Ein Bild vom Wesen der Natur. John Collins

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Ein Bild vom Wesen der Natur - John  Collins


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Übermaß belastet. Die Förster und Jäger wären wenig erfreut, wenn zu viele „Naturfreunde“ den Wald durchkämmen würden. Und so befindet sich der heutige Mensch in einer ambivalenten Situation. Auf der einen Seite sollte er sein Dasein in enger Verbundenheit mit der Natur gestalten. Mit den Früchten des Waldes (Kräuter, Pilze, Beeren, Nüsse und Knollen) könnten wir unseren Tisch jeden Tag reichlich decken. Die tägliche Bewegung beim Sammeln quer durch das Unterholz, käme unserer Gesundheit zugute. Andererseits, wäre dieses Verhalten in größerem Stil, eher unzuträglich für den Frieden im Wald. Wer den Wald nicht kennt und wie heutzutage üblich, die Küchen- und vielleicht auch Heilkräuter sich im Supermarkt bzw. aus der Apotheke besorgt; wer sich von der Natur distanziert und so den Wald - unbeabsichtigt - in Ruhe lässt, ist solch ein Mensch, der womöglich nicht einmal weiß die Natur zu schätzen, am Ende der wahre „Naturfreund“? Als der Menschen vor einigen Jahrtausenden den Wald als ursprüngliche Heimat verließ, wurde diese Distanziertheit tatsächlich allmählich zu seinem Schicksaal. Für das Ökosystem Wald, ist ein Sechsfamilienhaus in der Stadt eine geringere Belastung als sechs idyllische Einfamilienhäuser auf dem Lande. Die Urbanisierung ist ein notwendiger Kompromiss der menschlichen (Über-)Bevölkerung. Der Rückzug aus der Natur hat uns Menschen verändert. Diese Veränderungen gehen einher mit den erforderlichen Anpassungsprozessen in der Zivilisation. Die Entwicklung unserer Zivilisation ist ein menschlicher Prozess, d.h. sie wird fortschreiten und ob wir es wollen oder nicht, wird sie jeden Einzelnen von uns mitnehmen. Im Denken und Handeln haben wir uns von unserem inneren Naturwesen schon lange verabschiedet. Als menschliche Wesen haben wir die Gestalt des Kulturwesens angenommen. Aber auch diese Umgestaltung ist nicht vollendet – im Übrigen wird sie, solange es uns Menschen gibt, niemals vollendet sein. Die aktive Zivilisation - die menschliche Kultur - hat kein endgültiges Ziel.

      Der wirtschaftliche Einfluss den der Wald unterliegt ist deutlich sichtbar. Glücklicherweise gibt es jedoch zwischen den forstwirtschaftlichen Aktivitäten lange Perioden in denen der Wald sich wieder regenerieren kann. Und so ist der Wald eines der wenigen Refugien unserer kultivierten Landschaft in dem sich das Leben noch einigermaßen natur- und artgemäß gestalten kann. Wenn Flora und Fauna über genügend geeigneten Lebensraum verfügen, dann sind ihre Verkörperungen in exakter Weise aufeinander angepasst. In dieser Gemeinschaft sind alle Aufgaben und Funktionen aufeinander abgestimmt. Diese enge Verflechtung kann nur dann gedeihen, wenn jedes Lebewesen das Gesamtprogramm der Natur und des Lebens in sich trägt. Es sind Informationen die alle Lebewesen in sich haben – übrigens auch wir Menschen. Wir moderne Zivilisationsmenschen sind Lebewesen die es gewohnt sind auf glatten Linoleumböden zu gehen. Überhaupt meiden wir das Gehen so gut es geht. Stattdessen nehmen wir auch für kurze Entfernungen viel lieber das Auto. Selbst gewöhnliche Treppen sehen wir als Unbequemlichkeit und bevorzugen Rolltreppen sowie Aufzüge. Wenn Körperteile die wir nicht mehr benötigen im Laufe der Zeit verkümmern, wie mögen wohl die Füße eines Menschen in fünfzigtausend Jahren aussehen? Ob diese Körperteile als Füße noch erkennbar sein werden? Oder wird bis dahin nur noch ein kümmerliches Restgebilde aus vergangenen Zeiten übrig geblieben sein? Als solches hätten die Füße des zukünftigen Menschen ihre natürlichen Funktionen verloren. In einer zunehmend virtuellen Welt spielt die körperliche Fortbewegung ohnehin eine untergeordnete Rolle. Mit der Assistenz von Robotern ließe sich ein bequemes und bewegungsarmes „menschliche“ Leben durchaus führen. Falls dieser zukünftige Mensch sich ausnahmsweise doch mal selbstständig fortbewegen müsste, so wäre er auf angepasster Prothesentechnik angewiesen. Wie die Füße, würden auch die übrigen Körperteile langsam verkümmern und irgendwann möglicherweise ganz verschwinden. Die Menschheit von heute wäre mitverantwortlich, wenn sich das Menschsein in dieser oder ähnlicher Weise verändern würde. Wenn eines Tages nicht mehr unsere Körperlichkeit, sondern die Technik den unmittelbaren Kontakt mit der Natur hätte. Glücklicherweise haben wir noch halbwegs geländegängige Füße. Auch insgesamt ist der Mensch mit der Natur noch einigermaßen kompatibel. Sicher bedeutet Mensch sein; Mensch in der Gesellschaft zu sein. Um im Prozess der menschlichen Entwicklung unser Menschsein zu wahren, muss jedoch auch die Verbindung zur Natur gewahrt bleiben. Denn von der Natur erhalten wir die Beständigkeit, die zur Bewältigung der anstrengenden gesellschaftlichen Veränderungen erforderlich ist.

      II. Umwelten der Extremen

      In einigen Gegenden der Erde haben übermäßige Trockenheit, Hitze und Kälte, sowie der Wind, ziemlich karge und auf den ersten Blick lebensfeindliche Landschaften gebildet. In der Wüste kann die Temperatur bis zu 50° C im Schatten ansteigen. In den Nord- und Südpolregionen herrscht dagegen dauerhafte Eiseskälte. Man möchte meinen, dass die in solchen Naturräumen lebenden Pflanzen und Tiere kein leichtes Dasein fristen. Die wenigen Lebewesen die sich über Jahrmillionen arrangiert haben, passen jedoch perfekt in genau diese Umwelten. Sie kommen gut zu recht in solch „lebensfeindlichen“ Gegenden und soweit wir es beurteilen können fühlen sie sich darin auch wohl. Ihre Lebendigkeit bleibt erhalten, solange ihr naturstrategisches Bündnis mit den spezifischen Verhältnissen ihrer Umwelt funktioniert. In den gemäßigten, „lebensfreundlicheren“ Breitengraden würden einige dieser durchspezialisierten Arten weniger gut zurechtkommen. Sie wären gleichermaßen hilflos wie ein Seefisch im Sande oder ein Sandfisch im Wasser. Die für ihre Umgebung spezifisch geformten bzw. angepassten Arten, haben kaum direkte Berührung mit den gefährlichen Wirkungen der Natur. Die Strategien die sie entwickelt haben, schützen vor diesen Gefahren. Schnell und elegant gleitet zum Beispiel die Wüstenschlange über den heißen Wüstensand. Aufgrund der Beschaffenheit ihrer Haut, bleibt kein einziges heißes Sandkorn an ihr haften. Wie die Wüstenschlange, so haben auch wir Menschen kaum Berührung mit den gefährlichen Wirkungen der Natur. Im Unterschied zur Wüstenschlange, leben wir jedoch geschützt in unserer Hochtechnisierten Welt, fern ab von jeglicher Wirkungen einer natürlichen Umgebung. In dieser technisierten Komfortzone wird sich unsere Anpassungsfähigkeit an die Natur allmählich erlahmen. Letztendlich wird uns die Natur dadurch irgendwann gefährlich werden. Zur Lebensweise, insbesondere der an extremen Umweltbedingungen angepassten Pflanzen und Tiere, gehört eine äußerst sparsame Inanspruchnahme der vorhandenen Ressourcen. Das Funktionieren der Hochtechnisierten Welt des Menschen erfordert hingegen ein Übermaß an lebenswichtigen Ressourcen. Hinzu kommt der ohnehin schon extrem verschwenderische Umgang mit ihnen.

      III. Ein Fehltritt kann zum Zorn der Gemeinschaft führen

      Jedes Lebewesen hat seinen spezifischen Freiraum in der Natur. Es ist ein enger Freiraum und dennoch, ermöglicht dieser Raum die Bewegungen zur Lebensgestaltung. Eine exakte Anpassung, absolute Disziplin und Kooperation sind die Voraussetzungen für eine stabile Lebensgemeinschaft. Diese Regeln gewährleisten die Einhaltung der von der Natur gesetzten Grenzen. Innerhalb dieser Grenzen, entwickeln sich die Lebewesen in Gestalt der Natur. Lebens- und Verhaltensformen die die Grenzbereiche missachten werden unbarmherzig bestraft. Die Gemeinschaft der Lebewesen ist ein Kreis von Abhängigen in der das eine vom anderen profitiert. Zu Unregelmäßigkeiten kommt es, wenn eines der Mitglieder die Übermacht ergreift und von den gemeinsamen Lebensgrundlagen ein Übermaß für sich beansprucht. Der Lebenskreislauf gerät dann ins Wanken und stößt an die gefährlichen Grenzen der Natur. Das lebensgemeinschaftliche System gerät dann solange ins Stocken, bis der übermäßig Profitierende selbst entweder geschwächt oder eliminiert ist. Erst dann kann sich das System, sofern es nicht völlig zerstört wurde, wieder erholen. Pflanzen und Tiere halten sich genau an ihr Natur- und Lebensprogramm. Mit diesen Informationen sind die Pflanzen sozusagen „fest verwurzelt“. Die Tiere haben mit ihren Instinkten eine direkte Verbindung zu den Natur- und Lebensinformationen. Die Instinkte lassen kaum Spielraum für Abweichungen. Lediglich der Mensch hat sich vernunftorientiert auf einen Sonderweg begeben. Er hat sich aus dem lebensgemeinschaftlichen System des gerechten Gebens und Nehmens gelöst und nimmt die Gestaltung seines Lebens weitgehend selbst in die Hand. Indem er die übrigen Gemeinschaftsmitglieder verdrängt verschafft er sich einen größeren Freiraum. Gefährlich wird es für den Menschen, wenn er die Grenzbereiche der Natur zu sehr annähert oder gar überschreitet und die Kompatibilität mit der Natur dadurch verloren geht.

      Wie lebendige Puzzelteile passen die Pflanzen und Tiere perfekt in das Bild der Natur. Selbst die Behausungen der Tiere sind unauffällig gestaltet. Die Zusammensetzung sowie Formgebung sind


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