Sitze, Wandle, Stehe. Watchman Nee

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Sitze, Wandle, Stehe - Watchman Nee


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ihr errettet durch Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme“ (2:6, 8, 9).

      Gott hat Christus zu seiner Rechten gesetzt und uns in Christus in die Himmelswelt versetzt. Lasst uns zuerst der Bedeutung des Wortes „sitzen“ nachgehen. Wie bereits gesagt, offenbart es uns das Geheimnis eines himmlischen Lebens. Das Christenleben beginnt nicht mit Wandeln, sondern mit Sitzen. Das christliche Zeitalter begann mit Christus, von dem wir lesen: Er hat „sich zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt, nachdem er die Reinigung von den Sünden bewirkt hat“ (Hebr. 1:3). Ebenso beginnt jeder Mensch „in Christus“ sein Christenleben damit, dass er sich im Glauben mit ihm in den Himmeln sitzend sieht.

      Die meisten Christen begehen den Fehler, mit Wandeln beginnen zu wollen, um sitzen zu können. Damit kehren sie die biblische Reihenfolge um. Unser natürlicher Verstand sagt uns, dass wir ohne zu wandeln das Ziel nicht erreichen können. Wie können wir, ohne uns fortzubewegen, irgendwohin gelangen? Wie können wir überhaupt etwas ohne unseren Einsatz erreichen? Das Christsein ist etwas sehr Sonderbares. Versuchen wir, gleich am Anfang etwas zu tun, so erreichen wir nichts; bemühen wir uns um etwas, so entgeht uns alles. Am Anfang des Christseins stehen nicht unsere großartigen Taten, sondern eine großartige vollendete Tatsache. Darum beginnt der Epheserbrief mit der Feststellung: „Er hat uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in der Himmelswelt in Christus“ (1:3). Wir sind also von Anfang an eingeladen, uns zu setzen und uns über alles zu freuen, was Gott für uns getan hat; wir werden nicht aufgefordert, es selbst zu erringen.

      Wandeln verlangt eine Anstrengung; Gott sagt uns jedoch, dass wir nicht aus Werken, sondern aus Gnade gerettet wurden (2:8–9). Wir reden oft davon, dass wir allein aufgrund des Glaubens gerettet wurden, aber was verstehen wir eigentlich darunter? Es bedeutet, dass wir erlöst werden, indem wir im Herrn Jesus ruhen. Wir haben nichts zu unserer Errettung beigetragen, sondern legten lediglich unsere Sündenlast auf ihn. Unser Christenleben begann damit, dass wir uns auf das vollbrachte Werk des Herrn verlassen haben, nicht auf unsere eigenen Leistungen. Wer nicht so angefangen hat, ist kein Christ. Wer jedoch bekennt, dass er zu seiner Erlösung nichts beitragen kann, dass aber Gott in seiner Gnade alles für ihn vollbracht hat, der hat damit den ersten Schritt im Glaubensleben getan.

      Der Grundsatz, der sich durch unser ganzes Christenleben zieht, ist die völlige Abhängigkeit von unserem Herrn Jesus Christus. Die Gnade, die Gott uns verleihen will, ist unbegrenzt. Er möchte uns alles schenken, aber wir können nichts empfangen, es sei denn, wir ruhen in ihm.

      Sitzen ist eine Ruhestellung. Nachdem etwas erledigt, die Arbeit beendet ist, können wir uns niedersetzen. So widersinnig es klingen mag, so ist es dennoch wahr, dass wir im Christenleben nur dann vorwärts kommen, wenn wir in erster Linie lernen, uns zu setzen. Was bedeutet sitzen eigentlich? Solange wir gehen oder stehen, tragen unsere Beine unser ganzes Körpergewicht. Sitzen wir aber, so ruht das Gewicht auf dem Stuhl. Gehen oder stehen ermüdet, aber nachdem wir eine Wei­le gesessen haben, fühlen wir uns ausgeruht. Im Gehen und Stehen verbrauchen wir Kraft, im Sitzen ruhen wir aus, weil nun nicht mehr unsere Nerven und Muskeln in Anspruch genommen sind, sondern die Last von unserem Körper auf etwas außerhalb von uns verlagert wurde. So ist es auch im geistlichen Leben. Sitzen bedeutet, dass unser ganzes Gewicht – unsere Last, wir selbst, unsere Zukunft und was immer es sein mag – auf dem Herrn ruht. Wir lassen ihn die Verantwortung tragen und hören auf, sie selbst zu tragen.

      Diesen Grundsatz erkennen wir schon in der Schöpfungsgeschichte. Als Gott die Erde schuf, wirkte er vom ersten bis zum sechsten Tag und ruhte am siebten. Während dieser sechs Tage war er sehr beschäftigt, aber als er dann das geplante Werk vollendet hatte, hörte er auf zu arbeiten. Der siebte Tag war Gottes Sabbat, Gottes Ruhetag.

      Wie aber verhielt es sich bei Adam? Da er erst am Ende des sechsten Tages erschaffen wurde, ist klar, dass er an dem Sechstagewerk nicht beteiligt war. Gottes siebter Tag war somit Adams erster. Während Gott sechs Tage gearbeitet hatte, bevor er die Sabbatruhe genoss, begann Adams Leben mit dem Sabbat. Gott arbeitet, bevor er ruht, aber der Mensch muss zuerst in Gottes Ruhe eingehen, bevor er arbeiten kann. Weil Gottes Schöpfungswerk vollständig war, konnte das Leben Adams mit der Ruhe beginnen. Dann ging Gott noch einen Schritt weiter und vollbrachte auch das Erlösungswerk, so dass wir nichts tun müssen, um es zu verdienen, sondern wir dürfen uns Gottes vollständiges Werk durch den Glauben unmittelbar zunutze machen. Das ist das Evangelium!

      Wir wissen allerdings auch, dass zwischen ­diesen beiden Tatsachen, der Ruhe Gottes in der Schöpfung und der Ruhe Gottes in der Erlösung, die ganze tragische Geschichte der Sünde Adams, des Gerichtes, des unablässigen und doch fruchtlosen Bemühens der Menschen liegt, dass schließlich der Sohn Gottes kam und sich abmühte und sein Leben hingab, um das Verlorengegangene wieder zurückzugewinnen. Und zur Erläuterung dieses seines Weges sprach Jesus: „Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke“ (Joh. 5:17). Erst nachdem er am Kreuz das Lösegeld bezahlt hatte, konnte er ausrufen: „Es ist vollbracht!“ (Joh. 19:30).

      Dieser Siegesschrei macht deutlich, dass Gott sowohl sein Werk der Schöpfung als auch der Er­lösung wirklich vollendet hat. Der christliche Glaube beruht daher auch darauf, dass Gott in Christus alles vollbracht hat und dass wir im Glauben diese Tatsache einfach genießen dürfen. Unser Schlüsselwort ist nach dem Textzusammenhang daher kein Befehl im Sinne von „Setz dich!“, sondern wir sollen uns in Christus „sitzend“ sehen. Paulus betet, dass die Augen unseres Herzens erleuchtet werden mögen (1:18), damit wir das Ausmaß dieser doppelten Tatsache verstehen, dass Gott zuerst Christus durch die Macht seiner Stärke „gesetzt“ hat und danach uns durch Gnade hat „mitsitzen lassen“ (1:21; 2:6). Zuallererst sollten wir lernen, dass es in keiner Weise unser, sondern Christi Werk ist. Nicht wir wirken für Gott, sondern er wirkt für uns. Unsere Ruhestellung ist uns von Gott gegeben. Er zeigt uns das vollbrachte Werk seines Sohnes, bietet es uns an und sagt: „Bitte, setz dich!“ Sein Angebot kann wohl kaum besser zum Ausdruck gebracht werden als mit der Einladung zum großen Abendmahl: „Kommt, denn schon ist alles bereit!“ (Luk. 14:17). Unser Christenleben beginnt damit, dass wir entdecken, was Gott alles für uns bereitet hat.

      So wie das Christenleben beginnt, nämlich auf ­der Grundlage des vollbrachten Werkes Gottes, so schreitet es auch fort. Bei jeder neuen geistlichen Erfahrung nehmen wir im Glauben das für uns in Anspruch, was Gott getan hat, das heißt wir setzen uns nieder. Dieses Lebensprinzip hat Gott selbst festgelegt, und von Anfang bis Ende vollzieht sich unser Christenleben nach eben diesem göttlichen Grundsatz.

      Wie kann ich die Kraft des Heiligen Geistes für den Dienst erlangen? Muss ich mich darum bemühen, muss ich Gott darum anflehen? Muss ich meine Seele durch Fasten und Kasteiung plagen, um sie zu verdienen? Niemals! Die Schrift lehrt uns anders. Wie erhielt ich die Vergebung meiner Sünden? Epheser 1:6–8 sagt uns: „nach dem Reichtum seiner Gnade“ und dass „er uns begnadigt hat in dem Geliebten“. Wir taten nichts, um die Vergebung zu verdienen. Wir haben die Erlösung durch sein Blut aufgrund dessen, was er getan hat.

      Worin besteht denn nun die biblische Voraussetzung für die Ausgießung des Heiligen Geistes? In der Erhöhung des Herrn Jesus (Apg. 2:33). Weil er für mich am Kreuz gestorben ist, empfange ich die Vergebung meiner Sünden, und weil er auf den Thron erhöht worden ist, empfange ich die Kraft des Heiligen Geistes. Weder die eine noch die andere Gabe ist abhängig von dem, was ich bin oder tue. Ich habe weder die Vergebung verdient noch die Gabe des Geistes. Und was immer mir auch zuteil wird, empfange ich nicht durch Wandeln, sondern durch Sitzen; nicht indem ich arbeite, sondern dadurch, dass ich im Herrn ruhe. So wenig wir auf unsere erste Glaubenserfahrung, die Errettung, zu warten brauchen, ebenso wenig brauchen wir auf die Ausgießung des Geistes zu warten. Ich darf euch versichern, dass ihr diese Gabe nicht von Gott erflehen oder euch dafür abquälen oder gar Warteversammlungen abhalten müsst. Sie gehört euch nicht aufgrund dessen, was ihr tut, sondern weil Christus erhöht wurde. In diesem erhöhten Christus „seid auch ihr, nachdem ihr das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils, gehört habt und gläubig geworden seid, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung“ (1:13). Das gehört genauso zum Evangelium von unserer Errettung wie die Vergebung der Sünden.

      Wir


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