Bauern, Bonzen und Bomben. Ханс Фаллада

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Bauern, Bonzen und Bomben - Ханс Фаллада


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sie da, sehen den Abmarsch an.

      Die beiden treiben die Dorfstraße entlang. Die Tiere gehen ruhig. Kalübbe wendet sich nach Thiel um und fragt: »Gemütlich, solch ein Spießrutenlaufen?«

      »Wenn es denen Vergnügen macht!«

      »Natürlich! – Was ist das?«

      Das Dorf ist zu Ende. Die Straße hat einen scharfen Knick gemacht, und zwischen Ebereschen biegt die Chaussee nach Haselhorst vor ihnen. Auf beiden Seiten breite, wasserreiche Vorflutgräben und vor ihnen, dreihundert Meter weiter, haben sie ein helldunkles Gewimmel, ein Hindernis.

      »Was ist das?«

      »Ich kann es nicht schlau kriegen. Bauen die eine Barriere?«

      »Es sieht so hell aus. Und locker. Wie Stroh. Jedenfalls kümmern wir uns um nichts. Gehen grade durch.«

      »Und wenn wir nicht vorbeikommen? Die Gräben sind zu breit.«

      »So warten wir. Es wird ja irgendein Wagen oder ein Auto kommen.«

      Sie sind nahe, und nun ruft Thiel erleichtert aus: »Es ist nichts. Da hat einer ein Strohfuder umgeschmissen.«

      »Ja. Es scheint so.«

      Aber, als sie noch näher sind: »Da stimmt doch was nicht. Die laden nicht wieder auf. Die führen ja Wagen und Pferde fort!«

      »Egal! Wir gehen durch. So ein Strohbund schmeißt man mit dem Fuß beiseite.«

      Jetzt sind sie ganz nahe. Drei, vier Leute stehen dort beim Stroh, das quer über die Chaussee liegt. Einer bückt sich und plötzlich züngelt es auf, hier, dort. Eine Flamme tanzt. Zehn. Hundert. Rauch, weißer dicker Qualm wallt empor.

      Die Stiere werfen die Köpfe hoch, sperren sich breitbeinig. Reißen den Leib herum.

      Und plötzlich wirft sich der Wind in die Flammen, sengende Glut schlägt ihnen entgegen, sie stehen ganz im Rauch ...

      »Los! Los! Zurück ins Dorf!« schreit Kalübbe und hämmert wild mit dem Knüppel auf die Nase seines Stiers. Dumpf dröhnt der Nasenknorpel.

      Fast Seite an Seite, taumelnd, fallend, vom Strick wieder hochgerissen, rasen sie dem Dorf zu.

      Dann, hundert Schritte weiter, geht das Vieh ruhiger. Atemlos ruft Kalübbe: »Diesmal muß ich einen Bericht schreiben, es hilft nichts.«

      »Und was machen wir nun?«

      »Nach Haselhorst lassen uns die nicht. Das ist zwecklos. Aber nun grade! Wissen Sie was, jetzt spielen wir ihnen einen Streich und treiben über Rippmerow, Banz, Eggermühle nach Lohstedt.«

      »Vierzehn Kilometer!«

      »Und wenn! Wollen Sie die Stiere dem Päplow wieder in den Stall stellen?«

      »Ausgeschlossen!«

      »Also!«

      Jetzt sind sie wieder am Krug. Dort stehen die Bauern, sehen ihnen entgegen.

      »Die haben auf uns gewartet. Na, eure Stiere sollt ihr deswegen doch nicht haben. – Glatt und möglichst rasch vorbeitreiben.«

      Alle Gesichter sehen auf sie. Es sind junge und alte, sehr weißblonde, mehlige, glatte und ganz zerfurchte mit grauen und schwarzen Bärten und mit der Lederhaut der Herbststürme und Winterregen. Als sie sich nähern, löst sich der Schwarm auf. Ein Teil tritt auf die andere Seite der Dorfstraße, und nun, als sie vorbeiwollen, setzen sich alle in Bewegung, gehen stumm und dicht neben ihnen her, ein Geleit. Mit gesenkten und erhobenen Gesichtern, die nichts ansehen, Handstöcke in der Hand.

      »Das gibt noch etwas. Das geht nicht glatt«, denkt Kalübbe. »Wenn ich nur an den Thiel herankönnte, daß er nicht die Ruhe verliert.«

      Aber die Bauern gehen zu eng und jetzt laufen die Stiere fast, sie riechen den Päplowschen Stall.

      Doch Kalübbe paßt auf. Im Augenblick, da sein Stier in die heimische Hoffahrt einbiegen will, gibt er ihm einen drohenden Schlag aufs rechte Horn, stößt gleich darauf die Stockspitze in die Weiche, und der Stier rast los, blindlings gradeaus, die Dorfstraße entlang.

      »Das ging gut«, denkt Kalübbe laufend und wundert sich, daß die Bauern noch nicht nachgeben, weiter nebenher traben. Aber da ist auch schon Thiel dicht neben ihm. Vom Rennen atemlos flüstert er dem zu: »Kümmere dich um nichts, Thiel. Strick fest ums Handgelenk. Laß dir das Tier nicht klauen. Das gehört dem Staat und das muß jetzt nach Lohstedt, koste es, was es wolle.«

      Die Bauern laufen nebenher. Es ist so viel Getrapps auf dem Weg und die Aussicht beengt. Und doch! Da vorn ist wieder das Hellgelbe, auch auf diesem Wege.

      Aber nun gibt es kein Halten mehr. »Durch müssen wir«, denkt Kalübbe.

      Das geängstete Tier rast nur so, Kalübbe kann sich nicht umdrehen. Er hört, wie die Stockschläge der Bauern hageldicht auf seinen Ochsen prasseln, er schreit: »Achtung, Thiel! Auf die Wiese!«

      Und da ist das Feuer schon. Er sieht irr-deutlich sechs, acht Gesichter, er sieht plötzlich den Kerl von der Chronik mit dem Fotoapparat in der Hand, er sieht noch, wie ein Bauer mit dem Stock nach dem Apparat schlägt ...

      Dann ist die Glut da, die Hitze, stechender Qualm.

      Er sieht nichts mehr. Der Stier reißt ihm die Hand ab, so zerrt er am Strick.

      Und nun steht er an einem Baum. Er ist durch, die Straße vor ihm ist frei, er atmet schwer mit versagenden Lungen.

      Dann schaut er sich um. Dicke weißgelbe Qualmschwaden wälzen sich über Wiese und Weide. Schatten huschen darin.

      »Wo ist Thiel?«

      Dann sieht er den andern Stier über eine Wiese rasen, führerlos, mit hocherhobenem Schwanz und gesenktem Kopf.

      Er wartet eine Viertelstunde, eine halbe. Er kann nicht fort von dem Tier, es gehört dem Staat. Schließlich gibt er das Warten auf. Der Thiel wird sich schon wieder anfinden. Die Bauern tun niemand nichts.

      Kalübbe nimmt mit seinem Ochsen den Weg nach Lohstedt unter die Füße.

      Zweites Kapitel

      Jagd nach einem Foto

       1

      Es ist abends gegen elf. Stuff ist eben aus dem Kino gekommen und hat sich im »Tucher« zu Wenk an den Tisch gesetzt.

      »Was trinkst du? Nur Bier? Nee, das genügt nicht, bei mir burren die trüben Fliegen heut wieder. – Franz, einen halben Liter Helles und eine Kömbuddel.«

      »Wie war's im Kino?«

      »Mist, verdammter. So was muß man morgen loben, bloß weil die Affen inserieren.«

      »Was war's denn?«

      »So ein erotischer Schmarren. Was Ausgezogenes.«

      »Das ist doch was für dich?«

      »Hau ab, Wenk! Was die heute schon Erotik nennen! Wozu ausziehen? Man weiß ja schon alles vorher.«

      Stuff trinkt. Erst einen Schnaps. Dann einen langen Schluck Bier. Dann wieder einen Schnaps.

      »Das ist das Richtige. Solltest du auch tun. Das macht Stimmung.«

      »Geht nicht. Darf nicht. Mein Wachtmeister schimpft, wenn ich nach Schnaps stinke.«

      »Gott ja, deine Olle. Komisch muß das sein, immer dieselbe. So gar keine Überraschung. Macht das denn noch Spaß?«

      »Spaß? Ehe ist doch kein Spaß.«

      »Eben. Hab ich mir immer schon gedacht Und ohne Überraschungen. Nee, danke. Weißt du, das ist ja der Mist bei der modernen Frauenkleidung: man weiß alles schon vorher. Diese blöden Schlüpfer! Früher, die weiten weißen offenen Hosen!« Er versinkt in Schwärmerei.

      »Wo sitzt eigentlich dein Mann?« stört ihn Wenk.


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