Held, Verräter, Tochter . Морган Райс
Читать онлайн книгу.machte ihm Angst. Er zählte nicht zu denjenigen, die an Vorzeichen und Omen glaubten, doch jetzt schienen sie unübersehbar. Akila hatte fast sein gesamtes Leben lang gekämpft und doch übertraf diese sich ihnen nähernde Flotte alles, was er bisher gesehen hatte. Sie ließ die Flotte, die das Reich nach Haylon geschickt hatte, wie eine Kette aus Papierschiffchen aussehen, die Kinder auf einem Teich ausgesetzt hatten.
Und wie mickrig wirkten erst Akilas Flotten im Vergleich.
„Es sind zu viele“, sagte einer der Matrosen neben ihm in der Takelage.
Akila antwortete nicht, denn er wusste gerade keine Antwort darauf. Er musste sich allerdings etwas einfallen lassen. Etwas, das ohne die bleierne Schwere auskam, die auf seiner Brust wog. Während er hinabkletterte, ging er in Gedanken bereits die einzelnen Schritte durch. Sie würden die Hafenkette hochziehen müssen. Sie würden mehrere Mannschaften zu den Katapulten bei den Anlegestellen schicken.
Sie mussten sich aufteilen, denn ein direkter Zusammenstoß mit einer Flotte von solcher Größe wäre reiner Selbstmord. Sie mussten zu den Wölfen werden, die sich erdreisteten, die großen Schneeochsen zu jagen, die einen schnellen Vorstoß wagten, sich hier und dort einen Bissen holten und sie so ausschalteten.
Akila grinste bei dieser Vorstellung. Er plante es beinahe so, als hätten sie eine Chance auf den Sieg. Wer hätte ihn schon für einen Optimisten gehalten?
„Es sind wirklich viele“, sagte einer der Matrosen, an dem er vorbeikam.
Auf seinem Weg zurück zur Anlegestelle hörte Akila immer wieder diese Worte. Als er wieder zurück auf dem Kommandodeck war, wartete dort bereits mindestens ein dutzend Rebellen mit besorgten Gesichtsausdrücken auf ihn.
„Wir können nicht gegen sie kämpfen“, sagte einer.
„Ob wir kämpfen oder nicht, es wäre, als hätten wir es nie versucht“, stimmte ein anderer zu.
„Sie werden uns alle töten. Wir müssen abhauen.“
Akila hörte, was sie sagten, und er hatte Verständnis für das, was sie tun wollten. Davonzulaufen war das Sinnvollste, was sie tun konnten, solange sie überhaupt noch etwas tun konnten. Sie würden mit ihren Schiffen einen Konvoi bilden und davonlaufen; die Küste entlang bis sie in Sicherheit wären und es nach Haylon geschafft hatten.
Ein Teil von ihm wollte genau das Gleiche tun. Vielleicht wären sie auf Haylon sogar in Sicherheit. Felldust würde ihre Einheiten sehen und die Verteidigung ihres Hafens und würde sich hüten, ihnen zu folgen.
Zumindest vorerst.
„Freunde“, rief er laut genug, so dass jeder an Bord des Schiffes ihn hören konnte. „Ihr seht die vor uns liegende Bedrohung und ja, ich kann diejenigen verstehen, die lieber davonlaufen würden.“
Er hob die Hände, um dem Murmeln, das diesen Worten folgte, Einhalt zu gebieten.
„Ich weiß. Ich verstehe euch. Ich bin mit euch gesegelt und ich weiß, dass ihr keine Feiglinge seid. Niemand hat das Recht, euch so zu nennen.“
Doch wenn sie jetzt davonliefen, würden sie die Männer tatsächlich Feiglinge nennen. Das wusste Akila. Sie würden den Kriegern von Haylon die Schuld geben trotz allem, was sie getan hatten. Aber das wollte er nicht laut sagen. Er wollte seine Männer zu nichts zwingen.
„Auch ich würde am liebsten davonlaufen. Wir haben unseren Teil hier erledigt. Wir haben das Reich geschlagen. Wir haben uns das Recht verdient, nach Hause zu fahren und nicht länger unsere Leben für die Sache anderer Menschen aufs Spiel zu setzen.“
Soviel war klar. Schließlich waren sie erst hierhergekommen, nachdem Thanos sie darum gebeten hatte.
Er schüttelte seinen Kopf. „Aber das werde ich nicht tun. Ich werde nicht davonlaufen, wenn das bedeutet, Menschen im Stich zu lassen, die mich brauchen. Ich werde nicht davonlaufen und wissen, was mit den Menschen von Delos hier geschehen wird. Ich werde nicht davonlaufen, denn mit welchem Recht sagen die mir, dass ich abhauen sollte?“
Er deutete mit einem Finger auf die herannahenden Schiffe und reckte den Finger dann so in die Höhe, dass aus ihm die unanständigste Geste wurde, die ihm in diesem Moment in den Sinn kam. Das brachte wenigstens seine Männer zum Lachen. Gut, denn Lachen war das Beste, was ihnen jetzt passieren konnte.
„Tatsächlich geht das Böse jeden etwas an. Wenn ein Mann mich auffordert, mich hinzuknien oder zu sterben, dann hau ich ihm eine über!“ Jetzt lachten sie noch lauter. „Das tue ich nicht, weil sie mir Angst gemacht haben. Ich tue es, weil jemand, der andere auffordert, sich hinzuknien, nichts Besseres als Schläge verdient hat!“
Jetzt jubelten sie. Akila schien die Situation richtig eingeschätzt zu haben. Er deutete auf ein Spähschiff, das neben seinem Flaggschiff angebunden im Wasser schwamm.
„Dort unten findet ihr einen von uns“, sagte Akila. „Sie haben ihn und seine Mannschaft überwältigt. Sie haben ihn ausgepeitscht bis das Blut nur so aus ihm rausquoll. Sie haben ihn an das Steuerrad gebunden und ihm seine Augäpfel rausgerissen.“
Akila wartete einen Moment, um dem Entsetzen Nachdruck zu verleihen.
„Sie haben es getan, weil sie geglaubt haben, dass sie uns so Angst einjagen könnten“, sagte Akila. „Sie haben es getan, weil sie dachten, dass wir uns so schneller aus dem Staub machen würden. Doch ich sage euch: jemand, der einem meiner Brüder ein solches Leid zufügt, schürt meinen Zorn nur noch mehr und soll wie ein räudiger Hund zugrunde gerichtet werden!“
Das brachte ihm einen Jubelruf ein.
„Ich werde euch jedoch nicht zwingen“, sagte Akila. „Wenn ihr nach Hause fahren wollt… nun, niemand kann euch sagen, dass ihr das nicht verdient hättet. Und wenn sie sich dann auf den Weg zu euch machen, vielleicht gibt es dann noch jemanden, der euch zu Hilfe eilen wird.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich werde bleiben. Wenn es sein muss, bleibe ich auch allein. Ich werde im Hafen stehen und eine Armee nach der anderen in den Tod schicken.“
Daraufhin blickte er sich um, starrte denen in die Augen, die er zu seinen Männern zählte und jenen, die er Brüder von Haylon nannte, befreite Sklaven, Rekruten, die jetzt Freiheitskämpfer waren und Männer, die wahrscheinlich einmal nichts mehr als Halsaufschneider gewesen waren.
Er wusste, dass die meisten dieser Männer sterben würden, wenn er sie darum bat, mit ihm zu kämpfen. Er würde wahrscheinlich selbst nie wieder die Wasserfälle in den Hügeln von Haylon wiedersehen. Er würde wahrscheinlich sterben, ohne zu wissen, ob das, was er getan hatte, genug gewesen war, um Delos zu retten. Ein Teil von ihm verfluchte den Tag, an dem er Thanos begegnet war und tiefer in die Sache mit der Rebellion gerutscht war.
Trotzdem riss er sich zusammen.
„Werde ich allein sein Männer?“ fragte er. „Werde ich mich allein zu dem dümmsten Idioten von allen durchschlagen müssen?“
Ein „Nein!“ donnerte über das Wasser. Er hoffte, dass die feindliche Flotte es hörte. Er hoffte, dass sie es hörten und er hoffte, dass es ihnen Angst einjagte.
Bei allen Göttern, er hatte Angst.
„Nun dann Männer“, bellte Akila, „an die Ruder. Wir haben eine Schlacht zu gewinnen!“
Er sah, wie sie zu den Rudern liefen und er hätte in diesem Moment nicht mehr Stolz empfinden können. Er begann nachzudenken und Befehle zu erteilen. Das Schloss musste benachrichtigt und die Verteidigung musste vorbereitet werden.
Akila konnte bereits hören, wie die Glocken geläutet wurden, um die Stadt zu alarmieren.
„Ihr zwei, hisst die Signalflaggen! Scirrem, ich will kleine Boote und Teer für die Feuerschiffe an der Hafenmündung! Führt ihr hier Selbstgespräche oder was?“
„Durchaus möglich“, rief der Matrose zurück. „Man sagt, dass Verrückte so was tun. Aber ich werde mich darum kümmern.“
„Dir ist schon klar, dass man dich in einer echten Armee dafür jetzt auspeitschen würde?“ schoss Akila grinsend zurück. Das war das Seltsame, wenn man kurz vor einer Schlacht stand. Sie blickten dem Tod jetzt so offen ins Gesicht und doch