Anna Karenina. Лев Толстой

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Anna Karenina - Лев Толстой


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könnten, wie sie mit einem jeden umzugehen hätten, daß aber für ihn irgendwelche Verlegenheit nie in Frage komme.

      Beim Eintreten in Ljewins Arbeitszimmer blickte Rjabinin gewohnheitsmäßig umher, wie wenn er mit den Augen das Heiligenbild suche; als er es aber gefunden hatte, bekreuzte er sich nicht. Er betrachtete die Bücherschränke und Bücherregale, und mit derselben Miene des Zweiflers wie bei den Schnepfen lächelte er wieder geringschätzig und wiegte mißbilligend den Kopf hin und her, denn hier konnte er unter keinen Umständen zugeben, daß diese Dinge das viele Geld wert seien.

      »Nun, haben Sie das Geld mitgebracht?« fragte Oblonski. »Nehmen Sie Platz!«

      »Mit der Zahlung wird es keine Schwierigkeit haben. Ich bin hergekommen, um Sie zu sehen und mit Ihnen zu verhandeln.«

      »Worüber ist denn noch zu verhandeln? Aber so nehmen Sie doch Platz!«

      »Ich bin so frei«, sagte Rjabinin und setzte sich dergestalt, daß er sich auf eine für ihn höchst unbequeme Weise mit den Ellbogen gegen die Stuhllehne stemmte. »Sie müssen noch etwas ablassen, Fürst. Sie versündigen sich an mir. Aber das Geld habe ich effektiv bereit, bis auf die letzte Kopeke. Die Zahlung wird pünktlich und ohne Verzug erfolgen.«

      Ljewin, der unterdes sein Gewehr in den Schrank gestellt hatte, war schon im Begriffe gewesen, hinauszugehen, blieb aber stehen, als er diese Worte des Händlers hörte.

      »Sie bekommen ohnehin schon den Wald so gut wie umsonst«, sagte er. »Er ist leider zu spät zu mir gekommen, sonst hätte ich den Preis gemacht.«

      Rjabinin stand auf und blickte schweigend und lächelnd Ljewin von unten bis oben an.

      »Konstantin Dmitrijewitsch ist gar zu wirtschaftlich«, sagte er, zu Stepan Arkadjewitsch gewendet, mit demselben Lächeln. »Dem kann man effektiv nichts abkaufen. Ich habe mit ihm um seinen Weizen gehandelt und ihm ein schönes Stück Geld dafür geboten.«

      »Warum sollte ich Ihnen denn mein Eigentum umsonst geben? Ich habe es weder auf der Erde gefunden noch gestohlen.«

      »Aber ich bitte Sie! Zu stehlen ist heutzutage positiv unmöglich. Heutzutage findet effektiv in allen Sachen öffentliches Gerichtsverfahren statt; in allen Sachen geht es höchst anständig zu; gar keine Möglichkeit zum Stehlen. Wir haben als Ehrenmänner miteinander verhandelt. Seine Durchlaucht veranschlagen den Wald zu hoch; ich komme dabei nicht auf meine Rechnung. Ich bitte, mir wenigstens eine Kleinigkeit abzulassen.«

      »Ja, ist denn das Geschäft bereits abgeschlossen oder nicht? Wenn es abgeschlossen ist, so ist nicht weiter zu feilschen; wenn es aber noch nicht abgeschlossen ist«, sagte Ljewin, »dann will ich den Wald kaufen.«

      Das Lächeln verschwand sofort von Rjabinins Gesicht, und ein habichtartiger, raubgieriger, grausamer Ausdruck trat an dessen Stelle. Mit seinen knochigen Fingern knöpfte er hurtig den Rock auf, wobei das Hemd, die kupfernen Westenknöpfe und die Uhrkette sichtbar wurden, und holte eilig eine dicke, alte Brieftasche hervor.

      »Bitte sehr, der Wald ist mein«, erklärte er in bestimmtem Tone, bekreuzte sich hastig und streckte die Hand mit dem Gelde hin. »Nehmen Sie das Geld; der Wald gehört mir. Sehen Sie, so verfährt Rjabinin beim Handel; dem kommt es auf ein paar Groschen nicht an«, fügte er mit finsterem Gesichte hinzu und fuchtelte dabei mit der Brieftasche in der Luft umher.

      »Ich würde an deiner Stelle nicht so eilen«, sagte Ljewin.

      »Aber ich bitte dich«, erwiderte Oblonski erstaunt, »ich habe ja mein Wort gegeben.«

      Ljewin ging aus dem Zimmer und schlug die Tür heftig hinter sich zu. Rjabinin sah nach der Tür hin und wiegte lächelnd den Kopf hin und her.

      »Lauter jugendlicher Übereifer! Er ist effektiv noch ganz wie ein Kind! Ich kaufe ja den Wald, das können Sie mir als ehrlichem Manne glauben, ohne Vorteil, nämlich nur so des guten Rufes wegen, damit es heißt, Rjabinin, und nicht irgendein anderer, hat dem Fürsten Oblonski den Wald abgekauft. Gott gebe, daß ich dabei auf meine Rechnung komme. Glauben Sie mir, bei Gott! Wollen Sie nun die Güte haben, mit mir den Vertrag aufzusetzen?«

      Eine Stunde darauf setzte sich der Kaufmann, nachdem er sorgfältig seine Rockschöße übereinandergelegt und die Haken seines Überrockes geschlossen hatte, mit dem Vertrage in der Tasche in seinen solid beschlagenen Wagen, um nach Hause zu fahren.

      »Ach, diese vornehmen Herren!« sagte er zu seinem Angestellten. »Alles dieselbe Sorte!«

      »Das ist richtig«, erwiderte dieser, gab ihm die Zügel hin und knöpfte das Spritzleder fest. »Kann man Ihnen zu dem Handel Glück wünschen, Michail Ignatjitsch?«

      »Hm, hm ...«

      17

      Die Tasche dick vollgestopft mit Banknoten, die ihm der Händler als Zahlung für die ersten drei Monate gegeben hatte, ging Stepan Arkadjewitsch hinauf. Das Geschäft mit dem Walde war erledigt, das Geld hatte er in der Tasche, die Schnepfenjagd war sehr schön ausgefallen, und so befand sich denn Stepan Arkadjewitsch in heiterster Laune. Darum wünschte er ganz besonders, die üble Stimmung zu verscheuchen, die über Ljewin gekommen war. Es lag ihm daran, den Tag beim Abendessen ebenso vergnüglich zu beschließen, wie er ihn begonnen hatte.

      Ljewin war tatsächlich verstimmt, und trotz dem besten Willen, gegen seinen lieben Gast freundlich und liebenswürdig zu sein, konnte er seiner Verstimmung nicht Herr werden. Die Nachricht, daß Kitty sich nicht verheiratet habe, wirkte auf ihn betäubend und machte ihn ganz benommen.

      Kitty nicht verheiratet und krank, krank vor Liebe zu einem Mann, der sie verschmäht hatte. Es war ihm, als träfe diese Beleidigung ihn selbst. Wronski hatte sie verschmäht, und sie hatte wiederum ihn, Ljewin, verschmäht. Folglich hatte Wronski ein Recht, ihn, Ljewin, gering zu achten, und sie waren also Feinde. Aber klar überlegen konnte Ljewin das alles nicht; er hatte nur die undeutliche Empfindung, daß in dem Vorgefallenen eine Beleidigung für ihn liege, und sein Ingrimm richtete sich jetzt nicht gegen das, was ihn ursprünglich verstimmt hatte, sondern er ärgerte sich über alles, was ihm in die Quere kam. Der dumme Waldverkauf, der Betrug, auf den Oblonski hineingefallen war und der sich hier in seinem Hause abgespielt hatte, das brachte ihn auf.

      »Nun, bist du fertig?« fragte er, als Stepan Arkadjewitsch zu ihm heraufkam. »Möchtest du Abendbrot essen?«

      »Ja, ich wäre nicht abgeneigt. Was ich für einen Appetit auf dem Lande habe, das ist geradezu wunderbar. Warum hast du Rjabinin nicht zum Essen eingeladen?«

      »Ach, hol ihn der Teufel!«

      »Aber wie du ihn auch behandelst!« sagte Oblonski. »Nicht einmal die Hand hast du ihm gegeben. Was für einen Grund hast du denn dafür?«

      »Einem Diener gebe ich auch nicht die Hand, und ein Diener ist hundertmal besser als er.«

      »Was für ein Reaktionär bist du aber! Wo bleibt da die Verschmelzung der Stände?« sagte Oblonski.

      »Wem's Vergnügen macht, zu verschmelzen, – wohl bekomm's! Mir aber widersteht es.«

      »Na, ich sehe, du bist ein Reaktionär vom reinsten Wasser.«

      »Offen gesagt, ich habe nie darüber nachgedacht, was ich bin. Ich bin Konstantin Ljewin, weiter nichts.«

      »Und zwar Konstantin Ljewin, der sehr übler Laune ist«, setzte Stepan Arkadjewitsch lächelnd hinzu.

      »Ja, übler Laune bin ich, und willst du wissen, weshalb? Nimm mir's nicht übel, wegen deines dummen Verkaufes.«

      Stepan Arkadjewitsch runzelte gutmütig die Stirn wie ein Mensch, der unschuldigerweise gekränkt und geärgert wird.

      »Na, nun laß die Sache ruhen!« erwiderte er. »Wann wäre es wohl jemals geschehen, daß jemand etwas verkauft hätte und ihm nicht gleich nach dem Verkauf gesagt worden wäre: ›Das ist weit mehr wert‹? Aber während man im Handel begriffen ist, will einem kein Mensch mehr geben. – Nein, ich sehe schon, du hast einen Groll auf diesen


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