Wer einmal aus dem Blechnapf frisst. Ханс Фаллада

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Wer einmal aus dem Blechnapf frisst - Ханс Фаллада


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Was er während dieses Knasts erlebt und gedacht hatte, das konnte man ja nun nicht wissen. So was kann niemand im Kittchen wissen, nicht einmal der Betroffene.

      Also Tilburg wurde eines Tages entlassen. Nun machte er nicht das, was so Gefangene im allgemeinen machen, er besoff sich nicht und ging auch nicht mit Weibern los in der ersten Nacht, er suchte sich weder Arbeit noch Zimmer, Tilburg fuhr einfach nach Hamburg und kaufte sich einen Revolver.

      Dann fuhr er wieder zurück, besah sich den Bunker von außen und ging dann eine von den Straßen, die aus der Stadt hinausführen.

      Als er da nun ein Stück gegangen und aufs flache Land gekommen war, begegnete ihm ein Mann. Es war irgendein beliebiger Mann, Tilburg hatte ihn nie gesehen.

      Tilburg zog seinen Revolver und gab einen Schuss auf den Mann ab. Er traf den Mann in die Schulter, zerschmetterte den Schulterknochen, der Mann fiel um. Tilburg ging weiter.

      Dann begegnete er wieder einem Mann und auch auf den schoß er, diesmal traf er den Mann in den Bauch.

      Eine halbe Stunde später sah Tilburg Landjäger auf Rädern. Er sprang von der Chaussee, lief über Wiesen auf einen Hof. Er schoß ein paarmal und schrie, daß alle im Haus zu bleiben hätten. Dann verteidigte er den Hof gegen die Landjäger. Nun hatte er Gelegenheit, sich als das zu fühlen, als was er sich die letzten Jahre vielleicht ständig gefühlt hatte: als wildes, böses Tier. Oder die einzige Erklärung, die er in der Verhandlung später abgab: »Ich hatte so 'nen Rochus auf die Menschen.«

      Er schoß noch drei Landjäger um, bis sie ihn umschossen. Aber er wurde dann wieder zurechtgeflickt, für die Verhandlung und für ein hübsches neues Ende Knast, das er nicht mehr aufbrauchen dürfte.

      ›Eigentlich kann man Tilburg ganz gut verstehen‹, sagt Kufalt über seinem Brief in der Zelle.

      Und etwas später: ›O ich Idiot, den Brief hätte ich wahrhaftig im Glaskasten liegenlassen können! Was mach ich nun nur, wenn er vermißt wird?‹

       8

      »Sie sollen zur Abrechnung kommen, Kufalt«, ruft ein Wachtmeister in die Zelle.

      »Jawohl«, sagt Kufalt und steht langsam auf.

      »Nu mach schon voran, Mensch, ich hab' noch zwanzig Vorführungen.«

      »Der Wachtmeister ist ein Renntier«, sagt Kufalt.

      »Also, los, lauf schon runter zur Zentrale. Ich will nur ...«

      Kufalt kommt wieder am Glaskasten vorbei. Hauptwachtmeister Rusch schaut hoch und glotzt ihn durch die Brille an. Er bewegt die Lippen, aber er ruft Kufalt nicht an.

      ›Einen schönen Dreck hab' ich da gemacht. Der Koffer kommt und kein Schlüssel ist da. Ich hab' ihn in der Tasche, aber ich darf ihn nicht haben. Und ich darf nicht einmal wissen, daß einer kommt. Oh, ich bin ja so alle! Das neue Leben fängt gut an. Wenn ich nur meine Ruhe hätte in der Zelle, und dreißig Pensum Heringsbelli vor mir!‹

      »O Mensch, o Manningmensch«, flüstert Batzke zu ihm auf der Zentrale. »Hast du den Hausvater gesehen? Geplatzt ist der über die Mottenlöcher!«

      »Kriegst du nun einen neuen Anzug?«

      »Klar, was denn! Heute nachmittag gehe ich mit ihm in die Stadt einen kaufen. Die Fürsorge zahlt. Und mein alter wird kunstgestopft, den krieg' ich auch noch mit.«

      »Wieso ist er denn so weich geworden?«

      »Damit ich nichts ausquatsche von den Mottenlöchern. Die würden doch verrückt vorne, wenn sie hören, es sind Motten in der Kleiderkammer. Die würden ihm schon Kattun geben, dem roten Hund, dem!« Batzke grinst: »Und Motten findet er doch nicht.«

      »Findet er nicht?«

      »Mensch, hast du geglaubt, das sind Motten? So blau! Motten aus der Flasche sind das!«

      »Motten aus der Flasche?«

      »Hast du denn nicht gesehen, wie ich dem Bastel den Tabak gegeben habe?! Wir haben das Ding zusammen gedreht. Ausgedacht hab ich's. Die Hose war schon beinahe durch und ich wollte doch in anständiger Kluft rauskommen. Da hat Bastel aus der Salzsäureflasche immer einen Tropfen auf den Anzug fallen lassen und die Ränder von den Löchern hat er mit dem Messer ein bißchen rau gemacht und etwas Spinneweb hat er drüber gerieben, ganz fein echt hat das ausgeschaut, da fliegt jeder drauf.«

      »Aber der Hausvater ...«

      »Der doch grade! Der ist doch so ein Kamel, der kocht doch gleich über, wenn was schiefgeht. Das hab' ich mir doch alles genau berechnet. Bei Rusch hätte ich das nicht machen dürfen, der hätte die Lupe genommen und gedacht und gedacht, da hätt' ich Knast schieben dürfen für. Aber beim Hausvater ...«

      »Wenn die Herren von der dritten Gruppe mit ihrer Unterhaltung fertig sind, dann dürfen wir wohl abrücken zur Kasse, ja?« sagt der Wachtmeister.

       9

      »Wohin wollen Sie entlassen werden, Kufalt?« fragt der Inspektor.

      »Nach Hamburg.«

      »Haben Sie Arbeit?«

      »Nein.«

      »Zu wem ziehen Sie dort?«

      »Weiß ich noch nicht.«

      »Schreiben Sie also ›Auf Wanderschaft‹«, sagt der Inspektor zum Sekretär.

      »Ich gehe doch nicht auf Wanderschaft. Ich will mir ein Zimmer mieten.«

      »Das lassen Sie nur unsere Sache sein. Wir machen das so, wie wir das hier gewöhnt sind.«

      »Aber es ist nicht richtig. Ich gehe nicht auf Wanderschaft. Ich bin doch kein Handwerksbursche.«

      »Wahrscheinlich sollen wir schreiben ›Auf Reisen‹. Hören Sie, Ellmers, Herr Kufalt begibt sich auf Reisen. Wahrscheinlich wartet sein Auto morgen früh um sieben vor der Tür.«

      Kufalt schielt argwöhnisch über die Schranke: »Ich kriege doch keine Abmeldung vom Gefängnis?«

      »I wo, wie werden Sie! Vom Hotel Vier Jahreszeiten kriegen Sie eine!«

      »Eine Abmeldung vom Kittchen nehme ich nicht an. In der Strafvollzugsordnung steht, aus der Abmeldung darf nicht ersichtlich sein, daß der Entlassene aus einer Strafanstalt kommt.«

      »Das machen wir, wie es hier Vorschrift ist.«

      »Ich lese es doch, da steht doch: ›Aus dem Zentralgefängnis‹. Die nehme ich nicht an. Die soll ich wohl gleich meiner Wirtin in die Hand geben? Ich verlange 'ne andere Abmeldung.«

      »Diese hier kriegen Sie und keine andere. Sie haben hier lange genug 'ne Lippe riskiert, Kufalt.«

      »Aber in der Strafvollzugsordnung steht ...«

      »Das haben wir gehört. Halten Sie jetzt den Mund oder ich lasse Sie abführen.«

      »Herr Wachtmeister, ich verlange Vorführung beim Direktor!«

      »Das Maul sollen Sie halten! – Übrigens ist der Direktor verreist.«

      »Das ist nicht wahr! Ich bin ja erst vor einer Stunde bei ihm gewesen.«

      »Und vor einer halben ist er abgereist. Wenn Sie jetzt nicht ruhig sind ...«

      »Batzke, Bruhn, Lehnau – laßt ihr euch das gefallen?! Ihr wißt, es steht im blauen Heft in der Zelle ...«

      Kufalt wird immer wilder.

      Der Inspektor kommt um die Schranke herum: »Kufalt, ich warne Sie! Ich warne Sie! Was Sie da eben gemacht haben, Kufalt, war Aufwiegelei! Morgen früh, wenn Ihre Strafe rum ist, lasse ich Sie in Untersuchungshaft führen wegen Meuterei.«

      »Sie –? Sie?! Untersuchungshaft kann ein Richter verhängen, aber doch nicht Sie! Das müssen Sie einem frisch Eingelieferten erzählen, Herr Inspektor, mir doch nicht!«

      »Ellmers, sehen Sie sich das an! Das sind die Leute,


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