Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski

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Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea - Hans-Peter Schwintowski


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gibt verschiedene Ansatzmöglichkeiten für die Begründung der Hauptversammlungszuständigkeit: In der Holzmüller-Entscheidung hat der BGH sich noch an § 119 Abs. 2 AktG mit der Folge einer Ermessensreduzierung beim Vorstand auf Null aufgrund des schwerwiegenden Eingriffs in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre angelehnt. Jetzt spricht er von einer offenen Rechtsfortbildung in Anbetracht der Tatsache, dass die zu beurteilende Maßnahme zwar noch keine Satzungsänderung sei, ihr aber in der Wirkung sehr nahe komme. Die h.M. im Schrifttum[28] gibt der Hauptversammlung eine originäre Zuständigkeit und leitet diese aus einer Analogie zu den im Aktiengesetz oder im Umwandlungsgesetz definierten Strukturmaßnahmen her.

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      Der BGH hat auch in den beiden zuvor zitierten Urteilen nicht abschließend darüber befunden, bei welchen konkreten Geschäftsführungsmaßnahmen der Vorstand intern gehalten ist, die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen. Neue Rechtsunsicherheit resultiert insbesondere aus der Formulierung des BGH, dass die Geschäftsführungsmaßnahme ihrer Wirkung nach einer Satzungsänderung nahe kommen muss.

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      In der Praxis sollte daher mit der ungeschriebenen Zuständigkeit der Hauptversammlung wie folgt umgegangen werden:

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      Zunächst ist eine konkret anstehende Entscheidung des Leitungsorgans, die über die gesetzlich vorgesehenen Fälle der Zustimmungspflicht hinausgeht, dahin zu überprüfen, ob sie mit den bereits höchstrichterlich entschiedenen Fällen zur Hauptversammlungskompetenz vergleichbar ist. Wenn ja, ist die Vorlage an die Hauptversammlung dringend zu empfehlen, um die größtmögliche Sicherheit zu erhalten, dass die zu treffende Entscheidung auch Bestand haben wird.

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      Was die Mehrheitsverhältnisse bei der Entscheidung durch die Hauptversammlung angeht, ist mit der Rechtsprechung des BGH davon auszugehen, dass eine Mehrheit von drei Viertel des vertretenen Grundkapitals erforderlich ist.

      Anmerkungen

       [1]

      Siehe auch Knapp DStR 2012, 2392.

       [2]

      MünchKomm AktG/Kubis Art. 53 SE-VO Rn. 22.

       [3]

      So im Ergebnis auch Habersack ZGR 2003, 724, 741; a.A. Brandt S. 129 ff. und MünchKomm AktG/Kubis Art. 53 SE-VO Rn. 22, die die Übertragbarkeit der „Holzmüller“- Doktrin auf die SE verneinen.

       [4]

      Dies gilt nicht, soweit Aufsichtsratsmitglieder gem. § 101 AktG in den AR zu entsenden sind. Bei der Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder der AN ist die Hauptversammlung gem. § 36 Abs. 4 S. 2 SEBG an die Wahlvorschläge gebunden.

       [5]

      Gem. § 84 Abs. 3 S. 2 AktG kann die Hauptversammlung einem Vorstandsmitglied lediglich das Vertrauen entziehen und damit dem AR die Möglichkeit geben, die Bestellung aus wichtigem Grund zu widerrufen.

       [6]

      A.A. Brandt S. 149 f., der die SE-VO insoweit für abschließend hält.

       [7]

      S. Art. 63 SE-VO.

       [8]

      Hüffer § 77 Rn. 5.

       [9]

      A.A. Brandt S. 150, der die Anwendbarkeit von § 111 Abs. 4 S. 3–5 AktG verneint, da die Vorschriften durch Art. 48 SE-VO überlagert würden. Siehe auch MünchKomm AktG/Kubis Art. 52 SE-VO Rn. 20 (Anwendbarkeit verneinend für Konfliktkompetenz § 111 Abs. 4 S. 3 AktG, im Ergebnis bejahend für § 119 Abs. 2 AktG).

       [10]

      Hüffer § 119 Rn. 13.

       [11]

      Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff/Hefermehl § 119 Rn. 23.

       [12]

      Habersack/Drinhausen/Bücker Art. 52 SE-VO Rn. 41; ausführlich hierzu 10. Kap. Rn. 19.

       [13]

      Zur Zulässigkeit von Verschmelzungen dieser Art vgl. 10. Kap. Rn. 19.

       [14]

      S. Rn. 23 ff.

       [15]

      Hüffer § 119 Rn. 10.

       [16]

      MünchKomm AktG/Kubis § 119 Rn. 17.

       [17]

      Vgl. Rn. 20.

       [18]


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