Seewölfe - Piraten der Weltmeere 15. Davis J. Harbord

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 15 - Davis J.  Harbord


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Lippen formten Worte, die keiner verstand, natürlich nicht. Und zu sehen war er ja auch nicht mehr. Nathaniel Plymson überlegte ernsthaft, ob er die „Bloody Mary“ verkaufen sollte. Das hielten seine Nerven nicht mehr aus, weiß Gott nicht. Die Kerle von den Schiffen wurden immer wilder und ungebärdiger – vor allem, seit der Seewolf, dieser Hurensohn, wieder in Plymouth aufgetaucht war.

      Auf dem Tresen zerplatzte eine Flasche. Rotwein lief über die Platte und tropfte auf Nathaniel Plymsons Glatze. Der Dicke kostete mit der Zunge, als der Wein über sein Gesicht lief, und stellte erbittert fest, daß es der teuerste Tropfen war, den er in seiner Kneipe ausschenkte. Die Bande vom Seewolf hatte ihn bestellt. Natürlich, für die war nichts teuer genug. Und jetzt benutzten sie die Flaschen als Wurfgeschosse, diese Vandalen.

      Die „Vandalen“ indessen kämpften wie immer: hart, geschmeidig, unbekümmert und mit jener gesunden Portion Selbstvertrauen ausgestattet, unbesiegbar zu sein.

      Sie standen im Zentrum des Hexenkessels Schulter an Schulter und hatten einen Kreis gebildet, eingerichtet auf Rundumverteidigung und blitzschnelle Ausbrüche.

      Zur maßlosen Wut Edwin Carberrys hatte sich Big Niels auf die Seite der Hasard-Männer gestellt und in ihre Phalanx eingereiht.

      Mac Pellew wiederum hatte sich unter einen massigen Schanktisch verzogen und setzte das fort, was Big Niels begonnen hatte. Er zwickte die dunkelhaarige Lady, die mit ihm unter den Tisch geflüchtet war, in den Hintern und knutschte mit ihr auf Teufel komm raus. Die Lady kicherte und sagte ein ums andere Mal: „Huch!“

      Im übrigen war der Raum unter dem Schanktisch, der an einer Gewölbewand stand, so gut wie sturmsicher, und eine Flasche hatte Mac Pellew auch gerettet. Die lenzten sie jetzt zu zweit. Mac Pellew hatte alle Aussichten, unter dem Schanktisch zu einem erfreulichen Abschluß zu gelangen. Der Steinboden war zwar kein weicher Pfuhl, aber darauf pfiff Mac Pellew. Außerdem war die Lady rundum mollig.

      Es war Edwin Carberry, der ihre Zweisamkeit als erster störte. Ferris Tukker, der rothaarige Riese, hatte dem Profos eine geschmiert. Nun ja, eigentlich eine Maulschelle, aber bei dem alten Tucker waren Maulschellen so etwas Ähnliches wie ein Huftritt. Edwin Carberry nahm die Maulschelle voll und kreiselte. Dabei geriet er vor den riesigen Batuti, der von einem Ohr zum anderen grinste und genau im richtigen Moment dem Profos in den Hintern trat.

      So rutschte Edwin Carberry auf dem Bauch über den Steinboden und erschien unter dem Schanktisch. Er hatte eine Platzwunde auf der Stirn, eine knallrote Wange, auf der sich die Pranke des Schiffszimmermanns abzeichnete, und sah insgesamt so freundlich aus wie eine Bulldogge, die mit der Schnauze voran in eine Kiste voller Hufnägel gerast war.

      Er knurrte sogar und zeigte dabei die Zahnlücke, die ihm Philip Hasard Killigrew vor über einem Jahr geschlagen hatte.

      „Huch!“ sagte die dunkelhaarige Lady.

      Mac Pellew nahm seine Hand von einer Stelle weg, wo sie nicht hingehörte, und sagte erbittert: „Hau ab, Ed, du störst hier.“

      Edwin Carberry quollen die Augen buchstäblich aus dem Kopf. Er glotzte auf den Busen der dunkelhaarigen Lady, den Mac Pellew bereits freigelegt hatte, und sein Gesicht färbte sich blaurot. Sichtlich hatte er Schwierigkeiten mit der Atmung. Oben auf der Platte des Schanktisches zerkrachte etwas, und es klang wie ein Schuß aus einem Elfpfünder. Carberry zuckte zusammen.

      „Wa-was ...“, stotterte er.

      „Ist der blöd“, sagte Mac Pellew mehr zu sich selbst.

      „Nicht wahr?“ sagte die dunkelhaarige Lady etwas außer Atem. „Er hat hier wirklich nichts zu suchen. Schick ihn weg, Süßer.“

      Der „Süße“, meist grämlich, spindeldürr und ganz gewiß kein Apollo, nickte und sagte: „Worauf du dich verlassen kannst.“

      Da er lag, mußte er sich etwas von der dunkelhaarigen Lady wegwälzen, um das zu tun, was ihm in dieser Situation als das einzig Richtige erschien. Und er tat es mit der Erbitterung eines Mannes, den nach langer Durststrekke ein Humpen schäumenden Biers erwartet, der ihm aber immer wieder vor der Nase weggezogen wird.

      Mac Pellew schwang im Liegen sein rechtes Bein zurück, nahm Maß, ließ es vorschnellen und donnerte seine Stiefelspitze unter Carberrys Kinn.

      Der Profos ächzte und bettete seinen Kopf auf dem Steinboden.

      „Ist er hin?“ fragte die dunkelhaarige Lady neugierig.

      „Der doch nicht“, sagte Mac Pellew wütend, und die ganze Stimmung war zum Teufel. Er fluchte verhalten und schob den Schädel Carberrys mit dem Fuß in eine Lage, daß der Profos nicht unbedingt beim Erwachen gleich wieder unter den Schanktisch stierte.

      Zäh war Mac Pellew. Unverdrossen widmete er sich wieder seinem Ziel, noch mehr als nur Busen freizulegen.

      Und nach genau vier Minuten sagte die Lady wieder: „Huch!“

      Mac Pellew betrachtete stirnrunzelnd das Kleidungsstück, das er erobert hatte. Es war aus sehr feinem Stoff und mit vielen Rüschen versehen. Es endete über den Knien, und das war die Schwierigkeit gewesen. Dort nämlich, links und rechts, war der Weg ins Himmelreich mit Bändseln verschnürt. Mac Pellew hatte sie verbissen aufgepult, während die Lady gekichert und gegluckst hatte. Zwischendurch hatte das Luder an seinen Ohrläppchen geknabbert und ihn so richtig in Hitze gebracht.

      Zwischendurch auch hatte es über ihnen auf der Platte des Schanktisches weiter gekracht, um den Tisch waren Männerbeine gestampft, und – was sie nicht sehen konnten – der Abwehrring der Hasard-Männer hatte einen Angriff nach dem anderen eisern abgeschlagen. Jetzt war der Zeitpunkt, das Heft in die Hand zu nehmen und zum Halali zu blasen. Nicht einer der Hasard-Männer war zu Boden gegangen, nicht ein einziger. Aber um sie herum lagen die Kämpfer der „Elizabeth“, der „Swan“ und der „Marygold“. Letztere hatten es ja so kommen sehen und sich bei der Rauferei keineswegs überanstrengt.

      Immerhin aber waren etwa fünfzehn Männer der „Elizabeth“ und der „Swan“ noch nicht von den Füßen, und gegen sie richtete sich jetzt, der Angriff der Hasard-Männer.

      Ferris Tucker leitete ihn ein und brüllte den alten Kampfruf der „Isabella“-Crew: „Arwenack! Auf sie!“

      „Arwenack!“

      Der Schlachtruf prallte wie ein Sturmstoß durch die „Bloody Mary“.

      Nathaniel Plymson unter dem Tresen senkte den Kopf und weinte. Er wußte, was dieses „Arwenack!“ bedeutete – nämlich die Entfesselung eines Orkans. Jetzt ging in der „Bloody Mary“ alles in Stücke.

      Und die dunkelhaarige Lady unter dem Schanktisch erzitterte. Nicht etwa in der Erwartung, ihre Festung von Mac Pellew stürmen zu lassen, nein. Sie zitterte vor Schreck. Dieses „Arwenack!“ war wirklich zum Fürchten.

      „Scheiße“, sagte Mac Pellew erbittert.

      2.

      Er hatte es kaum ausgesprochen, da flog die Tür zur „Bloody Mary“ auf. Ein schwarzhaariger Mann stand auf der Schwelle, den riesigen Körper etwas angeduckt. Der Blick seiner eisblauen Augen flog sekundenlang über die wilde Szenerie, entdeckte die Männer, die gerade mit ihrem Schlachtruf „Arwenack!“ zum Gegenangriff übergingen – und ein kurzes Lächeln huschte über sein scharfkantiges Gesicht.

      Mit katzenhafter Geschmeidigkeit sprang er die Stufen zum Schankraum hinunter.

      Seine Stimme war messerscharf: „Aufhören!“

      Die Männer zuckten zusammen und drehten sich zu ihm um.

      „Der – der Seewolf!“ keuchte einer der Männer von der „Elizabeth“ und riß entsetzt die Augen auf.

      Unter dem Tresen rappelte sich Nathaniel Plymson hoch. Seine Glatze schob sich über die Thekenkante, mit wieselflinken Augen stellte er fest, daß – jedenfalls im Moment – keine Gefahr drohte, und so richtete er sich ganz auf.

      „Es ist ein Skandal ...“, legte er los.

      „Maul


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