KOBAS. Jon Pan
Читать онлайн книгу.wäre wohl nichts zu machen.«
Die Prozedur vor dem Spiegel dauerte noch über eine halbe Stunde.
Dann zog Kobas die alten Kleider aus und die neuen an: Hemd, perfekter Krawattenknopf, Hose, Sakko, blaue Socken und zuletzt die Schuhe. Kobas schaute sich im Spiegel an.
»Hast du etwas anderes erwartet?«, fragte die Frau. »Wir haben es ja schon ausprobiert.«
Kobas nickte. »Das kommt hin.«
»Es ist perfekt«, sagte die Frau.
»Ja, es ist perfekt«, wiederholte Kobas.
Der Wagen fuhr in die Tiefgarage eines großen Geschäftshauses. Die Frau am Steuer hatte schwarzes, halblanges Haar, das steif wirkte, jedoch sehr streng frisiert war. Sie trug eine dunkle Sonnenbrille und eine braune Lederjacke mit Wollkragen.
Der Wagen kam zum Stillstand, wurde dann nahe bei einer gläsernen Doppeltür geparkt. Die Frau stieg aus, schaute sich um. Ihre dünnen Beine wirkten in der engen Hose, die sie trug, wie zwei Stäbe. Dann beugte sie sich zum Fenster des Wagens hinunter, dass einen Spalt breit offen war. »Ich glaube, die Luft ist rein«, flüsterte sie.
»Steht van Rooyens Wagen mit seinem Chauffeur draußen?«, fragte eine dumpfe Stimme zurück. Es war Kobas, der auf dem Rücksitz unter einer Decke lag.
»Ja«, antwortete die Frau ebenfalls flüsternd.
Motorengeräusch war zu hören. Ein Wagen kam angefahren. Die Frau mit der Sonnenbrille richtete sich auf, öffnete die Vordertür und setzte sich ans Steuer zurück. Dort nestelte sie an ihrem schwarzen Haar herum, das eine Perücke war.
»Was ist?«, fragte Kobas unter der Decke hervor.
»Es kommt jemand?»
»Wer?»
»Ein weißer, amerikanischer Wagen.«
»Und?»
»Mehr weiß ich nicht.«
»Schließ die Tür.«
Die Frau drehte vorsichtig den Kopf, griff nach einer lackledernen Handtasche, die auf dem Beifahrersitz lag. »Der Wagen parkt ganz in unserer Nähe«, sprach sie monoton.
»Reg dich nicht auf«, sagte Kobas. »Das hat garantiert nichts mit uns zu tun.«
Die Frau schob sich die Sonnenbrille gegen die Nasenspitze, um über den Rand der Gläser zu schauen. Sie beobachtete, die Handtasche inzwischen auf den Knien, wie zwei Männer aus dem weißen Wagen ausstiegen. Der eine hatte einen Aktenkoffer bei sich. Beide schritten auf eine gläserne Doppeltür zu, die sich automatisch öffnete.
»Und?«, fragte Kobas.
»Sie sind weg«, sagte die Frau.
»Na also.« Kobas schien erleichtert. »Nur keine unnötige Aufregung. Dass hier Leute kommen und gehen, wissen wir doch.«
Die Frau stieg, die Handtasche unter dem Arm, aus und öffnete die Hintertür. Kobas richtete sich auf, schüttelte die Decke von seinen Schultern.
Er trug einen dunkelgrauen Regenmantel mit hochgeschlagenem Kragen. Sein Haar war ein bisschen durcheinander. Er schaute auf die Uhr, wartete noch einige Sekunden, nickte und kletterte aus dem Wagen. In der Hand hielt er eine gelbe Plastiktüte. Die beiden schritten los.
Fast geräuschlos öffnete sich die gläserne Doppeltür. Von dort aus waren es nur wenige Schritte bis zum Fahrstuhl. Die Frau fuhr nach oben. Kobas blieb zurück und ging ungeduldig auf und ab. Dabei vermied er es, in den Bereich der Lichtschranke, die die automatische Glastür steuerte, zu geraten.
Regelmäßig warf er einen Blick in die Tiefgarage, wandte sich dann wieder dem Fahrstuhl zu. Der seitlich angebrachte Leuchtknopf zeigte ihm an, dass der Fahrstuhl ununterbrochen in Betrieb war.
Durch ein schmales, hohes Fenster aus Glas konnte Kobas die Ankunft der Fahrstuhlkabine beobachten.
Seine Hand fasste in die Plastiktüte und holte eine Faschingsmaske heraus, die ein lachendes Chinesengesicht darstellte. Mit einer schnellen Drehung wandte er sich ab, setzte sich die Maske auf und versteckte sich, nur wenige Schritte entfernt, in einer schwach beleuchteten Nische.
Die Fahrstuhltür öffnete sich. Kobas drehte sich nicht um. Seine Hand griff wieder in die Plastiktasche, umfasste eine Pistole.
Der Absatz eines Frauenschuhs schlug zweimal gegen die Kabinenwand – das war das Zeichen.
Kobas zog die Hand mit der Pistole aus der Plastiktüte und schritt zum Fahrstuhl, dessen Tür nun offen stand. Die Frau mit Perücke und Sonnenbrille hielt drinnen einen Mann unter Kontrolle. Auch sie hatte eine Pistole, allerdings mit aufgesetztem Schalldämpfer, in der Hand.
»Los, raus!«, befahl Kobas, und seine Stimme klang dumpf unter der Chinesenmaske.
Der Mann trat aus dem Lift. Er war etwa fünfzig, mit dunklem Anzug bekleidet, und er hatte einen braunen Aktenkoffer aus Leder bei sich. Die Frau folgte ihm dicht, die Pistole auf seinen Rücken gerichtet.
Kobas prüfte mit einem Seitenblick, ob sich sonst niemand in der Tiefgarage aufhielt. Da er nichts Unvorhergesehenes entdecken konnte, trieb er den Mann, dessen Gesicht von Angst gezeichnet war, vor sich her.
»Los«, sagte Kobas, als sie beim Wagen angekommen waren. »Dreh dich um!»
Der Mann zögerte. Kobas nahm ihm den Aktenkoffer ab.
»Dreh dich um!«, wiederholte er.
Die Frau steckte die Pistole mit dem Schalldämpfer in die Handtasche, öffnete den Kofferraum und kam mit einer aufgezogenen Spritze in der Hand zurück.
Der Mann sah dies nicht, da er sich bereits umgedreht hatte. Die Nadel bohrte sich in seinen Körper. Er verkrampfte sich, und seine gespreizten Finger versuchten sich, am lackierten Blech des Wagendachs festzuhalten. Nur langsam, ein Stöhnen auf den Lippen, sank er zusammen.
Die beiden packten den leblosen Körper, zerrten ihn hinter den Wagen, hoben ihn mit aller Kraft hoch, rissen an seinen Kleidern und schubsten ihn über den Rand des Kofferraums.
Dann machte sich die Frau daran, die Taschen des Bewusstlosen zu durchsuchen, was durch die Lage seines Körpers nicht ganz einfach war, und fand ein schwarzes Etui. Auch die goldene Armbanduhr nahm sie ihm ab.
Kobas beobachtete unterdessen die Umgebung.
»Hier«, sagte die Frau, übergab ihm die Uhr und das schwarze Etui. Kobas band die Uhr um sein Handgelenk, klappte anschließend das Etui kurz auf. Es enthielt Ausweise. Er steckte es ein und schlug dann heftig den Deckel des Kofferraums zu.
Hastig riss Kobas sich die Chinesenmaske vom Gesicht, warf sie zusammen mit dem Plastikbeutel und der Pistole ins Innere des Wagens.
»Dein Haar«, sagte die Frau. Mit beiden Händen richtete sie seine Frisur, schaute sich dann prüfend sein Gesicht an. »Gut«, nickte sie.
Kobas schlüpfte aus dem Regenmantel, den ihm die Frau abnahm, und ergriff den braunen Aktenkoffer des Mannes. Dann lief er auf die Glastür zu, die ihm den weiteren Weg freigab. Im Fahrstuhl lehnte er sich an die Kabinenwand. Die kurze, aber gelungene Aktion hatte ihn Kraft gekostet.
Der Fahrstuhl stoppte. Kobas verließ die Kabine und durchquerte mit schnellen Schritten eine Empfangshalle, erreichte die Drehtür, die auf die Straße hinaus führte. Draußen stand eine schwarze Limousine.
Kobas näherte sich dem Wagen. Der Fahrer machte sich daran, die Tür zum Fond zu öffnen, legte kurz die Hand an seine Mütze und grüßte auf diese Weise. Kobas stieg, den Aktenkoffer voran, in den Wagen.
Sie fuhren los. Kobas hob den Kopf und warf einen Blick durch die gläserne Trennscheibe. Der Fahrer hatte nichts bemerkt. Die Verkleidung schien perfekt zu sein und funktionierte. Er hielt ihn tatsächlich für Jan van Rooyen!
Kobas betätigte die Gegensprechanlage. »Fahren Sie mich zu Frau Kahn«, verlangte er vom Fahrer.
Dass