Corvo auf Weihnachtssuche in der Welt. Birgit Ebbert

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Corvo auf Weihnachtssuche in der Welt - Birgit Ebbert


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Mann scheint ihn zu verstehen.

      „Vermutlich können mehr Leute Räbisch, als man meint“, denkt Corvo, da antwortet der Mann schon: „Du bist auf dem Berg Korvatunturi in Lappland und ich bin Joulupukki! Was willst du hier? Ich übe gerade für meinen Auftritt.“

      „Ich bin auf einem Reportageflug“, erklärt Corvo und hüpft auf die Schulter des Mannes.

      „Ich will wissen, wie Weihnachten in der Welt gefeiert wird.“

      Der Mann beginnt zu lachen. Er lacht so laut, dass sein dicker Bauch wackelt. Fast hätte er den Gehstock verloren, der Corvo erst jetzt auffällt. Der Mann wedelt mit dem Stock und pfeift. „Petteri Punakuono“, ruft er und ehe Corvo sich umdrehen kann, steht schon ein großes Rentier neben dem Mann.

      „Er will wissen, wie Weihnachten gefeiert wird“, kichert der Mann und das Rentier hebt den Kopf, als wolle es ebenfalls kichern.

      Langsam wird Corvo sauer. Er weiß nicht, wo er ist, er weiß nicht, wer der komische Mann ist und nun lacht ihn auch noch ein Rentier aus.

      Gerade will er beleidigt weiterfliegen, da sagt der Mann: „Entschuldigung, aber das ist wirklich komisch. Ich bin nämlich der Weihnachtsmann. Übersetzt heißt mein Name Weihnachtsbock, aber du siehst ja, dass ich kein Ziegenbock, sondern ein Mann bin. Irgendjemand hat sich den Namen ausgedacht, weil ich früher mit diesem Anzug aus Ziegenhaut unterwegs war.“

      Der Mann zeigt auf den Anzug, der Corvo bereits aufgefallen ist. Er lacht schon wieder.

      „Heutzutage kleide ich mich schöner, wenn ich durch die Lande reise und vor den Kindern auftrete“, erklärt er Corvo. Er zeigt auf einen dicken warmen roten Anzug, der über dem Rücken des Rentiers liegt.

      „Ich übe gerade den Spruch, den die finnischen Kinder von mir erwarten: Onkos täällä kilttejä lapsia? Gibt es hier artige Kinder?“

      Corvo ist glücklich. Gleich der erste Flug war ein voller Erfolg. Nun muss er schnell zurück, um seine Geschichte zu schreiben.

      „Danke und frohe Weihnachten!“, krächzt er.

      „Hyvästi! Auf Wiedersehen und hyvää Joulua“, antwortet Joulupukki und winkt Corvo nach.

      2. Dezember: Corvo findet einen riesigen Holzstern (Rumänien)

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      Ächzend landet Corvo auf dem Fenstersims eines Hauses.

      „Ich bin es nicht mehr gewohnt, so weit zu fliegen“, sagt er zu sich selbst.

      Nach einer kurzen Verschnaufpause sieht er sich um. Von dem Fenstersims aus kann er in ein Zimmer blicken. Ein großes, merkwürdiges Ding mit riesigen Zacken steht dort. Als er genauer hinsieht, stellt er fest, dass es ein riesiger Stern ist. Ein Mann steht davor und bemalt den Stern.

      „Was soll ich denn damit?“, denkt Corvo. „Ich brauche etwas Weihnachtliches.“

      Er seufzt und pocht dennoch mit seinem Schnabel gegen die Fensterscheibe.

      Erschrocken sieht der Mann zuerst zum Fenster und dann auf sein Bild. Vor Schreck ist er mit dem Pinsel abgerutscht. Eine Farbspur zieht sich über den Stern.

      „Ce vrei să? Was willst du?“, schimpft der Mann, während er das Fenster öffnet.

      Corvo ahnt, warum der Mann so verärgert ist. Jetzt erkennt er nämlich auch, dass der Mann nicht irgendein Bild gemalt hat, sondern einen Stall, in dem eine Krippe steht. Genau da, wo zwei Menschen mit einem Esel stehen, ist der Fleck.

      „Guten Tag“, krächzt Corvo leise, um den Mann nicht noch mehr zu ärgern. „Was ist das?“

      Der Mann hat sich ein wenig beruhigt.

      „Buna zi, guten Tag“, antwortet er. „Du weißt nicht, was das ist? Woher kommst du?“

      Er betrachtet Corvo neugierig und schnippt gegen den Bommel seiner Mütze.

      Corvo hüpft empört beiseite.

      „Ich schreibe über Weihnachten“, sagt er. „Aber hier gibt es ja wohl nichts für mich.“

      Er will sich schon aus dem Fenster schwingen, da hält der Mann ihn auf. Seine Stimme wird wieder lauter.

      „Was glaubst du, was ich hier mache? Ich arbeite für Weihnachten. Dieser Stern wird den Anfang der Bukarester Weihnachtsprozession bilden. Der wichtigsten Prozession im ganzen Land, schließlich ist Bukarest die Hauptstadt Rumäniens. Mit der Prozession feiern wir die Ankunft des Herrn wie sonst niemand auf der Welt.“

      Nun ist Corvo aber doch beeindruckt. Er sieht sich den Stern genauer an. Jetzt entdeckt er weitere Szenen aus der Bibel. Vorsichtig kratzt er mit seinem Schnabel über den Farbklecks, den er verursacht hat. Wenig später ist der Klecks verschwunden.

      Dankbar winkt der Mann Corvo nach, als er aus dem Fenster fliegt.

      „Crãciun fericit“, ruft der Mann Corvo nach. „Frohe Weihnachten!“

      3. Dezember: Corvo begegnet Père Noël (Frankreich)

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      „Autsch, das piekt! Hilfe!“ Corvo hüpft gleich wieder hoch, nachdem er auf einem hohen Turm gelandet ist. Er sieht herunter und stellt fest, dass der ganze Turm aus einem Fachwerk aus Metall besteht. Die Spitze hat ihn gepiekst. Er flattert heftig mit den Flügeln, weil er beinahe abgestürzt wäre, und fängt sich noch rechtzeitig.

      „Hier ist es wenigstens nicht so kalt“, krächzt Corvo zufrieden und sieht sich um.

      Auf einem der Dächer sieht er einen Mann mit einem langen roten Gewand und einer Zipfelmütze. Er trägt ein komisches Gestell auf dem Rücken, aus dem Päckchen ragen, viele bunte Päckchen. Rasch fliegt Corvo zu dem Dach, auf dem er den Mann entdeckt hat.

      „Guten Tag“, krächzt Corvo und setzt sich neben den Mann.

      „Bonjour“, antwortet der Mann und sieht Corvo überrascht an.

      „Qui êtes vous? Wer bist du?“, fragt der Mann.

      Corvos Krächzen hört sich nach einem Lachen an. Er hat nämlich im gleichen Moment gefragt: „Wer sind Sie?“

      Auch der Mann muss lachen, weil sie beide gleichzeitig gesprochen haben. Als er lacht, weht sein langes, rotes Gewand lustig um ihn herum und der Bommel an der Zipfelmütze fliegt um seinen Kopf. Corvo ist froh, dass er nicht auf der Schulter des merkwürdigen Mannes gelandet ist.

      Zuerst sagt keiner etwas, dann fangen sie wieder gleichzeitig an zu sprechen.

      „Ich bin Reporter und möchte etwas über Weihnachten schreiben“, krächzt Corvo.

      Wieder lacht der Mann.

      „Na, da bist du bei mir genau richtig. Ich bin nämlich Père Noël und bringe den Kindern zu Weihnachten die Geschenke.“

      „Etwa mit diesem komischen Ding?“, will Corvo wissen und zeigt mit dem Schnabel auf das Gestell, dass Père Noël inzwischen vom Rücken genommen hat.

      Père Noël lacht. „Genau, in meine hotte passen unendlich viele Geschenke.“

      Corvo kennt zwar das Wort hotte nicht, er denkt sich aber, dass es Korb heißen soll, denn, wenn er genau hinsieht, ist das Gestell so etwas wie ein Korbrucksack.

      „Bist du denn nicht etwas zu früh unterwegs?“

      Corvo weiß schließlich, dass bis Heiligabend noch drei ganze Wochen sind.

      Père Noël schüttelt den Kopf.

      „Hier in Frankreich gehen die Uhren in manchen Familien anders, manche


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