Der beiden Quitzows letzte Fahrten. Karl May

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Der beiden Quitzows letzte Fahrten - Karl May


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Strick entzwei und ich an den Händen frei. Es war gut, daß wir im Dunkel lagen, denn sonst hätte man meine Pewegungen gemerkt. Mit einem raschen und vorsichtigen Schnitte löste ich auch den Strick, welcher mir die Knöchel zusammen hielt und wandte nun meine Aufmerksamkeit dem Ritter an meiner Seite zu.«

      »Heilige Kanone, Kapitän. Macht, daß Ihr fortkommt von den Kerrels, sonst schlagen sie Euch todt, und ich pekomme Euch im ganzen Leben nicht wieder zu sehen!«

      »Hapt keine Sorge um mich, Sam Haperland! Der Piet Liepenow weiß sich seiner Haut zu wehren, und ich könnte doch nicht im »heiligen Menschenfresser« sitzen, wenn sie mir an das Lepen gegangen wären!«

      »Da habt Ihr Recht! Wie wurde es denn weiter?«

      »Der Ritter war unverletzt, wie es mir schien, und pei voller Pesinnung; er hatte mich peopachtet und fragte jetzt mit leiser Stimme:

      »Ist Dir’s gelungen?«

      »Ja,« antwortete ich ebenso leise.

      »So rücke ein wenig näher und versuche, auch meine Stricke zu zerschneiden.«

      Ich that, wie er mir geheißen hatte. Als er sich frei fühlte, reckte er die starken und geschmeidigen Glieder und meinte:

      »Sage mir Deinen Namen!«

      »Ich heiße Peter Liepenow«

      »Gut! Ich bin der Graf Richard von Warwick und werde Dich zu belohnen wissen. Kannst Du Deine Füße noch gebrauchen?«

      »Ja, denke ich.«

      »So folge mir in den Wald und sieh darauf, daß wir beisammen bleiben!«

      »Kaum hatte er diese Worte gesagt, so sprang er empor und pefand sich mit einigen weiten Sprüngen hinter den Püschen. Ich war hart hinter ihm her, und wir hatten schon eine ziemliche Strecke zurückgelegt, ehe das Geschrei der Verfolgenden ertönte. Hatten sie uns nicht forteilen sehen, oder waren sie vor Ueperraschung sprachlos gewesen, ich weiß es nicht, aper jetzt riefen und prüllten sie um so mehr, und das war gut für uns, denn wir konnten dadurch hören, in welcher Richtung sie uns verfolgten und wie weit sie noch von uns entfernt waren.«

      »Heilige Kanone! Lauft Kapitän, daß Ihr vorwärts kommt, sonst nehmen sie Euch beim Schopfe, und dann lassen sie Euch das Messer nicht wieder!«

      »Keine Angst, Sam Haperland; sie hapen uns nicht pekommen. Wir segelten pei gutem Winde und mit einer Geschwindigkeit von wenigstens fünfzehn Knoten für die Stunde durch die Sträucher, pis endlich unsern Lungen der Proviant ausging. Da pliepen wir stehen, um zu horchen. Sie hatten einen verkehrten Cours eingeschlagen und nichts war von mehr ihnen zu hören. Da meinte der Graf:

      »Kennst Du diese Gegend?«

      »Ein Wenig.«

      »Getraust Du Dir, den Ort wieder zu finden, an welchem ich überfallen worden bin?«

      »Jetzt nicht, aper am Tage vielleicht eher.«

      Er stand einige Minuten und üperlegte. Es mußten gar pöse Gedanken durch seinen Kopf gehen, denn sein Athem ging laut und hastig und ich hörte ihn mit den Zähnen knirschen. Jedenfalls dachte er an sein Weib und die Kinder, von denen er getrennt worden war.

      »Es hilft Nichts, wenn ich auch ungeduldig werde,« sagte er endlich halplaut zu sich selbst. »Ich muß warten, um sie desto sicherer zu finden. Piet, in diesem Dickicht sind wir sicher. Wir wollen hier ausruhen und auf den Morgen harren!«

      So geschah es. Wir suchten uns eine passende Stelle und streckten uns auf den Poden. Der Graf pliep ruhig und sprach kein Wort, und nur an den Lauten, die seine Ungeduld und Sorge ihm zuweilen entriß, erkannte ich, daß es in seinem Innern nicht so ruhig sei wie in der tiefen Finsterniß, welche um uns herrschte. Ich erlaupte mir nicht, irgend ein Gespräch zu peginnen, war auch von den gehapten Anstrengungen zu müd, um lange munter zu pleipen, und so kam es, daß ich sehr pald eingeschlafen war.«

      »Heiliger Schiffbruch, Capitän; wenn Euch so einige zwanzig oder dreißig Räuber oder Raufbolde suchen, um Euch das Lebenslicht auszublasen, da könnt Ihr in Eurer Strauchkoje ruhig schlafen? Ja, wenn man einige feste Planken unter den Füßen hat, gutes Segelwerk über sich, kräftige Ruderer auf den Bänken und eine steife Prise über den Stern oder vom Seitenbord, dann kann man dergleichen Gelichter ein Schnippchen schlagen, aber auf der alten, steifen Erde, die keinem Steuer gehorcht und jede beliebige Art von Menschensorten über sich laufen und kriechen läßt herum, da kann man kein rechtschaffnes Wasser zwischen sich und solche Leute kommen lassen. Macht, daß Ihr bald ausgeschlafen habt, Capitän, sonst finden sie Euch am Ende noch, und dann fahrt Ihr mit sammt Eurem Grafen auf den Sand!«

      »Sorgt Euch nicht um mich, Sam Haperland; ich hape ausgeschlafen, und wer den Piet Liepenow, der eigentlich Peter heißt, fangen will, der muß früh am Tage die Anker lichten. Der grauende Tag hatte kaum seinen ersten Schein durch die Kronen der Päume geschickt, so weckte mich der Graf und wir prachen auf, um den Ort zu suchen, von dem ich Euch vorhin gesagt hape. Dieses Peginnen war nicht ganz leicht und ungefährlich, denn ich kannte die Gegend doch nicht so gut, wie es eigentlich nothwendig gewesen wäre, um geraden Lauf zu steuern, und die Strauchdiebe konnten sich ja in der Nähe versteckt halten, damit wir ihnen in die Hände segeln sollten. Aper nach einigen Stunden hatten wir doch den Platz ungefährdet erreicht, auf welchem die Spuren des Kampfes noch deutlich zu erkennen waren. Das Moos und Gesträuch war rings herum vollständig niedergetreten, und das vergossene Plut haftete noch sichtpar auf dem zerstampften und zertretenen Erdpoden, aper von den Personen, die dapei gewesen waren, konnten wir trotz allen Suchens und Lauschens keinen Athemzug vernehmen.«

      »Alle Wetter, Kapitän, wo sind denn da die Kinder mit ihrer Mutter geblieben? Oder sind sie von den Kerrels genommen worden mit?«

      »Wahrscheinlich ist dies der Fall gewesen, Constapel, denn wir hapen Nichts wieder von ihnen zu sehen pekommen, trotzdem wir Alles thaten, was zwei prave Mannskinder in diesem Falle thun können. Erst suchten wir die Gegend ap wie ein Paar Fanghunde, die jeden Grashalm peschnuppern, dann folgten wir den Spuren, welche die Füße der Strolche zurückgelassen hatten, und kamen so auch wieder an die Stelle, auf welcher wir in Fesseln gelegen hatten. Dort lagen die zerschnittenen Stricke noch, der Schwarze aper war mit den Seinen fort. Wir folgten ihnen, denn ihre Fußtapfen waren deutlich zu erkennen, und kamen auf diese Weise pis in die Nähe der Spree, an welcher sich ein schmaler Pfad hinzog. Er führte in schnurgerader Richtung auf einen hohen Sumpf, aus dessen Mitte sich ein ziemlich umfangreicher Hügel erhob, der von allerlei Puschwerk und Päumen pedeckt war. Am Rande des Sumpfes hörten die Spuren auf. – Die Räuper waren bei der Dunkelheit der Nacht ohne Ahnung in den Sumpf gerathen und elendiglich darin umgekommen, denn hindurch zu gehen, das war für keinen menschlichen Fuß möglich, wie wir uns durch mehrere Versuche üperzeugten.«

      »Heilige Bombarde, Capitän, da hat der Schwarze seinen Lohn gefunden, und ich könnte vor Freude darüber einen Schluck nehmen, der einen ganzen Keller leer machte, aber Eure Mutter Quail – ah, da kommt sie endlich! Gebt die Kanne her, Mutter Riesenhai, und laßt mich einen Zug thun! Aber macht ein besseres Gesicht, denn ich habe es vorhin nicht so bös gemeint!«

      Er versuchte die Wirthin freundlich in die Wangen zu kneipen, erhielt aber als Beweis ihrer kälteren Gefühle eine Ohrfeige auf die verbrannte Hälfte seines Gesichtes, daß er sich mit beiden Händen an die getroffene Stelle fuhr.

      »Blitz und Donner, Mutter Quail, meine Nase ist keine Freundin vom Wachtelschlag. Wischt Eure Hände ab, woran Ihr wollt, aber nur nicht an meinen Backen!«

      Sie erwiderte Nichts, sondern stellte Speise und Trank wortlos auf den Tisch und ergriff dann die mittlerweile geleerten Kannen, um sie von Neuem zu füllen. Sie schien die Art und Weise, wie Sam sich vorhin eingeführt hatte, noch nicht überwunden zu haben und auch für seine zärtlichen Bemühungen um ihre Verzeihung und Gewogenheit keinen dankbaren Sinn zu besitzen.

      »Laßt mir meine alte gute Freundin in Ruhe, Constapel,« warnte ihn Piet Liebenow; »sie hat ihre Eigenheiten und segelt nicht unter der Flagge eines Jeden!«

      »Drum ist sie auch vor Anker geblieben liegen und wird am Hafen hängen bis an ihr seliges Ende. Ein Weibsbild muß freundlich sein, zumal mit einem schmucken Seehund, so wie ich einer bin; dann giebt es eine flotte Fahrt grad


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