Angriff Der Tapferkeit . Морган Райс
Читать онлайн книгу.sie bald sterben würde. Doch irgendwie störte sie das nicht mehr. Ob sie starb oder lebte war ihr egal, nur die Art, wie sie starb. Sie war noch nicht bereit. Sie wollte zu ihren eigenen Bedingungen sterben.
Als sie so mit dem Gesicht nach unten dalag, griff Gwen heimlich nach einem Klumpen Dreck.
„Du darfst jetzt aufstehen, Weib.“, befahl McCloud grob. „Ich bin fertig mit dir, Zeit, dass die anderen auch ihren Spaß mit dir haben.“
Gwen umgriff den Dreckklumpen so fest, dass ihre Handknöchel weiß hervortraten, und betete, dass es funktionieren würde.
In einer schnellen Bewegung fuhr sie herum und warf McCloud den Dreck in die Augen. Er hatte nicht damit gerechnet, schrie und stolperte rückwärts, während er versuchte, sich den Dreck aus den Augen zu wischen.
Gwen nutzte ihren Vorteil. In King’s Court aufgewachsen. war sie von den Kriegern des Königs aufgezogen worden, und sie hatten ihr beigebracht, immer ein zweites Mal anzugreifen, bevor der Feind die Gelegenheit hatte, sich zu erholen. Sie hatten ihr auch noch etwas anderes gelehrt: ob sie nun eine Waffe trug oder nicht, sie war immer bewaffnet. Sie konnte immer die Waffen des Feindes verwenden. Gwen sprang auf, zog den Dolch von McClouds Gürtel und rammte ihn zwischen seine Beine.
McCloud schrie fürchterlich, riss die Hände von seinen Augen und griff sich zwischen die Beine. Blut floss seine Beine herunter und er zog keuchend den Dolch heraus.
Sie war überrascht und stolz über diesen Treffer, darüber, dass es ihr gelungen war, zumindest eine kleine Rache an ihm zu nehmen. Doch sehr zu ihrer Überraschung machte ihn die Verletzung, die jeden anderen zu Boden geschickt hätte, nicht einmal langsamer in seinen Bewegungen. Dieses Monster war unaufhaltsam. Sie hatte ihn böse verwundet, genau da, wo er es am meisten verdiente, doch hatte ihn nicht getötet. Er sank ja noch nicht einmal auf die Knie!
Stattdessen zog McCloud den blutüberströmten Dolch heraus und grinste mit einem tödlichen Blick auf sie herab. Er beugte sich über sie, hielt den Dolch mit zitternden Händen umklammert und Gwendolyn wusste, dass ihre Zeit gekommen war. Doch wenigstens würde sie mit einem kleinen Bisschen Genugtuung sterben.
„Ich werde dein Herz herausschneiden und es dir in den Rachen stopfen!“, schrie er. „Mach dich bereit zu erfahren, was richtiger Schmerz ist!“
Gwendolyn bereitete sich darauf vor, den Dolch zu spüren, eines schmerzvollen Todes zu sterben. Sie hörte einen markerschütternden Schrei und einen Augenblick später erkannte Gwendolyn überrascht, dass es nicht ihr eigener Schrei war. Es war McCloud, der unter Qualen kreischte. Sie senkte ihre Arme und blickte verwirrt auf. McCloud hatte den Dolch fallen gelassen. Sie blinzelte ein paarmal und versuchte zu verstehen.
McCloud stand vor ihr und ein Pfeil ragte aus seinem Auge. Er schrie unaufhörlich. Blut quoll aus der Augenhöhle und er griff nach dem Pfeil. Sie verstand nicht. Jemand hatte auf ihn geschossen. Aber wie? Und wer?
Gwen drehte sich in die Richtung herum, aus der der Pfeil gekommen war, und ihr Herz machte einen Sprung, als sie Steffen mit seinem Bogen inmitten einer großen Gruppe von Kriegern stehen sah. Noch bevor irgendjemand gewahr werden konnte, was geschah, schoss Steffen sechs weitere Pfeile ab, und einer nach dem anderen fielen die sechs Krieger, die neben McCloud gestanden waren. Alle mit Pfeilen durch den Hals. Alle Tot.
Steffen wollte gerade den nächsten Pfeil aus dem Köcher ziehen, als er schließlich entdeckt wurde und sich eine große Gruppe von Kriegern auf ihn stürzte und ihn zu Boden schlug.
McCloud, immer noch kreischend, wandte sich um und verschwand in der Menge. Zu ihrer großen Verwunderung war er immer noch am Leben. Sie hoffte, dass er qualvoll verbluten würde. Gwens Herz war voller Dankbarkeit gegenüber Steffen, mehr als er sich das je vorstellen konnte. Sie wusste, dass sie heute sterben würde, doch wenigstens würde es nicht von der Hand McClouds sein.
Es wurde still im Lager als sich Andronicus erhob und langsam auf Gwendolyn zulief. Sie lag da und sah, wie er auf sie zukam, unglaublich groß, ein Koloss von einem Mann. Seine Krieger folgten ihm als er sich ihr näherte und über dem Lager breitete sich eine Totenstille aus – nur das Heulen des Windes war zu hören.
Andronicus blieb kurz vor ihr stehen und sah ausdruckslos auf sie herab. Er griff nach den Schrumpfköpfen an seiner Kette und spielte mit ihnen. Ein seltsames Geräusch drang aus den Tiefen seines Halses, wie ein schnurren. Er schien sowohl wütend als auch fasziniert zu sein.
„Du hast dich dem großen Andronicus widersetzt.“, sagte er langsam, und das gesamte Lager lauschte seinen Worten. Seine Stimme überschlug sich vor Autorität und hallte weit über die Ebene. „Es wäre einfacher gewesen, wenn du dich deiner Bestrafung ergeben hättest. Nun wirst du lernen, was echter Schmerz ist.“
Andronicus zog ein Schwert, das länger war als jedes andere, das Gwen je gesehen hatte. Es muss über zwei Meter lang gewesen sein und der Klang, als Andronicus es aus der Scheide zog hallte über das Schlachtfeld. Er hielt es hoch und ließ es im Licht blitzen. Die Reflexion war so stark, dass sie sie blendete. Er betrachtete sich selbst in der Klinge als er es in den Händen drehte und wog, als ob er es zum ersten Mal sehen würde.
„Du bist eine Frau von edler Geburt.“, sagte er. „Da ist es nur passend, dass ihr den Tod durch ein edles Schwert findet.“
Andronicus machte zwei Schritte auf sie zu, griff den Knauf mit beiden Händen und hob das Schwert hoch über seinen Kopf.
Gwendolyn schloss die Augen. Sie hörte das Pfeifen des Windes, das Rauschen des Grases, und plötzlich blitzten scheinbar wahllos Erinnerungen ihres Lebens vor ihr auf. Sie fühlte alles, was sie je geschafft hatte, jeden, den sie geliebt hatte. Ihre letzten Gedanken gehörten Thor. Sie griff nach dem Amulett um ihren Hals, das er ihr gegeben hatte, und hielt es fest umschlungen. Sie konnte spüren, wie eine warme Kraft durch den alten roten Stein pulsierte und erinnerte sich an Thors Worte, als er es ihr gegeben hatte: Dieses Amulett kann dein Leben retten.
Ihre Finger schlossen sich fester um das Amulett, das in ihrer Hand pulsierte, und sie betete mit jeder Faser ihres Seins zu Gott.
Bitte Gott, lass das Amulett seine Wirkung entfalten. Bitte rette mich, nur dieses eine Mal. Erlaube mir, Thor wiederzusehen.
Gwendolyn öffnete die Augen und erwartete, dass sie sehen würde, wie Andronicus Schwert auf sie herabsauste. Doch was sie sah ließ sie sprachlos werden. Andronicus stand da wie eingefroren, sah über sie hinweg, als ob sich jemand hinter ihr nähern würde Er schien überrascht, ja sogar verwirrt, und das war nicht gerade ein Ausdruck, den sie von ihm erwartet hätte.
„Du wirst deine Waffe nun langsam senken.”, sagte eine Stimme hinter Gwendolyn.
Gwendolyn war wie elektrifiziert vom Klang der Stimme. Sie kannte sie. Sie fuhr herum und sah hinter sich eine Person, die sie so gut kannte wie ihren eigenen Vater.
Argon.
Da stand er in eine weiße Robe mit einer Kapuze gehüllt; seine Augen glühten mit einer Intensität, die sie noch nie zuvor gesehen hatte, und starrten Andronicus an. Sie und Steffen lagen zwischen diesen beiden Titanen. Beide waren Wesen von unvorstellbarer Macht, einer auf Seiten der Finsternis, einer auf Seiten des Lichts, und standen sich nun gegenüber. Sie konnte den Krieg, der auf spiritueller Ebene über ihr tobte fast greifen.
„Werde ich das?“ spottete Andronicus und grinste ihn an.
Doch bei all seinem Grinsen konnte Gwen sehen, wie seine Lippen bebten und sich zum ersten Mal so etwas wie Furcht in Andronicus‘ Augen abzeichnete. Sie hatte nie gedacht, dass sie das einmal sehen würde. Andronicus musste wissen, wer Argon war. Und was immer er auch über Argon wusste, war genug, dass sich der mächtigste Mann der Welt fürchtete.
„Du wirst dem Mädchen keinen weiteren Schaden mehr zufügen“, sagte Argon ruhig. „Du wirst ihre Kapitulation akzeptieren.“ Er trat mit leuchtenden Augen näher. „Du wirst ihr erlauben, sich zu ihren Leuten zurückzuziehen. Und du wirst ihren Leuten erlauben, zu kapitulieren, wenn sie das wünschen. Ich sage dies nur ein einziges Mal. Es wäre klug von dir, es anzunehmen.“
Andronicus starrte Argon an und blinzelte ein paarmal, gerade so, als ob er unentschlossen wäre.
Dann