Waldröschen VII. Die Abenteuer des schwarzen Gerard 2. Karl May

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Waldröschen VII. Die Abenteuer des schwarzen Gerard 2 - Karl May


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ist er noch nicht«, sagte er dann. »Es ist noch Atem in ihm.« – »So können wir später die Hiebe wiederholen, wenn er bei seinem Schweigen verharrt. Ihr habt Eure Sache gut gemacht. Hier ist Euer Lohn.«

      Josefa zog eine seidene Börse und nahm zwei Goldstücke daraus.

      »Danke, Señorita!« sagte der Sprecher. »Was tun wir mit ihm?« – »Wir schließen ihn ein.« – »Wo?« – »Es wird wohl im Keller einen Platz geben, wo man ihn sicher halten kann.« – »Und diese alte Frau hier?« – »Oh, die schließen wir zu ihm. Sie mögen beide hungern, bis ihnen der Atem ausgeht« – »So wartet ein wenig, Señorita. Ich werde gehen und einmal im Keller nachsehen, ob dort ein geeigneter Ort vorhanden ist«

      Der Mann ging und kehrte bereits nach kurzer Zeit zurück. »Es ist da unten ein Verschluß, in dem zur Not drei Menschen stecken könnten«, meldete er. »Sollen wir sie hinunterschaffen?« – »Ist der Ort sicher?« – »Ja.« – »Die Tür gut und fest?« – »Mit Eisenblech beschlagen und zwei große Riegel davor.« – »Ein Fenster?« – »Nein. Es gibt nur ein kleines Luftloch, nicht größer als eine Kinderhand. Flucht ist absolute Unmöglichkeit.« – »So faßt an, ich werde mitgehen.«

      Der eine nahm nun Arbellez und der andere Marie Hermoyes auf die Arme, und Josefa folgte. So begaben sie sich mitten durch das plündernde Gesindel nach dem Keller, wo das unmenschliche Mädchen das bezeichnete Loch untersuchte und es für wie geschaffen zu ihren Zwecken erklärte.

      »Werft sie hinein!« gebot es dann. »Den Schlüssel nehme ich zu mir.« – »Lassen wir ihnen die Fesseln?« fragte der eine Mexikaner. – »Ja. Das ist sicherer für mich und doppelte Qual für sie.«

      Jetzt raffte Marie sich auf. Das, was sie hatte ansehen müssen, hob sie über jede Furcht hinweg. Sie trat vor Josefa hin und sagte:

      »Señorita, Ihr seid ein Ungeheuer. Tut mit uns, was Ihr wollt aber es gibt einen Gott im Himmel, der alles sieht und hört; er wird uns an Euch rächen und alles vergelten, was Ihr verbrochen habt!« – »Schweig!« rief Josefa. »Oder willst du, daß ich dir die Lippen abschneiden lasse, damit du nicht mehr reden, sondern nur krächzen kannst?« – »Versündigt Euch nicht! Was Ihr mir androht kann sehr leicht Euch geschehen. Gott kann geben, daß meine Augen Euch in derselben Lage sehen, in der sie vorhin den guten Arbellez erblicken mußten.« – »Ich kann dafür sorgen, daß dies nicht geschieht. Selbst wenn es mir einfallen sollte, dich wieder freizugeben, werde ich dich vorher blenden lassen, daß du nichts mehr sehen kannst« – »Scheusal!« – »Immer schimpfe! Du bist mir ungefährlich. Du konntest es gut bei mir haben; aber du hast die Spionin und Verräterin gemacht. Du glaubtest, uns entwischen zu können; nun aber wirst du unter unseren Händen sterben und verderben wie ein Wurm, den man in den Kot tritt, so daß er sich nicht wieder loszuwinden vermag! Steckt sie hinein!«

      Der eine Mexikaner, der immer gesprochen hatte, schob Marie in das Loch, warf die Tür zu und zog die beiden Riegel vor. Außerdem gab es ein Hängeschloß, das vorgelegt wurde. Den Schlüssel nahm Josefa.

      »Ihr werdet noch heute Eure Entschädigung erhalten«, sagte sie. »Es ist nicht notwendig, daß jedermann erfährt, was gesprochen worden und überhaupt geschehen ist. Seid Ihr verschwiegen, so belohne ich doppelt gut.«

      Josefa stieg die dunklen Stufen empor, und die Männer folgten ihr langsam. Als sie verschwunden war, blieb der Sprecher stehen und sagte;

      »Ich bin begierig, was sie uns bezahlen wird.«

      Der andere schwieg. Darum fuhr der erstere fort:

      »Warum antwortest du nicht, he?«

      Da holte der Gefragte tief Atem und erwiderte:

      »Der Teufel hole die ganze Geschichte!« – »Warum? War dir das Goldstück zu wenig? Es war rasch verdient.« – »Ich wollte, ich hätte es nicht verdient!« – »Kerl, ich glaube gar, du wirst sentimental und fängst Grillen!« – »Höre, du kennst mich. Ich bin nicht von Pfefferkuchen und habe gar manches auf mich geladen, vor dem einem anderen das Ding, was sie Gewissen nennen, brüllen würde. Ich habe dem Alten meine Hiebe mit dem größten Vergnügen aufgezählt, denn sie wurden gut bezahlt. Als wir ihn aber herumdrehten und ich ihm in das Gesicht sah, da war es mir gerade so, als ob mich einer mit einer Keule in das Genick schlüge.« – »Unsinn!« – »Kein Unsinn! Der Schlag ging durch und durch. Was muß es doch gewesen sein?« – Einbildung!« – »Ich sage dir aber, daß ich den Schlag wirklich gefühlt habe.« – »Du wirst am Hexenschuß leiden.« – »Fällt mir gar nicht ein. Der Schlag ging nicht durch den Körper, sondern durch die Seele. So ist es mir in meinem ganzen Leben noch nicht gegangen.« – »Was du sagst, ist geradezu lächerlich.« – »Denke, was du willst Was ich gefühlt habe, das habe ich gefühlt Ich glaube fast es ist das gewesen, was sie das böse Gewissen nennen.« – »Nun höre auf, sonst denke ich, du bist übergeschnappt! Übrigens hat die Señorita recht Es braucht nicht jeder zu wissen, was geschehen ist.« – »Von mir erfahrt es sicherlich niemand.« – »Von mir auch nicht Dieses Mädchen ist eine richtige Teufelin.« – »Darum wird der Teufel es auch sicher einmal holen!« – »Ich glaube, er könnte von ihm noch manches lernen.« – »Wehe dem Volk, wenn sein Vater Präsident würde!« – »Präsident?« lachte der andere. »Fällt ihm gar nicht ein!« – »Donnerwetter. Was faselst du? Ich denke doch gerade, daß wir ihn zum Präsidenten machen wollen?« – »Ja, aber er wird es in seinem ganzen Leben nicht. Wir folgen ihm, um guten Sold zu bekommen und Abenteuer zu erleben. Wer Präsident wird, das ist mir ganz gleich, wenn ich nur dabei leben kann nach meinem Wohlgefallen. Ich glaube gar, du hast die Sache ernst genommen!« – »Allerdings. Doch, jetzt sind wir fertig. Nun können wir sehen, ob wir auch einen Teil von der Beute wegschleppen können.« – »Das versteht sich. Es wird sich wohl etwas finden lassen, obgleich wir unsere Entschädigung erhalten werden.«

      Die Männer trennten sich.

      Der eine ging, um nach Raub und Beute zu suchen. Der andere aber schlich still und finster durch die hin- und herrennenden Plünderer, schritt um die Ecke des Hauses, blieb dort stehen und brummte:

      »Dieses Gesicht ich werde es in meinem ganzen Leben nicht vergessen. Ich glaube, daß es mir im Traum erscheinen wird.«

      Nachdenklich ging er weiter, schüttelte sich und fuhr fort

      »Im Traum? Hm, vielleicht sogar in meiner letzten Stunde.«

      Endlich blieb er stehen, blickte sich um, als ob er denke, es folge ihm jemand, und sagte zu sich:

      »Die letzte Stunde? Einige sagen, dann sei alles aus, und andere, daß da erst ein neues Leben beginne. Donnerwetter, wenn man alles, was man hier auf sich geladen hat mit in dieses Leben nehmen müßte! Wieviel hätte ich da zu tragen! Dieser Arbellez läge dann oben darauf und sähe mich immerfort an, weil ich ihn – ah, und weil er dann verhungert ist Verhungert? Das braucht doch nicht zu geschehen. Ich werde einmal sehen.«

      Damit schritt er an der hinteren Seite des Hauses hin und suchte, und als er ein Loch erreichte, das sich unten an der Mauer befand, blieb er abermals stehen und murmelte:

      »Dieses ist ganz bestimmt das Loch, das in das Gefängnis geht. Wie nun, wenn ich etwas zu essen hinunter ließe? Auch einige Flaschen voll Wasser brächte man ganz gut hinab, wenn man vorsichtig genug wäre, sie an eine Schnur zu binden. Das reicht ganz gut für einige Zeit. Ja, heute abend, wenn alles dunkel ist, werde ich es tun, wegen der Todesstunde und wegen des Gesichts, das ich sonst in meinem ganzen Leben nicht wieder aus dem Gedächtnis bringe.«

      5. Kapitel

      Die Hazienda befand sich in der Gewalt Cortejos; aber alles, was nicht niet- und nagelfest war, erklärten die Mexikaner für ihr Eigentum. Erst als jeder das seinige beiseite geschafft hatte, dachte man daran, die toten Franzosen zu entfernen. Sie wurden am Bach eingescharrt.

      Am nächsten Tag trafen Nachzügler ein, die von dem Agenten Cortejos diesem nachgeschickt worden waren. Er hatte festen Fuß gefaßt, und es galt nun, sich im Norden zu behaupten. Darum machte er sich mit hundert Reitern auf den Weg nach dem Rio Grande, um sein gegen Lord Lindsay gerichtetes Vorhaben auszuführen. Josefa blieb zurück, um möglichst seine Stelle zu vertreten, soweit ihr dies möglich war.

      Einige


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