Der Frosch mit der Maske. Edgar Wallace

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Der Frosch mit der Maske - Edgar  Wallace


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      Als der Wagen von dem Caverley-Haus hielt, fuhr Elk aus seinem langen Sinnen auf. »Was sind Sie, Herr Broad?«

      »Dreimal dürfen Sie raten!« Der andere lachte fröhlich, als sie aus dem Wagen stiegen.

      »Geheimagent«, meinte Elk prompt.

      »Falsch! Ich bin Privatdetektiv, und mein Steckenpferd ist das Studium der Verbrecherkategorien. Wollen Sie heraufkommen und ein Glas Bier trinken?«

      Elk nahm die Einladung an.

      Broad wollte den Schlüssel in das Schloß seiner Wohnungstür stecken, als Elk plötzlich die Hand auf dessen Arm legte.

      »Öffnen Sie die Tür nicht!« sagte er flüsternd. Broad sah ihn überrascht an. Alle Muskeln im Gesicht des Detektivs waren gespannt.

      »Warum nicht?«

      »Es ist nur ein Gefühl. Ich bin Schotte von Geburt, und wir haben ein Wort ›fey‹, das Übernatürliches bedeutet.«

      »Sind Sie abergläubisch? Oder spaßen Sie?« fragte Broad.

      »Es ist etwas hinter dieser Tür, ich könnte einen Eid darauf leisten.« Elk nahm den Schlüssel aus Broads Hand, stieß ihn ins Schloß und öffnete. Dann riß er mit raschem Stoß die Tür auf, indem er Broad zur Seite in den Schutz der Wand drängte. Eine Sekunde lang geschah nichts. Aber dann sprang Elk zur Treppe.

      »Laufen Sie, laufen Sie!« rief er. Der Amerikaner sah die erste Wolke grünlichgelben Dunstes aus der offenen Tür quellen und folgte. Der Portier schloß eben seine Kammer für die Nacht, als Elk, ohne Hut und atemlos, ihn zur Seite drängte.

      »Können Sie in die Wohnungen telefonieren?« fragte er. »Gut! Rufen Sie sofort unterhalb des dritten Stockes an und sagen Sie den Mietern, daß auf keinen Fall die Türen geöffnet werden dürfen. Sagen Sie, daß alle Ritzen mit Papier verschlossen, die Briefkästen verstopft und die Fenster aufgemacht werden müssen. Das Haus ist mit giftigen Gasen angefüllt. Fragen Sie mich nicht, tun Sie, was ich Ihnen sage!«

      Er selbst telefonierte der Feuerwehr, und wenige Sekunden später erklang draußen das Gebimmel von Glocken, und Männer in Gasmasken stampften die Treppe hinauf. Glücklicherweise hatten alle Mieter außer Broad und seiner Nachbarin für das Wochenende die Stadt verlassen.

      »Und Fräulein Bassano kommt immer erst in früher Morgenstunde zurück«, sagte der Portier.

      Die Nacht verging, bevor das Gebäude mit Hilfe von Hochdruckluftpumpen und chemischen Beschleunigungsmitteln gelüftet worden war. Broad hatte keinerlei Schaden erlitten als den, daß sein Silber schwarz verfärbt und jede Fensterscheibe, jeder Spiegel in seiner Wohnung mit einer gelblichen Ablagerung bedeckt war. Trotz der weit offenen Fenster durchzog ein muffiger Geruch die Räume, aber der Morgenwind kam, um die letzten Spuren des Überfalls fortzuwehen. Die beiden Männer begannen gemeinsam die Zimmer zu durchsuchen, um zu entdecken, wo das Gas eingeströmt war.

      »Durch den offenen Kamin«, sagte Elk.

      Eine Untersuchung des Daches bestätigte, daß seine Theorie richtig gewesen war. Sie fanden zehn große leere Gaszylinder und ein langes Seil, an dem ein Weidenkörbchen befestigt war.

      »Der Verbrecher hat sich ins Haus geschlichen, während der Portier beim Aufzug beschäftigt war. Jemand auf der Straße hat die Zylinder in dem Körbchen befestigt, und der Mann hat vom Dach aus eines nach dem andern hinaufgezogen. Sie müssen vorher eine ziemlich sorgfältige Umschau gehalten haben, sonst hätten sie nicht gewußt, welcher Kamin in Ihr Zimmer führt.«

      Die beiden kehrten in die Wohnung zurück.

      »Glücklicherweise hat mein Diener Ferien«, sagte Broad, »sonst wäre er jetzt schon im Himmel.«

      »Hoffentlich!« antwortete Elk fromm. Die Sonne stieg gerade über die Dächer, als er schließlich fortging. Er hörte den Klang lärmender Stimmen, noch ehe er das Vestibül erreicht hatte. Ein großes Auto hielt vor dem Eingang, und am Steuer saß Ray Bennett im Frack. Den Platz neben ihm hatte Lew Brady eingenommen, und auf dem Gehsteig stand Lola in einem strahlenden Abendmantel.

      Ray Bennett hatte getrunken und war der völligen Berauschtheit nahe. »Ach, das ist ja Elk, der Elch der Elche! Mein Kompliment, alleredelster Diebsfänger. Lola, hier siehst du Elk von Elchsburg, den wahrhaften Sherlock, den Bluthund des Gesetzes...«

      »Halt's Maul!« zischte Lew in sein Ohr. Aber Ray war in zu gehobener Stimmung, um so leicht zur Ruhe gebracht werden zu können.

      »Wo ist dein unschätzbarer Gordon? Sag, Elk! Achte auf Gordon – achte um meinetwillen auf den armen, lieben Gordon! Meine Schwester mag ihn sehr gerne, den Gordon!«

      »Das ist ein schöner Wagen, Herr Bennett«, sagte Elk und betrachtete nachdenklich das Auto. »Ein Geschenk von Ihrem Vater?«

      Die Erwähnung von seines Vaters Namen schien den jungen Mann wesentlich zu ernüchtern. »Nein«, schnitt er ab. »Er gehört einem Freund. – Gute Nacht, Lola!« Er ließ den Wagen an.

      »Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen!«

      Der Wagen sprang an und raste dahin. Elk sah ihm nach, bis er aus seinem Gesichtskreis verschwand.

      »Ich fürchte, er ist in Gefahr, sich seinen Schädel am Mond zu zerschellen. – Gut, daß Sie nicht früher kamen.«

      »Wieso?«

      »Es ist ein Gasüberfall im Caverley-Haus verübt worden«, erklärte er. »Sie werden es vermutlich riechen, wenn Sie die Treppen hinaufgehen.«

      »Giftgas?« fragte sie.

      Elk nickte.

      »Aber wer hat es hierhergebracht?« Elk sah sie mit einem verwunderten Blick an.

      »Wenn ich das wüßte, würde ich dann hier stehen und mit Ihnen darüber sprechen? – Hören Sie, Lola, was treibt dieser junge Bennett?«

      »Er hat gerade jetzt einen Haufen Geld verdient, und ich vermute schon, daß er es ein wenig zu toll treibt.«

      »Wenn ich viel Geld erworben hätte und damit etwas beginnen wollte, hätte ich mir einen besseren Maître de plaisir gewußt, als einen Lumpen von Preisboxer.«

      Über Lolas schönes Gesicht flutete eine zornige Welle, und der Blick, mit dem sie ihn maß, barg nicht minder tödliches Gift als die Gase, gegen die er eine lange Nacht gekämpft hatte.

      »Ich glaube, ich werde Nachforschungen im Zentralbüro über seinen weiblichen Bekanntenkreis anstellen müssen«, fuhr Elk erbarmungslos fort. »Ich verstehe ja, aus welchen Gründen Sie das Spiel spielen, natürlicherweise, weil das Geld Sie lockt. Was ich aber gerne erfahren würde, ist, woher das Geld stammt!«

      »Das wird nicht das einzige bleiben, was Sie gerne erfahren möchten«, zischte Lola und eilte ins Haus.

      Elk stand, wo sie ihn verlassen hatte, still. Sein Gesicht war melancholisch und ohne Ausdruck. Wohl fünf Minuten lang verharrte er so, dann ging er langsam in der Richtung seines bescheidenen Junggesellenheimes davon. Er wohnte oberhalb eines geschlossenen Zigarrenladens allein in dem Haus.

      Als er die Gray-Inn-Straße überquerte, blickte er rein zufällig zu den Fenstern seines Zimmers auf und bemerkte, daß sie überraschenderweise alle geschlossen waren. Aber er stellte noch eine andere erstaunliche Tatsache fest.

      Jede Glasscheibe war von einer gelb opalisierenden Substanz getrübt. Elk sah die stille Straße hinauf und hinunter. In der Nähe hatte man an der Straßenausbesserung gearbeitet. Der Nachtwächter schlummerte vor seinem Feuer und hörte weder Elks Annäherung, noch nahm er sein ungewöhnliches Vorhaben wahr.

      Der Detektiv suchte aus einem Steinhaufen drei abgeschliffene Kieselsteine heraus und ging mit diesen wieder zu seinem Haus zurück. Mitten auf der Straße stehend, warf er Stein um Stein und traf. Glas klirrte, und die Fenster zerbrachen. Er wartete und sah gelbe Wolken giftigen Dampfes durch die zersplitternden Scheiben strömen.

      »Das fängt nachgerade an, monoton


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