Goethes Lebensweisheit. Josef Hofmiller

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Goethes Lebensweisheit - Josef Hofmiller


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ich Gut’s finde in Überlegungen, Gedanken, ja sogar Ausdruck, kommt mir meist im Gehen; sitzend bin ich zu nichts aufgelegt. (T. 21.3.1780)

      Mein Rat ist, nichts forcieren und alle unproduktiven Tage und Stunden lieber zu vertändeln und zu verschlafen, als in solchen Tagen etwas machen zu wollen, woran man später keine Freude hat. (Zu Eckermann, 11.3.1828.)

      Unser Leben kann sicherlich durch die Ärzte um keinen Tag verlängert werden, wir leben, solange es Gott bestimmt hat; aber es ist ein großer Unterschied, ob wir jämmerlich, wie arme Hunde leben oder wohl und frisch, und darauf vermag ein kluger Arzt viel. (Zu F. v. Müller, 12.8.1827.)

      Der Druck der Geschäfte ist sehr schön der Seele; wenn sie entladen ist, spielt sie freier und genießt des Lebens. Elender ist nichts als der behagliche Mensch ohne Arbeit, das Schönste der Gaben wird ihm Ekel. (T. 13.1.1779.)

      Glauben Sie mir, der Mensch muss ein Handwerk haben, das ihn nährt. Auch der Künstler wird nie bezahlt, sondern der Handwerker. Chodowiecki, der Künstler, den wie bewundern, äße schmale Bissen, aber Chodowiecki, der Handwerker, der die elendesten Sudeleien mit seinem Kupfern illuminiert, wird bezahlt. (An J.J. Kraft, 9.9.1779.)

      Seelenleiden, in die wir durch Unglück oder eigenen Fehler geraten, zu heilen, vermag der Verstand nichts, die Vernunft wenig, die Zeit viel, entschlossenen Tätigkeit hingegen alles. (Wanderjahre.)

      Es kommt doch am Ende darauf an, dass man aushält und die anderen ausdauert. Wie viel Fälle sind nicht möglich, da sich das Gesicht unserer Existenz ins Bessere verändern kann. (An Herder und Frau, 2.9.1786.)

      Man könnte noch mehr, ja das Unglaubliche tun, wenn man mäßiger wäre. (T. 22.6.1780.)

      Gott helfe weiter und gebe Lichter, dass wir uns nicht selbst so viel im Wege stehen. Lasse uns vom Morgen zum Abend das Gehörige tun und gebe uns klare Begriffe von den Folgen der Dinge. Dass man nicht sei wie Menschen, die den ganzen Tag über Kopfweh klagen und gegen Kopfweh brauchen und alle Abend zu viel Wein zu sich nehmen. (T. 7.8.1779.)

      Die Unzufriedenheit mit Ihrem Zustande, die Sie mir zu erkennen geben, scheint mir so sehr aus dem Verhältnis Ihres Innersten, Ihrer Talente, Begriffe und Wünsche zu dem Zustande unserer bürgerlichen Verfassung zu liegen, dass ich nicht glaube, es werde Sie die Veränderung des Ortes außer einem geringen Mehr oder Weniger jemals befriedigen können. Es ist in unserem Lande keine einzige Justizbeamtenstelle, davon nicht der Besitzer an eben den Übeln krank läge, über die Sie sich beklagen. Keine subalterne Stelle ist weder für einen denkenden Menschen, was wir gewöhnlich so nennen, noch dazu eingerichtet, das Leben in seinem feineren Sinne zu genießen. Tüchtige Kinder dieser eingeschränkten Erde, denen im Schweiß ihres Angesichts ihr Brot schmecken kann, sind allein gebaut, sich darin leidlich zu befinden und nach ihren Fähigkeiten und Tugenden das Gute und Ordentliche zu wirken. Jede höhere Stelle ist nach ihrem Maße unruhiger, mühseliger und weniger wünschenswert. (An Bürger, 20.2.1782.)

      Was aber ist deine Pflicht? Die Forderung des Tages.

      Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist; weiß ich, womit du dich beschäftigst, so weiß ich, was aus dir werden kann.

      Die Botaniker haben eine Pflanzen Abteilung, die sie Incompletae nennen; man kann eben auch sagen, dass es inkomplette, unvollständige Menschen gibt. Es sind diejenigen, deren Sehnsucht und Streben mit ihrem Tun und Leisten nicht proportioniert ist.

      Einen Rat verlangt ihr! Aus der Ferne ist schwer raten! Aber der sicherste, treueste, erprobteste ist: bleibt, wo Ihr seid! Tragt diese oder jenen Unbequemlichkeit, Verdruss, Hintansetzung usw., weil Ihrs nicht besser finden werdet, wenn Ihr den Ort verändert. Bleibt fest und treu auf eurem Patze! Fest und treu auf einem Zweck, Ihr seid ja der Mann dazu, und Ihr werdet vordringen durch Bleiben, weil alles andre hinter Euch weicht. Wer seinen Zustand verändert, verliert immer die Reise- und Einrichtekosten, moralisch und ökonomisch, und setzt sich zurück. (An Kestner, 28.9.1777.)

      Wie kann man sich selbst kennenlernen? Durch Betrachten niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche, deine Pflicht zu tun, und du weißt gleich, was an dir ist.

      Der geringste Mensch kann komplett sein, wenn er sich innerhalb der Grenzen seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten bewegt; aber selbst schöne Vorzüge werden verdunkelt, aufgehoben und vernichtet, wenn jenes unerlässlich geforderte Ebenmaß abgeht. Diese Unheil wird sich in der neuern Zeit noch öfter hervortun; denn wer wird wohl den Forderungen einer durchaus gesteigerten Gegenwart, und zwar in schnellster Bewegung, genugtun können?

      Wenn der Mensch über sein Physisches oder Moralisches nachdenkt, findet er sich gewöhnlich krank.

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