Aus dem Wörterbuch des Teufels. Амброз Бирс

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Aus dem Wörterbuch des Teufels - Амброз Бирс


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Liebe durch einen beinahe geschlechtslosen Säugling zu symbolisieren, und der Vergleich der Schmerzen der Leidenschaft mit der Wunde, die durch einen Pfeil zugefügt wird – diesen pummeligen Homunkulus in die Kunst einzuführen, um damit den subtilen Geist und die feinen Andeutungen des Werkes auf grobe Weise zu verkörpern –, ist jenes Zeitalters durchaus wert, das diese Monstrosität gebar und an der Schwelle zur Nachwelt ablegte.

      D

      Datarie, apostolische, die: Ein hohes Amt in der römisch-katholischen Kirche, dessen Sinn und Zweck darin besteht, die päpstlichen Bullen mit den Worten Datum Romae zu versehen. Dieses Amt geht mit einem königlichen Einkommen einher und sichert die Freundschaft Gottes.

      Degeneriert, Adj.: Weniger offenkundig bewunderungswürdig als die eigenen Vorfahren. Die Zeitgenossen Homers waren schlagende Beispiele für Degeneration; es waren ganze zehn von ihnen nötig, um einen Felsen oder Menschen zu einem Aufruhr zu bewegen, was einem einzigen Helden aus dem trojanischen Krieg mit Leichtigkeit möglich gewesen wäre. Homer wird nicht müde, die „Männer, die in diesen Tagen der Degeneration leben“, zu verhöhnen, was vielleicht daran liegt, dass sie es ihm zugestanden, um sein Brot zu betteln – übrigens ein deutliches Beispiel für die Vergeltung von Gutem mit Bösem, denn wenn sie es ihm verboten hätten, wäre er gewiss verhungert.

      Deinotherium, das: Ein ausgestorbener Dickhäuter, der zu der Zeit lebte, als das Pterodactyl in Mode war. Das Letztere war ein Einwohner Irlands; sein Name wird ausgesprochen wie Terry Dactyl oder Peter O’Dactyl, je nachdem, ob derjenige, der es ausspricht, den Namen gehört oder im Druck gesehen hat.

      Déjeuner, das: Das Frühstück eines Amerikaners in Paris. Wird auf verschiedene Weise ausgesprochen.

      Dekalog, der: Eine Reihe von Geboten, zehn an der Zahl – gerade genug, um daraus eine kluge Auswahl treffen zu können, die man befolgen will, aber nicht genug, um aus der Wahl eine Qual zu machen. Hier folgt eine überarbeitete Ausgabe des Dekalogs, die auf unsere Breitengrade zugeschnitten ist:

      Bete keinen Gott an außer mir,

      Zu teuer wären drei oder gar vier.

      Mach’ dir keine Bilder und Idole,

      Damit sie nicht der nächste Eif’rer hole.

      Führ’ den Namen Gottes unbedingt

      Nur dann im Munde, wenn er dir was bringt.

      Schaff’ am Sonntag nicht zu viel,

      Sondern geh zum Fußballspiel.

      Acht’ und ehre deine Eltern. Denn solche Taten

      Senken die Lebensversicherungsraten.

      Töte nicht und hilf auch and’ren nicht beim Töten;

      Den Metzger zu bezahlen ist daher nicht vonnöten.

      Küsse deines Nachbarn Frau nur dann getrost,

      Wenn die Deine ihn bereits liebkost.

      Stehle nicht. Es wird nie genügen

      Im Geschäftsverkehr. Besser ist Betrügen.

      Leg’ kein falsches Zeugnis ab – man wäre nur empört –

      Sondern sage: „Ich habe dies und das Gerücht gehört.“

      Begehre nichts, was du schon besitzt,

      Egal ob du’s ergaunert oder nur stibitzt.

      G. J.

      Delegation, die: In der amerikanischen Politik eine Handelsware, die in Gruppen daherkommt.

      Demut, die: Angemessene und übliche Geisteshaltung in der Gegenwart von Reichtum und Macht. Besonders angebracht bei einem Angestellten, der das Wort an seinen Arbeitgeber richtet.

      Diagnose, die: Die ärztliche Vorhersage einer Krankheit durch den Puls und die Brieftasche des Patienten.

      Dichtkunst, die: Eine Ausdrucksform, die dem Land hinter den Illustrierten eigentümlich ist.

      Diktator, der: Der Häuptling einer Nation, welche die Pest des Despotismus der Cholera der Anarchie vorzieht.

      Diplomatie, die: Die patriotische Kunst, für das eigene Land zu lügen.

      Diskriminieren, V.: Die Einzelheiten herausarbeiten, die eine Person noch widerwärtiger machen als eine andere – wenn das überhaupt möglich ist.

      Diskussion, die: Eine Methode, die anderen in ihren Irrtümern zu bestärken.

      Dolmetscher, der: Jemand, der es zwei Personen verschiedener Sprache ermöglicht, einander zu verstehen, indem er jedem gegenüber das wiederholt, was der andere zum Vorteil des Dolmetschers hätte sagen können.

      Dozent, der: Jemand, der die Hand in deiner Tasche, die Zunge in deinem Ohr und den Glauben an deine Geduld hat.

      Dragoner, der: Ein Soldat, der Schwung und Zuverlässigkeit in so ausgewogenem Maße besitzt, dass er zu Fuß vorprescht und sich zu Pferd zurückzieht.

      Dramatiker, der: Jemand, der Stücke aus dem Französischen übernimmt.

      Draußen, das: Im Freien. Jener Teil der eigenen Umgebung, den die Regierung bisher leider nicht mit Steuern belegen konnte. Besonders nützlich zur Inspiration von Dichtern.

      Drucktype, die: Schädliche und gefährliche kleine Metallstücke, die im Verdacht stehen, Zivilisation und Aufklärung zu zerstören, trotz ihrer offensichtlichen Mitwirkung an diesem unvergleichlichen Lexikon.

      Druiden, die: Priester und Diener einer uralten keltischen Religion, die es nicht verschmähte, sich der demütigen Verlockung zu ergeben, die von Menschenopfern ausgeht. Über die Druiden und ihren Glauben ist nur sehr wenig bekannt. Plinius sagt, ihre Religion, deren Ursprung in Britannien liege, habe sich ostwärts bis nach Persien verbreitet. Caesar behauptet, dass all jene, welche ihre Mysterien zu studieren wünschten, nach Britannien gingen. Caesar ging selbst nach Britannien, aber er scheint in der druidischen Kirche nicht sehr hoch aufgestiegen zu sein, obwohl er ein beträchtliches Talent zur Opferung von Menschen besaß.

      Die Druiden vollführten ihre religiösen Riten in Hainen und kannten weder Kirchenabgaben noch einen Mietzins für die zeitliche Überlassung von Kirchenbänken. Kurz gesagt waren sie also Heiden und – so ordnete sie einmal ein vornehmer Prälat der Kirche von England herablassend ein – Abweichler.

      Duell, das: Eine formelle Zeremonie, die der Aussöhnung zweier Feinde vorausgeht. Zu ihrer zufriedenstellenden Ausführung ist große Kunstfertigkeit notwendig; wenn sie ungeschickt verrichtet wird, ergeben sich bisweilen höchst unerwartete und bedauerliche Konsequenzen. Vor langer Zeit verlor ein Mann in einem Duell sogar das Leben.

      Dummkopf, der: Ein Mitglied der herrschenden Dynastie in Literatur und Leben. Die Dummköpfe sind mit Adam in die Weltgeschichte eingetreten, und da sie sowohl zahlreich als auch widerstandsfähig sind, haben sie die gesamte bewohnbare Welt überrannt. Das Geheimnis ihrer Macht liegt in ihrer Unempfindlichkeit gegen Schläge. Wenn man sie mit einer Keule kitzelt, kichern sie irgendeine Flachheit. Ursprünglich kamen die Dummköpfe aus Böotien, von wo sie wegen einer Hungersnot vertrieben wurden; ihre Dummheit hatte die Ernte vernichtet. Einige Jahrhunderte suchten sie Philistien heim, und deswegen werden viele von ihnen noch heute Philister genannt. In den turbulenten Zeiten der Kreuzzüge zogen sie sich auch von dort zurück und breiteten sich allmählich über ganz Europa aus, wo sie in Politik, Kunst, Literatur, Wissenschaft und Theologie die höchsten Ränge einnahmen. Seit eine Splittergruppe der Dummköpfe mit den Pilgervätern auf der Mayflower nach Amerika kam und vorteilhafte Berichte über das Land abgab, nimmt ihre Zahl durch Geburt, Einwanderung und Bekehrung rasch und stetig zu. Den unzuverlässigsten Statistiken zufolge beträgt die Zahl der erwachsenen Dummköpfe in


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