Gesammelte Werke. George Sand

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Gesammelte Werke - George Sand


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Weg ge­fun­den, um al­les zu ver­ei­ni­gen, näm­lich ihr zu sa­gen, dass Zus­ti­nia­ni’s ver­lieb­te Plä­ne ihre Ehre be­droh­ten und sie so vom Thea­ter zu ent­fer­nen. In die­sem Vor­ha­ben lag eine Hul­di­gung, die er der Keusch­heit und dem Stol­ze Con­sue­lo’s dar­brach­te. Er wuss­te, dass sie nicht fä­hig war, in ei­ner zwei­deu­ti­gen Stel­lung zu un­ter­han­deln und, eine Pro­tec­ti­on an­zu­neh­men, die sie hät­te er­rö­ten ma­chen. Er heg­te noch in sei­ner straf­ba­ren und ver­derb­ten See­le einen un­er­schüt­ter­li­chen Glau­ben an die Un­schuld die­ses jun­gen Mäd­chens, das er so keusch, so treu, so hin­ge­ge­ben wie­der­zu­fin­den hoff­te, wie er es ei­ni­ge Tage zu­vor ver­las­sen hat­te.

      Wie aber die­se hei­li­ge Scheu vor ihr ver­ei­ni­gen mit sei­nem Pla­ne, sie zu täu­schen und ihr Bräu­ti­gam, ihr Freund zu blei­ben, ohne mit der Co­ril­la zu bre­chen? Er woll­te die letz­te­re wie­der auf die Büh­ne zie­hen, um mit ihr auf­zu­tre­ten und konn­te nicht dar­an den­ken, sich von ihr zu tren­nen in ei­nem Au­gen­blick, da sein Er­folg ganz von ihr ab­hän­gen zu sol­len schi­en.

      Er hat­te die­sen fre­chen, nichts­wür­di­gen Plan in­zwi­schen durch­ge­dacht und er be­han­del­te Con­sue­lo dar­in wie ge­wis­se Ita­li­e­ne­rin­nen ihre Ma­don­nen, vor de­nen sie in der Stun­de der Reue be­ten und de­nen sie in der Stun­de der Sün­de ein Tuch vors Ge­sicht hän­gen.

      Als er sie so glän­zend und dem An­schei­ne nach so über­mü­tig in ih­rer Buf­fa­rol­le auf dem Thea­ter sah, fürch­te­te er schon, zu viel Zeit mit dem Aus­rei­fen sei­nes Pla­nes ver­lo­ren zu ha­ben. Als er sie wie­der in die Gon­del des Gra­fen tre­ten und nach­her mit ei­nem con­vul­si­vi­schen Ge­läch­ter heim­kom­men sah, und die Pein die­ser ver­stör­ten See­le nicht be­griff, glaub­te er, dass es nun zu spät sei und Är­ger und Ver­druss be­mäch­tig­ten sich sei­ner.

      Aber als er sie von sei­nen Be­schimp­fun­gen sich auf­raf­fen, als er sich ver­ächt­lich hin­aus­ge­sto­ßen sah, kehr­te die Hochach­tung zu­gleich mit der Furcht in ihn zu­rück und er irr­te lan­ge auf der Trep­pe und auf der Riva um­her und war­te­te, ob sie ihn nicht zu­rück­ru­fen wür­de. Er wag­te sich selbst bis an ihr Zim­mer und poch­te an und fleh­te durch die Tür um Ver­zei­hung. Aber eine To­ten­stil­le herrsch­te in die­sem Zim­mer, des­sen Schwel­le er nie wie­der mit Con­sue­lo über­schrei­ten soll­te. Er zog sich be­schämt und voll Ver­druss zu­rück und nahm sich vor, am an­de­ren Tage wie­der zu kom­men, wo er dann glück­li­cher zu sein hoff­te.

      – Bei dem al­len, sag­te er zu sich, wird mein Plan ge­lin­gen; sie weiß, dass der Graf sie liebt; das Ge­schäft ist also zur Hälf­te ge­tan.

      Über­mü­det wie er war, schlief er in den Tag hin­ein, und erst Nach­mit­tags be­gab er sich zur Co­ril­la.

      – Eine große Neu­ig­keit! rief ihm die­se ent­ge­gen und streck­te die Arme nach ihm aus; die Con­sue­lo ist fort.

      – Fort? Und mit wem? All­mäch­ti­ger Gott! Und wo­hin?

      – Nach Wien, um dort den Por­po­ra zu er­war­ten. Sie hat uns alle an­ge­führt, die klei­ne Lar­ve. Sie war für das kai­ser­li­che Thea­ter en­ga­giert, wo Por­po­ras neue Oper ge­ge­ben wer­den soll.

      – Fort! fort, ohne mir ein Wort zu sa­gen! rief An­zo­le­to und stürz­te zur Tür.

      – Ha, Fu­rie! schrie An­zo­le­to, du siegst! aber du raubst mir mein Le­ben.

      Und er fiel ohn­mäch­tig auf den ge­wirk­ten Tep­pich der Cour­ti­sa­ne hin.

      4.

      Am meis­ten in Ver­le­gen­heit we­gen der Rol­le, wel­che er zu spie­len hät­te, war in Fol­ge von Con­sue­lo’s Flucht Graf Zus­ti­nia­ni. Hat­te er doch aus­ge­sprengt und ganz Ve­ne­dig glau­ben ge­macht, dass die wun­der­vol­le De­bü­tan­tin sei­ne Maitres­se wäre: wel­che Aus­le­gung nun, die sei­ner Ei­gen­lie­be schmei­cheln konn­te, soll­te er dem Um­stand ge­ben, dass sie bei dem ers­ten Ver­su­che ei­ner Er­klä­rung von sei­ner Sei­te sich schnell und ge­heim­nis­voll sei­nen Wün­schen und Hoff­nun­gen ent­zo­gen hat­te? Man­che bil­de­ten sich ein, er hal­te sie, ein ei­fer­süch­ti­ger Wäch­ter sei­nes Schat­zes, auf ei­nem sei­ner Land­sit­ze ver­bor­gen.

      Als man aber von Por­po­ra, des­sen schrof­fe Scho­nungs­lo­sig­keit sich nie ver­leug­ne­te, er­fuhr, dass sei­ne Schü­le­rin sich be­wo­gen ge­fun­den habe, nach Deutsch­land zu rei­sen, wo sie ihn selbst er­war­ten wür­de, brauch­te nie­mand mehr die Be­weg­grün­de die­ses selt­sa­men Ent­schlus­ses weit zu su­chen. Der Graf such­te sich zwar zu ver­stel­len und kei­ner­lei Ver­druss oder Über­ra­schung zu zei­gen, al­lein sein Miss­mut ver­riet sich wi­der sei­nen Wil­len, und man hör­te auf, ihm den Sieg bei­zu­mes­sen, we­gen des­sen man ihn glück­lich ge­prie­sen hat­te. Der grö­ße­re Teil des Wah­ren an der Sa­che wur­de al­ler Welt klar, näm­lich An­zo­le­to’s Un­treue und Co­ril­la’s Ne­ben­buh­ler­schaft und die Verzweif­lung der ar­men Spa­nie­rin, wel­che man leb­haft zu be­kla­gen und schmerz­lich zu ver­mis­sen an­fing.

      An­zo­le­to war in der ers­ten Auf­re­gung zu Por­po­ra ge­lau­fen, aber die­ser hat­te ihn stren­ge ab­ge­wie­sen:

      – Fra­ge mich nicht, ehr­gei­zi­ger, herz­lo­ser, un­ge­treu­er Jüng­ling, hat­te ihm der Meis­ter zür­nend geant­wor­tet, du bist nie der Zu­nei­gung die­ses ed­len Mäd­chens wert ge­we­sen und nie sollst du von mir er­fah­ren, was aus ihr ge­wor­den ist. Ich wer­de al­les tun, was in mei­nen Kräf­ten steht, um dir die lei­ses­te Spur von ihr zu ver­ber­gen, und soll­test du einst durch Zu­fall wie­der mit ihr zu­sam­men­tref­fen, dann, hof­fe ich, wird dein Bild, so wie ich es wün­sche und dar­an ar­bei­te, aus ih­rem Her­zen und aus ih­rer Erin­ne­rung hin­weg­ge­löscht sein.

      Von Por­po­ra war An­zo­le­to nach der Cor­te-Mi­nel­li ge­eilt. Er hat­te Con­sue­lo’s Zim­mer schon von ei­nem neu­en Mie­ter in Be­sitz ge­nom­men und ganz mit des­sen Ar­beits­ge­rät voll­ge­pfropft ge­fun­den. Es war ein Glas­per­len­fa­bri­kant., der seit län­ge­rer Zeit im Hau­se wohn­te und der sei­ne Werk­statt mit großer Freu­de in die­ses Zim­mer ver­legt hat­te.

      – Aha, du bist’s, mein Jun­ge! rief er dem jun­gen Te­no­re zu; du willst mich wohl in mei­nem neu­en Lo­ge­ment be­su­chen? Ich habe da nun ein herr­li­ches Ar­beits­ka­bi­net und mei­ne Frau ist ganz ver­gnügt, dass sie un­ten


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