Die Haremskönigin. Andrea Pirringer

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Die Haremskönigin - Andrea Pirringer


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Unsere Schritte wurden von einem sehr weichen Bodenbelag verschluckt, der eine moosgrüne Farbe aufwies.

      An einer Tür, auf der in Messingschrift die Zahl „107“ angebracht war, blieben wir stehen und der Hotelangestellte klopfte kräftig. „Wer ist da?“, hörte man eine Stimme von drinnen. „Sie haben Besuch, Majestät!“, antwortete der Mann neben mir. - „Kommen Sie herein!

      Der Angestellte trat nun vor mir ein, machte einen Diener und schob mich mit leichtem Druck am rechten Unterarm ins Zimmer. „Miss Marinda ist angekommen, Majestät.“ „Danke, Steve, Sie können jetzt gehen. Ich kümmere mich um sie!“, sagte die Person, die dieses Zimmer bewohnte: der König.

      Da stand er nun vor mir, der Mann, den ich nur aus Zeitungen kannte: etwa einsachtundsiebzig groß, drahtig, mit energischer Ausstrahlung und dadurch stattlich wirkend, in einem dunklen, seidig glänzenden Anzug. Ich wusste, dass er 58 Jahre alt war, aber er hatte etwas Jugendliches an sich.

      Das silbergraue Haar in zarten Wellen an den Schläfen, der Blick seiner graublauen Augen hellwach, intelligent und interessiert. Kleine hübsche Ohren, eine etwas knollige Nase, die ich sofort niedlich fand und weiche, eher schmale Lippen, die mich magisch anzogen.

      Er war bekannt wegen des Harems, den er sich leistete. Seine Ausstrahlung hatte schon viele Frauen in den Bann gezogen. Nun sollte ich die Gelegenheit bekommen, ihn persönlich kennen zu lernen, einige Wochen mit ihm zu leben und ihm Gesellschaft zu leisten. – Vielleicht sogar für immer…

      Ich verharrte in einer Mischung aus Andacht und Bewunderung, etwa eine Minute lang, und vergaß dabei völlig, ihn zu grüßen. – „Komm her, meine Liebe!“ Ich errötete ob dieser Anrede, senkte schüchtern die Augenlider und trat vorsichtig an ihn heran. Dann hielt ich ihm meine Rechte zum Gruß hin, immer noch kein Wort hervorbringend, und er nahm sie und drückte sie lange. Ich spürte seinen warmen und sicheren Griff. Danach hauchte er mir einen Kuss auf die Wange.

      „Wie war die Reise?“, erkundigte er sich. „Etwas anstrengend wegen der Hitze, aber ansonsten sehr schön“, antwortete ich, da ich plötzlich die Sprache wiedergefunden hatte. „Möchtest du etwas trinken?“ - „Ja, gerne.

      Erst jetzt nahm ich den Raum wahr, in dem ich mich befand und sah mich neugierig um. Eine sehr elegante Suite, wirklich für einen König passend. Lichtdurchflutet, mit erlesenen Möbeln bestückt. An den großen Fenstern schwere Brokatvorhänge, auf dem kunstvoll verlegten Parkett edle chinesische Seidenteppiche. Ich setzte mich auf ein schwarzes Ledersofa, in welchem ich fast versank.

      Er stand an einer mahagonifarbenen Vitrine, deren Glastüren mit zierlich geschliffenen Blütenmotiven geschmückt waren, entnahm zwei bauchige Gläser mit kurzem Stiel und füllte sie mit Wasser. Er reichte mir ein Glas und setzte sich neben mich.

      Während ich trank, schaute ich ihm in die Augen und versuchte, sein Wesen zu ergründen. Etwas verlegen ließ er mich gewähren und legte seine linke Hand auf mein rechtes Knie.

      Da gewahrte er mein Gepäck und dass ich immer noch die Reisekleidung anhatte. „Ich zeige dir gleich dein Zimmer, wo du dich etwas ausruhen und erfrischen kannst. Um 17.00 Uhr erwarte ich dich dann zum Dinner.“ Ich antwortete mit einem schüchternen „Danke“ und streichelte sanft seine Hand, die immer noch auf meinem Knie lag. Er küsste mich erneut auf die Wange, diesmal zärtlich, und stand auf, um dem Pagen zu läuten.

      Dieser erschien nach etwa fünf Minuten, nahm meine Koffer an sich und ging voraus zu jenem Zimmer, in welchem ich die nächsten Wochen verbringen sollte. Kühn griff ich nach der Hand des Königs, und er entzog sie mir nicht. Gemeinsam gingen wir über den Flur bis zur Tür mit der Nummer 112, die schon offen stand.

      3. Kapitel

      Es duftete lieblich nach Rosen. Ich bemerkte eine große Vase auf einem ovalen Tisch in der Mitte des Raumes. „Oh, ich liebe Rosen!“, rief ich und der König, der hinter mir eingetreten war, lächelte. – „Ruhe dich ein wenig aus, ich lasse dich um 17.00 Uhr abholen“, sagte er und wandte sich Richtung Tür. „Ja, vielen Dank für alles!“, erwiderte ich, und er schritt rasch hinaus.

      Die Ausstattung des Raumes war in milden Gelbtönen gehalten. Ein herrlich weiches Himmelbett mit einem hübschen, gequilteten Überwurf füllte fast ein Drittel des Zimmers aus. Zarte Organza-Vorhänge bewegten sich leicht am geöffneten Fenster. Ich zog meine Jacke aus, streifte die Schuhe ab und suchte nach dem Badezimmer.

      Mein Blick blieb an einer schmale Tapetentür schräg gegenüber dem Bett, mit der Aufschrift „Bathroom“, hängen. Erschöpft und erleichtert legte ich nun auch das Kleid und die Unterwäsche ab und freute mich auf eine erfrischende Dusche.

      Nach 15 Minuten fühlte ich mich glücklich und zufrieden. Mein Körper roch nach Maiglöckchen-Seife. Ich ging zu meinem Koffer, der immer noch neben dem Eingang stand, um meine Hausschuhe und das Nachtkleid herauszusuchen. Etwa eine Stunde hatte ich nun Zeit, mich etwas zu erholen. Ich schlüpfte in die rosafarbenen Puschen, zog das beinah durchsichtige, langärmelige Hemd über, welches mit einem dezenten Magnolien-Motiv bedruckt war und ließ mich mit einem Seufzer aufs Bett fallen.

      4. Kapitel

      Durch unsanftes Rütteln wurde ich geweckt. Ein Page in seiner schicken Uniform, höchstens 17 Jahre alt, versuchte wohl schon seit einigen Minuten, mich wach zu bekommen. „Miss Marinda, bitte wachen Sie auf!“ rief er mit einer gewissen Verzweiflung in der Stimme.

      Ich richtete mich auf, wir schauten uns mit großen Augen an und ich fragte: „Wie kommst du denn hier herein?“ „Sie hatten vergessen, die Tür abzuschließen, Miss“, erklärte er mir. „Sie müssen rasch aufstehen, es ist Viertel vor fünf. Majestät erwartet Sie zum Dinner!

      Wie von einer Biene gestochen sprang ich auf, entledigte mich des Nachthemds, welches ich einfach auf den Boden warf und rannte aufgeregt durch das Zimmer. Der Hotelpage senkte betreten den Blick. Angesichts eines nackten, nervös umherlaufenden Frauenkörpers war er überfordert und beeilte sich, das Zimmer zu verlassen. „Ich komme in zehn Minuten und hole Sie ab“, sagte er noch und schloss rasch die Tür.

      Ich eilte ins Bad, prüfte mein Aussehen im Wandspiegel und versuchte hastig, sowohl meine zerzausten Haare als auch meine Gedanken zu ordnen. Ich wusch mir das Gesicht mit eiskaltem Wasser, zog mir rasch die Unterwäsche an und wühlte in meinem Koffer nach dem apricotfarbenen Kaftan, den Ohrhängern mit den gleichfarbigen Korallen sowie meiner flauschigen Häkelstola mit dem filigranen Muster.

      Fertig angekleidet ging ich nochmals ins Badezimmer, trug pfirsichrosa Lippenstift auf und betonte meine Augen mit dunkelgrauem Lidschatten, was mir einen dramatischen Ausdruck verlieh – es sollte ja auch ein Abend-Makeup sein.

      Auf der Ablage unter dem Spiegel fand ich ein kleines Parfümfläschchen, vermutlich ein Geschenk des Königs (wie aufmerksam!). Ich probierte den Duft an der Innenseite meines Unterarms aus: er war unbeschreiblich! Dann trug ich ihn großzügig am Hals auf.

      Ich nahm mein hellbraunes Abendtäschchen, füllte es mit den wichtigsten Utensilien, als auch schon der Page hereinstürmte. „Sind Sie fertig, Miss?“, fragte er. „Ja, ich bin soweit“, antwortete ich ihm. Sichtlich beruhigt führte er mich zu Zimmer Nr. 107.

      Der König stand frisch rasiert, nach Zitrone und Sandelholz duftend in der Tür und versprühte reichlich gute Laune. Ich strahlte ihn an und versuchte, etwas von seiner Lebensfreude in mich aufzunehmen.

      „Gehen wir“, sagte er. „Ja, gehen wir“, antwortete ich. Diesmal legte er seinen rechten Arm um meine Hüften und wir schritten gemeinsam die Treppe hinunter, bogen nach links ab, gingen an der Rezeption vorbei und dann durch eine große, mit Glasfenstern versehene Schwingtür, hinüber in den Speisesaal.


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