Mord in Middle Temple. J. S. Fletcher

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Mord in Middle Temple - J. S. Fletcher


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      „Er liegt im Leichenschauhaus. Ich weiß nicht, wie die Vorschriften sind.“

      Spargo entfernte sich mit Breton, aber erst als sie die Fleet Street überquert und in die ruhigere Gegend des Temple gekommen waren, wandte sich Spargo an seinen Begleiter.

      „Ich wollte Ihnen folgendes sagen“, begann er. „Ich habe schon immer den Wunsch gehabt, einmal einen komplizierten Kriminalfall - einen Mord - in der Presse zu bearbeiten. Und ich glaube, dies ist so ein Fall. Ich möchte mich der Sache ganz und ausschließlich widmen. Und Sie können mir dabei helfen.“

      „Woher wissen Sie denn, dass es ein Mord war? “

      „Das habe ich im Gefühl. Und ich will der Sache auf den Grund gehen und die Wahrheit herausfinden. Es scheint mir ...“ Er machte eine Pause und sah seinen Begleiter scharf an. „Es scheint mir‚ dass die Lösung des Rätsels in diesem Stück Papier mit ihrer Adresse liegt. Es ist ein Bindeglied zwischen Ihnen und einer anderen Person.“

      „Möglich. Und Sie wollen nun ausfindig machen, wer diese andere Person ist?“

      „Ja, ich wollte Sie bitten, mir dabei zu helfen. Es ist sicher ein außerordentlich wichtiger und - interessanter Fall. Von den Methoden der Polizei halte ich nicht sehr viel. Übrigens bin ich gerade im Begriff, Detective Rathbury aufzusuchen. Es ist möglich, dass er etwas Neues gehört hat. Wollen Sie mich begleiten?“

      Sie begaben sich zur Polizeistation und kam dort an, als Rathbury das Gebäude gerade verlassen wollte.

      „Gut, dass ich Sie treffe, Mr. Spargo. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich jemanden zu dem Hutgeschäft geschickt habe. Nun habe ich gerade Nachricht bekommen. Die Reisemütze wurde in dem Geschäft erkannt, und man konnte feststellen, dass sie für einen gewissen Mr. Marbury ins Anglo-Orient-Hotel geschickt wurde. Er wohnte dort in Zimmer zwanzig.“

      „Wo ist das Hotel?“, fragte Spargo.

      „In der Nähe der Waterloo Station. Wahrscheinlich ein verhältnismäßig kleines Haus. Ich bin gerade auf dem Weg dorthin. Wollen Sie mitkommen?“

      „Natürlich!“, antwortete Spargo.

      „Wenn ich nicht im Wege bin, würde ich mich auch gern anschließen“, sagte Breton.

      Rathbury lachte. „Nun gut. Wir erfahren vielleicht etwas Genaueres über den Papierstreifen mit Ihrer Adresse“, meinte er und winkte das nächste Taxi heran.

      Das Haus, vor dem sie hielten, sah ziemlich altmodisch aus. Es lag in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs, hatte eine einfache, quadratische Fassade und musste wohl in den Tagen des ersten Eisenbahnverkehrs erbaut worden sein.

      „Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass ein Haus in einem größeren Gegensatz zu einem modernen Londoner Hotel steht“, sagte Breton, als er mit den beiden anderen zum Eingang ging.

      „Und doch kehren viele Leute auf ihrem Weg von und nach Southampton hier ein“, antwortete Rathbury. „Ich weiß, dass viele ältere Reisende, die von Ostasien zurückkommen, hier verkehren. Es liegt so bequem in der Nähe des Bahnhofs und Reisende haben oft die Angewohnheit, das nächstgelegene Hotel aufzusuchen, das nur ein paar Schritte vom Bahnhof entfernt liegt, wenn sie vorher mehrere tausend Meilen auf Dampfern und mit Eisenbahnen zurückgelegt haben.“

      Sie hatten inzwischen in die Halle betreten, die sehr solide und altmodisch möbliert war. Rathbury wies mit dem Kopf zur Bar hin, wo mehrere Gentlemen standen, die ihrer äußeren Erscheinung und ihrer Sprache nach aus den Kolonien oder aus den Tropen zu kommen schienen. Sie rauchten schweren indischen Tabak.

      „Ich möchte wetten, dass der Tote auch in den Kolonien gelebt hat“, sagte Mr. Rathbury. „Dort werden wir wohl den Inhaber und seine Frau finden.“

      Sie gingen auf ein kleines Büro zu, dessen Fenster sich zur Halle hin öffnete. Ein Mann und eine FRau saßen dort und sahen ihnen entgegen. Auf dem Schalter lag das große Fremdenbuch. Die beiden waren in mittlerem Alter. Der Mann war korpulent, hatte ein rundes, fleischiges Gesicht und ein würdevolles Aussehen. Er war früher vielleicht Hausmeister gewesen. Die Frau dagegen war schlank und hager und hatte scharfgeschnittene Züge. Ihre lebhaften Augen sahen die Fremden prüfend an.

      Rathbury sprach die beiden in seiner vertrauenerweckenden Art an. „Sicher sind Sie Mr. Walters, der Besitzer dieses Hotels? Und Sie sind Mrs. Walters, wie ich annehme?“

      Der Hotelier machte eine etwas steife Verbeugung und schaute Rathbury fragend an. „Womit kann ich Ihnen dienen?“

      „Ach, es ist nur eine kleine geschäftliche Angelegenheit.“ Der Detective zeigte seine Karte. „Ich bin Detective Sergeant Rathbury von Scotland Yard. Dies ist Mr. Frank Spargo, Redakteur, und dies Mr. Ronald Breton, Rechtsanwalt.“

      Mrs. Walters führte sie zu einem Seiteneingang und sie gingen in ein kleines Privatzimmer. Der Hotelier schloss sorgsam die beiden Türen und wandte sich ihnen dann zu. „Nun, was gibt es, Mr. Rathbury?“

      „Wir möchten Sie um einige Informationen bitten. Logiert hier ein Mr. Marbury? Ein älterer Herr mit grauem Haar und einer frischen, gesunden Gesichtsfarbe ?“

      Mrs. Walters schaute ihren Mann betroffen an. „Siehst du, ich wusste doch, dass Nachfragen kommen würden. Ja, ein Mr. Marbury hat gestern hier ein Zimmer belegt. Er kam gleich nach: Ankunft des Zuges von Southampton her. Er hat Zimmer Nummer zwanzig. Aber ... er hat die letzte Nacht nicht in seinem Zimmer verbracht. Gestern Abend ist er sehr spät noch ausgegangen und nicht mehr zurückgekommen.“

      Rathbury nickte. Auf eine Einladung des Besitzers hin nahmen er und seine Begleiter Platz.

      „Warum dachten Sie, dass man nach dem Mann forschen würde?“, wandte sich Rathbury an Mrs. Walters. „Ist Ihnen etwas Verdächtiges aufgefallen?“

      Diese direkte Frage schien die Frau zu verwirren und ihr Mann antwortete für sie. „Nein, es war nichts Besonderes, sie sagt das nur immer so. Das ist alles.“

      „Nun, sehen Sie“, unterbrach ihn Mrs. Walters, „dieser Mr. Marbury hat uns erzählt, dass er seit zwanzig Jahren nicht mehr in London war, und dass er sich nicht mehr richtig an die Stadt erinnern könnte. Er sagte auch, dass er früher selten nach London kam. Als er nun so spät wegging und nicht mehr zurückkam, dachte ich mir gleich, dass ihm etwas zugestoßen sein musste, und dass Nachforschungen kommen würden.“

      „Ja, ja, da haben Sie ganz recht. Es ist ihm tatsächlich etwas zugestoßen. Er ist tot, und darüber hinaus haben wir allen Grund zu der Annahme, dass er ermordet worden ist.“

      Mr. und Mrs. Walters fuhren erschrocken auf. Mr. Walters räusperte sich und bot seinen Besuchern dann eine kleine Erfrischung an. Spargo und Breton lehnten ab, da sie am Nachmittag noch zu arbeiten hatten, aber Rathbury nahm gern an, als ob das selbstverständlich wäre.

      „Zum Wohle“, sagte er, als er das Glas hob. „Nun, vielleicht können Sie mir etwas helfen. Was wissen Sie über diesen Mann? Er wurde heute Morgen um viertel vor drei tot in der Middle Temple Lane aufgefunden.“ Er erzählte dann, dass man nur ein Stückchen Papier mit dem Namen und der Adresse von Breton bei ihm gefunden hatte, und dass man schließlich durch die Reisemütze, die Mr. Marbury in Westend gekauft hatte, auf das Hotel gekommen war.

      „Ja, das stimmt“, sagte Mrs. Walters schnell. „Ich kann mich daran erinnern, dass die Mütze hierhergeschickt wurde, und ich sah auch, dass er sie trug, als er gestern Abend ausging. Wir selbst wissen nur wenig über ihn. Ich sagte ihnen ja schon, dass er gestern viertel nach zwölf hierher kam. Ein Gepäckträger brachte einen Koffer und eine Reisetasche. Die Sachen stehen noch auf Nummer zwanzig. Mr. Marbury erzählte mir, dass er vor über zwanzig Jahren in diesem Hotel gewohnt hätte, bevor er nach Australien fuhr. Das Hotel gehörte uns damals natürlich noch nicht. Er schrieb sich als John Marbury in das Fremdenbuch ein.“

      „Kann ich die Eintragung einmal sehen?“, fragte Rathbury.

      Mr. Walters holte das Buch und alle neigten


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