Zum ewigen Frieden. Immanuel Kant

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Zum ewigen Frieden - Immanuel Kant


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      Ein Erbreich ist nicht ein Staat, der von einem andern Staate, sondern dessen Recht zu regieren an eine andere physische Person vererbt werden kann. Der Staat erwirbt alsdann einen Regenten, nicht dieser als ein solcher (d. i. der schon ein anderes Reich besitzt) den Staat.

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      Ob es außer dem Gebot (leges praeceptiuae), und Verbot (leges prohibitiuae), noch Erlaubnisgesetze (leges permissiuae) der reinen Vernunft geben könne, ist bisher nicht ohne Grund bezweifelt worden. Denn Gesetze überhaupt enthalten einen Grund objektiver praktischer Nothwendigkeit, Erlaubnis aber einen der praktischen Zufälligkeit gewiss

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Ein Erbreich ist nicht ein Staat, der von einem andern Staate, sondern dessen Recht zu regieren an eine andere physische Person vererbt werden kann. Der Staat erwirbt alsdann einen Regenten, nicht dieser als ein solcher (d. i. der schon ein anderes Reich besitzt) den Staat.

2

Ob es außer dem Gebot (leges praeceptiuae), und Verbot (leges prohibitiuae), noch Erlaubnisgesetze (leges permissiuae) der reinen Vernunft geben könne, ist bisher nicht ohne Grund bezweifelt worden. Denn Gesetze überhaupt enthalten einen Grund objektiver praktischer Nothwendigkeit, Erlaubnis aber einen der praktischen Zufälligkeit gewisser Handlungen; mithin würde ein Erlaubnisgesetz Nöthigung zu einer Handlung, zu dem, wozu jemand nicht genöthiget werden kann, enthalten, welches, wenn das Objekt des Gesetzes in beyderley Beziehung einerley Bedeutung hätte, ein Widerspruch seyn würde. – Nun geht aber hier im Erlaubnisgesetze das vorausgesetzte Verbot nur auf die künftige Erwerbungsart eines Rechts (z. B. durch Erbschaft), die Befreyung aber von diesem Verbot, d. i. die Erlaubnis, auf den gegenwärtigen Besitzstand, welcher letztere, im Ueberschritt aus dem Naturzustande in den bürgerlichen, als ein, obwohl unrechtmäßiger, dennoch ehrlicher, Besitz (possessio putatiua) nach einem Erlaubnisgesetze des Naturrechts noch fernerhin fortdauern kann, obgleich ein putativer Besitz, so bald er als ein solcher erkannt worden, im Naturzustande, imgleichen eine ähnliche Erwerbungsart im nachmaligen bürgerlichen (nach geschehenem Ueberschritt) verboten ist, welche Befugnis des fortdauernden Besitzes nicht statt finden würde, wenn eine solche vermeintliche Erwerbung im bürgerlichen Zustande geschehen wäre; denn da würde er, als Läsion, sofort nach Entdeckung seiner Unrechtmäßigkeit aufhören müssen.

Ich habe hiemit nur beyläufig die Lehrer des Naturrechts auf den Begriff einer lex permissiua, welcher sich einer systematisch-eintheilenden Vernunft von selbst darbietet, aufmerksam machen wollen; vornehmlich, da im Civilgesetze (statuarischen) öfters davon Gebrauch gemacht wird, nur mit dem Unterschiede, daß das Verbotgesetz für sich allein dasteht, die Erlaubnis aber nicht als einschränkende Bedingung (wie es sollte) in jenes Gesetz mit hinein gebracht, sondern unter die Ausnahmen geworfen wird. – Da heißt es dann: dies oder jenes wird verboten: es sey denn Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, und so weiter ins Unabsehliche, die Erlaubnisse nur zufälliger Weise, nicht nach einem Princip, sondern durch Herumtappen unter vorkommenden Fällen, zum Gesetz hinzukommen; denn sonst hätten die Bedingungen in die Formel des Verbotsgesetzes mit hineingebracht werden müssen, wodurch es dann zugleich ein Erlaubnisgesetz geworden wäre. – Es ist daher zu bedauern, daß die sinnreiche, aber unaufgelöst gebliebene, Preisaufgabe des eben so weisen als scharfsinnigen Herrn Grafen von Windischgrätz, welche gerade auf das letztere drang, sobald verlassen worden. Denn die Möglichkeit einer solchen (der mathematischen ähnlichen) Formel ist der einzige ächte Probierstein einer consequent bleibenden Gesetzgebung, ohne welche das so genannte ius certum immer ein frommer Wunsch bleiben wird. – Sonst wird man bloß generale Gesetze (die im Allgemeinen gelten), aber keine universale (die allgemein gelten) haben, wie es doch der Begriff eines Gesetzes zu erfordern scheint.

3

Gemeiniglich nimmt man an, daß man gegen Niemand feindlich verfahren dürfe, als nur, wenn er mich schon thätig lädirt hat, und das ist auch ganz richtig, wenn beyde im bürgerlich-gesetzlichen Zustande sind. Denn dadurch, daß dieser in denselben getreten ist, leistet er jenem (vermittelst der Obrigkeit, welche über Beyde Gewalt hat) die erforderliche Sicherheit. – Der Mensch aber (oder das Volk) im bloßen Naturstande benimmt mir diese Sicherheit, und lädirt mich schon durch eben diesen Zustand, indem er neben mir ist, obgleich nicht thätig (facto), doch durch die Gesetzlosigkeit seines Zustandes (statu iniusto), wodurch ich beständig von ihm bedrohet werde, und ich kann ihn nöthigen, entweder mit mir in einen gemeinschaftlich-gesetzlichen Zustand zu treten, oder aus meiner Nachbarschaft zu weichen. – Das Postulat also, was allen folgenden Artikeln zum Grunde liegt, ist: Alle Menschen, die auf einander wechselseitig einfließen können, müssen zu irgend einer bürgerlichen Verfassung gehören.

Alle rechtliche Verfassung aber ist, was die Personen betrifft, die darin stehen,

1) die nach dem Staatsbürgerrecht der Menschen, in einem Volk (ius ciuitatis),

2) nach dem Völkerrecht der Staaten in Verhältnis gegen einander (ius gentium),

3) die nach dem Weltbürgerrecht, so fern Menschen und Staaten, in äußerem auf einander einfließendem Verhältnis stehend, als Bürger eines allgemeinen Menschenstaats anzusehen sind (ius cosmopoliticum). Diese Eintheilung ist nicht willkührlich, sondern nothwendig in Beziehung auf die Idee vom ewigen Frieden. Denn wenn nur einer von diesen im Verhältnisse des physischen Einflusses auf den andern, und doch im Naturstande wäre, so würde damit der Zustand des Krieges verbunden seyn, von dem befreyet zu werden hier eben die Absicht ist.

4

Rechtliche (mithin äußere) Freyheit kann nicht, wie man wohl zu thun pflegt, durch die Befugnis definirt werden: »alles zu thun, was man will, wenn man nur Keinem Unrecht thut.« Denn was heißt Befugnis? Die Möglichkeit einer Handlung, so fern man dadurch Keinem Unrecht thut. Also würde die Erklärung so lauten: »Freyheit ist die Möglichkeit der Handlungen, dadurch man keinem Unrecht thut (man mag auch thun, was man will), wenn man nur Keinem Unrecht thut:« folglich ist es leere Tautologie. – Vielmehr ist meine äußere (rechtliche) Freyheit so zu erklären: sie ist die Befugnis, keinen äußeren Gesetzen zu gehorchen, als zu denen ich meine Beystimmung habe geben können. – Eben so ist äußere (rechtliche) Gleichheit in einem Staate dasjenige Verhältniß der Staatsbürger, nach welchem Keiner den andern wozu rechtlich verbinden kann, ohne daß er sich zugleich dem Gesetz unterwirft, von diesem wechselseitig auf dieselbe Art auch verbunden werden zu können. (Vom Princip der rechtlichen Abhängigkeit, da dieses schon in dem Begriffe einer Staatsverfassung überhaupt liegt, bedarf es keiner Erklärung). – Die Gültigkeit dieser angebohrnen, zur Menschheit nothwendig gehörenden und unveräußerlichen Rechte wird durch das Princip der rechtlichen Verhältnisse des Menschen selbst zu höheren Wesen (wenn er sich solche denkt) bestätigt und erhoben, indem er sich nach eben denselben Grundsätzen auch als Staatsbürger einer übersinnlichen Welt vorstellt. – Denn, was meine Freyheit betrifft, so habe ich, selbst in Ansehung der göttlichen, von mir durch bloße Vernunft erkennbaren Gesetze, keine Verbindlichkeit, als nur so fern ich dazu selber habe meine Beystimmung geben können (denn durchs Freyheitsgesetz meiner eigenen Vernunft mache ich mir allererst einen Begriff vom göttlichen Willen). Was in Ansehung des erhabensten Weltwesens außer Gott, welches ich mir etwa denken möchte (einen großen Aeon), das Princip der Gleichheit betrifft, so ist kein Grund da, warum ich, wenn ich in meinem Posten meine Pflicht thue, wie jener Aeon es in dem seinigen, mir bloß die Pflicht zu gehorchen, jenem aber das Recht zu befehlen zukommen solle. – Daß dieses Princip der Gleichheit nicht (so wie das der Freyheit) auch auf das Verhältnis zu Gott paßt, davon ist der Grund dieser, weil dieses Wesen das einzige ist, bey dem der Pflichtbegriff aufhört.

Was aber das Recht der Gleichheit aller Staatsbürger, als Unterthanen, betrifft, so kommt es in Beantwortung der Frage von der Zuläßigkeit des Erbadels allein darauf an: »ob der vom Staat zugestandene Rang (eines Unterthans vor dem andern) vor dem Verdienst, oder dieses vor jenem vorhergehen müsse.« – Nun


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