Krieg und Frieden. Лев Толстой

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Krieg und Frieden - Лев Толстой


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bekannt.

      Diese Herren, die bei Bilibin zu Besuch waren, sämtlich lebenslustige, vornehme, reiche junge Männer, bildeten hier in Brünn, wie schon vorher in Wien, einen besonderen Zirkel, welchen Bilibin, sozusagen der Vorsitzende desselben, »die Unsrigen«, les nôtres, nannte. Dieser fast ausschließlich aus Diplomaten bestehende Klub hatte augenscheinlich seine eigenen Interessen, die mit Krieg und Politik nichts gemein hatten; diese Interessen drehten sich um Ereignisse in der höheren Gesellschaft, um Beziehungen zu gewissen Damen und um die bureaumäßige Seite des Dienstes. Diese Herren empfingen den Fürsten Andrei in ihrem Kreis allem Anschein nach gern, wie einen der Ihrigen, eine Ehre, die sie nur wenigen erwiesen. Aus Höflichkeit, und um dadurch das Gespräch in Gang zu bringen, richteten sie an ihn einige Fragen über das Heer und das Treffen; dann aber löste sich das Gespräch in Scherze und Plaudereien auf, die sich locker aneinanderreihten.

      »Aber das schönste dabei war«, sagte einer, der von dem Mißgeschick eines diplomatischen Kollegen erzählte, »das schönste dabei war, daß der Kanzler ihm geradezu sagte, seine Ernennung nach London sei eine Beförderung, und als solche möge er sie auch ansehen. Können Sie sich vorstellen, was er dabei für eine Figur machte?«

      »Was jedoch das allerschlimmste ist, meine Herren«, fügte ein anderer hinzu, »ich muß Kuragin vor Ihnen anklagen: jener arme Kerl sitzt in der Patsche, und dieser Don Juan hier macht sich das zunutze; so ein entsetzlicher Mensch!«

      Fürst Ippolit lag auf einem bequemen Lehnstuhl und streckte die Beine über die Seitenlehne.

      »Das könnte wohl zutreffen«, sagte er.

      »Oh, Sie Don Juan, Sie Schlange!« riefen mehrere Herren.

      »Sie wissen nicht, Bolkonski«, wandte sich Bilibin an den Fürsten Andrei, »daß alle Schreckenstaten der französischen Armee (beinahe hätte ich gesagt: der russischen) nichts sind im Vergleich mit dem Unheil, das dieser Mensch unter den Frauen angerichtet hat.«

      »Das Weib ist die Genossin des Mannes«, bemerkte Fürst Ippolit und betrachtete seine hochliegenden Füße durch die Lorgnette.

      Bilibin und die »Unsrigen« lachten beim Anblick seines Gesichts laut los. Fürst Andrei merkte, daß dieser Ippolit, auf den er (er konnte es nicht ableugnen) beinahe wegen seiner Frau eifersüchtig geworden wäre, in dieser Gesellschaft die Stelle eines Hansnarren einnahm.

      »Nein, ich muß Ihnen Kuragin in seiner ganzen Glorie zeigen«, sagte Bilibin leise zu Bolkonski. »Er ist unbezahlbar, wenn er über Politik spricht; diese Wichtigtuerei müssen Sie sehen.«

      Er setzte sich neben Ippolit, legte seine Stirn in die üblichen Falten und begann mit ihm ein Gespräch über Politik. Fürst Andrei und die andern umringten die beiden.

      »Das Berliner Kabinett kann seine Ansicht über ein Bündnis nicht aussprechen«, begann Ippolit und blickte dabei alle bedeutsam an, »ohne auszusprechen ... wie in seiner letzten Note ... Sie verstehen ... Sie verstehen ... Übrigens, wenn Seine Majestät der Kaiser nicht dem Grundgedanken unseres Bündnisses untreu wird ...«

      »Warten Sie, ich bin noch nicht fertig«, sagte er zum Fürsten Andrei und ergriff dessen Hand. »Ich bin der Ansicht, daß eine Intervention stärker sein wird als die Unterlassung derselben. Und ...« Er schwieg einen Augenblick. »Man kann unmöglich die Sache durch die Nichtannahme unserer Depesche vom 28. Oktober für beendet halten. So wird der Ausgang der ganzen Sache sein.«

      Er ließ Bolkonskis Hand wieder los und deutete damit an, daß er nun wirklich ganz fertig sei.

      »Demosthenes, ich erkenne dich an dem Kieselstein, den du in deinem goldenen Mund versteckt hältst«, sagte Bilibin, dem sich vor Vergnügen der ganze Haarschopf auf dem Kopf verschob.

      Alle lachten, und Ippolit am lautesten von allen. Es machte ihm offenbar physischen Schmerz, und er konnte kaum Atem holen; aber er war nicht imstande, dieses heftige Lachen zu hemmen, bei dem sich sein sonst immer unbewegliches Gesicht in die Länge zog.

      »Hören Sie einmal zu, meine Herren«, sagte Bilibin. »Bolkonski ist mein Gast sowohl in meiner Wohnung als auch hier in Brünn, und ich möchte ihn, soweit es in meinen Kräften steht, mit allen Lebensgenüssen, die hier zu haben sind, regalieren. Wenn wir in Wien wären, so wäre das eine leichte Sache; aber hier in diesem häßlichen mährischen Loch ist es schwieriger, und ich bitte Sie alle um Ihren Beistand. Wir müssen ihm Brünn von der besten Seite zeigen. Sie nehmen das Theater auf sich, ich die Gesellschaft, Sie, Ippolit, selbstverständlich die Weiber.«

      »Wir müssen ihm Amélie zeigen, dieses reizende Wesen!« sagte einer der »Unsrigen«, indem er seine Fingerspitzen küßte.

      »Überhaupt müssen wir diesen blutdürstigen Krieger zu einer humaneren Anschauungsweise bringen«, meinte Bilibin.

      »Ich werde von Ihren gastfreundlichen Anerbietungen kaum Gebrauch machen können«, sagte Bolkonski, und mit einem Blick auf die Uhr fügte er hinzu: »Und jetzt ist es Zeit, daß ich wegfahre.«

      »Wohin denn?«

      »Zum Kaiser.«

      »Oh! oh! oh!«

      »Na, dann also auf Wiedersehen, Bolkonski! Auf Wiedersehen, Fürst. Kommen Sie ja recht früh zum Mittagessen«, redeten die Herren durcheinander. »Wir rechnen auf Sie.«

      »Nehmen Sie, wenn Sie mit dem Kaiser reden, darauf Bedacht, die gute Ordnung in der Lieferung des Proviants und der Transportmittel soviel wie irgend möglich zu loben«, sagte Bilibin, während er seinen Gast bis ins Vorzimmer begleitete.

      »Ich würde es gern loben; aber nach meiner Kenntnis der Verhältnisse kann ich es nicht wahrheitsgemäß tun«, antwortete Bolkonski lächelnd.

      »Nun, reden Sie überhaupt soviel wie möglich. Audienz zu geben ist seine besondere Passion; aber selbst zu sprechen, das liebt er nicht und versteht er auch nicht, wie Sie sehen werden.«

      XII

      Bei der Cour blickte Kaiser Franz dem Fürsten Andrei, der an dem ihm angewiesenen Platz zwischen den österreichischen Offizieren stand, nur starr ins Gesicht und nickte ihm mit seinem langen Kopf zu. Aber nach der Cour teilte dem Fürsten Andrei der ihm vom vorhergehenden Tage bekannte Flügeladjutant in sehr höflicher Weise mit, daß der Kaiser den Wunsch habe, ihm Audienz zu erteilen. Kaiser Franz empfing ihn mitten im Zimmer stehend. Ehe das Gespräch begann, war Fürst Andrei überrascht, zu sehen, daß der Kaiser gewissermaßen verlegen war, nicht wußte, was er sagen sollte, und errötete.

      »Sagen Sie, wann hat das Treffen angefangen?« fragte er dann hastig.

      Fürst Andrei antwortete. Auf diese Frage folgten andere von ebenso einfachem Inhalt: ob Kutusow gesund sei; wie lange es her sei, daß er, Fürst Andrei, aus Krems abgefahren sei, usw. Der Kaiser sprach in einem Ton, als ob seine ganze Absicht nur darin bestände, eine gewisse Anzahl von Fragen zu stellen. Die Antworten auf diese Fragen aber vermochten (das war nur zu offensichtlich) kein Interesse bei ihm zu erwecken.

      »Um welche Stunde hat das Treffen angefangen?« fragte der Kaiser.

      »Ich kann Euer Majestät nicht Auskunft geben, um welche Stunde das Treffen in der Front begonnen hat; aber in Dürrenstein, wo ich mich befand, begannen unsere Truppen den Angriff zwischen fünf und sechs Uhr abends«, antwortete Bolkonski lebhafter werdend; diese Frage brachte ihn zu dem Glauben, er werde nun die Möglichkeit haben, die in seinem Kopf bereits fertige, wahrheitsgemäße Schilderung alles dessen, was er wußte und zum Teil selbst gesehen hatte, vorzutragen.

      Aber der Kaiser lächelte und unterbrach ihn:

      »Wieviel Meilen?«

      »Von wo bis wohin, Euer Majestät?«

      »Von Dürrenstein bis Krems.«

      »Drei und eine halbe Meile, Euer Majestät.«

      »Die Franzosen haben das linke Ufer verlassen?«

      »Wie die Kundschafter meldeten, sind die letzten in der Nacht auf Flößen übergesetzt.«

      »Ist


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