Lederstrumpf. Джеймс Фенимор Купер
Читать онлайн книгу.haben den Wildtöter zu fest gebunden. Die Bande hindern seine Glieder zu zittern, und seine Augen, sich zu schließen. Lockert sie ihm: lasst uns sehen, aus welchem Stoffe sein eigner Körper wirklich besteht!
Es ist oft der Fall, wenn wir in einem Lieblingsplan uns getäuscht sehen, dass wir gerne zu jedem Auskunftsmittel, mag es auch noch so wenig Aussicht auf Erfolg verbürgen, greifen, ehe wir unsern Zweck ganz aufgeben. So war es bei den Huronen. Der Vorschlag des Häuptlings fand augenblicklich Beifall; und mehrere Hände waren sofort geschäftig, die Bastseile vom Leib unsers Helden wegzureißen und zu schneiden. Nach einer halben Minute stand Wildtöter so frei von Banden da, wie er eine Stunde zuvor seine Flucht am Berg hin begonnen hatte. Ein wenig Zeit brauchte es, bis er den Gebrauch seiner Glieder wieder erlangte, denn der Umlauf des Blutes war durch die Festigkeit der Bande gehemmt worden; und diese ward ihm von Rivenoaks Politik bewilligt unter dem Vorwand, dass sein Körper für Furcht und Schrecken empfänglicher sein würde, wenn er seine rechte Stimmung wieder gewonnen habe; eigentlich aber war seine Absicht, den heftigen wilden Leidenschaften, die in der Brust seiner jungen Männer rege geworden waren, Zeit zu lassen, sich wieder zu legen. Diese List gelang; und Wildtöter, indem er sich die Glieder rieb, mit den Füßen stampfte, und sich Bewegung machte, stellte bald den Umlauf des Blutes wieder her, und gewann wieder seine ganze physische Kraft so vollständig, als wenn gar Nichts sie gestört und geschwächt hätte.
Selten denken die Menschen an den Tod in dem stolzen Gefühl ihrer Gesundheit und Stärke. So war es bei Wildtöter. Nachdem er hilflos gebunden, und, wie er allen Grund gehabt zu glauben, so ganz kürzlich erst am Rande der anderen Welt gewesen war, wirkte jetzt das, dass er sich so unerwartet befreit, im Besitz seiner Kraft, und völlig Herr seiner Glieder sah, auf ihn wie eine plötzliche Wiederbelebung, und fachte in ihm wieder Hoffnungen an, die er zuvor schon ganz aufgegeben hatte. Von diesem Augenblicke an änderten sich alle seine Plane. Hierin gehorchte er einfach einem Gesetz der Natur; denn wenn wir unsern Helden als ergeben in sein Schicksal darzustellen wünschten, war es doch entfernt nicht unsere Absicht, ihn als verlangend nach dem Tode zu schildern. Von dem Augenblick an, wo sein Kraftgefühl frisch wieder auflebte, waren seine Gedanken lebhaft auf die verschiedenen Entwürfe gerichtet, die sich ihm darboten, um mittelst ihrer den Anschlägen seiner Feinde sich zu entziehen; und er wurde wieder der besonnene, sinnreiche und entschlossene Waldmann, der aller seiner Kräfte und Hilfsquellen sich bewusst und sie zu benützen bereit war. Der Wechsel war so groß, dass auch sein Geist wieder seine Spannkraft gewann; und nicht mehr an Unterwerfung denkend, verweilte er nur bei den Listen und Anschlägen der Art von Kriegführung, worin er jetzt verwickelt war.
Sobald Wildtöter losgebunden war, verteilte sich die Bande in einen Kreis um ihn her, um ihn einzuhegen; und der Wunsch, seinen Mut und Geist zu brechen, wuchs in ihnen, je mehr sie Beweise von der Schwierigkeit sahen, ihn zu beugen. Die Ehre der Truppe stand jetzt bei dem Ausgang auf dem Spiel; und selbst das schöne Geschlecht verlor all’ sein Mitgefühl mit menschlichem Leiden über dem Wunsch, die Ehre des Stammes gerettet zu sehen. Die Stimmen der Mädchen, sanft und melodisch wie die Natur sie geschaffen, hörte man mit den Drohungen der Männer sich mischen; und die der Sumach widerfahrenen Unbilden nahmen plötzlich den Charakter von kränkenden Leiden an, die jedes huronische Weib betroffen. Diesem sich erhebenden Tumult nachgebend, zogen sich die Männer ein Wenig zurück, den Weibern bedeutend, dass sie den Gefangenen eine Weile in ihren Händen ließen; denn es war bei solcher Gelegenheit ein gewöhnlicher Kunstgriff, dass die Weiber durch ihre Verhöhnungen und Schmähungen das Opfer in einen Zustand von Wut zu versetzen suchten, und es dann plötzlich den Männern überlieferten, in einem Gemütszustand, der wenig günstig war, den Qualen körperlicher Peinigung Widerstand zu leisten. Auch war diese Gesellschaft nicht ohne die geeigneten Werkzeuge, einen solchen Zweck zu erreichen. Sumach hatte einen großen Ruf als Keiferin und Schreierin; und ein paar alte Weiber, wie die Bärin, waren mit der Truppe ausgezogen, höchst wahrscheinlich als Wächterinnen des Anstands und der moralischen Disciplin; denn dergleichen kommt im wilden so gut wie im zivilisierten Leben vor. Es ist unnötig alles zu wiederholen, was Wildheit und Unwissenheit zu diesem Behuf zu ersinnen vermochten; der einzige Unterschied zwischen diesem Ausbruch weiblichen Zorns und einer ähnlichen Szene unter uns bestand mir in den Redefiguren und den Prädikaten; – die huronischen Weiber benannten ihren Gefangenen mit den Namen der niedrigsten und verachtetsten Tiere, die ihnen bekannt waren.
Aber Wildtöters Geist war zu sehr beschäftigt, als dass er hätte durch das Schimpfen erbitterter Hexen sollen gestört werden; und da ihre Wut notwendig mit seiner Gleichgültigkeit stieg, so wie seine Gleichgültigkeit mit ihrer Wut, wurden die Furien bald durch das Übermaß unfähig, weiter fort zu machen. Die Krieger, als sie bemerkten, dass dieser Versuch gänzlich fehlgeschlagen, traten ins Mittel und machten der Szene ein Ende; und dies umso mehr, da man jetzt ernstlich Vorbereitungen machte zu dem Anfang der wirklichen Martern, derjenigen, welche die Seelenstärke des Dulders auf die Probe heftiger, körperlicher Schmerzen stellen sollten. Eine plötzliche, unvorhergesehene Meldung jedoch, die einer der ausgestellten Kundschafter, ein Knabe von zehn oder zwölf Jahren, brachte, hemmte für einen Augenblick das ganze Beginnen. Da diese Unterbrechung in engem Zusammenhang mit dem dénouement unserer Geschichte steht, wollen wir sie in einem besondern Capitel berichten.
Dreißigstes Kapitel.
So meinst Du – wie wohl jeder meint
Das Gleiche, weil’s dem Aug’ so scheint;
Doch andre Ernte sank,
Als die des Bauers Sichel fällt,
Vor härtrer Hand auf diesem Feld,
Durch Speer und Klingen blank.
Scott.
Es ging über Wildtöters Vermögen, zu erfahren, was den plötzlichen Stillstand in den Bewegungen seiner Feinde veranlasst hatte, bis die Sache sich im ordentlichen Verlauf der Ereignisse offenbarte. Er bemerkte, dass große Unruhe besonders unter den Weibern herrschte, während die Krieger in einer Art würdevoller Erwartung auf ihre Waffen gelehnt blieben. Es war klar, dass kein Allarm entstanden, obwohl nicht eben so augenfällig war, dass ein erwünschtes Ereignis die Verzögerung herbeiführte. Rivenoak war sichtlich von allem unterrichtet, und durch eine Bewegung seines Arms schien er dem Kreise zu bedeuten, er solle unaufgelöst bleiben, und Jedes solle den Ausgang der Sache in der Stellung abwarten, in der es sich gerade befinde. Es bedurfte nur ein paar Minuten, um die Erklärung dieser sonderbaren und geheimvollen Pause zu bringen, welche bald dadurch ihr Ende erreichte, dass Judith hinter der Linie von Huronen erschien, und sofort in den Kreis eingelassen wurde.
Wenn Wildtöter erstaunt war über diese unerwartete Ankunft, da er wohl wusste, dass das gescheute und geistesgegenwärtige Mädchen keineswegs Ansprüche hatte auf die Befreiung von den Leiden und Folgen der Gefangenschaft, die man ihrer schwachsinnigen Schwester so gerne bewilligte, so war er nicht minder betroffen über den Aufzug, worin sie erschien. Ihr ganzer gewöhnlicher Waldanzug, so sauber und passend dieser in der Regel war, war vertauscht worden mit dem schon erwähnten Brokatkleid, das schon einmal an ihrer Person eine so große und zauberhafte Wirkung hervorgebracht hatte. Dies war noch nicht alles. Gewohnt die Lady’s der Garnison in der förmlichen Galatracht des Tages zu sehen, und vertraut mit den feinern, genauern Zierlichkeiten in diesen Dingen, hatte das Mädchen ihren Anzug dergestalt zu vervollständigen gewusst, dass kein auffallender Mangel im Detail sichtbar wurde, und nicht einmal ein Mangel an Übereinstimmung hervortrat, der einer in die Geheimnisse der Toilette Eingeweihten hätte auffallen müssen. Kopf, Füße, Arme, Hände, Büste und Faltenwurf – Alles war in Harmonie, – was man damals am weiblichen Anzug reizend und harmonisch fand; und das Vorhaben, auf das sie ausging, nemlich den ungelehrten, sinnlichen Wilden zu imponieren, indem sie sie glauben machte, ihr Besuch sei eine Frau von hohem Stand und Bedeutung, hätte ihr gar leicht gelingen können bei Solchen, die vermöge ihrer Lebensgewohnheiten zwischen den Personen derlei Unterschiede zu machen gelernt hatten. Neben ihrer seltenen, natürlichen Schönheit besaß Judith eine ausgezeichnete Grazie in ihrem Wesen, und ihre Mutter hatte ihr genug von ihrer Haltung und ihrem Anstand beigebracht, um aus ihrem Benehmen jeden anstößigen oder auffallenden Zug von Gemeinheit zu verbannen; sodass, die Wahrheit zu gestehen, der prächtige Anzug beinahe in jedem anderen Falle übler