Ivanhoe. Sir Walter Scott

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Ivanhoe - Sir Walter Scott


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mit einer Kappe versehen, an welcher mehrere Schellen von der Größe derjenigen, die man den Falken anhängt, rings herum angebracht waren; dieselben klingelten, sobald er den Kopf von einer Seite zur andern bewegte, und da er selten eine Minute in der nämlichen Stellung blieb, so schien das Geklingel fast unaufhörlich. Um den Rand seiner Kappe befand sich eine steife lederne Binde, die aber ausgeschnitten war und einer Grafenkrone glich, während sich aus dem Innern derselben ein langer Beutel erhob und auf die eine Schulter niederfiel, ähnlich einer altmodischen Nachtmütze, einem Filtrirsack oder dem Kolpak eines deutschen Husaren. An diesem Theile der Kappe waren die Schellen befestigt, was ihn zusammen mit der Form seiner Kopfbedeckung und dem halb verrückten halb pfiffigen Ausdruck seines Gesichts hinlänglich als einen jener Hansnarren oder Spaßmacher bezeichnete, die in den Familien der Reichen gehalten wurden, um die Langeweile jener lästigen Stunden zu verkürzen, die sie im Hause zuzubringen genöthigt waren. Auch er trug, wie sein Gefährte, eine Tasche am Gürtel, hatte aber weder Horn noch Messer. Man rechnete ihn wahrscheinlich zu der Klasse von Menschen, denen man scharfe Werkzeuge nicht gern anvertraut. Anstatt derselben führte er ein hölzernes Schwert, ähnlich demjenigen, mit welchem Harlekin auf der modernen Volksbühne heute noch seine Wunder ausführt.

      Das äußere Aussehen dieser beiden Männer bildete kaum einen stärkeren Contrast als ihr Ausdruck und ihr Benehmen. Der Knecht war finster und traurig. Sein Blick war mit dem Ausdruck tiefer Niedergeschlagenheit auf den Boden geheftet, und man hätte diese für Gefühllosigkeit halten können, wenn nicht das Feuer, welches hin und wieder in seinem rothen Auge funkelte, bezeugt hätte, daß dort unter dem Anschein düstrer Trostlosigkeit ein Gefühl des Druckes und die Neigung zum Widerstand schlummre. Wambas Blicke dagegen zeigten, wie das bei dieser Klasse gewöhnlich, eine Art leerer Neugier nebst der äußersten Selbstzufriedenheit hinsichtlich seiner Lage und der Figur, die er spielte. Ihr Gespräch wurde in angelsächsischer, d.h. der deutschen Sprache geführt, welche, wie wir bereits gesagt haben, von den untern Klassen damals allgemein gesprochen wurde. Wollten wir ihre Unterhaltung im Original mittheilen, so würde der jetzige Leser wohl nur wenig davon verstehen, und darum liefern wir ihm die folgende Uebersetzung.

      »Sanct Witholds Fluch über dieses verdammte Schweinevieh!« sagte der Hirt, nachdem er heftig auf seinem Horn geblasen hatte, um die zerstreute Schweineheerde zu versammeln, die zwar seinen Ruf mit gleich melodischen Tönen beantwortete, aber keineswegs eilte, sich von dem üppigen Mahle der Buchmast und Eicheln zu entfernen, an denen sie sich erlabte, oder die sumpfigen Ufer des Baches zu verlassen, wo einige Borstenthiere, halb im Schlamm versenkt, gemächlich ausgestreckt lagen, und den Ruf des Hüters nicht hörten. »Sanct Witholds Fluch über sie und mich!« sagte Gurth; »wenn der zweibeinige Wolf nicht vor Anbruch der Nacht einige von ihnen aufschnappt, so bin ich kein Mann! Hier, Packan, Packan!« rief er mit lauter Stimme einem zottigen, wolfähnlichen Hunde zu, welcher umherhinkte, als wolle er seinem Herrn die widerspenstigen Grunzer zusammentreiben helfen. »Der Teufel reiße ihm die Zähne aus.« sagte Gurth, »und die Mutter des Unheils komme über den Wildmeister, der unsern Hunden die Vorderzehen abschneidet und sie zu ihrem Geschäft untauglich macht! Wamba, mach Dich auf und hilf mir, wenn Du ein Mann bist; lauf um den Hügel, um ihnen den Wind abzuschneiden; hast Du sie vor Dir, so kannst du sie treiben wie unschuldige Lämmer.«

      »Wahrlich,« sagte Wamba, ohne sich von der Stelle zu rühren, »ich habe meine Beine über die Sache befragt, und die sind durchaus der Meinung, daß meine bunten Kleider durch diese Pfützen zu schleppen eine unfreundschaftliche Handlung gegen meine hohe Person und meine königliche Garderobe sein würde; deshalb rathe ich Dir, Gurth, Deinen Packan zurückzurufen und die Herde ihrem Schicksal zu überlassen. Mögen nun Banden reisiger Kriegsleute sie treffen, oder Geächtete, oder wandernde Pilger, die werden doch vor morgen früh zu Deiner nicht geringen Ruhe und Behaglichkeit in Normänner verwandelt werden.«

      »Die Schweine sollen zu meiner Behaglichkeit in Normänner verwandelt werden?« sagte Gurth, »erkläre mir das, Wamba, denn mein Hirn ist zu schwerfällig und mein Gemüth zu aufgeregt, um Räthsel zu lösen.«

      »Nun, wie nennst Du die grunzenden Bestien, die hier auf ihren vier Beinen umherlaufen?« fragte Wamba.

      »Schweine, Narr, Schweine,« sagte der Hirte, »jeder Narr weiß das.«

      »Und Schwein ist gut deutsch oder vielmehr angelsächsisch,« sagte der Spaßmacher; »aber wie nennst Du die Sau, wenn sie abgebrüht, gevierttheilt und gleich einem Verräther an den Fersen aufgehängt ist?«

      »Porc,« antwortete der Schweinehirt.

      »Es ist mir lieb, daß auch das jeder Narr weiß,« sagte Wamba, »und Porc, meine ich, ist gut normännisch. Wenn also das Thier lebt und unter der Obhut eines sächsischen Knechtes steht, so führt es auch seinen sächsischen Namen, wird aber ein Normann und Porc genannt, sobald es ins Schloß gebracht wird, um von adeligen Franz- oder Normännern verspeist zu werden. Was denkst Du dazu, Freund Gurth, he?«

      »Die Lehre ist leider zu wahr, Freund Wamba, wie sie auch immer in Deinen Narrenschädel mag gerathen sein.«

      »Ja, ich kann Dir noch mehr sagen,« fuhr Wamba in demselben Tone fort; »da ist der Ochs, der alte Alderman, der behält seine deutsche Benennung, so lange er noch unter der Obhut von Leibeigenen steht wie Du, wird aber Monsieur Boeuf und ein feuriger französischer Ritter, wenn er vor den verehrungswürdigen Kiefern ankommt, die ihn verzehren sollen. Auch Mynheer Kalb wird auf gleiche Weise Seigneur de Veau; der Hammel ist angelsächsisch, so lange er der Wartung bedarf, und nimmt den normännischen Namen Mouton an, sobald er Gegenstand des Genusses wird.«

      »Bei Sanct Dunstan,« antwortete Gurth, »Du sprichst nur zu traurige Wahrheiten aus; es ist uns wenig mehr übrig gelassen als die Luft, die wir einathmen, und die scheint man uns erst nach langem Bedenken zugestanden zu haben, vielleicht nur, um uns in den Stand zu setzen, die Last zu tragen, welche sie auf unsere Schultern legen. Das Schönste und Fetteste ist für ihren Tisch; das Liebenswürdigste für ihr Lager; die Besten und Tapfersten versehen ihre fremden Herren mit Kriegern, deren Gebeine in fernen Ländern bleichen, und lassen nur wenige zurück, welche den Willen und die Macht haben, uns unglückliche Sachsen zu beschützen. Gottes Segen über Cedric, er hat das Werk eines Mannes gethan, der sich in die Bresche stellt, aber Reginald Front de Boeuf will in Person auf seine Besitzungen kommen, und wir werden bald sehen, wie wenig Cedrics Mühe ihm helfen wird. – Hier, hier!« rief er wieder mit erhobener Stimme, »ho ho! ho ho! Gut! Packan! gut! Du hast sie jetzt alle vor Dir und treibst sie wacker heran.«

      »Gurth,« sagte der Possenreißer, »ich weiß, daß Du mich für einen Narren hältst, sonst würdest Du nicht so unbesonnen sein Deinen Kopf in meinen Rachen zu stecken. Ein Wort zu Reginald Front de Boeuf oder Philipp Malvoisin, daß Du verrätherisch gegen Normannen geredet hast, würde machen, daß Du an einem dieser Bäume zappeltest, zum Schrecken aller, welche von Würdenträgern Uebles reden; Du bist ja doch nur ein verworfner Sauhirt!«

      »Hund, Du wirst mich doch nicht verrathen,« sagte Gurth, »nachdem Du mich verleitet hast, Mißgünstiges zu sagen?«

      »Dich verrathen?« anwortete der Possenreißer; »nein, das wäre der Streich eines weisen Mannes; ein Narr kann sich nicht halb so gut helfen – aber still, wer kommt hier?« sagte er, indem er auf den Hufschlag mehrerer Pferde horchte, welcher eben hörbar wurde.

      »Kümmere Dich nicht um die da,« antwortete Gurth, der jetzt seine Herde vor sich hatte und sie mit Packans Hilfe einen der langen schattigen Baumgänge hinuntertrieb, die wir soeben zu beschreiben versucht haben.

      »Nicht doch! Ich muß die Reiter sehen,« antwortete Wamba; »vielleicht kommen sie aus dem Feenlande mit einer Botschaft vom König Oberon.«

      »Die Pest hole Dich!« versetzte der Schweinehirt, »willst Du von solcherlei Dingen reden, während ein furchtbares Wetter mit Donner und Blitz nur wenige Meilen von uns wüthet? Horch, wie der Donner rollt! und als Sommerregen sah ich noch nie so große grade Tropfen aus den Wolken niederfallen; auch die Eichen seufzen und krachen, trotz der ruhigen Luft, in ihren großen Aesten, als kündigten sie ein heftiges Ungewitter an. Du kannst vernünftig sein, wenn Du willst; folge mir nur diesmal und laß uns nach Hause, ehe das Ungewitter zu toben beginnt, denn es wird eine furchtbare Nacht werden.«

      Wamba


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