Winnetou 3. Karl May

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Winnetou 3 - Karl May


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und wiederkommen; aber machen wir uns bereit. Komm, Sam; ihr Beiden bleibt hier, bis wir euch rufen oder abholen!«

      Wir schlichen uns bis zum Pfade hin und hatten wohl zehn Minuten zu warten, bis der Posten heraustrat. Er schlenderte in einer Weise auf der Blöße hin und her, daß wir überzeugt sein mußten, er hege nicht die mindeste Befürchtung wegen seiner Sicherheit. So mochte im ganzen wohl eine Viertelstunde vergangen sein, als er sich uns näherte. Jetzt war nicht mehr zu befürchten, daß jemand zurückkehren werde, und wir brauchten also nicht länger zu zögern.

      Ich drückte mich hüben und Sam sich drüben eng an den Busch; in dem Augenblick, in welchem er zwischen uns vorüber wollte, hatte ihn Sam bei der Kehle gefaßt. Ich riß ihm von seinem alten Tuchwamse einen tüchtigen Fetzen herunter, drehte denselben zu einem Knebel zusammen und steckte ihm diesen zwischen die Zähne. Dann wurde er mittels seines eigenen Lassos, den er um die Hüften trug, an Händen und Füßen gefesselt und an den Busch gebunden.

      »Jetzt weiter!«

      Wir traten zum Eingange, wo ich die wilden Hopfenranken ein wenig zur Seite schob. Williams saß am Feuer, über welchem er sich ein Stück Fleisch briet. Er hatte mir den Rücken zugewandt; ich konnte mich ihm nähern, ohne daß er es bemerkte.

      »Haltet das Stück höher, Master Williams, sonst verbrennt es!« sagte ich.

      Er fuhr herum und blieb, als er mich erkannte, vor Schreck starr und bewegungslos sitzen.

      »Guten Abend! Fast hätte ich das Grüßen vergessen, und mit Gentlemen Eures Schlages kann man doch nie zu höflich sein.«

      »O – O – Old Shat – Shatterhand!« stammelte er, mich mit weit geöffneten Augen anstarrend. »Was wollt Ihr hier?«

      »Ich muß doch dem Capitano die Pistole hier wiederbringen, welche ich heute mitnahm, als Ihr ihm Euer Abenteuer erzähltet.«

      Er zog das eine Bein an, als wolle er sich zum Aufschwingen vorbereiten, und blickte sich um, ob er eine Büchse zu erlangen vermöge. Aber nur sein Bowiemesser lag neben ihm.

      »Bleibt ruhig sitzen, Master Stakeman, denn die geringste Bewegung kostet Euch das Leben. Erstens ist die Pistole Eures Hauptmannes geladen, und zweitens dürft Ihr nur nach dem Eingange blicken, um zu sehen, daß es hier noch mehr Kugeln gibt!«

      Er sah sich um und erblickte Sam, welcher mit angeschlagener Büchse nach ihm zielte.

      »Thunder-storm – ich bin verloren!«

      »Vielleicht noch nicht, wenn Ihr Euch ruhig fügt. – Bernard, Bob, herbei!«

      Dieser laute Ruf hatte zur Folge, daß die beiden Draußenstehenden unter dem Eingange erschienen.

      »Dort an den Sätteln hängen Lassos, Bob. Nimm einen und binde diesen Mann!«

      »Tod und Hölle! Lebendig sollt ihr mich nicht nochmals fangen!

      Mit diesen Worten stieß sich der Pfahlmann sein eigenes Bowiemesser ins Herz und brach zusammen.

      »Gott sei seiner Seele gnädig!« sagte ich.

      »Dieser Schurke hat vielleicht mehr als hundert Menschenleben auf dem Gewissen,« meinte Sam in dumpfem Tone. »Nie war ein Messerstich besser angebracht.«

      »Er hat sich selbst gerichtet,« erwiderte ich; »wohl uns, daß wir es nicht zu tun brauchten!«

      Dann schickte ich Bob hinaus, um Hoblyn zu holen. Bald lag dieser vor uns am Boden. Der Knebel wurde entfernt, und der Gefangene holte tief Atem. Voll Entsetzen haftete nun sein Blick auf der Leiche seines Raubgenossen.

      »Du bist ein Mann des Todes, wie dieser da, wenn du dich weigerst, uns Auskunft zu geben.«

      »Ich werde alles sagen!« versprach der Geängstigte.

      »Nun also, wo ist das Gold versteckt?«

      »Dort hinten unter den Mehlsäcken ist es vergraben.«

      Jetzt wurden die Häute entfernt, und es ging an ein Untersuchen der vorhandenen Vorräte. Da gab es nun einen förmlichen Reichtum von allem, was jemals durch den Estaccado transportiert worden war: Waffen von allen Sorten und Arten, Pulver, Blei, Patronen, Lassos, Sättel, Beutel, Decken, vollständige Reise- und Jagdgewänder, Tuch und Callico, unechte Korallenketten und Schmucksachen nebst Perlenschnüren, wie sie von den Indianerinnen so außerordentlich geliebt werden, allerhand Kurzwaren, Instrumente und Werkzeuge, eine Menge Büchsen voll Pemmican, große Vorräte von andern Nahrungsmitteln, und bei allem war es nicht schwer, die Spur zu entdecken, daß es geraubt worden sei.

      Bob warf die Säcke um sich, als habe er es mit leichten Tabaksbeuteln zu tun. Marshal suchte unter den Werkzeugen Hacke und Schaufel; es wurde nachgegraben, und nach kurzer Zeit waren wir im Besitze von so viel Goldstaub und Goldkörnern, daß wir ein Pferd damit beladen konnten.

      Es schauderte mir, wenn ich dachte, wie viele arme Goldsucher den Tod hatten erleiden müssen, um diese Menge deadly dust zusammenzubringen, der diesen Namen mit vollem Rechte verdient. Die zurückkehrenden Diggers nehmen nur wenig davon mit in die Heimat und wechseln den Ertrag ihrer Arbeit meist in Papiergeld oder Depositenscheine und Anweisungen um. Die Ermordeten hatten diese Papiere ganz sicher bei sich getragen. Wo waren sie hingekommen?.

      »Wo ist das Geld, und wo sind die Papiere, die ihr hier den Beraubten abgenommen habt?« fragte ich Hoblyn.

      »In einem Verstecke weit von hier. Der Capitano wollte sie nicht hier aufbewahren, weil es Mitglieder gab, denen er nicht traute.«

      »So weiß er diesen Versteck ganz allein?«

      »Nur er und der Leutnant kennen ihn.«

      »Wer ist euer Leutnant?«

      »Patrik Morgan.«

      Es blitzte in mir auf. »Reich werden wir auf alle Fälle,« hatte dieser Mensch an seinen Vater geschrieben. Sollte er einen Verrat an seinen Kameraden vorhaben?

      »Hast du keine Ahnung, wo dieser Versteck ungefähr sein kann?«

      »Ich weiß es nicht sicher; aber der Capitano scheint dem Leutnant nicht zu trauen. Dieser ist mit noch Einem heut nach dem Head-Pik am Rio Pecos, und morgen sollte ich mit Zweien ihm nach, um ihn zu beobachten.«

      »Ah! Der Hauptmann hat dir einen Ort beschrieben, ganz bestimmt und deutlich beschrieben?«

      Der Gefragte schwieg verlegen.

      »Antworte wahr! Schweigst du, so bist du ein toter Mann; redest du aufrichtig, so sollst du Gnade finden, trotzdem ihr alle den Strang verdient habt.«

      »Ihr ratet richtig, Sir!«

      »Welches ist dieser Ort?«

      »Ich soll ihn sofort von hier weg aufsuchen und den Leutnant niederschießen, wenn er sich ihm naht. Es ist ein kleines Tal, welches ich sehr genau kenne, weil ich bereits einmal dort gewesen bin; Euch aber kann die Beschreibung desselben wenig nützen, denn Ihr würdet es dennoch nicht finden.«

      »Hat er dir nur das Tal bezeichnet, oder wurde dir ein gewisser Punkt genau genannt?«

      »Der Capitano wird sich hüten, mir diesen Punkt zu nennen. Sein Befehl lautet, mich zu verbergen und dem Leutnant eine Kugel zu geben, wenn er das Tal betreten sollte.«

      »Gut! Ich schenke dir das Leben, natürlich nur unter der Bedingung, daß du uns zu diesem Tale führst.«

      »Ich werde es tun.«

      »Doch merke dir, daß du verloren bist, wenn du uns zu täuschen suchst. Du wirst nicht frei, sondern als Gefangener mitreiten.«

      »Well,« meinte Sam, »so wären wir hier mit unserm Forschen zu Ende. Was nun?«

      »Wir nehmen nur das Gold mit und was wir von dem Übrigen brauchen: Waffen, Munition, Tabak und Proviant, auch einige Kleinigkeiten zu Geschenken für die Indianer, wenn wir mit solchen zusammentreffen sollten. Macht euch an die Auswahl; ich will mir unterdessen die Pferde betrachten.«

      Ich fand vier stammhafte Michigantraber, welche sich sehr gut zum Lasttragen eigneten, außerdem verdienten nur noch drei Mustangs das Mitnehmen. Sie waren besser als die Tiere, welche Bernard und Bob ritten; zwei konnten


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