Frühlings Erwachen. Франк Ведекинд

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Frühlings Erwachen - Франк Ведекинд


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ich ein Mädchen bin. Glaub' mir, ich wollte mit keinem Königssohn tauschen. – Darum möchte ich aber doch nur Buben!

      Thea Das ist doch Unsinn, lauter Unsinn, Wendla!

      Wendla Aber ich bitte dich, Kind, es muß doch tausendmal erhebender sein, von einem Manne geliebt zu werden, als von einem Mädchen!

      Thea Du wirst doch nicht behaupten wollen, Forstreferendar Pfälle liebe Melitta mehr als sie ihn!

      Wendla Das will ich wohl, Thea! – Pfälle ist stolz. Pfälle ist stolz darauf, daß er Forstreferendar ist – denn Pfälle hat nichts. – Melitta ist selig, weil sie zehntausendmal mehr bekommt, als sie ist.

      Martha Bist du nicht stolz auf dich, Wendla?

      Wendla Das wäre doch einfältig.

      Martha Wie wollt' ich stolz sein an deiner Stelle!

      Thea Sieh doch nur, wie sie die Füße setzt – wie sie geradeaus schaut – wie sie sich hält, Martha! – Wenn das nicht Stolz ist!

      Wendla Wozu nur? Ich bin so glücklich, ein Mädchen zu sein; wenn ich kein Mädchen wär', brächt' ich mich um, um das nächste Mal...

      Melchior geht vorüber und grüßt.

      Thea Er hat einen wundervollen Kopf.

      Martha So denke ich mir den jungen Alexander, als er zu Aristoteles in die Schule ging.

      Thea Du lieber Gott, die griechische Geschichte! ich weiß nur noch, wie Sokrates in der Tonne lag, als ihm Alexander den Eselsschatten verkaufte.

      Wendla Er soll der Drittbeste in seiner Klasse sein.

      Thea Professor Knochenbruch sagt, wenn er wollte, könnte er Primus sein.

      Martha Er hat eine schöne Stirn, aber sein Freund hat einen seelenvolleren Blick.

      Thea Moritz Stiefel? – Ist das eine Schlafmütze!

      Martha Ich habe mich immer ganz gut mit ihm unterhalten.

      Thea Er blamiert einen, wo man ihn trifft. Auf dem Kinderball bei Rilows bot er mir Pralinés an. Denke dir, Wendla, die waren weich und warm. Ist das nicht...? – Er sagte, er habe sie zu lang in der Hosentasche gehabt.

      Wendla Denke dir, Melchi Gabor sagte mir damals, er glaube an nichts – nicht an Gott, nicht an ein Jenseits – an gar nichts mehr in dieser Welt.

      Vierte Szene

      Parkanlagen vor dem Gymnasium. – Melchior, Otto, Georg, Robert, Hänschen Rilow, Lämmermeier.

      Melchior Kann mir einer von euch sagen, wo Moritz Stiefel steckt?

      Georg Dem kann's schlecht gehn! O dem kann's schlecht gehn!

      Otto Der treibt's so lange, bis er noch mal ganz gehörig 'reinfliegt!

      Lämmermeier Weiß der Kuckuck, ich möchte in diesem Moment nicht in seiner Haut stecken!

      Robert Eine Frechheit! – Eine Unverschämtheit!

      Melchior Wa – wa – was wißt ihr denn!

      Georg Was wir wissen? – Na, ich sage dir...

      Lämmermeier Ich möchte nichts gesagt haben!

      Otto Ich auch nicht – weiß Gott nicht!

      Melchior Wenn ihr jetzt nicht sofort...

      Robert Kurz und gut, Moritz Stiefel ist ins Konferenzzimmer gedrungen.

      Melchior Ins Konferenzzimmer...?

      Otto Ins Konferenzzimmer! – Gleich nach Schluß der Lateinstunde.

      Georg Er war der letzte; er blieb absichtlich zurück.

      Lämmermeier Als ich um die Korridorecke bog, sah ich ihn die Tür öffnen.

      Melchior Hol dich der...

      Lämmermeier Wenn nur ihn nicht der Teufel holt!

      Georg Vermutlich hatte das Rektorat den Schlüssel nicht abgezogen.

      Robert Oder Moritz Stiefel führt einen Dietrich.

      Otto Ihm wäre das zuzutrauen.

      Lämmermeier Wenn's gut geht, bekommt er einen Sonntagnachmittag.

      Robert Nebst einer Bemerkung ins Zeugnis!

      Otto Wenn er bei dieser Zensur nicht ohnehin an die Luft fliegt.

      Hänschen Rilow Da ist er!

      Melchior Blaß wie ein Handtuch.

      Moritz kommt in äußerster Aufregung.

      Lämmermeier Moritz, Moritz, was du getan hast!

      Moritz – – Nichts – – nichts – –

      Robert Du fieberst!

      Moritz Vor Glück – vor Seligkeit – vor Herzensjubel –

      Otto Du bist erwischt worden?!

      Moritz Ich bin promoviert! – Melchior, ich bin promoviert: – O jetzt kann die Welt untergehn! – Ich bin promoviert! – Wer hätte geglaubt, daß ich promoviert werde! – Ich fass' es noch nicht! – Zwanzigmal hab ich's gelesen! – Ich kann's nicht glauben – du großer Gott, es blieb! Es blieb! Ich bin promoviert! – Lächelnd. Ich weiß nicht – so sonderbar ist mir – der Boden dreht sich... Melchior, Melchior, wüßtest du, was ich durchgemacht!

      Hänschen Rilow Ich gratuliere, Moritz. – Sei nur froh, daß du so weggekommen!

      Moritz Du weißt nicht, Hänschen, du ahnst nicht, was auf dem Spiel stand. Seit drei Wochen schleiche ich an der Tür vorbei wie am Höllenschlund. Da sehe ich heute, sie ist angelehnt. Ich glaube, wenn man mir eine Million geboten hätte – nichts, o nichts hätte mich zu halten vermocht! – Ich stehe mitten im Zimmer – ich schlage das Protokoll auf – blättere – finde – – und während all der Zeit... Mir schaudert –

      Melchior ... während all der Zeit?

      Moritz Während all der Zeit steht die Tür hinter mir sperrangelweit offen. Wie ich heraus... wie ich die Treppe heruntergekommen, weiß ich nicht.

      Hänschen Rilow – Wird Ernst Röbel auch promoviert?

      Moritz O gewiß, Hänschen, gewiß! – Ernst Röbel wird gleichfalls promoviert.

      Robert Dann mußt du schon nicht richtig gelesen haben. Die Eselsbank abgerechnet zählen wir mit dir und Röbel zusammen einundsechzig, während oben das Klassenzimmer mehr als sechzig nicht fassen kann.

      Moritz Ich habe vollkommen richtig gelesen. Ernst Röbel wird so gut versetzt wie ich – beide allerdings vorläufig nur provisorisch. Während des ersten Quartals soll es sich dann herausstellen, wer dem andern Platz zu machen hat. – Armer Röbel! – Weiß der Himmel, mir ist um mich nicht mehr bange. Dazu habe ich diesmal zu tief hinuntergeblickt.

      Otto Ich wette fünf Mark, daß du Platz machst.

      Moritz Du hast ja nichts. Ich will dich nicht ausrauben. – Herrgott, werd' ich büffeln von heute an! – Jetzt kann ich's ja sagen – mögt ihr daran glauben oder nicht – jetzt ist ja alles gleichgültig – ich – ich weiß, wie wahr es ist: Wenn ich nicht promoviert worden wäre, hätte ich mich erschossen.

      Robert Prahlhans!

      Georg Der Hasenfuß!

      Otto Dich hätte ich schießen sehen mögen!

      Lämmermeier Eine Maulschelle drauf!

      Melchior gibt ihm eine Komm, Moritz. Gehn wir zum Försterhaus!

      Georg Glaubst du vielleicht an den Schnack?

      Melchior Schert dich das? – – Laß sie schwatzen, Moritz! Fort, nur fort, zur Stadt hinaus!

      Die Professoren Hungergurt


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