Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman - Leni Behrendt


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daß es dem erschütterten Mann ins Herz schnitt.

      Er setzte sich, behielt sie auf den Knien und wartete geduldig, bis das heiße, verzweifelte Weinen verstummte.

      »Edna, kleiner trotziger Liebling, du darfst nie wieder so furchtbar weinen«, begann er vorsichtig und sah auf den Mädchenkopf nieder, der da wie selbstverständlich an seiner Schulter lag. »Kannst du dir denn nicht denken, wie weh mir das tut?«

      Jetzt ruckte der Kopf hoch.

      »Ich… Wir… Fräulein Bottich…«, stammelte sie; doch da ging ein Lächeln über sein zuckendes Gesicht.

      »Ich… Wir… Das stimmt, kleiner Trotzkopf. Aber Fräulein Bottich? Was geht sie uns an?«

      »Sind Sie denn nicht…?«

      »Nein, ich bin nicht. Wo werde ich nach einem Fräulein Bottich schauen, wenn ich eine Edna Hellersen haben kann! Ich hoffe doch, daß diese mich ein wenig lieb hat. Oder habe ich mich getäuscht?«

      »Ein wenig? Das genügt wohl nicht zum Glücklichsein.«

      »Also sehr?«

      »Bis zur Demütigung.«

      »Dann will ich nicht länger grübeln und zweifeln; denn dieses beglückende Geständnis gibt mir die Kraft selbst mit dem Teufel um dich zu kämpfen, denn du bist mein Glück, meine Seligkeit, mein alles!«

      »Roger!«

      Es war ein jubelnder Schrei, der ihm durch und durch ging. Er preßte seine Lippen auf den frischen Mädchenmund, und all das Leid, das diese beiden Menschen umeinander getragen hatten, ging unter in der Glückseligkeit, sich endlich gefunden zu haben.

      *

      »Im Kinderzimmer bist du, Gerswint? Hier habe ich dich kaum vermutet«, sagte der Baron und trat leise an das Kinderbett, über das die Gattin sich gebeugt hatte.

      »Was hat denn Ilsetraut? Sie ist doch nicht etwa krank?«

      »Nein, nur sehr unwillig war sie«, gab Gerswint leise Auskunft und deckte das festschlafende Kind, das zärtlich ein Puppenbaby an sich gedrückt hielt, noch einmal sorgsam zu; dann richtete sie sich auf. »Sie war übermüdet und wollte durchaus nur von mir zu Bett gebracht werden. Es dauerte dann eine ganze Weile, bis sie einschlief. Das kleine Herz war zu voll von all der Freude und mußte sich in vielen Worten erleichtern. – Wolltest du etwas von mir, da du mich überall suchtest, Swen?«

      »Das eigentlich nicht«, gab er zurück und streichelte zärtlich über das wirre Lockenhaar seines Kindes. »Ich vermißte dich unten und befürchtete, daß dir etwas zugestoßen sein könnte.«

      »Aber, Swen, du sollst doch nicht immer so ängstlich sein«, sagte sie vorwurfsvoll. »Wenn es nach dir ginge, dann würdest du mich wahrhaftig in Watte wickeln und in den Glasschrank stellen. Stimmt’s?«

      »Auffallend, mein spöttisches Kind. Aber so seid ihr Frauen. Sorgt man sich um euch, dann spottet ihr. Tut man es nicht, beklagt ihr euch.«

      Er schob seine Hand unter ihren Arm und zog sie mit sich fort zu ihrem Wohnzimmer hin. Drückte sie dort in einen Sessel, ohne auf ihr Sträuben zu achten.

      »So, jetzt wirst du erst einmal eine halbe Stunde ganz ruhig sitzen, ehe du zu den andern zurückkehrst. Ich fürchte ernstlich, daß du dich heute überanstrengt hast, du leichtsinnige kleine Frau.«

      »Du hast recht, Swen, es ist schön, eine Weile so ruhig zu sitzen«, gab sie offen zu. »Es war heute schon reichlich viel Trubel.«

      »Gut, daß du das einsiehst. Du solltest heute überhaupt nicht mehr nach unten gehen.«

      »Das muß ich aber, Swen. Die Mama und auch Hungolds würden gekränkt sein. Das Amt der Hausherrin ist nicht immer leicht, wenn auch schön und befriedigend.«

      »Ganz wundervoll hast du dich eingelebt, Gerswint, bist jetzt eine vorbildliche Hausherrin. Und wie du den Trotzkopf Ilsetraut zu dir herangezogen hast, das macht dir sobald keiner nach. Mir hat die eigenwillige kleine Person nie so recht gehorchen wollen. Bei dir geschieht es aufs Wort. Kaum zu fassen ist das!«

      »Du mußt mich nicht überschätzen«, wehrte sie errötend ab. »Ich habe für Ilsetraut nichts Besonderes getan.«

      »Du sollst deine Vorzüge nicht so ängstlich verstecken«, gab er lächelnd zurück. »Ich kann dir jedenfalls nicht genug danken, daß du dich meines Kindes so liebevoll angenommen hast.«

      »Aber, Swen, ich kann mich doch nicht einer Pflicht entziehen, die ich mit meiner Ehe übernommen habe«, sagte sie befremdet; Swen aber hatte Mühe, eine Entgegnung zurückzuhalten.

      Pflicht! Da war dieses Wort wieder, das er bereits zu hassen begann. Dabei wollte sie ihn nicht etwa kränken, wenn sie es ihm immer wieder vorhielt. Sie nahm eben ihre Pflichten sehr genau. Er war ein Narr, wenn er hoffte, daß sie auch einmal etwas tun könnte, das einem anderen Gefühl entsprang als dem der Pflicht – oder der Dankbarkeit.

      Wofür war sie ihm denn eigentlich dankbar? Daß er sie mit Rücksicht behandelte, wie es nun wiederum seine Pflicht war? Sie zu umsorgen, wie es ihm ums Herz war, das durfte er ja nicht wagen, ohne von ihr zurückgewiesen zu werden.

      »Du machst ein Gesicht, als ob du mich nächstens fressen wolltest«, neckte Gerswint ihn. »Und nun komm, laß uns nach unten gehen. Ich habe ganz einfach keine Ruhe, hier zu sitzen, während unsere Gäste sich vielleicht langweilen.«

      Sie erhob sich mit einer ihr sonst fremden Hast.

      Er ließ sie gewähren und ging mit ihr nach den unteren Räumen, wo sie jedoch nur das Ehepaar Hungold und die Mama vorfanden. Elke war zu Bett gegangen, aber wo waren Edna und Wieloff?

      Gerswint wollte über deren Abwesenheit gerade ihr Befremden aussprechen, als die Tür förmlich aufgerissen wurde, Edna ins Zimmer stürzte und an der Seite der Mutter niedersank.

      »Mama, liebe, liebe Mama, Roger und ich…«, stammelte sie und zitterte dabei am ganzen Körper. »Sei gut, Mama, sag ja! Oder ich müßte dich wieder kränken; denn von Roger lasse ich nicht. Eher bringe ich mich um.«

      Nach diesen eindringlichen, zu Herzen gehenden Worten war es im Zimmer so still, daß einer des andern Atemzüge hörte. Aller Augen hingen an der Männergestalt, die in der Nähe der Tür hochaufgerichtet stand. Das Gesicht todblaß, um den Kopf die Binde, durch die das Blut gesickert war, doch in den Augen ein glückliches Leuchten.

      Frau Elisa sah den Mann lange an, dann neigte sie das Haupt wie gottergeben.

      »Ich bin ja nun schon langsam daran gewöhnt, von meinen Kindern vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden«, sprach sie endlich, und es klang sehr bitter. »So bleibt mir ja nichts anderes übrig, als ja zu sagen.«

      Daß alles so glatt gehen würde, das hätte Edna nicht erwartet. Und doch konnte sie sich nicht von ganzem Herzen dar­über freuen; etwas in der Haltung der Mutter bedrückte sie.

      »Mama, er ist der beste Mann der Welt«, beteuerte sie eifrig. »Lerne ihn nur näher kennen, und du wirst mir recht geben müssen.

      Laß ihn doch nicht so stehen, Mama. Sage ihm doch ein gutes Wort!« bat sie leise, als die Mutter noch immer stumm und steif dasaß. »Kannst du dir denn gar nicht denken, wie du mich quälst?«

      Da raffte Frau Elisa sich auf und streckte dem Mann, der noch immer regungslos an seinem Platz verharrte, die Hand entgegen.

      »Sie haben eine gute Fürsprecherin, Herr Wieloff«, sagte sie mit leichtem Lächeln. »Sie müssen schon entschuldigen, daß ich ein wenig fassungslos bin.«

      »Das kann ich verstehen, gnädige Frau«, erwiderte Wieloff, indem er sich tief über die feine Frauenhand beugte. »Ich wünschte, ich könnte den heißen Dank, den ich jetzt für Sie im Herzen trage, einmal beweisen.«

      »Dazu werden sie schon noch Gelegenheit haben, Herr Wieloff.«

      Die anderen kamen hinzu, gratulierten voll Herzlichkeit und wollten Näheres über den Unfall wissen.


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