Butler Parker Box 2 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker Box 2 – Kriminalroman - Günter Dönges


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      Sie waren verschwunden!

      Sie mußten genau in dem Moment abgeholt worden sein, als die junge, tizianrote Dame ihn angesprochen hatte.

      Handelte es sich um ein abgekartetes Spiel?

      Shradon wußte es nicht genau, doch er kam sich sehr blamiert vor. Er hatte solch eine Wut, daß er mit dem Gedanken spielte, sich an die Polizei zu wenden …

      *

      William McLee saß zusammen mit seinen Freunden in einer kleinen Strandbar in der Nähe des Jachthafens. Er war vor einer Stunde von einer Ausfahrt zurückgekommen. Sie hatten draußen auf See sehr viel Spaß gehabt. McLee war ein großzügiger Gastgeber, der sich Extravaganzen leisten konnte.

      Er sah aus wie ein Playboy, war braungebrannt, sportlich und schien von ehrlicher, harter Arbeit nichts zu halten. Das Gegenteil aber war der Fall. William McLee, erst achtundzwanzig Jahre alt, war der Juniorchef eines großen Chemieunternehmens im Mittelwesten. Er war es nicht nur dem Namen nach. Er leitete praktisch den ganzen Betrieb und hatte sich in der Vergangenheit durch geschickte Vertragsabschlüsse ausgezeichnet. Wenn er allerdings Urlaub machte, wollte er ihn auch vollkommen genießen. Dazu gehörte eine Motorjacht, die ständig in Miami-Beach lag.

      Als er ans Telefon gerufen wurde, winkte er seinen Freunden zu, ging ohne große Eile in die Telefonzelle und zündete sich gelassen eine Zigarette an.

      »McLee. Mit wem spreche ich?«

      »Hier ist Canters, Sir.« Die Stimme seines Bootswartes klang aufgeregt.

      »Was liegt an?« Kurz und knapp kam McLees Frage.

      »Ihre Jacht, Sir …, ich meine … Die Jacht …!«

      »Was ist mit meiner Jacht?«

      »Sie ist … ist … in die Luft geflogen.«

      »Wie war das …?« McLee schnappte nach Luft.

      »Das Heck ist wegexplodiert, Sir. Eben erst … Ich kann von Glück sagen, daß mir nichts passiert ist. Das Boot ist daraufhin abgesoffen.«

      »Warten Sie, ich komme sofort! Haben Sie die Polizei schon verständigt?«

      »Klar, die ist bereits im Anrollen, Sir …!«

      »In zehn Minuten bin ich bei Ihnen, Canters.«

      William McLee legte im Gegensatz zu Mr. Herbert L. Shradon den Hörer fast vorsichtig zurück in die Gabel. Nachdenklich rieb er sich das glattrasierte Kinn. Er wußte plötzlich, warum das Heck seiner Motorjacht in die Luft geflogen war.

      *

      Er hatte nämlich vergessen, zweihundert Dollar in bar für die ›Strandhaie‹ zu reservieren …

      Helen Lockhart war eine attraktive, junge Frau von zweiunddreißig Jahren. Groß, schlank und dunkelblond, war sie der Prototyp eines amerikanischen Karrieregirls. Helen galt in Fachkreisen als ungemein tüchtig. Sie konnte sehr hart sein, wenn es sein mußte. Helen Lockhart war die Vertreterin eines New Yorker Betriebes, der sich auf Damenoberbekleidung spezialisiert hatte. Diese Firma stellte in erster Linie Badeanzüge und Strandmoden her. Miami-Beach war für Helen einer der besten Plätze. Hier tätigte sie Umsätze, die sie zu einer unabhängigen, wohlhabenden Frau hatten werden lassen.

      Sie wohnte im ›Strand‹, einem mittelgroßen Haus. Ihr Caravan stand in der hoteleigenen Tiefgarage. In diesem Wagen befanden sich die Verkaufsmuster, wohlverpackt in geschmackvollen Schrankkoffern. Helen hatte zwei sehr gute Verkaufstage hinter sich, als sie einen Brief der ›Strandhaie‹ erhielt.

      Sie wußte sofort, daß sie niemals zahlen würde. Und sie hatte sich mit der Polizei in Verbindung gesetzt. Dort hatte sie den bewußten Brief abgeliefert und um polizeilichen Schutz gebeten.

      Zu der Stunde, als Josuah Parker Quartier für einen gewissen Mr. Ben Zalakoff machte, wurde auch sie angerufen. Sie meldete sich mit kühler, beherrschter Stimme.

      »Wir schrieben Ihnen einen Brief«, sagte eine höflich klingende Stimme. »Leider haben Sie bisher versäumt, die kleine Schutzgebühr von einhundert Dollar auf den Sitz Ihres Wagens zu legen, Miss Lockhart.«

      »Ich habe es nicht vergessen.« Helen Lockhart kam nicht einen Moment aus der Fassung. »Ich habe das Geld absichtlich nicht gezahlt. Damit Sie es genau wissen, ich lasse mich nicht einschüchtern! Holen Sie sich Ihr Geld, wo immer Sie wollen, nur nicht bei mir!«

      »Ob Ihr Verhalten sehr klug ist?«

      »Das wird sich erweisen.«

      »Ob es auch klug war, sich an die Polizei zu wenden?«

      »Sie sind gut informiert.« Helens Stimme klang ironisch.

      »Wir werden leider ein Exempel statuieren müssen«, entgegnete die freundliche Stimme. »Es tut mir besonders leid, da Sie eine sehr schöne Frau sind.«

      »Vielen Dank für die Blumen«, meint Helen mokant. »War sonst noch etwas, Mr. Unbekannt?«

      »Im Augenblick nicht, Miss Lockhart. Schade um Ihre Musterkoffer, schade, wirklich, sehr schade …!«

      Bevor Helen Lockhart antworten konnte, klickte es in der Leitung. Die junge Frau legte den Hörer zurück. Jetzt, nachdem sie diese Stimme gehört hatte, kamen ihr doch einige Bedenken. Sie schalt sich nachträglich eine Närrin, die einhundert Dollar nicht gezahlt zu haben. Sie konnte dieses Geld doch sehr gut verschmerzen.

      Unruhig geworden, verließ sie das Apartment und fuhr mit dem Lift hinunter in die Tiefgarage. Während der Fahrt fiel ihr ein, daß sie vergessen hatte, die Polizei zu benachrichtigen. Aber dazu war es jetzt zu spät.

      In der Tiefgarage angekommen, schritt sie energisch und ohne jedes Angstgefühl auf die Garagenbox zu, in der ihr Caravan stand. Ein kleiner, untersetzter Garagenwart kam ihr entgegen. Seine Beine waren unwahrscheinlich gebogen und krumm. Sie bildeten fast ein O.

      »Ich glaube, an Ihrem Wagen stimmt was nicht«, sagte der Wart hastig. »Er raucht …«

      »Kommen Sie!« Helen kümmerte sich nicht weiter um den Krummbeinigen. Sie verzichtete auf alle Selbstbeherrschung und lief auf ihren Caravan zu. Sie sah gelb-weiße Rauchschwaden, die aus den geöffneten Seitenfenstern quollen. Hastig riß Helen die hintere Tür des Wagens auf.

      Sie schluchzte vor Empörung.

      Die Schrankkoffer mit den Verkaufsmustern waren geöffnet. Die Verkaufsmuster: einteilige Badeanzüge, Bermuda-Shorts, Freizeithemden und Strandhosen, lösten sich in ihre Bestandteile auf. Eine starke Säure zerfraß die Latexstoffe. In einigen Koffern hatte sich bereits ein trüber Brei gebildet, der sich nun daran machte, auch die Kofferwände anzunagen.

      Helen drängte die Tränen zurück.

      Sie drehte sich nach dem Garagenwart um und rief nach ihm. Doch der Mann mit den unwahrscheinlich krummen Beinen war verschwunden. Erst jetzt fiel Helen Lockhart auf, daß sie diesen Mann hier unten in der Tiefgarage noch nie gesehen hatte. Nun wunderte sie sich nicht mehr darüber, daß dieser Mann sie und ihren Wagen gekannt hatte. Der Krummbeinige mußte die Säure in die Schrankkoffer geschüttet haben.

      Helen wich vor den Schwaden zurück.

      Warum habe ich die hundert Dollar nicht gezahlt, fragte sie sich jetzt. Ich mußte natürlich wieder grundsätzlich werden. Das hier ist die Quittung dafür …

      *

      »Hoffentlich haben Sie nicht übertrieben, Parker.«

      Mike Rander, der junge, sympathische Strafverteidiger aus Chikago, schüttelte lächelnd den Kopf. »Als ich unten in der Hotelhalle war, trat schlagartig Stille ein. Man hat mich angestaunt wie ein Weltwunder.«

      »Das ist verständlich, Sir, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf. Sie sind Mr. Ben Zalakoff, der Ölkönig aus dem Mittleren Osten.«

      »Die Hotelrechnungen werden dementsprechend ausfallen, Parker.«

      »Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, Sir, daß diese Rechnungen


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