Bürde der Lust. Waldemar Paulsen

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Bürde der Lust - Waldemar Paulsen


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verändert…, wer weiß das schon?

      Sie war kein einfacher Mensch, eben sehr speziell.

      Es gab immer wieder mal Streit mit den Kolleginnen. Sie hielt sich für etwas besseres, eben die Nummer eins in unserem Club. Sie war eine selbsternannte Außenseiterin, grenzte sich absichtlich ab, fühlte sich zu fein unter den anderen. Dabei war das gar nicht ihr eigener Verdienst. Nur weil sie genetisch mit Schönheit versorgt war und dazu noch ihre aufgesetzte Anmut zeigte, hatte sie doch trotzdem nicht das Recht, die Diva zu spielen.

      Aber, was soll’s… Es ist eben, wie es ist. Sie hat hoch gepokert und am Ende doch verloren. So ist das nun mal in diesem beschissenen Job. Wenn man keine richtige Ausbildung und überhaupt Bildung hat, dann bleibt wohl nur noch solch eine Verhaltensweise, wie Sabrina sie zeigte…und dazu noch Beine breit machen.

      Wir sind doch alle nur zum Sexspielzeug dressiert worden.“

      „Na ja, Frau Schmidt. Es gehören immer zwei dazu. Wenn man zu labil ist und sich nicht behaupten kann, dann mag es wohl so sein. Einfach ein weites Feld, dieses Thema…“

      „So, nun lassen Sie mich bitte in Ruhe. Ich habe keine Lust, mir ewig diese Scheiße im Kopf herum gehen zu lassen. Beenden wir einfach das Gespräch, Herr Herbst. Ich muss los, muss einfach funktionieren. Heute Nacht ist wieder Champagner Saufen angesagt.

      Nur weil ich große Brüste habe, wollen sie mich alle ficken. Mich kotzen sowohl der Champagner, von dem ich ständig Sodbrennen bekomme, als auch die neurotischen, geilen Böcke an.

      Man benutzt uns nur wie eine Sache, ein Ding, dem man keine Gefühle entgegen bringen muss.

      Warum denn auch?

      Jeder Mann ist doch nur ein Egoist, nein, eher ein Egozentriker. Ich hasse die Menschen.

      Es gibt doch unter ihnen keinen, der nicht selbstsüchtig handelt. Wahre Zuneigung kann man nur zwischen Mensch und Tier finden.“

      „Ist es so, Frau Schmidt?“

      „Natürlich…, was denken Sie.

      Meine Bezugsperson war immer nur mein lieber Hund, meine Lilly. Sie verstand mich. Ich sah es ihr an, wenn sie mir in die Augen schaute. Immer treu ergeben und absolut loyal, was ich bei den Menschen stets vermisst habe.“

      Die Vergangenheit hatte auch Biene Schmidt eingeholt. Fast alle ehemaligen Dirnen waren Beziehungsarm, nicht fähig, eine stabile Bindung einzugehen. So blieben ihnen mit fortgeschrittenem Alter nur Hund oder Katze als Partner…

      „Meine Luden beuteten mich nur aus, benutzten mich eiskalt als Geldmaschine. Ich mag nicht mehr. Täglich fresse ich Unmengen Tabletten, Tranquilizer, in mich rein.

      Hören Sie doch auf, Herr Herbst. Lassen Sie mich in Ruhe. Wahrscheinlich gehören Sie auch zu den geilen Männern“.

      Für einen Augenblick herrschte eisige Spannung. Max ignorierte die provokante Bemerkung.

      „Also, raus damit, was sagen die Gerüchte in Ihrem Haus? Was munkelt man in Ihren Kreisen?“

      Biene Schmidt verschränkte die Arme vor der Brust; sie zeigte ein reserviertes, aufgesetztes Lächeln. Max kannte solche Körperhaltung, die ihm meist nie den gewünschten Erfolg zeigte. Die Dirne schien zu mauern.

      „Nee, nee, gibt nichts weiter. Ich würde Ihnen gerne helfen. Aber, ist nichts, was Ihnen helfen könnte, Herr Herbst.“

      Max entdeckte in dem Blick der ehemaligen Prostituierten einen Anflug von Unsicherheit und er vermutete, dass sie all das veranstaltete, weil sie Karl-Heinz Bis und damit auch ihren Arbeitsplatz schützen wollte.

      Biene Schmidt` s Gesicht wurde heiß. Max sollte sie nicht in diesem Zustand sehen, deshalb beugte sie sich kurz nach unten, um so zu tun, als würde sie etwas in ihrer Handtasche suchen.

      „Was mir helfen könnte? Das überlassen Sie doch bitte meiner Beurteilung aufgrund meines Kenntnisstandes und meiner Erfahrung. Können Sie nicht wissen, Frau Schmidt. Sie würden aber schon mit der Sprache rausrücken oder?“

      „Ja, natürlich, Herr Kommissar, leider gibt es nichts zu berichten“, erwiderte die Bardame des Clubs Marita, während sie langsam den Kopf wieder hob und ihn besorgt ansah.

      Tschüs, Herr Herbst, ich gehe jetzt.“

      „Nein, nein. Nicht so hastig, wir sind noch nicht fertig! Und…, wer ist denn der Stammfreier von Sabrina gewesen? Der ominöse Mann von der Behörde?“

      „Den kenne ich nicht weiter. Kam meistens mittwochs in der Nacht.“

      „Kein Name oder Auto oder sonst was?“

      „Nein, nur, dass er relativ klein ist. Nur so groß wie die Sabrina. Ah, was mir einfällt, er hinkte leicht. Nicht doll, aber es fiel schon auf. Hab ihn ja meistens auch nur nackt gesehen und dann mit Maske.“

      „Hm, sonst noch was?“

      „Nee, mehr fällt mir nicht ein.“

      „Wie ist es mit Puff-Kalle? Ich höre draußen ständig, dass er immer noch ein Faible für minderjährige Mädchen hat?“

      „Nee, nee, stimmt nicht, ist wohl sehr weit hergeholt“, sagte Biene Schmidt, während sie mehrmals mit der rechten Schulter zuckte und ein nervöses Kichern zeigte.

      „Sie wissen ja, wenn ein Gerücht erst einmal da ist, kann man sich schwer dagegen wehren. Bei uns jedenfalls gibt es keine Minderjährigen, hat Kalle ausdrücklich verboten.“

      Max spürte, dass Biene Schmidt log, denn sie war keine überzeugende Lügnerin. Sie machte einen nervösen Eindruck, ihre Hände zuckten unruhig.

      „Frau Schmidt, einseitiges Schulterzucken deutet darauf hin, dass Sie nicht die Wahrheit sagen. Sie lügen mich an oder wenn man es eleganter sagen will, Sie sagen die Unwahrheit. Also, ich höre…“

      Puff-Kalles Bardame wendete den Blick von Max Herbst und sah minutenlang mit leeren Augen auf den Fußboden.

      „Frau Schmidt. Sie können Ihr Lügenkonstrukt nicht dauerhaft aufrecht erhalten. Schätzen Sie doch einmal die Folgen ab. Je schlimmer die Konsequenzen sind, sobald die Lüge auffliegt, desto höher ist der Druck. Und das bedeutet Stress pur. Das müssen Sie sich doch nicht antun, Biene.“

      „Nein, nein. Ich sage immer die Wahrheit, Herr Herbst. Das kann ich beschwören“, sagte Biene Schmidt in leisem Ton mit ängstlichem Blick zu Max, der sah, dass eine leichte Röte an ihrem Hals nach oben zog.

      „Gut, Frau Schmidt, hört sich nicht sehr überzeugend an, aber…“, seufzte Max. „ Dann unterschreiben Sie bitte hier das Protokoll. Jetzt ist Frau März dran, dann Frau Maurer und danach ihr toller Hecht, der Leck-Hans.“

      Biene Schmidt leistete ihre Unterschrift unter dem Protokoll und sagte beiläufig: „Da werden Sie wohl kein Glück haben. Die sind nicht hier und wie ich hörte, werden die wohl auch nicht kommen.“

      „Weshalb nicht?“

      „Ich sag nichts mehr, wollte es nur erwähnt haben.“

      „Na gut, danke, dass Sie gekommen sind und informieren Sie mich bitte, wenn es Neuigkeiten gibt. Hier meine Karte.

      Passen Sie gut auf sich auf und vergessen Sie am Ende nicht zu lächeln, Biene Schmidt“, war der Kommentar von Max, als er der Bardame seine Visitenkarte überreichte.

      „Trotzdem, Kommissar Herbst. Sie geben mir die scheinbare Hoffnung, dass es vielleicht doch noch den einen oder anderen Mann gibt, der nicht so verkommen ist wie diejenigen, die ich so kenne. Vielleicht können wir uns ja einmal bei einer anderen, eher passenden Gelegenheit, treffen? Ich wäre nicht abgeneigt...Ciao, Herr Herbst. Jetzt gehe ich“, hauchte Biene Schmidt, deren volle Brüste unter dem T-Shirt wogten.

      Die Bardame Biene ließ die Visitenkarte in ihrer Handtasche verschwinden, grüßte und stieß beim Verlassen des Büros fast mit dem zurückkommenden Toni Meyer zusammen.

      „Ah, Toni, so geht


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