Ein Gericht für Diebe . Морган Райс

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Ein Gericht für Diebe  - Морган Райс


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ihm Kinder, tue alles, was die Frau eines Prinzen tun sollte. Wenn du all das machst, wird deine Zukunft ebenfalls glücklich sein.”

      Angelicas Gemüt würde das nicht so auf sich sitzen lassen. “Und wenn ich das nicht tue?”

      Die Witwe schaute sie an, als wenn sie nichts wäre, anstatt einer der reichsten Adligen im ganzen Land.

      “Du versuchst stark zu sein in der Hoffnung, dass ich dich als gleichwertig akzeptiere”, sagte sie. “Vielleicht hoffst du, dass ich etwas von mir selbst in dir sehe, Angelica. Vielleicht tue ich das, aber das ist selten eine gute Sache. Ich will, dass du dich von jetzt an, immer an etwas erinnerst: Ich besitze dich.”

      “Nein, Sie –“

      Der Schlag war nicht hart. Er würde keine Merkmale hinterlassen, die man sehen konnte. Es brannte kaum, mal abgesehen von Angelicas Stolz. Der brannte.

      “Ich besitze dich, als wenn ich die Leibeigenschaft eines Mädchen gekauft hätte”, wiederholte die Witwe. “Wenn du auf irgendeine Art scheiterst, werde ich dich zerstören, dafür, was du versucht hast meinem Sohn anzutun. Der einzige Grund, warum du hier bist und nicht in einer Zelle, ist, weil du für mich so nützlicher bist.”

      “Als eine Frau für Ihren Sohn”, sagte Angelica.

      “Als das und als eine Ablenkung für ihn”, antwortete die Witwe. “Du hast gesagt, du würdest alles tun. Lasse es mich wissen, wenn du deine Meinung änderst.”

      Und dann würde es den schrecklichsten Tod geben, den Angelica sich vorstellen könnte.

      “Nein, das dachte ich mir. Du wirst die perfekte Frau sein. Du wirst in absehbarer Zeit die perfekte Mutter sein. Du wirst mir von möglichen Problemen erzählen. Du wirst meinen Befehlen gehorchen. Wenn du an einem dieser Dinge scheiterst wird die Bleimaske noch harmlos im Vergleich dazu erscheinen, was mit dir passieren wird.”

      KAPITEL SECHS

      Sie zogen Sophia nach draußen, zogen an ihr, auch wenn sie mit ihrer eigenen Kraft lief. Sie war zu taub, um irgendetwas anderes zu tun, zu schwach, um überhaupt ans Kämpfen zu denken. Die Nonnen lieferten sie auf Befehl ihres neuen Besitzers. Sie hätten sie auch gleich wie einen neuen Hut oder ein Stück Fleisch einpacken können.

      Als Sophia den Wagen sah, versuchte sie zu kämpfen, aber es half nichts. Es war ein großes, grelles Ding, angemalt wie ein Zirkuswagen oder der einer Spielertruppe. Die Stangen verkündeten es als das, was es war: der Wagen eines Sklaventreibers.

      Die Nonnen schubsten sie darauf zu und öffneten die hintere Seite, zogen große Riegel zurück, die von innen nicht zugänglich waren.

      “Ein reuiges Ding wie du, verdient es an so einen Ort zu kommen”, sagte eine der Nonnen.

      Die andere lachte. “Glaubst du sie ist noch reuig? Gib ihr ein Jahr oder zwei, wenn sie von jedem Mann mit einer Münze für sie benutzt worden ist.”

      Sophia warf einen kurzen Blick auf die dort kauernden Personen, als die Nonnen die Türen öffneten. Ängstliche Augen schauten auf sie und sie sah ein halbes Dutzend Mädchen, die auf dem harten Holz zusammengepfercht waren. Dann schoben sie sie hinein, sie stolperte auf die anderen zu ohne Platz für sich selbst.

      Die Tür schloss sich mit einem Krachen und mit dem Klang von Metall auf Metall. Das Geräusch der Riegel war schlimmer, da es Sophias Hilflosigkeit mit einem Kratzen von Rost und Eisen unterstrich.

      Die anderen Mädchen krochen vor ihr zurück, während sie versuchte, dort einen Platz zu finden. Sophias Gabe zeigte ihr ihre Angst. Sie waren besorgt, dass sie noch gewaltätig war, so wie das Mädchen mit den dunklen Augen in der Ecke oder dass sie schreien würde, bis Meister Karg sie alle schlagen würde, so wie es das Mädchen mit den Wunden um den Mund getan hatte.

      “Ich werde keiner von euch wehtun”, sagte Sophia. “Ich bin Sophia.”

      Dinge, die vielleicht Namen sein konnten, wurden als Antwort in dem schlecht beleuchteten Gefängniswagen zurückgemurmelt, zu leise für Sophia, um die meisten davon zu hören. Ihre Gabe sagte ihr den Rest, aber dennoch war sie in dem Moment zu sehr mit ihrer eigenen Misere beschäftigt, um sich groß darum zu kümmern.

      Vor einem Tag waren die Dinge noch so anders gewesen. Sie war glücklich gewesen. Sie war im Palast gewesen, hatte sich auf ihre Hochzeit vorbereitet und war nicht in einem Käfig gefangen. Sie war von Bediensteten und Helfern umgeben gewesen und nicht von ängstlichen Mädchen. Sie hatte schöne Kleider, keine Lumpen und Sicherheit, anstatt dem anhaltenden Schmerz der Schläge.

      Sie hatte die Aussicht auf ein Leben mit Sebastian und nicht die Aussicht darauf durch von einer Reihe an Männern benutzt zu werden.

      Es gab nichts, was sie tun konnte. Nichts außer hier sitzen, durch die Lücken der Stangen nach draußen zu sehen und zuzusehen, wie Meister Karg mit einem selbstzufriedenen Ausdruck aus dem Waisenhaus kam. Er schlenderte zum Wagen, dann hievte er sich mit einem Ächzen der Bemühung auf den Fahrersitz. Sophia konnte das Knallen einer Peitsche hören und sie zuckte instinktiv zusammen, nach all dem was ihr durch die Hände von Schwester O’Venn wiederfahren war, erwartete ihr Körper Schmerz, sogar als der Wagen zum Leben erweckt wurde.

      Es zog sie durch die Straßen von Ashton, die Holzräder hüpften, wenn es Löcher zwischen dem Kopfsteinpflaster gab. Sophia sah Häuser vorbeiziehen, in dem Schritt eines laufenden Mannens, der Wagen hatte keine Eile sein Ziel zu erreichen. Das hätte in gewisser Weise eine gute Sache sein können, aber in dem Moment schien es nur eine Art zu sein, ihr Elend auszumerzen und sie und die anderen mit ihrer Unfähigkeit dem Wagen zu entkommen, zu verspotten.

      Sophia sah Menschen vorbeiziehen, die dem Wagen aus dem Weg gingen, genauso wie sie anderen großen Wagen auswichen, die sie zerquetschen könnten. Ein paar schauten auf den Wagen, aber machten keinen Kommentar. Sie machten keine Anstalten ihn aufzuhalten oder den Mädchen im Inneren zu helfen. Was sagte das über einen Ort wie Ashton aus, der das als normal ansah?

      Ein fetter Bäcker hielt inne, um sie vorbeifahren zu sehen. Ein Paar trat von den Reifenspuren zurück. Kinder wurden von ihren Mütter vorbeigezogen oder rannten hin um hineinzustarren und mutig vor ihren Freunden dazustehen. Männer schauten herein mit abschätzendem Blick, als wenn sie sich fragten, ob sie sich eines der Mädchen dort drinnen leisten konnten. Sophia zwang sich, sie ebenfalls anzustarren, traute sich, ihnen in die Augen zu sehen.

      Sie wünschte sich, dass Sebastian hier wäre. Niemand sonst in der Stadt würde ihr helfen, aber sie wusste, dass auch nach alldem was passiert war, Sebastian die Türen aufreißen und sie rausholen würde. Zumindest hoffte sie, dass er das tun würde. Sie hatte die Scham auf seinem Gesicht gesehen, als er herausgefunden hatte, wer Sophia war. Vielleicht würde er auch wegsehen und so tun, als wenn er sie nicht sehen würde.

      Sophia hoffte nicht, denn sie konnte in Meister Kargs Kopf sehen, was sie und die anderen erwartete. Er plante noch mehr Mädchen auf dem Weg zum Schiff abzuholen, ehe er den See überqueren und in seine Heimatstadt zurückfahren würde, wo es ein Bordell gab, das mit “exotischen Mädchen” handelte. Er brauchte immer neue Mädchen, denn die Männer dort zahlten gut für die Chance, was immer sie wollten, mit den Neuankömmlingen zu tun.

      Nur bei dem Gedanken daran wurde Sophia schlecht, auch wenn das vielleicht auch etwas mit dem konstanten Rollen des Wagens zu tun hatte. Wussten die Nonnen, wohin sie sie verkauft hatten? Sie kannte die Antwort davon: Natürlich wussten sie das. Sie hatten Witze darüber gemacht und über die Tatsache, dass sie nie frei sein würde, denn es würde keine Aussicht geben, dass sie jemals ihre Schulden bezahlen würde können, die sie ihr auferlegt hatten.

      Das bedeutete ein Leben lang Sklaverei, gezwungen das zu tun, was immer ihr fetter, parfürmierter Besitzer von ihr verlangte, bis sie nichts mehr für ihn wert war. Vielleicht ließ er sie dann gehen, aber auch nur weil es günstiger für ihn wäre, sie verhungern zu lassen, als sie zu behalten. Sophia wollte glauben, dass sie sich selbst umbringen würde, ehe sie all das mit sich machen ließ, aber in Wirklichkeit würde sie wahrscheinlich gehorchen. Hatte sie nicht seit Jahren


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