Waldröschen IV. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 2. Karl May

Читать онлайн книгу.

Waldröschen IV. Matavese, der Fürst des Felsens. Teil 2 - Karl May


Скачать книгу
hunderttausend Pesos bieten.«

      Cortejo stieß ein Lachen aus und entgegnete:

      »Ihr seid hunderttausendmal nicht klug.« – »Warum meint Ihr das, Señor?« – »Das Besitztum wurde vom Grafen mit fünfmalhunderttausend Pesos gekauft und ist wie es jetzt liegt, wenigstens viermal so viel wert« – »Das sind Ansichten.« – »Bewahrheitet sich aber meine Vermutung, daß dort neben dem Quecksilber auch noch die edlen Metalle zu finden sind, so ist es mit fünf Millionen nicht bezahlt, denn es wird eine Rente bringen, die sich nicht nur auf Hunderttausende, sondern vielleicht auf eine Million beziffern kann.« – »Ihr phantasiert.« – »Ich sage meine nüchterne Ansicht spreche aber allerdings nicht von der Gegenwart, sondern nur von der Zukunft und gehe dabei von der Voraussetzung aus, daß jener Landesteil eine reiche Arbeiterbevölkerung erhält.« – »Aber Voraussetzungen pflegt man nicht zu bezahlen.« – »Ich weiß das. Ich stelle Euch das übrigens nicht in egoistischer, sondern nur in einer sehr wohlmeinenden Absicht vor.« – »Donnerwetter, seit wann seid Ihr auf einmal so wohlmeinend geworden?« – »Seit heute. Ihr wißt daß ich zu rechnen verstehe, Ihr habt mir heute einen großen Dienst erwiesen. Ohne Euch wäre ich vielleicht erschossen worden, und darum will ich wegen des Quecksilberlands einmal nicht so mit Euch rechnen.«

      Der Hauptmann zog eine spöttische Miene und sagte:

      »Ihr wollt mir die Besitzung doch nicht etwa schenken?« – »Ja«, antwortete Cortejo.

      Verdoja sprang vom Bett auf.

      »Was sagt Ihr da?« rief er. – »Was Ihr gehört habt, daß ich Euch dieses schöne Quecksilberland geradezu schenken will.«

      Der andere ließ sich wieder auf sein Bett nieder und erwiderte kalt:

      »Unsinn! Das klingt ja zu ungeheuerlich!« – »Und dennoch ist es wahr!« – »Hört, Cortejo, was würdet Ihr tun, wenn es mir einfiele, Euch beim Wort zu nehmen?« – »Ich würde es halten.« – »Hört, jetzt seid Ihr selbst hunderttausendmal nicht klug, wie Ihr vorhin zu mir sagtet.« – »Dieses scheint nur so, ich weiß ganz genau, was ich sage.«

      Jetzt wurde Verdoja ungeduldig.

      »So redet im Ernst und erlaubt Euch keinen so albernen Scherz mit mir«, sagte er. – »Ich spreche ja im Ernst, Señor.« – »Aber, beim Teufel, ein solches Land verschenkt ja kein halbwegs vernünftiger Mensch.« – »Wenigstens nicht ohne anderweitige Absicht und Berechnung.« – »Ah, jetzt kommt die Erklärung. Ihr habt also eine Absicht und Berechnung dabei?« – »Natürlich!« – »Darf man dieselbe kennenlernen?« – »Versteht sich! Es handelt sich nämlich um einen kleinen Dienst, den Ihr mir leisten sollt.« – »So redet. Ich bin begierig zu erfahren, für welchen Dienst ich eine solche Gratifikation erhalten soll.« – »Hm, man muß dabei ein wenig vorsichtig sein. Wir kennen uns zwar und dürfen uns also Vertrauen schenken. Ich weiß, daß Ihr tüchtige Körperkräfte besitzt …« – »Allerdings. Aber was hat dies hierbei zu tun?« – »Daß Ihr ein tüchtiger Schütze und Fechter seid …« – »Freilich. Auch meinen Dolch weiß ich zu führen.« – »Das ist es, was ich brauche. Auch nehme ich an, daß Ihr Euch stets in guter Übung erhalten habt …« – »Gewiß«, lachte der Hauptmann. »Es hat mancher, der mit mir anzubinden wagte, in das Gras beißen müssen.« – »Nun, so stehen Eure Aktien so ziemlich gut. Es handelt sich nämlich um einige Personen, die mir im Weg stehen.« – »Ah!« rief der Hauptmann. »Meint Ihr einen solchen Dienst, Señor Cortejo?« – »Allerdings.« – »Ihr wollt mich als Meuchelmörder dingen?« – »Nein, ich will Euch nur auf einige Leute aufmerksam machen, mit denen Ihr sonst sehr leicht in Streit geraten könnt. Und dann würdet Ihr Euch, so weit ich Euch kenne, wohl zu helfen wissen.« – »Ich denke es. Also wenn diese Leute mit mir anbinden würden und sich dabei eine Kugel oder einen guten Stich oder Hiebe holten, so … hm?« – »So würde ich Euch das Quecksilberland schenken.« – »Donnerwetter! Ist es wahr?« fragte Verdoja ganz begeistert. – »Gewiß.« – »Aber das Land gehört Euch nicht, es gehört dem Grafen Alfonzo de Rodriganda.« – »Er würde beistimmen.« – »Ihr wollt sagen, daß er die Schenkungsurkunde unterzeichnen würde?« – »Ja, gerade dies und nichts anderes will ich sagen, Señor Verdoja.« – »So wünsche ich nichts sehnlicher, als daß ich diese Leute treffe.« – »Nichts leichter als das. Vielleicht seht Ihr sie bereits am morgenden Tag.« – »Wo?« – »Auf der Hacienda del Erina.« – »Alle Teufel! Ihr meint doch nicht etwa den alten Señor Pedro Arbellez?« – »Nein, sondern seine Gäste. Es befinden sich nämlich einige Männer bei ihm, die ich gern im Himmel oder meinetwegen auch in der Hölle wüßte.« – »Wer sind sie?« – »Da ist zunächst ein deutscher Arzt, der Doktor Sternau heißt.« – »Schön. Ich werde mir diesen Namen merken.« – »Sodann ein deutscher Seemann, der heißt wohl Helmers, und drittens ist es ein Spanier, der sich Mariano oder vielleicht auch Leutnant Alfred de Lautreville nennt« – »Also diese drei?« – »Ja.« – »Sternau, Helmers und Mariano oder Lautreville. Ich werde diese Namen nicht vergessen. Also ich setze den Fall, daß sie Händel mit mir beginnen, und ich erwehre mich ihrer, so ist das Quecksilberland mein?« – »Ja.« – »Wer garantiert mir dafür?« – »Ich, mit meinem Ehrenwort« – »Hm, das ist zwar auch eine Garantie, aber eine ungewisse. Was habt Ihr denn eigentlich gegen diese Leute? Haben sie Euch beleidigt?« – »Ja.« – »Macht mir nichts weis, Señor Cortejo. Um sich wegen einer Beleidigung rächen zu können, gibt man keine solche Besitzung umsonst hin. Es muß etwas anderes sein.« – »Und wenn es das ist, was geht es Euch an?« – »Das ist richtig; aber warum bringt Ihr sie nicht selbst auf die Seite?« – »Kann ich? Ich bin mit Pedro Arbellez verfeindet und darf mich infolgedessen nicht auf der Hacienda del Erina blicken lassen.« – »So lauert sie ab, wenn sie die Hazienda verlassen!« – »Mein Amt läßt mir nicht die Zeit dazu. Übrigens war ich jetzt deshalb hier. Ich will Euch sagen, daß ich mir einen Trupp hübscher Burschen angeworben hatte …« – »Dreier Männer wegen?« spottete der Hauptmann. – »Ja, lacht nur! Diese drei Kerle haben neunundneunzig Teufel im Leib!« – »Das macht pro Mann dreiunddreißig. Nun, und wie es scheint, seid Ihr nicht mit ihnen fertiggeworden?« – »Nein. Sie haben mir meine Leute alle erschossen, und nur zufällig bin ich mit den wenigen davongekommen, die Ihr bei mir gesehen habt.« – »Das wäre ja entweder ein Wunder oder sonst etwas Ähnliches! Da bin ich doch begierig, diese drei Kerle kennenzulernen. Also diese Leute, die Ihr bei Euch habt waren von Euch angeworben?« – »Ja.« – »Sie nehmen es also mit dem, was man Recht und Gewissen nennt, nicht sehr genau?« – »Nein.« – »Hm, die wären zu gebrauchen. Wenn Ihr sie mir doch ablassen könntet, Señor!«

      Bei diesen Worten fiel Cortejo eine Last vom Herzen.

      »Herzlich gern«, sagte er. »ich wußte nicht, was ich mit ihnen anfangen sollte. Sie sind ganz Feuer und Flamme, sich an den dreien zu rächen. Von mir aus hätten sie jetzt keine Gelegenheit dazu erhalten können.« – »Gut, so sollen sie diese Gelegenheit bei mir finden. Morgen beim Frühstück werde ich mit ihnen sprechen. Ihr kehrt nach Mexiko zurück?« – »Ja.« – »So werde ich Euch Nachricht geben, sobald es mir gelungen ist.« – »Dann wird die Schenkungsurkunde oder der fingierte Kauf sofort nach Spanien gehen, um von Graf Alfonzo unterzeichnet zu werden. Aber wie wollt Ihr es anfangen, die drei Kerle zu beseitigen?« – »Das weiß ich jetzt noch nicht. Das werde ich erst dann sagen können, wenn ich sie gesprochen und beobachtet habe. Habt Ihr in dieser Angelegenheit noch etwas zu bemerken?« – »Nein.« – »So entschuldigt mich jetzt. Schlaft ruhig ein. Ich muß vorher gehen, um die Posten zu inspizieren. Juarez ist in solchen Sachen sehr streng, und wenn er eine Nachlässigkeit bemerkt, so sitzt selbst der Kopf eines Offiziers nicht fest auf seinem Körper.«

      Cortejo lehnte sich in seine Hängematte zurück und lächelte befriedigt vor sich hin. Er konnte ruhig und sorgenlos nach Mexiko zurückkehren, denn er war überzeugt, seine Angelegenheit den besten Händen anvertraut zu haben.

      Er kannte Verdoja als einen rohen, gewissenlosen Menschen, der wegen des Quecksilberlands nicht nur drei, sondern zehn und zwanzig Morde auf sich nehmen würde. Übrigens behielt er sich die Erfüllung seines Wortes im stillen noch vor. Waren die drei getötet, so konnte man den Fall ja ganz einfach ignorieren. Verdoja wagte es sicher nicht, den Preis seines Verbrechens gerichtlich einzuklagen, denn dann wäre er selbst


Скачать книгу