Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik

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Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band - Hans  Dominik


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Die Familien wollten es so haben. Mein Vater war reich. Raoul entstammte einem alten Geschlecht und trug den Fürstentitel. Es paßte so schön zusammen, alter Adel und Reichtum. Im Grunde genommen, ein Handel, den beide Familien ausgeklügelt hatten. Ich wußte nichts davon. Raoul auch nicht. Wir hatten einander lieb, wie sich Kinder liebhaben. Wir wußten beide nichts vom Leben und von der Liebe.

      Raoul wurde Offizier und lernte das Leben kennen. Während mein Herz sich gleichgeblieben war, wurden seine Empfindungen leidenschaftlicher. Noch ein Jahr, und unsere Ehe sollte geschlossen werden … Da kam der Krieg gegen die Russen und die Deutschen. Die vierte Teilung Polens war ihr Ziel. Du weißt, daß nach einem kurzen heldenmütigen Verzweiflungskampf Polen der Übermacht erlag. Als Raoul auszog, waren alle Vorbereitungen für eine schnelle Eheschließung getroffen. Wir schickten uns an, zur Trauung zu gehen, als eine starke russische Kavalleriepatrouille in den Gutshof einbrach. Die Hochzeitsgesellschaft stob auseinander. Raoul schoß den feindlichen Führer vom Pferde und entfloh.

      Zur Strafe wurde unsere Besitzung verbrannt. Mein alter Vater mißhandelt, so daß er bald darauf starb. Meine Mutter floh nach Finnland, ihrer Heimat. Ich weigerte mich, ihr zu folgen, und ging als Krankenschwester zur Armee.

      Als eines Tages ein neuer Transport Verwundeter in unser Lazarett eingeliefert wurde, sah ich darunter Raoul, den ich schon tot geglaubt. Er hatte eine schwere Brustwunde. Raoul selbst wußte genau, wie es um ihn stand. Nur das Bewußtsein, mich um ihn zu wissen, hielt das schwache Lebensfünkchen noch in Glut.«

      Lady Diana Maitland fuhr fort: »Jetzt erkannte ich ganz, wieviel tiefer seine Liebe war als die meine. Ich hatte ihn geliebt, wie ich jeden zu lieben geglaubt hätte, den mir meine Eltern zur Heirat bestimmten.

      Aber ebenso, wie meine Gegenwart seine letzten Tage leicht machte, machte sie ihm das Scheiden schwer.

      Ich sah, wie er in Sehnsucht und Liebe sich nach mir verzehrte. Sein unaufhörliches Flehen drang in mich. Meine Liebe werde ihn retten; mein volles Liebesumfangen werde ihn gesunden lassen. Worte süßen Rausches drangen in mein Herz. Noch wehrte ich mich, da sah ich ihn erbleichen, als ob sein Blut zur Erde niederströme. Ich schrie auf, ich glaubte, ihn auf der Stelle sterben zu sehen. Er sah mich mit einem Blick an, in dem sich sein ganzes Empfinden widerspiegelte. Liebe, Enttäuschung, Jammer, Verzweiflung. Er griff nach seiner Brust, als wolle er den Verband abreißen. Da … da hatte ich keine Kraft mehr zum Widerstande …

      Ich saß Tag für Tag an seinem Lager, bis sein Leben verlosch. Ich sah ihn hinübergehen, scheiden ohne Schmerz, voll von Glück.

      In mir war alles versunken, alles verschwunden. Mir war's, als hätte ich alles nur im Traum erlebt. Nur das letzte Wort Raouls haftete in meinem Gedächtnis … ›Diana!‹ In diesem sterbenden Hauch von den bleichen Lippen hatte eine Unendlichkeit von Jubel, von Staunen und von Glück gelegen. In der Erinnerung blieb nur der Spielkamerad, der Jugendfreund.

      Die Jahre und die Ereignisse sind über mich hingegangen, ohne den Teil meiner Seele zu berühren, in dem alles verschlossen war. Nur einmal wurde die Tür dazu geöffnet, erbrochen … und die Erinnerung hieran blieb …«

      Ein leichter Schauer durchlief ihren Körper.

      »In dem Zusammenbruch unseres Vaterlandes hatten wir alles verloren. Ich wurde Gesellschafterin bei einer schwedischen Gräfin, die meiner Mutter befreundet war. Wir lebten den größten Teil des Jahres in Paris. Auf einer Gesellschaft lernte ich einen schwedischen Ingenieur kennen. Überlegen erschien mir seine Persönlichkeit gegenüber den anderen Männern, die ich kennengelernt hatte. Alle Vorzüge des Geistes und des Körpers schienen mir in ihm vereint … Wir liebten uns … Ich war glücklich, glücklich …«

      Ein leises, verlorenes Lächeln schwebte wie ein Hauch um ihre Lippen. Sie empfand eine ungewohnte Erleichterung. Diese Selbstdemütigung schien ihr Herz zu stärken, wie eine Handlung ungestümen Wagemuts. Sie lächelte … Dann verdüsterten sich ihre Züge wieder. Ihre Stimme, eben noch bewegt, wurde monoton.

      »Ein Lazarettarzt war unbemerkt Zeuge von Raouls letzter Stunde gewesen. Er tauchte eines Tages in Paris auf. Er erkennt mich wieder und belästigt mich mit seinen Zudringlichkeiten. Meinem Verlobten entgeht es nicht. Er stellte ihn zur Rede. Der Mensch weist ihn an mich. Ich erzählte alles, was vorgefallen. Mein Verlobter erschießt ihn im Duell … Und ich?! … Ich erhalte am nächsten Tag seinen Ring zurück … ohne ein Wort, eine Silbe.«

      Sie senkte den Kopf und schloß die Lider. Die Erinnerung an jene Vorgänge ließ sie jetzt noch zittern.

      »Ich fühlte mich bis auf den Tod gedemütigt. Ich begriff nicht, wie ich noch leben sollte … vernichtet, verachtet, mitleidlos beiseite geworfen.

      Hundertmal wünschte ich mir damals den Tod. An die Stelle der Liebe trat der Haß. Ich haßte so grausam, wie eine Frau nur hassen kann … Was dann kam, weißt du. Ich wurde Sängerin. Im Taumel des Lebens glaubte ich, Vergessenheit zu finden, um nur zu bald völliger Enttäuschung zu begegnen.

      Ich beschloß, nur noch meiner Kunst zu leben, und widmete ihr mein ganzes Sein …

      Und dann kamst du … du warst edel, warst gut zu mir. Du zeigtest mir deine Bewunderung, deine Achtung, dein Vertrauen. Du warst bereit, dein Schicksal, dein Leben mit dem meinen zu verbinden, deinen Namen einer Frau zu geben, deren Leben du kaum kanntest.«

      Mit starrem Gesicht hatte Lord Maitland gelauscht.

      Eine qualvolle Pause entstand.

      Lord Horace preßte die Zähne zusammen. Widerstreitende Empfindungen ergriffen ihn. Er empfand die rückhaltlose Aufrichtigkeit Dianas als etwas Wohltuendes. Doch ein anderer Instinkt kämpfte gegen dieses Gefühl in ihm an. Etwas seinem eigenen Wesen Feindseliges tauchte in ihm auf, wollte ihn dazu bringen, all seinen Mut zusammenzuraffen, seine Liebe und sein Mitleid zu bezwingen, seiner Gattin den Rücken zu kehren.

      Diana schien seine Gedanken zu erraten.

      »Horace! Horace!« schrie sie mit erstickter Stimme. Alles Blut wich aus ihrem Gesicht.

      Der Lord hörte die angsterfüllte Stimme. Er stürzte auf sie zu und schloß ihr den Mund mit zitternden Händen, erschüttert, entsetzt. Er schloß ihre Augen, die starr und weit geöffnet waren. Seine Wimpern wurden feucht.

      … Sie fühlte seine Bewegung, sie spürte auf ihren Augen die Finger, die sie berührten, wie nur Liebe und Mitleid zu berühren wissen.

      Ihre Arme streckten sich und schlangen sich um den Hals des Mannes.

      »Du liebst mich, du glaubst an mich?«

      Lord Horace ergriff ihre Hände.

      »Laß mir Zeit … seien wir mutig … du hast die Gespenster der Vergangenheit geweckt. Es wird Zeit brauchen, sie wieder zur Ruhe zu bringen …«

      »Du fragst nicht nach dem Namen, Horace?«

      »Wozu den Namen? Laß ihn begraben sein, Diana.«

      »Ich muß ihn dir nennen, daß du alles verstehst … er ist … Erik Truwor.«

      »Lord Maitland wünschen Eure Herrlichkeit zu sprechen.«

      Der Diener meldete es, und gleich danach trat Lord Horace in das Kabinett des englischen Premierministers. Die Stimmung war ernst. Vor zwei Stunden war die offizielle Nachricht von dem Gefecht vor Sydney in London eingetroffen. Noch hielt die englische Regierung sie zurück. Doch schon liefen unkontrollierbare Gerüchte durch die Straßen der englischen Metropole. Erzählungen von einer unerhörten Schmach, die der Flagge Englands durch amerikanische Streitkräfte zugefügt sein sollte.

      Trotz aller Gesetze und Postregale gab es Dutzende geheimer Empfangsstationen für die Funkenmeldungen der ganzen Welt in London. Stationen, die auf einem Schreibtisch bequem Platz hatten und Funkennachrichten aus Australien und Südafrika ebenso sicher auffingen wie aus Schottland oder Frankreich.

      Die Londoner Börse wurde zuerst von den Gerüchten getroffen. Sie war in einer trostlosen Baissestimmung. Das Publikum in den Straßen glich einem aufgeregten Bienenschwarm, und Lord Gashford, der leitende Staatsmann des britischen Weltreiches, fühlte


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