Magisches Kompendium - Schattenarbeit. Frater LYSIR

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Magisches Kompendium - Schattenarbeit - Frater LYSIR


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und reflektieren, dass dies Tendenzen sind. Außerdem, „wer“ definiert, dass sie unerwünscht sind.

      Die verschiedenen Kulturen und Gesellschaften haben schon immer ein Korsett und eine Schablone von Normen und Idealvorstellungen angefertigt, sodass negative und unerwünschte Züge, die nun mal in Persönlichkeitsstrukturen enthalten sein können, unterdrückt wurden. Diese Unterdrückung – oder teilweise sogar Verteufelung – führt dazu, dass sich solche Muster in das Unbewusste oder Unterbewusste des Menschen verlagern, wo sie „reifen“ oder „gären“. Je stärker die eigenen Persönlichkeitsstrukturen abgeschoben und pervertiert werden, desto schneller beginnt die Schattenentwicklung. So ist es nicht wirklich verwunderlich, dass bereits in den ersten Lebensjahren die ersten Schattenstrukturen gezüchtete werden. In den verschiedenen Kulturen und Gesellschaften gibt es stets Anforderungen, Erwartungen, Gebote und vor allen Dingen Verbote, die den Alltag bestimmen. Natürlich wird es immer wieder Verhaltensmuster geben, die in einem sozialen Gefüge nicht funktionieren. Mord, Totschlag, sexuelle Gewalt etc. sind oft ausgelebte Schattenextreme, die nicht toleriert werden können. Doch leider wird in der Gesellschaft viel, viel mehr tabuisiert, sodass man definitiv nicht das gesamte Spektrum eines Selbst (welches von einem Ich unterschieden werden muss) entfaltet kann. Man kann in Bezug auf den Menschen sagen, dass es nichts gibt, was es nicht gibt. Alle nur denkbaren Exzesse sind möglich.

      Wenn man diese aber – auf Grund des manchmal überschätzen „gesunden Menschenverstand“ – nicht ausleben kann bzw. darf, kann man auf anderen Ebenen ein mögliches Ventil schaffen. Klar ist, dass es gerade in der westlichen Gesellschaft viele Verhaltensregeln aber auch Möglichkeiten gibt, überwindbare Schatten auszuleben. Egal, ob es nun in den sexuellen Bereich geht oder um einen anderen. Doch selbstverständlich gibt es Tabus, die man nicht tolerieren kann. Hier kann die Astralebene Hilfe leisten, da auf der Astralebene alles möglich und letztlich auch alles erlaubt ist.

      Doch der Schatten im Inneren des Menschen wird meist mit der Abwesenheit von Licht assoziiert, also mit der Abwesenheit von Liebe, Information und Reflexionsvermögen.

      In Bezug auf das Licht ist es rein physikalisch absoluter Blödsinn, denn wo man einen Schatten „sieht“, muss auch immer eine Lichtquelle und ein Objekt existieren, welches aus Materie bzw. aus einer lichtundurchlässigen Substanz besteht, sodass ein Schatten überhaupt entstehen kann. Gut, dies ist jetzt keine bahnbrechende Erkenntnis, dennoch laufen bei jedem Menschen autonome Prozesse ab, wenn bestimmte Vokabeln fallen. Daher kann man gar nicht oft genug betonen – und somit eine positive Manipulation bedingen – dass ein Schatten ohne eine Lichtquelle nicht existieren kann. Schwierig ist es nur, diese (innere!?) Lichtquelle zu finden. Das archetypische Bild des Schattens wurde in vielen Märchen, Mythen, Erzählungen und Sagen als das Böse schlechthin verwendet. Immer, wenn es um einen Widersacher, um den Teufel, um Dämon, Monster oder auch Hexen geht, wird das Bild einer gefährlichen Schattenfigur typisiert. Auch die „gefährlichen“ Märchentiere (Wölfe, Schlangen etc.) sind alles Schattenfiguren, von denen etwas Bedrohliches und Furchterregendes ausgeht. Zum Glück haben diese Bilder jedoch nichts mit der persönlichen Schattenarbeit zu tun. Es sind genormte und vereinfachte Sichtweisen, die man eher als eine Art „Aufmerksamkeitserreger“ sehen kann. Im heutigen Kabarett, wäre jede zynische Bemerkung ein solcher Schatten. Sicherlich, wenn es um die psychologische Komponente der Schattenarbeit geht, verwendet man schnell und gerne die Vokabel des „inneren Dämons“. Doch wie schon kurz erwähnt, wird hier das Bild des Dämons aus christlicher Perspektive gesehen, was für einen magisch arbeitenden Menschen lächerlich und anmaßend ist. Zwar sind religiöse Schattenaspekte wie „die böse Hexe“ in den Märchen viel eher in einem völkischen Kontext zu sehen, doch greifen hier eher andere Mechanismen, als die, die für die innere Schattenarbeit sinnig sind. Doch zum Glück gibt es in der Literatur und in den Unterhaltungsmedien immer mehr und mehr hervorragende Beispiele, wie man sich seiner Schattenarbeit nähern kann. Die literarische Darstellung des Dr. Jekyll und des Mr. Hyde ist hier absolut perfekt, denn genau dieses Beispiel zeigt uns, wie die Schattenthematik auf psychologischer Ebene agiert. Zwar wird die Novelle „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ als virtuose Darstellung des Doppelgängermotivs gesehen, doch könnte man sie genauso gut als korrekte Schattenarbeitsdarstellung feiern.

      Da das Doppelgängermotiv in der Literatur primär mit dem Verderb der eigenen Identität assoziiert wird und dadurch die fokussierte Angst der Menschen charakterisiert, kann man hier eine sehr deutliche Parallele finden. Die Angst über einen möglichen Verlust der eigenen Identität bzw. der eigne Untergang in der Masse, sind deutliche Schattenthematiken.

      Wenn man sich nun die beiden Gestalten aus der Geschichte des Schriftstellers Robert Louis Stevenson aus dem Jahr 1886 ansieht, kann man sagen, dass beide „Wesen“ der Schatten des anderen ist. Die Gestalt des Dr. Jekyll und des Mr. Hyde bezieht sich jeweils auf das Verhalten des anderen, sodass man sagen muss, dass die beiden Individuen sich durch eine gekonnte Integration des Schattens (jeder der beiden ist der Schatten des anderen) zu einem höheren Wesen entwickeln könnten. Zu einem inneren Meister, zu einem magischen Menschen, der stirbt und neu geboren wird und dadurch einen magischen Namen bekommt. In diesem Fall wäre das aus „Doktor Jekyll“ und „Mister Hyde“ das Wesen Hy’Kel entstanden, ein Wesen, das keinen Wert auf irgendwelche Titel legt, das sein Wirken begonnen hat und sich nicht an Äußerlichkeiten wie Anreden und Ränge der Menschen stört. Gleichzeitig wäre es aber auch ein gebildetes Wesen, das sich gewählt und diplomatisch ausdrücken und – wenn gewollt – auch einen gesellschaftlichen Umgang pflegen kann!

      Natürlich besitzt dieses Beispiel, dieses „Hy’Kel Wesen“, ein paar Hürden. Es wird nicht einfach sein, seine animalische und seine akademische Natur so zu vereinen, dass man beide durch einen bewussten Gedankenimpuls befreien kann. Die gesamte Idee wird wertlos, wenn eine der beiden Seiten doch eine autarke Kontrolle erlangen kann, sodass man eben nicht Herr seiner „Fragmente“ ist. Genau dies ist das Problem in der Geschichte von Robert Louis Stevenson! Das Hyde-Fragment ist zum Teil unkontrollierbar! Freilich ist dies eine sehr überspitze Darstellung, doch in jedem Menschen sind stets mehrere Persönlichkeiten und Anteile enthalten. Bevor man also die Kontrolle über sich erhält und sich selbst „erheben“ kann, muss man definitiv die verschiedensten Schattenthematiken individuell analysiert haben. Man wird überrascht sein, wie vielseitig die eigenen Schatten sein können.

      Eine winzige, dennoch gut verwendbare, Testmöglichkeit, beinhaltete der Satz „Was trifft, betrifft!“, was soviel bedeutet, dass man überraschenderweise vollkommen unlogisch und paradox handeln kann, wenn der richtige „Knopf“ im Inneren gedrückt wird. Es ist ein typisch menschliches Verhalten, das der eigene Schatten ähnlich einem Projektor arbeiten kann. All die angeblichen Unzulänglichkeiten, die jeder Mensch besitzt, all die negierten Eigenschaften werden in perfekter Art und Weise auf Personen und/oder Objekte im eigenen Umfeld projiziert. Diese Projizierungen werden natürlich besonders deutlich gesehen und bemerkt. Doch sie werden als „Fremdeigenschaften“ bzw. als Eigenschaften des Menschen, der einem gegenübersteht, interpretiert. Auf die Idee, dass es sich bei dem bemängelten Verhalten um eine Spiegelung der eigenen Unzulänglichkeiten handelt, kommt man meist nicht. So kann man ohne Weiteres sagen, dass jeder Mensch eine Art Projektor in seiner Stirn und in seinem Solarplexus besitzt. Dieser Projektor überträgt und überzeichnet die geschaute Realität mit den eigenen Schattenbildern. Und da es menschlich ist, sich nicht mit den eigenen projizierten Schattenbildern auseinanderzusetzen, wird meist eine aggressive Reaktion hervorgerufen. Die angebliche Unzulänglichkeit des Gegenübers wird nicht akzeptiert, nicht kritisiert, sondern einfach als dumm und schändlich abgetragen. Dass dies natürlich absolutes Konfliktpotenzial besitzt, dürfte klar sein. Daher ist es essenziell, dass man den eigenen Schatten erkennt! Das Erkennen bedingt dann auch eine Transformation und eine Integration, denn nur so wird man den ersten Schritt auf dem Pfad des Reifeprozesses ausführen können, der letztlich in der eigenen Ganzwerdung enden wird. Es gibt hierfür sogar sehr schöne Sprichwörter, die man wortwörtlich verwenden kann:

      „Über seinen Schatten springen“ oder „Einen Schatten haben“.

      Doch leider ist ein solcher Schattensprung nicht immer einfach, denn wenn die Schatten einmal verdrängt werden, sich tief in das eigene Unterbewusste eingenistet haben, beginnen sie dort


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