Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон


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ha­ben das Was­ser – von den Ber­gen und von den un­ter­ir­di­schen Quel­len. Ich las neu­lich einen Be­richt, in dem stand, dass al­les Le­ben von der Nah­rung ab­hängt. Aber alle Nah­rung hängt wie­der vom Was­ser ab. Es ge­hö­ren tau­send Pfund Was­ser dazu, um ein Pfund Nah­rung; zehn­tau­send Pfund Was­ser, um ein Pfund Fleisch zu er­zeu­gen. Wie viel Was­ser trin­ken Sie in ei­nem Jah­re? Un­ge­fähr eine Ton­ne. Aber Sie es­sen un­ge­fähr zwei­hun­dert Pfund Ge­mü­se und zwei­hun­dert Pfund Fleisch im Jah­re – das heißt, dass Sie hun­dert Ton­nen Was­ser in Form von Ge­mü­se und tau­send Ton­nen in Form von Fleisch in sich auf­neh­men – und das heißt wie­der, dass elf­hun­dert­und­ei­ne Ton­ne Was­ser jähr­lich dazu ge­hö­ren, um eine klei­ne Frau wie Sie zu er­hal­ten.«

      »Teu­fel auch!« Das war al­les, was Bil­ly sa­gen konn­te.

      »Sie se­hen also, wie ab­hän­gig die gan­ze Be­völ­ke­rung vom Was­ser ist«, fuhr der frü­he­re Kell­ner fort. »Nun ja, wir ha­ben das Was­ser, einen un­er­mess­li­chen un­ter­ir­di­schen Vor­rat, und im Lau­fe we­ni­ger Jah­re wird die­ses Tal so dicht be­völ­kert sein wie Bel­gi­en.«

      Ganz be­zau­bert von dem fünf­zöl­li­gen Strom, der von dem­sel­ben Mo­tor aus dem Bo­den ge­holt und ihm wie­der­ge­ge­ben wur­de, hielt er in sei­ner Dar­le­gung inne und starr­te ihn an, ver­zau­bert, ohne einen an­de­ren Ge­dan­ken, wäh­rend sei­ne Gäs­te wei­ter­fuh­ren.

      »Und der hat Ge­trän­ke aus­ge­schenkt«, sag­te Bil­ly be­wun­dernd. »Er wür­de sich si­cher viel bes­ser dazu eig­nen, in ei­ner Tem­pe­renz­ler­wirt­schaft zu be­die­nen – das kannst du je­dem sa­gen, der dich da­nach fragt.«

      »Es ist ein so schö­ner Ge­dan­ke – all das Was­ser – und all die glück­li­chen Men­schen, die hier woh­nen –«

      »Aber es ist nicht das Mond­tal«, lach­te Bil­ly.

      »Nein«, ant­wor­te­te sie. »Im Mond­tal brau­chen sie den Bo­den nur zu über­rie­seln, wenn sie Al­fal­fa und der­glei­chen pflan­zen wol­len. Was wir brau­chen, ist Was­ser, das ganz na­tür­lich aus der Erde quillt und sich in klei­nen Bä­chen über den Hof ver­brei­tet, und an der Gren­ze einen rich­ti­gen klei­nen Fluss. –«

      »Mit Fo­rel­len«, fiel Bil­ly ihr ins Wort. »Und mit Wei­den und al­len mög­li­chen an­de­ren Bäu­men an sei­nen Ufern, und hie und da ei­ner Strom­schnel­le, wo man Fo­rel­len fan­gen kann und ei­ner tie­fen Stel­le zum Schwim­men und Tau­chen. Und Eis­vö­gel und Ka­nin­chen, die zum Trin­ken an den Fluss kom­men, und viel­leicht auch ein Hirsch.«

      »Und Ler­chen auf den Wie­sen«, füg­te Sa­xon hin­zu. »Und in al­len Bäu­men Tur­tel­tau­ben. Wir müs­sen Tur­tel­tau­ben und große graue Wal­deich­hörn­chen ha­ben.«

      »Na ja, in dem Mond­tal – da gibt es we­nigs­tens et­was«, sag­te Bil­ly nach­denk­lich und wipp­te mit sei­ner Peit­sche eine Flie­ge weg, die sich auf Hat­ties Flan­ke ge­setzt hat­te. »Glaubst du, dass wir es fin­den?«

      Sa­xon nick­te mit großer Si­cher­heit.

      »Eben­so wie die Ju­den das Ge­lob­te Land und die Mor­mo­nen Utah und die Pio­nie­re Ka­li­for­ni­en fan­den. Erin­nerst du dich noch des Ra­tes, den wir er­hiel­ten, als wir Oa­k­land ver­lie­ßen? Wer sucht, fin­det.«

      *

      Im­mer nord­wärts, durch ein frucht­ba­res, blü­hen­des, ver­jüng­tes Land, mit Auf­ent­halt in den Städ­ten Wil­lows, Red Bluff und Red­ding, durch die Be­zir­ke Co­lu­sa, Glenn; Te­ha­ma und Shas­ta fuhr der ele­gan­te Rei­se­wa­gen, ge­zo­gen von den flam­men­den Kas­ta­ni­en­brau­nen mit den weiß­gel­ben Mäh­nen und Schwei­fen. Bil­ly fand nur drei Pfer­de, die er nach Oa­k­land schi­cken konn­te, ob­gleich er vie­le Bau­ern­hö­fe be­such­te. Sa­xon sprach mit den Frau­en, wäh­rend er mit den Män­nern den Be­stand durch­sah, und sie über­zeug­te sich im­mer mehr, dass das Tal, wel­ches sie such­ten, nicht hier lag.

      Bei Red­ding setz­ten sie in ei­ner Seil­fäh­re über den Sa­cra­men­to, und in bren­nen­der Hit­ze reis­ten sie einen gan­zen Tag über nied­ri­ge Aus­läu­fer der Ber­ge und fla­che Pla­te­aus. Die Hit­ze wur­de im­mer un­er­träg­li­cher, und Bäu­me und Sträu­cher wa­ren ver­sengt und tot. Dann ka­men sie end­lich nach Sa­cra­men­to, wo die großen Schmelz­hüt­ten in Ken­net die Ver­nich­tung, die die Ve­ge­ta­ti­on be­trof­fen hat­te, er­klär­ten.

      Sie klom­men aus der Schmelz­stadt her­aus, wo hoch­ge­le­ge­ne Häu­ser einen un­si­che­ren Halt auf dem stei­len Hang ge­fun­den hat­ten. Es war ein brei­ter, gut an­ge­leg­ter Weg, der sie den mei­len­wei­ten Hang hin­auf und von dort steil ab­wärts in den Sa­cra­men­to Ca­ny­on führ­te. Der Weg, der in die Fels­wand des Ca­ny­ons ge­hau­en war und sich gleich­mä­ßig senk­te, wur­de so schmal, dass Bil­ly sich fürch­te­te, ei­nem an­de­ren Fuhr­werk zu be­geg­nen. Tief un­ten lief der Fluss schäu­mend oder gleich­mä­ßig glei­tend über den stei­ni­gen Bo­den oder stürm­te vor­wärts über große Stei­ne und Was­ser­fäl­le in sei­ner wil­den Jagd nach dem großen Tal, das sie so­eben ver­las­sen hat­ten.

      Zu­wei­len wur­de der Weg et­was brei­ter, und dann kut­schier­te Sa­xon, wäh­rend Bil­ly zu Fuß ging, um den Wa­gen zu er­leich­tern. Sie be­stand dar­auf, es auch hin und wie­der zu tun, und wenn er die stöh­nen­den Pfer­de an­hielt, da­mit sie auf dem stei­len Hang Luft schöpf­ten, und wenn Sa­xon dann ne­ben ih­ren Köp­fen stand, sie strei­chel­te und er­mun­ter­te, den Weg fort­zu­set­zen, dann war Bil­lys Freu­de zu in­nig, als dass er sie in Wor­ten hät­te aus­drücken kön­nen, und er konn­te nur sei­ne schö­nen Pfer­de und sei­ne schö­ne Frau an­se­hen, die so frisch und zier­lich in ih­rem gold­brau­nen Cord­kleid, die fes­ten Wa­den in brau­nem Cord un­ter dem kur­z­en, straf­fen Rock, da­stand. Und wenn sie ihn dann mit ei­nem Blick an­sah, in dem er die­sel­be Freu­de las, die sein Ge­müt er­füll­te, und sich die ehr­li­chen grau­en Au­gen plötz­lich be­tau­ten, dann konn­te er sich nicht mehr be­zwin­gen, son­dern wuss­te, dass er et­was sa­gen muss­te, um sich Luft zu ma­chen.

      »Oh, du Lie­bes!« rief er.

      Und sie ant­wor­te­te strah­lend: »Oh, du Lie­ber!«

      Eine Nacht ver­brach­ten sie in ei­ner tie­fen Sen­kung des Ca­ny­ons, wo ein klei­nes Dorf mit ei­ner Kis­ten­fa­brik lag, und wo ein zahn­lo­ser Greis, der mit sei­nen blas­sen Au­gen ihre Rei­se­aus­stat­tung be­trach­te­te, frag­te: »Seid ihr Zir­kus­künst­ler?«

      Sie ka­men an Cast­le Crags vor­bei, das mit sei­nen mäch­ti­gen Bas­tio­nen flam­mend­rot von dem in der Hit­ze zit­tern­den blau­en Him­mel ab­stach. Dann sa­hen sie den ers­ten Schim­mer des Mount Shas­ta, ei­ner ro­si­gen Schnee­zin­ne, die sich, schön wie ein Traum, im Son­nen­un­ter­gang zwi­schen und über den grü­nen Wän­den ei­nes Ca­ny­ons er­hob – ein Kenn­zei­chen, das sie vie­le Tage lang vor Au­gen ha­ben soll­ten. Wenn sie einen stei­len Hang hin­auf­ka­men, konn­te der Shas­ta plötz­lich bei ei­ner Weg­bie­gung, im­mer noch in der Fer­ne, er­schei­nen, jetzt mit zwei Gip­feln und Glet­schern von schwach­leuch­ten­dem Weiß. Mei­le auf Mei­le, Tag für Tag müh­ten sie sich bergan, wäh­rend der Shas­ta in sei­nem Som­mer­schnee im­mer neue For­men an­nahm.

      »Ein Kino am Him­mel«, sag­te Bil­ly schließ­lich.

      »Ach, das ist al­les so schön!« seufz­te Sa­xon. »Aber es ist kein Mond­tal.«


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