Dies Herz, das dir gehört. Ханс Фаллада

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Dies Herz, das dir gehört - Ханс Фаллада


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Nase. Alles Essen ist Normalfraß.

      Und er erinnert sich an Kaffeestuben, wo er vom laufenden Band alles nimmt, was er braucht: Kaffee und Milch, Haferbrei und Sandwichs, Normalfrühstück, geistlos, lieblos …

      Und er erinnert sich an einen Arbeiter im Bus, der ihm ein Taschenmesser in die Hand gibt und von ihm verlangt, er solle ihm einen Splitter aus der Hand schneiden – er, das Söhnchen aus feinem Hause, vor allen Leuten im Bus, einem Arbeiter. Er hat einmal ein echtes Gefühl mit den zerrissenen Sohlen eines alten Arbeiters gehabt, er hat schon manches echte Gefühl in seinem Leben gehabt, die Resultate waren gering.

      Er erinnert sich an schreckliche Kinovorstellungen, wo zwischen den Bildern die albernsten Schlagertexte auf der Leinwand erschienen, und das ganze Publikum singt begeistert schreiend mit, außer sich vor Vergnügen.

      Und er erinnert sich schöner Konzerte, die das Publikum nur dazu benutzt, sich zu zeigen, mit Brillanten und nackten Brüsten, mit den schönsten Frauen, mit den berühmtesten Stars.

      Er fühlt sich namenlos allein. Er weiß nichts mit sich anzufangen, er ahnt nicht, welche Arbeit er unter diesem brutalen, unbekümmerten, spuckenden und schreienden Volk tun könnte! Langsam schwindet seine Barschaft dahin, so ängstlich er sie hütet, wie gering er seine Ansprüche auch stellt.

      Und er erinnert sich gut, wie ihm einmal, in einer nordamerikanischen Stadt, in seinem kleinen Hotel der Portier einen Brief hinhält: »For you, Mister Wiebe?«

      Er erzittert, als er diesen Brief nimmt, auf dem er die Handschrift seiner Mutter erkennt.

      Er geht mit ihm auf sein kahles Loch, er legt ihn vor sich auf den Tisch, er starrt ihn an.

      Er ist allein mit diesem Brief aus der Heimat, von der Mutter. Drunten auf der Straße braust und strudelt es vorüber, zehntausend Menschen, Autos, Lastwagen, das Gebrüll einer Stadt mit Mädchen, Liebe, Feindschaften, Frauen, Haß, Arbeit – er aber ist allein mit seinem Brief.

      Dreimal nimmt er ihn in die Hände, um ihn durchzureißen. Er legt ihn wieder auf den Tisch zurück.

      Er hat Angst, schwach zu werden, wie der verlorene Sohn in die Heimat zurückzukehren, dem man ein fettes Kalb schlachten muß, um ihn nur satt zu kriegen.

      (Oh, das freche, höhnische Gesicht seines Bruders – ohne dies Gesicht wäre alles so einfach! Vor einer Mutter schämt man sich doch nicht!)

      Schließlich öffnet er den Brief – zwei Blätter liegen darin: ein Scheck und ein Briefblatt seiner Mutter. Es stehen nur sechs Worte darauf, aber sie treffen ihn ins Herz. »Deine Mutter wartet auf dich, Hannes«, liest er.

      Er legt den Kopf auf den Tisch und träumt. Vielleicht weint er auch ein wenig, wer weiß, man sieht es nicht.

      Schließlich, nach einer langen Zeit, sieht er hoch.

      Er liest noch einmal den Brief seiner Mutter, trotzdem er jedes Wort in ihm kennt. Dann legt er ihn sorgfältig in die – ach! – so dünn gewordene Brieftasche.

      Den Scheck aber zerreißt er mit beiden Händen in viele kleine Schnitzel.

      Dann nimmt er seinen Koffer und geht wieder einmal aus seinem Zimmer, weiter auf seiner Irrfahrt – ins Nichts.

      5

      Der Arbeiter

      In einer Automobilfabrik in Detroit steht Johannes Wiebe am laufenden Band der Motorenmontage und setzt Muttern auf. Langsam laufen, mit ihrer Unterseite nach oben, die Motoren an ihm vorüber. Acht Muttern hat er auf acht Bolzen zu stecken, weiter nichts. Er muß sie nicht umdrehen, er braucht sie nur aufzustecken.

      Neben ihm, fast in Ellbogenberührung, steht ein kleiner krummer Ire, Mike, der die Lagerdeckel auf die Bolzen legt, rechts neben ihm steht ein baumlanger Neger, Jeff, der mit einem elektrischen Schlüssel die Muttern anzieht.

      Johannes Wiebe steht nicht den ersten Tag am laufenden Band, aber trotzdem steht ein Werkmeister hinter ihm und beobachtet genau, wie Wiebe aus einer eisernen Schale acht Muttern greift, sie mit der andern Hand rasch aufsetzt – er hat gerade so viel Zeit, es eiligst zu tun, während der Motor an ihm vorüberfährt – und schon wieder nach acht neuen Muttern greift, denn jetzt ist schon wieder der nächste Motor da.

      Johannes Wiebe schaut nicht auf. Mechanisch greift er nach den Muttern, mechanisch setzt er sie auf. Seine Finger sind schon ziemlich geschickt und flink geworden, selten vergreifen sie sich und fassen nur sieben Muttern. Selten muß er eine kleine Bewegung nach rechts hin machen, um dem Motor zu folgen, weil noch nicht die achte Mutter aufgesetzt ist. Dann stößt er gegen den Ellbogen des Negers Jeff, der scheinbar sehr zornig mit den Zähnen fletscht.

      »Nimm dich heute zusammen, Jack«, sagt der Werkmeister ermahnend. »Paß auf deine Arbeit auf, du darfst das Band heute nicht wieder aufhalten.«

      Johannes-Jack Wiebe antwortet nicht. Dafür sagt der kleine Ire: »Er macht’s, so gut er kann, Herr. Er ist noch nicht voll eingearbeitet. Gestern nachmittag lief das Band für ihn zu schnell.«

      »Er bekommt aber seinen vollen Lohn«, sagt der Werkmeister böse. »So hat er seine volle Arbeit zu tun. Heh, du, Deutscher, ich spreche mit dir! Du sollst das Band nicht aufhalten! Du sitzt schon wieder am Ellbogen von Jeff!«

      »Entschuldigen Sie, Herr! Das Band läuft schon wieder sehr schnell.«

      »Wollen Sie Ihre Arbeit tun, oder wollen Sie nicht?«

      »Ich will schon, Herr.«

      »Dann tun Sie sie auch!«

      Mehr zu den andern als zu Johannes Wiebe: »Ich kenne diese Deutschen, sie taugen alle nicht zu vernünftiger Arbeit. Immerzu wollen sie denken! Du sollst deine Muttern rechtzeitig aufsetzen, du!«

      »Jawohl, Herr!«

      »Also, ich habe es dir gesagt! Wenn du das Band noch mal aufhältst, du …!«

      Der Werkmeister geht langsam, beobachtend, an seinem Bandabschnitt entlang und sucht ein neues Opfer, Johannes Wiebe fährt sich eilig mit der Hand über die Stirn.

      »Mach zu«, mahnt ihn Mike. »Der Boss hat dich mächtig auf dem Strich.«

      »Ich mache so schnell ich kann, aber …« sagt Johannes Wiebe mutlos.

      »Aber du kannst nicht sehr schnell, was? Schau den Jeff an, der könnte zehn statt acht Muttern in seiner Zeit festdrehen.«

      Der Neger fletscht wieder die Zähne. Es erweist sich nun, daß dies sein Lachen ist.

      »Mach dir nichts aus Boss«, sagt er tröstend, »das alles Dummartigkeiten sein. Gib mir zwei Muttern, ich sie setze auf …«

      Johannes Wiebe seufzt tief. Das bißchen Stirnwischen hat ihn schon wieder aus dem Takt gebracht, er bedrängt schon wieder Jeff.

      »Nimm dich doch in acht, Jack!« ruft Mike ärgerlich. »Der Boss guckt schon wieder. Ruf einen Helfer, geh aufs Klo, ehe du …«

      Aber es ist schon zu spät, der Werkmeister kommt zornsprühend zurück.

      »Eben ist da unten ein Motor mit nur sechs Muttern an mir vorbeigelaufen! Du hältst nicht nur das Band auf, verdammter Deutscher, du bringst es noch so weit, daß mir Motoren bei der Prüfung zurückgewiesen werden!«

      Johannes Wiebe ist viel zu klein und viel zu beschäftigt, um zu antworten. Er muß acht Muttern greifen, sie aufsetzen, der neue Motor ist da, acht Muttern greifen, aufsetzen … Es ist so viel Lärm in dieser einen Morgen großen Halle, in der er mit fünfzehnhundert Mann und dreihundert Spezialmaschinen arbeitet. Das bißchen Geschimpf in seinem Rücken stört ihn kaum noch. Er ist in diesen Monaten, die er hier arbeitet, so viel gescholten worden!

      Alles, was er an Kraft, Willen, an Widerstand noch in sich hat, das frißt diese lächerliche Arbeit mit ihren acht Muttern. Es ist wahrhaftig so, als ginge die Welt unter, wenn er diese acht Muttern nicht zur Zeit aufsetzt.

      Wenn man sich das so vorstellt, daß ein Gott im Himmel sitzt, der es so eingerichtet hat, daß


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