Butler Parker 103 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker 103 – Kriminalroman - Günter Dönges


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      Zur Zeit kopierte sie eine Putzfrau, die sie im Hotel gesehen hatte.

      Kathy trug einen wadenlangen, alten Mantel, unter den sie sich ein flaches Kissen gebunden hatte. Sie humpelte ein wenig und glich dieser Putzfrau aufs Haar.

      Sie hatte den Garten des Hotels noch nicht ganz verlassen, als sie ein ihr sehr bekanntes »Plopp« hörte. Natürlich wußte sie sofort, was dieses Geräusch zu bedeuten hatte. Irgendwo im dunklen Park war ein schallgedämpfter Schuß abgefeuert worden.

      Kathy Porter verschwand sofort hinter einem Strauch, duckte sich und beobachtete die nahe Straße. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sie den Mann sah, der ihrer Ansicht nach geschossen haben mußte.

      Es handelte sich um einen etwa fünfundfünfzigjährigen Mann mit leichtem Bauchansatz, der harmlos aussah. Er trug einen Regenmantel und eine flache Mütze. Er spannte gerade einen Regenschirm auf, da es zu regnen begann. Der Unbekannte sah aus wie ein behäbiger Rentner.

      Kathy Porter wartete, bis er ihr Versteck passiert hatte. Dann erst, als er in der Dunkelheit kaum noch zu erkennen war, wechselte sie zur Straße hinüber und nahm die Verfolgung auf. Sie hütete sich, unsichtbar oder ungehört bleiben zu wollen und ging davon aus, daß dieser Mann ein erstklassiger Profi sei, den man nicht so leicht täuschen konnte. Er sollte sie sogar hören und sie in Augenschein nehmen. Kathy vertraute der Kunst ihrer Maske.

      Er war plötzlich nicht mehr zu sehen und nicht mehr zu hören. Irgendwo mußte er in der Dunkelheit lauern. Vielleicht war er mißtrauisch geworden. Kathy ging gelassen weiter, humpelte leicht und stellte sich den Kragen hoch. Dann stand er plötzlich vor ihr, bieder und unscheinbar wirkend.

      Kathy reagierte, wie sie gemäß ihrer Rolle reagieren mußte. Sie spielte eine Putzfrau, die ihre besten Jahre bereits hinter sich hatte und die das Leben kannte.

      »Mann«, fauchte sie ihn an, »haben Sie mich erschreckt. Konnten Sie nicht wenigstens husten?«

      Er musterte sie prüfend und zündete sich genau in diesem Moment eine Zigarre an. Er ließ die Flamme seines Benzinfeuerzeugs lange brennen, um ihr Gesicht ausgiebig zu studieren. Kathy brauchte nichts zu befürchten. Sie sah ein wenig gedunsen aus, was mit kleinen Einlagen aus Watte zu tun hatte, die sie seitlich in der Mundhöhle trug. Zudem thronte auf ihrer Nase eine häßlich aussehende Nickelbrille.

      »Hauen Sie ab, Mann«, redete Kathy barsch, weiter. »Sie müßten längst rausgefunden haben, daß es sich bei mir kaum noch lohnt.«

      Dann, ohne sich weiter um ihn zu kümmern, humpelte sie einfach davon und hatte ein scheußliches Gefühl in der Magengegend. Jeden Moment konnte es »ploppen« und ein schallgedämpfter Schuß abgefeuert werden.

      Sie hatte sich nämlich ihrerseits, das Gesicht des Behäbigen angesehen. Beherrschend darin waren die kalten, wachsamen Augen gewesen, Augen, wie sie nur einer aus der Killer-Branche hatte. Sie mußte sich zusammenreißen, als sie hinter sich das metallische Knacken eines Verschlusses hörte.

      Der angebliche Rentner wollte sie testen und servierte ihr ein Geräusch, auf das sie unbedingt reagierte, falls sie keine Putzfrau, sondern ebenfalls Profi war. Kathy schaffte es, sich nichts anmerken zu lassen, doch es kostete sie große Anstrengung und Selbstbeherrschung. Am liebsten hätte sie sich blitzschnell zur Seite weggerollt. Doch darauf hatte der angebliche Rentner sicher nur gewartet, um sie dann zu erwischen.

      Nun hatte er sich verraten.

      Kathy Porter ging humpelnd weiter, als habe sie überhaupt nichts gehört, und blieb die dickliche Putzfrau mit der billigen Nickelbrille auf der Nase.

      *

      Der Mörder aus dem Hinterhalt hatte Dan Mulligan tödlich getroffen. Josuah Parker hatte sich ohne Verzicht auf Würde, aber auch nicht zu langsam auf das Dach der Remise begeben und kniete neben dem Sterbenden.

      »Ich werde Ihren Mörder finden und zur Rechenschaft ziehen«, sagte er ruhig, aber auch eindringlich zu Dan Mulligan, der schnell und flach atmete. »Vielleicht können Sie mir mit einigen wertvollen Hinweisen dienen, Mr. Mulligan?«

      »Diese Schweine«, keuchte Mulligan und wollte sich aufrichten.

      »Bleiben Sie entspannt liegen«, bat der Butler, »denken Sie an die Hinweise, ohne die ich Ihren Mörder nicht finden werde.«

      »Ralph Barvas«, kam die schon sehr schwache Antwort, »Ralph Barvas, der Killer.«

      »Wo finde ich den Mann, Mr. Mulligan?«

      »Weiß nicht«, keuchte Mulligan, der sich sichtlich anstrengte, um noch einigermaßen deutlich zu reden. »Und dann noch Stewart Lynn, der Boß.«

      »Sollten Sie Lady Simpson ermorden?« wollte der Butler noch zusätzlich in Erfahrung bringen, doch Dan Mulligan konnte nicht mehr antworten. Er bäumte sich noch mal auf und war dann verschieden, wie der Butler es innerlich ausdrückte.

      Parker richtete sich auf und sorgte dafür, daß er im Schlagschatten der Hausfront blieb. Er wußte schließlich nicht, ob der Mörder noch auf der Lauer war.

      »Nun, was ist?« erkundigte sich Agatha Simpson, als Parker zu ihr ins Zimmer zurückgestiegen war.

      »Mr. Mulligan hat das gesegnet, Mylady, was man gemeinhin das Zeitliche nennt«, gab der Butler gemessen zurück. »Man sollte jetzt vielleicht die Polizei verständigen.«

      »Ist das wirklich nötig, Mr. Parker? Das gibt doch nur unnötige Scherereien.«

      »Es handelt sich schließlich um einen Mord, Mylady«, sagte der Butler. »Man sollte die Behörden nicht unnötig vergrämen.«

      »Haben wir etwas erfahren, was uns weiterbringt?«

      »Zwei Namen, Mylady, mit denen sich vorerst kaum etwas anfangen läßt.«

      »Die wir aber für uns behalten werden«, schärfte die Lady ihrem Butler ein. »Warum mag man diesen armen Teufel nur ermordet haben? Können Sie sich das erklären?«

      »Ich möchte mich zwar nicht festlegen, Mylady, doch ich vermute, daß mit seiner Ermordung Spuren verwischt werden sollten. Dan Mulligan sollte Ihnen und meiner bescheidenen Wenigkeit immerhin Auskünfte liefern. Das scheint der Mörder geahnt zu haben.«

      »Demnach stehen also auch wir auf der Liste des Mörders?«

      »Mit einiger Sicherheit, Mylady.«

      »Das klingt gut«, stellte die Detektivin fest, ohne im geringsten beeindruckt zu sein. »Der Mörder wird aus seiner Anonymität hervortreten müssen.«

      »Falls er es nicht vorzieht, aus dem Hinterhalt heraus zu schießen, Mylady, womit leider zu rechnen ist.«

      »Lassen Sie sich dagegen etwas einfallen«, entschied Agatha Simpson in gewohnter Vereinfachung und sah ihren Butler dabei streng an. »Ich hoffe, Sie lassen sich von diesem Strolch nicht einschüchtern.«

      »Ich werde mich bemühen, Myladys Vertrauen zu rechtfertigen«, versprach der Butler und ging ans Telefon, um die Polizei zu verständigen. Es dauerte eine Weile, bis die Gegenseite endlich begriffen hatte. Man versprach, einen Beamten vorbeizuschicken.

      »Sehr gut scheint das zuständige Revier für Montrose nicht besetzt zu sein«, freute sich die Sechzigjährige, als Parker von seinem Gespräch berichtete. »Sie werden einen völlig unfähigen Beamten schicken, der wahrscheinlich noch nie mit einem Mord zu tun hatte.«

      Nun, Lady Simpson lag noch nicht mal so schlecht mit ihrer Voraussage.

      Nach etwa fünfzehn Minuten hielt ein Polizeistreifenwagen vor dem Hotel, dem ein Zivilist entstieg, der bald darauf von Agatha Simpson und Josuah Parker empfangen wurde.

      »Detective Sergeant Nelson«, stellte er sich vor. Nelson war ein harmlos aussehender Mann, der an einen Rentner erinnerte. Störend an ihm war nur der Revolver, auf dessen Lauf ein moderner und leistungsfähiger Schalldämpfer saß, der zwischen Lady Simpson und Parker hin und her pendelte.

      »Muß ich Ihre Handlungsweise als einen feindlichen Akt interpretieren?«


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