«, sagt trotzig der Bauer.

      »Natürlich gehen Sie weg«, sagt Gareis wieder sanft. »Natürlich gehen Sie. In diesem Gefängnis«, er sieht an den Mauern empor, »liegen achthundert bis tausend Gefangene. Am Montag ist Demonstration unter diesen Fenstern, Musikkapellen, Reden, Gebrüll – glauben Sie, Mann, ich bin ein Narr, das zu gestatten, damit achthundert Gefangene nächtelang toben, weinen, brüllen, sich verzweifelt raussehnen? Bloß weil es Ihre Eitelkeit kitzelt?«

      »Ich bin nicht eitel.«

      »Dann sind Sie dumm. Haben Sie geglaubt, unter Ihren Fenstern wird demonstriert?«

      »Sie verbieten die Demonstration?!«

      »Ich will Ihnen etwas sagen, Reimers. Man hat von zehn Seiten verlangt, daß ich diese Demonstration verbiete. Ich erlaube sie, weil ich euch Bauern kenne. Ich erlaube Sammlung auf dem Marktplatz, Marsch durch die Stadt, jedwede Rede in Ihrer Auktionshalle, aber – unter die Mauern dieses Gefängnisses stellt sich kein Bauer, dafür stehe ich Ihnen!«

      »Sie werden sich nicht abhalten lassen. Sie werden doch kommen.«

      »Sie werden nicht kommen. Ich werde am Montagmorgen verbreiten lassen durch die Stadt, daß Sie nicht mehr hier sind. Ganz gleich, ob Sie nun hier sind oder nicht.«

      »Das ist eine Gemeinheit!«

      »Eine Gemeinheit gegen Sie und eine Wohltat für siebenhundertundneunundneunzig. Seien Sie doch vernünftig, Mann, kämpfen Sie, schlagen Sie mich ins Gesicht, auch ich bin ein Bonze. Ich werde Sie wieder schlagen, ich werde gegen Sie ankämpfen. Aber seien Sie kein Narr. Seien Sie kein Flachkopf.«

      Gareis


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