Butler Parker Jubiläumsbox 6 – Kriminalroman. Günter Dönges

Читать онлайн книгу.

Butler Parker Jubiläumsbox 6 – Kriminalroman - Günter Dönges


Скачать книгу
mußte der Butler die Bremse treten. Die Straße vor ihnen war gesperrt. Rot-weiß gestrichene Warnbalken beendeten die Fahrt. Ein paar ausgemergelte Straßenarbeiter rammten ihre Spitzhacken in den Asphalt. Ein Richtungsanzeiger deutete die Umleitung an.

      Es wurde dämmrig. Die Sonne sank mit atemberaubender Geschwindigkeit, wie es in den Tropen üblich ist. Mike Rander schaute ungeduldig auf seine Uhr.

      »Wenn Sie erlauben, werde ich mich bemühen, den wahrscheinlich entstehenden Zeitverlust aufzuholen«, bemerkte Parker.

      »Lieber nicht«, schreckte Rander zusammen. »Bleiben Sie bei dem bisherigen Tempo. Es bekommt mir ausgezeichnet.«

      Josuah Parker ließ den schweren, weich gefederten amerikanischen Wagen wieder anrollen, steuerte ihn von der Straße und fuhr ihn in den Seitenweg. Hier gab es nur losen Schotter. Ob er wollte oder nicht, Parker mußte das Tempo noch mehr drosseln.

      Hinter dem Wagen erhob sich eine wüste Staubfahne, die alles einnebelte. Die Straße wurde derart eng, daß ein entgegenkommender Wagen nicht hätte vorbeifahren können.

      Parker trat überraschend die Bremse.

      »Was ist los?« fragte Mike Rander.

      »Ich habe was entdeckt, Sir, was Sie als ein Haar in der Suppe bezeichnen würden«, erwiderte der Butler. »Ich mußte gerade an die Rikschah-Kulis denken, die wir vor wenigen Minuten passierten.«

      »Na und?«

      »Die Kulis schwitzen zwar, doch waren sie nicht mit Staub bedeckt, Sir.«

      »Ich weiß, daß Sie gern in Rätseln reden«, spottete der Anwalt. »Wo ist das Haar, wo ist die Suppe?«

      »Wenn die Kulis diese Umleitung benutzt hätten, müßten sie grau vor Staub gewesen sein, Sir. Mit anderen Worten, wie ich bescheiden vermerken darf, ist die Straßensperre erst wenige Minuten vor unserem Erscheinen errichtet worden!«

      »Verflixt, Sie haben recht, Parker. Eine Falle?«

      »Ich bin nicht sicher, Sir, doch ich möchte Ihr Leben nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen.«

      »Also raus und zurück, Parker. Gehen wir der Sache auf den Grund!«

      Parker war einverstanden.

      Die beiden Männer stiegen aus, vergewisserten sich, daß sie ihre Waffen bei sich hatten und gingen dann vorsichtig zurück zur Abbiegung. Der aufgewirbelte Staub hatte sich noch nicht gelegt. Parker und Mike Rander konnten ihn vorzüglich als Deckung benutzen.

      Plötzlich blieb der Butler stehen.

      Im Gegensatz zu Mike Rander schien er etwas gesehen und gehört zu haben.

      »Gestatten Sie«, sagte er. Dann warf er seinen jungen Herrn ruckartig hinter einen niedrigen Felsklotz. Er selbst folgte mit Schwung, erstaunlicherweise aber dennoch mit Würde. Bevor Mike Rander Fragen stellen konnte, sah er einige Gestalten, die durch den Staubnebel liefen.

      Es handelte sich um schätzungsweise sechs Kulis, die schweigend dem Wagen nachliefen. Sie verhielten sich vollkommen schweigend, eine Tatsache, die die Unheimlichkeit und tödliche Drohung, die von ihnen ausging, nur noch unterstrich.

      »Und jetzt?« flüsterte Mike Rander.

      »Ich möchte vorschlagen, Sir, die augenblickliche Stellung zu räumen und sich nach einem taktisch günstigeren Punkt umzusehen.«

      Im Verlauf der langjährigen Zusammenarbeit hatte Mike Rander es sich abgewöhnt, sich über seinen Butler zu wundern. Die jeweilige Situation mochte noch so heikel und gefährlich sein, Parker hielt an seiner barocken Ausdrucksweise fest. Er ließ sich eigentlich niemals aus seiner Bombenruhe bringen.

      Mike Rander folgte seinem Butler.

      Josuah Parker übernahm die Führung. Er lotste seinen jungen Herrn vorsichtig zurück auf die Straße. Im nahen Busch- und Strauchwerk konnten sie gut untertauchen. Von ihrem Platz aus erkannten sie auch die Baustelle.

      Sie war, um es kurz zu sagen, nicht mehr vorhanden. Sie schien sich in der Luft aufgelöst zu haben. Die weiß-rot gestrichenen Sperren waren weggeräumt worden. Der Asphalt wies kaum Beschädigungen auf. Parkers Instinkt hatte sich als richtig erwiesen. Man hatte ihnen eine raffinierte Falle gebaut.

      »Ich wette, daß wir es mit den Gelben Drachen zu tun haben«, flüsterte Mike Rander. »Wollen wir warten, bis die Kerle zurückkommen?«

      »Ich schlage vor, Sir, ihnen einen kleinen Denkzettel zu verpassen, um es sehr volkstümlich auszudrücken.«

      »Schön, lassen Sie sich etwas einfallen, Parker. Darin sind Sie mir über.«

      »Wenn Sie sich einen Moment gedulden wollen, Sir.«

      Ohne Mike Randers Antwort und Erlaubnis abzuwarten, verschwand Parker zwischen den Büschen. Mike Rander, der sich bequemer zurechtlegen wollte, schreckte plötzlich zusammen. Er hörte Schüsse, das unangenehme Rattern einiger Maschinenpistolen und anschließend eine peitschende Detonation.

      Die Straßenkulis befaßten sich mit dem amerikanischen Wagen. Ob sie bereits wußten, daß die beiden Insassen ihn verlassen hatten? Rander schaute auf seinen 38er hinunter. Der kühle Stahl in der Hand beruhigte ihn. Er kam sich wenigstens nicht wehrlos vor.

      »Sir, wenn ich bitten darf …!«

      Parker schob sich heran. Er winkte diskret. Mike Rander schnellte hoch, folgte seinem Butler, der es recht eilig hatte. Nach wenigen Minuten verließen die beiden Männer das schützende Gesträuch. Parker wies auf einen kleinen Lastwagen mit geschlossenem Aufbau, der am Straßenrand stand.

      »Wenn mich nicht alles täuscht, Sir, muß es sich um den Wagen der Straßenarbeiter handeln«, sagte er. »Darf ich Sie zur Weiterfahrt einladen?«

      »Ist der Wagen unbewacht?«

      »Jetzt ja, Sir.«

      »Und vorher?«

      »Ich mußte zwei Chinesen überreden, mir den Wagen abzutreten, Sir. Sie beugten sich meinen Argumenten.«

      »Da müssen Sie aber ganz hübsch zugelangt haben«, antwortete Rander ironisch. »Wir sollten uns wenigstens einen Mann mitnehmen. Vielleicht plaudert er einige Details aus.«

      »Ich erlaubte mir, daran schon zu denken«, gab Josuah Parker zurück. »Er befindet sich, gefesselt und geknebelt, auf der Ladefläche.«

      Rander und Parker nahmen im Fahrerhaus Platz. Bevor sie anfahren konnten, peitschten erneut Schüsse auf. Einige Geschosse schlugen in den kastenförmigen Aufbau. Die Chinesen kehrten zurück. Sie wollten den Diebstahl ihres Wagens verhindern.

      Nun, sie wußten schließlich nicht, was Parker als Fahrer zu leisten vermochte. Der Butler legte einen Schnellstart auf den Asphalt, daß die Pneus rauchten. Blitzschnell schaltete er hoch. In wahnwitziger Fahrt preschte der an sich müde Lieferwagen auf die erste Spitzkehre zu.

      Mike Rander schloß hastig die Augen, stemmte sich mit den Beinen ab und hielt sich mit beiden Händen am Fenstereinschnitt fest.

      Die überbeanspruchten Reifen sangen und pfiffen. Parker brachte den Wagen glücklich um die Kehre und gab wieder Vollgas. Er wäre in diesem Augenblick nicht mehr zu stoppen gewesen.

      *

      Wie ein riesiges Schwalbennest klebte der große Bungalow an den schroffen Felsen, die steil ins Meer fielen. Eine lange Treppe führte hinunter zu einem kleinen Bootshaus. Am Landungssteg schaukelte eine Motoryacht im Wasser.

      In diesem Haus also wohnte Jane Morefield. Sie hätte sich keinen schöneren Platz aussuchen können. Der Blick auf das tiefgrüne Meer war bezaubernd. Jetzt, als die Sonne in der See versank, verwandelte sich die Wasseroberfläche in flüssiges Silber.

      Josuah Parker genoß diesen Anblick. Mike Rander hingegen war wesentlich kühler.

      »Worauf warten wir noch?« fragte er seinen Butler. »Ich brenne darauf, Miss Morefield kennenzulernen.«

      »Darf


Скачать книгу