Eine Falle für Null. Джек Марс

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Eine Falle für Null - Джек Марс


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Abend führte die Brüderschaft im Hof Salat-al-Janazah durch, das Begräbnisgebet für Abdallah bin Mohammed. Jede anwesende Person kniete sich in drei Reihen in Richtung Mekka nieder. Sein Sohn Hassan war seinem Körper am nächsten und seine Frauen bildeten das Ende der dritten Reihe.

      Awad wusste, dass die Leiche sofort nach den Riten begraben würde. Die muslimische Tradition befahl, dass eine Leiche so schnell wie möglich begraben werden musste. Er war der Erste, der nach dem Gebet aufstand und sprach mit inbrünstiger Stimme: „Meine Brüder”, begann er. „Mit großem Kummer übergeben wir Abdallah bin Mohammeds Körper der Erde.”

      Alle Augen richteten sich auf ihn, einige waren durch seine plötzliche Unterbrechung verwirrt, doch niemand stand auf oder unterbrach ihn.

      „Sechs Jahre sind vergangen, seitdem wir wegen der Heuchelei Hamas’ aus Gaza verbannt wurden”, fuhr Awad fort. „Vor sechs Jahren wurden wir in die Wüste vertrieben und leben von der Wohltätigkeit bin Mohammeds, plündern und rauben, was wir können. Seit sechs Jahren leben wir eine Lüge und halten uns in den Schatten von Hamas auf. In den Schatten von Al-Qaeda. Von Isis. Von Amun.”

      Er hielt einen Moment inne, während er den Blick jedes Augenpaares erwiderte. „Nicht länger. Die Brüderschaft wird sich nicht länger verstecken. Ich habe einen Plan ausgearbeitet. Vor Abdallahs Tod habe ich ihm meinen Plan erklärt und seinen Segen erhalten. Wir, Brüder, werden diesen Plan durchführen und unseren Glauben behaupten. Wir werden die Häretiker ausmerzen, und die ganze Welt wird die Brüderschaft kennenlernen. Ich verspreche es euch.”

      Viele, sogar die meisten, Köpfe nickten im Hof. Ein Mann stand auf, ein starker und etwas zynischer Bruder, der sich Usama nannte. „Und worum geht es in diesem Plan, Awad?” fragte er mit herausfordernder Stimme. „Welchen großartigen Komplott hast du da ausgeheckt?”

      Awad lächelte. „Wir werden den heiligsten Dschihad, der jemals auf amerikanischen Boden durchgeführt wurde, anzetteln. Einen, den Al-Qaedas Angriff auf New York als fruchtlos erscheinen lassen wird.”

      „Wie?” wollte Usama wissen. „Wie werden wir das anstellen?”

      „Alles wird offenbart”, antwortete Awad geduldig. „Doch nicht heute Nacht. Dies ist ein Abend der Ehrfurcht.”

      Awad hatte wirklich einen Plan. Er hatte sich in seinem Gehirn schon für einige Zeit geformt. Er wusste, dass es möglich wäre, er hatte mit dem Libyer gesprochen, der ihn über die israelischen Journalisten und die Kongressdelegation aus New York informierte, die bald in Bagdad wären. Es schien wie eine schicksalhafte Fügung, dass sich alles so ergeben hatte - sogar Abdallahs Tod. Awad war sogar soweit gegangen, eine vorläufige Vereinbarung mit einem Waffenhändler zu treffen, der Zugang zu der notwendigen Ausrüstung für den Angriff auf die US Stadt hatte, doch es war eine Lüge, dass er es mit Abdallah besprochen hatte. Der alte Man war ein Anführer, ein Freund und ein Wohltäter für die Brüderschaft - und dafür war Awad ihm dankbar - doch er hätte niemals zugestimmt. Es bräuchte erhebliche finanzielle Mittel und könnte den Bankrott für ihre Ressourcen bedeuten, falls etwas schiefging.

      Deshalb wusste Awad, dass er sich bei Hassan bin Abdallah beliebt machen musste. Die Pflicht der Bestattung wurde für gewöhnlich von dem engsten männlichen Verwandten durchgeführt, doch Awad konnte sich kaum vorstellen, dass Hassans dünne, schlaksige Arme ein Loch grüben, das tief genug wäre. Außerdem könnte er Hassan näherkommen, wenn er ihm bei der Aufgabe hälfe, und so seinen Plan mit ihm besprechen.

      „Bruder Hassan”, sagte Awad. „Ich hoffe, dass du mir die Ehre gibst, dir dabei zu helfen, Abdallah zu begraben.”

      Der anämische Hassan blickte ihn an und nickte einmal. Awad konnte in den Augen des jungen Mannes sehen, dass er vor Angst, die Brüderschaft anzuführen, erstarrte. Die beiden traten aus der dreireihigen Gebetsformation heraus, um Schaufeln zu holen.

      Nachdem sie außer Hörweite der anderen waren, im Mondlicht des offenen Hofes erleuchtet, räusperte Hassan sich und fragte: „Was hast du da für einen Plan, Awad?”

      Awad bin Saddam hielt ein Grinsen zurück. „Er fängt damit an”, antwortete er, „drei Männer zu entführen. Morgen, nicht weit von hier. Er endet mit einem direkten Angriff auf die Stadt New York.” Er hielt inne und legte eine schwere Hand auf Hassans Schulter. „Doch ich kann das nicht alleine inszenieren. Ich brauche deine Hilfe, Hassan.”

      Hassan schluckte und nickte.

      „Ich verspreche dir”, fuhr Awad fort, „dass diese sündenverdorbene Nation habgieriger Abtrünniger einen unzählbaren Verlust erleidet. Die Brüderschaft wird endlich als eine Macht im Islam anerkannt werden.”

      Und, behielt er bei sich, der Name Awad bin Saddam wird für immer einen Platz in der Geschichte haben.

      KAPITEL ZWEI

      „Erinnert, erinnert, den fünften November”, sagte Professor Lawson, während er vor einer Gruppe von siebenundvierzig Stunden im Healy Hörsaal der Georgetown Universität auf- und abging. „Was bedeutet das?”

      „Wissen Sie denn nicht, dass wir erst April haben?” witzelte ein braunhaariger Junge in der ersten Reihe.

      Einige Studenten kicherten. Reid grinste. Im Hörsaal war er in seinem Element, es fühlte sich gut an, wieder hier zu sein. Fast, als sei alles wieder normal. „Nicht ganz. Das ist die erste Zeile eines Gedichts, dass einem sehr wichtigen Anlass - oder fast-Anlass, sozusagen - in der englischen Geschichte gedenkt. Der fünfte November, bitte?”

      Eine junge, braunhaarige Frau einige Reihen weiter hinten erhob höflich die Hand und bot an: „Guy Fawkes Tag?”

      „Ja, danke schön.” Reid blickte kurz auf seine Uhr. Die digitale Anzeige nach Neuigkeiten zu überprüfen, war seit kurzem zu einer Gewohnheit geworden, fast wie ein eigentümlicher Spleen. „Ähm, obwohl die Feierlichkeiten nicht mehr so verbreitet sind wie zuvor, fand am fünften November ein gescheiterter Mordkomplott statt. Ich bin mir sicher, dass ihr alle schon Mal den Namen Guy Fawkes gehört habt.”

      Köpfe nickten und bejahendes Gemurmel war im Hörsaal zu vernehmen.

      „Gut. 1605 arbeiteten Fawkes und zwölf weitere Verschwörer einen Plan aus, um das House of Lords, den englischen Bundesrat, während einer Versammlung zu sprengen. Doch die Mitglieder des House of Lords waren nicht ihr eigentliches Ziel. Vielmehr wollten sie König James I ermorden, der Protestant war. Fawkes und seine Freunde wollten wieder einen katholischen Monarchen auf den Thron setzen.”

      Er blickte erneut auf seine Uhr. Eigentlich wollte er es gar nicht, es war ein Reflex.

      „Ähm...” Reid räusperte sich. „Ihr Plan war recht einfach. Über einige Monate hinweg verstauten sie sechsunddreißig Fass Schießpulver in einer Krypta - das ist so was wie ein Weinkeller - direkt unter dem Parlament. Fawkes war der Attentäter. Er sollte eine lange Zündschnur entfachen und dann, so schnell ihn seine Beine trugen, zur Themse rennen.”

      „Wie in einem Wile E. Coyote Zeichentrickfilm”, sagte der Witzbold in der ersten Reihe.

      „So ähnlich”, stimmte Reid zu. „Deshalb nennt man ihren Mordversuch heutzutage auch den Schießpulver-Komplott. Doch sie schafften es nicht, die Zündschnur zu entfachen. Jemand gab dem House of Lords anonym einen Hinweis und man durchsuchte die Krypten. Das Schießpulver und Fawkes wurden entdeckt...”

      Er warf wieder einen Blick auf seine Uhr. Sie zeigte ihm nichts außer der Zeit an.

      „Und, ähm...” Reid kicherte leise über sich selbst. „Es tut mir leid, Leute, ich bin heute einfach ein bisschen abgelenkt. Fawkes wurde ertappt, doch weigerte sich, die anderen Verschwörer zu verraten - zumindest zu Anfang. Er wurde in den Tower of London gesteckt und dort für drei Tage gefoltert...”

      Plötzlich blitzte eine Vision in seinem Gehirn


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