Der schweizerische Robinson. Johann David Wyss

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Der schweizerische Robinson - Johann David Wyss


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gar prächtig auf dem Teiche herumgeschifft.« – »Nun, nun«, sprach ich, »guter Rat ist auch aus Kindermund dankbar anzunehmen. Geschwind, Kinder, Nägel, Säge, Bohrer herbei! Wir steigen in den Laderaum und sehen, ob etwas zu machen ist!«

      Meine Frau und die Knaben, außer Jack, folgten mir bald mit Werkzeug nach, und wir fischten vier lange und leere Tonnen auf, die in dem weiten Raume schwammen. Glücklich zogen wir sie auf den ersten Boden des Schiffes, der kaum über dem Wasser stand, und sahen erfreut, daß alle noch haltbar, von tüchtigem Holze und mit eisernen Reifen gebunden waren. Ich fand sie zu meinem Zwecke geschickt und fing an, sie mit Hilfe der Meinigen bei dem Spundloch in der Mitte voneinanderzusägen. Nach langer, schwerer Arbeit kam ich zum Ziele, und nun sah ich vergnügt meine acht Kufen der Reihe nach an und war verwundert, meine Frau ganz niedergeschlagen zu sehen. »In diese Dinger«, seufzte sie, »werd‘ ich mich in Ewigkeit nicht wagen!«

      »Nicht zu voreilig, Mutterchen!« versetzte ich; »mein Werk ist ja gar nicht fertig; es wird immer noch tröstlicher ausfallen als das geborstene Schiff, das nicht von der Stelle kann.«

      Ich suchte hierauf zwei lange, biegsame Bretter aus und rüstete sie so zu, daß alle meine Kufen der Ordnung nach darauf stehen konnten und vorn und hinten doch von den Laden so viel übrigblieb, als nötig war, um sie gleich dem Kiel eines Schiffes hinaufzubiegen. Dann nagelten wir die Kufen auf die Unterlage fest und jede zugleich an die Seitenwand der nächsten. Endlich wurde längs den Seiten wieder ein biegsamer Laden angebracht, der vorn und hinten hervorstand. An beiden Enden ward der Boden emporgekrümmt und dann ein starkes Querholz untergelegt, das auf die zwei Seitenladen aufzuliegen kam und den Schwung des Bodens in die Höhe hob. Alles wurde nach Kräften befestigt, die Seitenladen vorn und hinten in eine Spitze aneinandergenagelt und so endlich ein Fahrzeug zustande gebracht, das wenigstens bei stiller See und auf einem kurzen Weg mir alles Mögliche zu versprechen schien. Aber leider fand ich am Ende meinen Wunderbau so schwer und unbeholfen, daß er trotz aller unserer vereinigten Kräfte nicht einen Zoll von der Stelle zu bringen war. Ich fragte nach einer Winde, und Fritz, der sich eine gemerkt hatte, schleppte sie schnell herbei. Indes sägte ich von einer Segelstange einige Walzen und hob dann mit der Winde das Vorderteil meines Fahrzeugs in die Höhe, während Fritz von den Rundhölzern eines unterlegte.

      Hierauf band ich einen langen Strick hinten an unser Tonnenschiff und das andere Ende desselben an einen feststehenden Balken, doch so, daß der Strick ganz ungespannt auf den Boden hing. Darauf wurde mit einer zweiten und dritten Walze durch Stoßen und Winden mein Fahrzeug glücklich ins Wasser gebracht, und es lief mit solcher Behendigkeit vom Stapel, daß nur mein klug angebrachter Strick es hinderte, viele Fuß von uns wegzuschießen.

      Ich sah indessen wohl, daß eine Fahrt jetzt noch allzu gewagt sein würde, weil bei der leisesten Bewegung das Kufenschiff auf die Seite fallen konnte. Diesem Übelstand abzuhelfen, dachte ich an die Auslegestangen, mit welchen sich wilde Nationen gegen das Umwerfen ihrer Fahrzeuge zu sichern wissen. Noch einmal legte ich Hand ans Werk, um ein so glückliches Mittel zur Erhaltung der Meinigen nach Vermögen zu Hilfe zu ziehen. Zwei gleich lange Stücke von Segelstangen wurden, eines auf das Vorderteil, das andere hinten, durch einen hölzernen Nagel so befestigt, daß sie sich um denselben drehen ließen, damit sie uns nicht etwa hinderten, aus dem Schiffsraum zu fahren, in welchem mein Bau bis jetzt noch vor Anker lag. Dann wurde außen an jedes Ende der Stangen ein leeres Branntweinfäßchen durch das Spundloch in der Mitte angesteckt und wohl vermacht, daß kein Wasser eindringen konnte, und so war ich sicher genug, wenn ich meine Stangen quer über das Schiffchen drehen würde, daß die Fäßchen es kräftig genug hindern müßten, rechts oder links auf die Seite zu sinken.

      »So«, sagte ich, als das seltsame Schiff fertig dalag, »das haben wir von den Herren Polynesiern gelernt, die an ihren Schiffen eben solche Ausleger anbringen, um sie vor dem Umkippen zu bewahren, und unser Kufenschiffchen wird uns in dieser Gestalt noch ebenso herrliche Dienste leisten, wie den Polynesiern ihr Katamarang.« – »Wie heißt das Ding?« rief Jack vergnügt, und auch Fränzchen lachte hell auf. »Katamarang.« – »Das ist prächtig! Da haben wir uns ganz was Ausländisches zusammengezimmert! Katamarang! Ich werde unser Boot nun gar nicht mehr anders nennen.«

      Es blieb nun nichts mehr übrig, als Rat zu schaffen, um aus dem Bauche unseres Wracks in die freie See zu kommen. Ich stieg also in mein Kufenschiff und richtete sein Vorderteil so, daß es an den Riß der geborstenen Wand hinreichte, die uns ein Tor zur Ausfahrt bot. Dann sägte und hieb ich rechts und links so viel von den vorstehenden Brettern und Balken herunter, als nötig war, um eine freie Durchfahrt zu erhalten; und da dies geschehen, setzten wir uns hin, um für die kommende Fahrt auch für Ruder zu sorgen.

      Über all dieser Arbeit war es ganz spät geworden, und da keine Möglichkeit gewesen wäre, noch vor Nacht ans Land zu kommen, so mußten wir, wenn auch sehr ungern, uns entschließen, eine zweite Nacht auf dem vom Einsturz bedrohten Wracke zuzubringen. Wir stärkten uns indes mit einer richtigen Mahlzeit, da wir uns den ganzen Tag hindurch vor Eifer und Fleiß kaum Zeit genommen hatten, hie und da ein Stück Brot und ein Glas Wein zu uns zu nehmen.

      Unendlich ruhiger jedoch als am vorigen Tage legten wir uns sämtlich nieder, um durch einen wohltätigen Schlaf die gesunkene Kraft zu neuer Arbeit aufzurichten.

      Mit Anbruch des Tages waren wir schon alle wach und munter; denn die Hoffnung läßt, wie der Kummer, nicht lange schlafen. Sobald wir einen Imbiß zu uns genommen hatten, gingen wir ans Werk. »Gebt zuvor dem armen Vieh zu fressen und zu saufen«, sagte ich, »und legt ihm gleich für einige Tage hin. Vielleicht kann es noch abgeholt werden, wenn unsere Rettung gelingt. Seid ihr fertig, so sucht das Nötigste zusammen, was wir für die gegenwärtigen Bedürfnisse mitnehmen können.«

      Nach meiner Absicht sollte die erste Ladung unsres Schiffleins bestehen aus einem Fäßchen Pulver, drei Vogelflinten, drei Jagdrohren samt Schrot, Kugeln und Blei, soviel ich herbeischleppen konnte, zwei Paar Sackpistolen und ein paar größeren, mit den nötigen Kugelformen. Dazu kam für jeden Knaben und für die Mutter eine wohlversehene Jägertasche, deren wir einige aus dem Nachlaß der Schiffsoffiziere entlehnten. Ferner nahm ich eine Kiste mit Fleischtäfelchen und eine andere mit feinem Zwieback, samt einem eisernen Kochtopf, eine Angelrute in einem Stock, und endlich ein Fäßchen mit Nägeln sowie Hämmer, Zangen, Sägen, Beile, Bohrer und nötiges Segeltuch zu einem Zelt. Wir brachten so viel zusammen, daß wir manches zurücklassen mußten, obschon ich allen unnützen Ballast des kleinen Fahrzeugs gegen brauchbares Gerät vertauschte.

      Nun schickten wir uns an, einzusteigen. Da hörten wir unvermutet die verlassenen und vergessenen Hähne krähen, gleich als ob sie traurig von uns Abschied nähmen; und ich mahnte, daß wir dieselben samt den vorhandenen Gänsen, Enten und Tauben wohl noch mitführen könnten. »Denn«, sagte ich, »wenn wir nicht sie, so nähren sie vielleicht uns.« Mein Rat wurde befolgt. Zehn Hühner mit einem alten und einem jungen Hahn wurden in eine der Kufen oder Halbtonnen des Schiffchens gesteckt und selbe eilig mit Holzstäben vergittert. Das übrige Geflügel ward freigelassen und fand von selbst durch Luft und Wasser den sichern Strich nach dem Lande.

      Wir warteten auf meine Frau, die das alles besorgte, und endlich kam sie mit einem ansehnlichen Sack unter dem Arme herbei. »Das ist jetzt meine Vorsorge«, sprach sie und warf den Sack in die Kufe unseres Jüngsten, um, wie ich glaubte, dem Kleinen das Sitzen bequem zu machen. Und jetzt endlich stiegen wir fröhlich ein.

      In die vorderste Halbtonne kam meine Frau zu stehen, eine herzliche, fromme, verständige Gattin und Mutter. In der zweiten, gerade vor ihr, saß Franz, ein Kind von guten Anlagen, aber noch unbestimmter Willensart, noch nicht ganz zehn Jahre alt. In der dritten stand Fritz, ein rascher, gutmütiger Krauskopf von sechzehn Jahren. In der vierten war das Pulverfäßchen samt den Hühnern und dem Segeltuch; in der fünften unser Mundvorrat; in der sechsten Jack (Jakob), ein leichtsinniges, aber dienstfertiges, unternehmendes Bürschchen von zwölf Jahren; in der siebenten Ernst, ein verständiger, nur etwas grüblerischer, träger Junge von vierzehn Jahren. In der achten stand ich selbst mit dem zärtlichsten Vaterherzen und mit dem wichtigen Auftrag, das Steuerruder zur Rettung meiner teuren Familie zu führen. Jeder von uns hatte neben sich nützliche Geräte; jeder hielt in der Hand ein Ruder; vor jedem lag eine Schwimmweste für den unglücklichen Fall, daß wir umwerfen sollten; und jeder war angewiesen, wie er sogleich sich ihrer bedienen müßte.

      Die


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