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sich. Der Graf ist abwesend, seine vierzigtägigen Fasten in der Einsamkeit auszuhalten und sich zu dem großen Werke vorzubereiten. Er erfährt unsre Zusammenkunft nicht, sowenig er unser großes Geheimnis erfahren darf. Bedenklich. Könnte es vor der Zeit entdeckt werden, daß die Prinzessin verzeiht, daß sich der Fürst wahrscheinlich durch eine geliebte Tochter bald versöhnen läßt: wie leicht könnte das ganze schöne Gebäude durch die Bemühungen der Mißgunst zugrunde gehen! Ausdrücklich hat mir die Prinzessin, die Ihre Verbindung mit dem Grafen kennt, befohlen, diesem Manne, den sie fürchtet, unsre wichtige Angelegenheit zu verbergen.

      DOMHERR. Ich hange ganz von ihrem Willen ab; auch dieses schwere Gebot will ich erfüllen, ob ich gleich überzeugt bin, daß ihre Furcht ungegründet ist. Dieser große Mann würde uns eher nützen als schaden. Vor ihm sind alle Stände gleich. Zwei liebende Herzen zu verbinden ist sein angenehmstes Geschäft. »Meine Schüler«, pflegt er zu sagen, »sind Könige, wert, die Welt zu regieren, und eines jeden Glückes wert.« – Und wenn es ihm seine Geister anzeigen, wenn er sieht, daß in diesem Augenblick Mißtrauen gegen ihn unsre Herzen zusammenzieht, da er die Schätze seiner Weisheit vor uns eröffnet!

      MARQUISE. Ich kann nur sagen, daß es die Prinzessin ausdrücklich verlangt.

      DOMHERR. Es sei. Ich gehorche ihr, und wenn ich mich zugrunde richten sollte.

      MARQUISE. Und wir bewahren unser Geheimnis leicht, da niemand auch nur von ferne vermuten kann, daß die Prinzessin Sie begünstigt.

      DOMHERR. Gewiß, jedermann glaubt mich in Ungnade, auf ewig vom Hofe entfernt. Mitleidig, ja verachtend sind die Blicke der Menschen, die mir begegnen. Nur durch einen großen Aufwand, durch Ansehn meiner Freunde, durch Unterstützung mancher Unzufriedenen erhalte ich mich aufrecht. Gebe der Himmel, daß meine Hoffnungen nicht trügen, daß dein Versprechen in Erfüllung gehe!

      MARQUISE. Mein Versprechen? – Sagen Sie nicht mehr so, bester Freund. Bisher war es mein Versprechen; aber seit diesem Abend, seitdem ich Ihnen einen Brief überbrachte, gab ich Ihnen nicht mit diesem Briefe die schönsten Versicherungen in die Hände?

      DOMHERR. Ich habe es schon tausendmal geküßt, dieses Blatt. Er bringt ein Blatt aus der Tasche. Laß es mich noch tausendmal küssen! Von meinen Lippen soll es nicht kommen, bis diese heißen begierigen Lippen auf ihrer schönen Hand verweilen können: auf der Hand, die mich unaussprechlich entzückt, indem sie mir auf ewig mein Glück versichert.

      MARQUISE. Und wenn dann der Schleier von diesem Geheimnis hinwegfällt und Sie mit dem völligen Glanze des vorigen Glückes, ja in einem weit schönern vor den Augen der Menschen dastehn, neben einem Fürsten, der Sie wieder erkennt, neben einer Fürstin, die Sie nie verkannt hat: wie wird dieses neue, dieses leuchtende Glück die Augen des Neides blenden, und mit welcher Freude werde ich Sie an dem Platze sehen, den Sie so sehr verdienen! –

      DOMHERR. Und mit welcher Dankbarkeit werde ich eine Freundin zu belohnen wissen, der ich alles schuldig bin!

      MARQUISE. Reden Sie nicht davon. Wer kennt Sie und ist nicht gleich lebhaft für Sie hingerissen? Wer wünscht nicht, Ihnen, selbst mit Aufopferung, zu dienen?

      DOMHERR. Horch! es kommt ein Wagen angefahren. Was ist das?

      MARQUISE. Sein Sie unbesorgt; er fährt vorbei. Die Türen sind verschlossen, die Läden verwahrt; ich habe aufs genaueste die Fenster zudecken lassen, daß niemand den Schein eines Lichts bemerken kann. Niemand wird glauben, daß in diesem Hause Gesellschaft sei.

      DOMHERR. Welch ein Lärm, welch ein Getümmel?

      EIN BEDIENTER tritt ein. Es ist ein Wagen vorgefahren; man pocht an die Tür, als wenn man sie einschlagen wollte. Ich höre des Grafen Stimme; er droht und will eingelassen sein.

      MARQUISE. Ist das Haus verriegelt? – Macht ihm nicht auf! Rührt euch nicht. Antwortet nicht. Wenn er ausgetobt hat, mag er abfahren.

      DOMHERR. Sie bedenken nicht, mit wem wir zu tun haben. – Macht ihm auf! Wir widerstehn vergebens.

      BEDIENTE die hereinstürzen. Der Graf! Der Graf!

      MARQUISE. Wie ist er hereingekommen?

      BEDIENTER. Die Türen taten sich von selbst auf, beide Flügel.

      DOMHERR. Wo soll ich hin?

      DIE FRAUEN. Wer wird uns retten!

      RITTER. Nur getrost!

      DIE FRAUEN. Er kommt! er kommt!

      Zweiter Auftritt

      Der Graf. Vorige.

      GRAF unter der Türe hinterwärts sprechend. Assaraton! Pantassaraton! Dienstbare Geister, bleibt an der Türe, laßt niemand entwischen! leidet nicht, daß jemand über die Schwelle gehe, der nicht von mir bezeichnet ist.

      DIE FRAUEN. Weh uns!

      DIE MÄNNER. Was soll das werden!

      GRAF. Uriel, du zu meiner Rechten, Ithruriel, du zu meiner Linken, tretet herein. Bestrafet die Verbrecher, denen ich diesmal nicht vergeben werde.

      DIE FRAUEN. Wohin verkriech ich mich!

      DOMHERR. Es ist alles verloren!

      GRAF. Uriel! Pause, als wenn er Antwort vernähme. So recht! – »Hier bin ich!«, das ist dein gewöhnlicher Spruch, folgsamer Geist. – Uriel, fasse diese Weiber!

      Die Mädchen tun einen lauten Schrei.

      Führe sie weit über Berg und Tal, setze sie auf einen Kreuzweg nieder; denn sie glauben nicht, sie gehorchen nicht, bis sie fühlen. Greif zu!

      DIE FRAUEN. Ai! Ai! Er hat mich! – Großer Meister, um Gottes willen!

      MARQUISE. Herr Graf!

      DIE FRAUEN. Kniend bitten wir unsre Schuld ab.

      GRAF. Uriel, du bittest für sie! Soll ich mich erweichen lassen!

      DIE FRAUEN. Bitte für uns, Uriel!

      MARQUISE. Ist es erlaubt, diese Geschöpfe so zu ängstigen!

      GRAF. Was! Was! Auf Ihre Knie nieder, Madame! Nicht vor mir, vor den unsichtbaren Mächten, die neben mir stehen, auf die Knie! Können Sie ein schuldloses Herz ein freies Angesicht gegen diese himmlischen Gestalten wenden?

      EIN MÄDCHEN. Siehst du was?

      DIE ANDRE. Einen Schatten, ganz dicht an ihm!

      GRAF. Wie sieht es in Ihrem Herzen aus?

      MARQUISE. Großer Meister! Schone des zarten Geschlechts!

      GRAF. Ich bin gerührt, nicht erweicht. Ithruriel! ergreife diese Männer, führe sie in meine tiefsten Keller.

      DOMHERR. Mein Herr und Meister!

      RITTER. Nicht ein Wort mehr! Ihre Geister erschrecken uns nicht, und hier ist eine Klinge gegen Sie selbst. Glauben Sie nicht, daß wir noch Arm und Mut genug haben, uns und diese Frauen zu verteidigen?

      GRAF. Törichter Jüngling! Zieh völlig, ziehe! Stoß hieher, hieher auf diese freie unbeschützte Brust! stoß her, daß ein Zeichen geschehe für dich und alle. Ein dreifacher Harnisch, der Rechtschaffenheit, der Weisheit, der Zauberkraft, schützt diese Brust. Stoß her und suche die Stücke deiner zerbrochenen Klinge beschämt zu meinen Füßen.

      DIE MÄNNER. Welche Majestät!

      DIE FRAUEN. Welche Gewalt!

      DIE MÄNNER. Welche Stimme!

      DIE FRAUEN. Welch ein Mann!

      DER RITTER. Was soll ich tun?

      DOMHERR. Was kann das werden?

      MARQUISE. Was soll ich sagen?

      GRAF. Steht auf! ich begnadige das unverständige Geschlecht. Meine verirrten Kinder will ich nicht ganz verstoßen; doch alle Züchtigung erlaß ich euch nicht. Zu den Männern. Entfernt euch!

      Die Männer treten in den Grund zurück.

      Zu


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