Toni der Hüttenwirt 248 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt 248 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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title>Toni der Hüttenwirt – 248 –

      »Sag mal, was ist denn mit Lotte los?«

      »Ich habe keine Ahnung, Willy«, sagte Elly. »Seit das Madl am Wochenende mit Freunden unterwegs war, ist sie sehr still.«

      Wilhelm und Elsbeth Wetter waren Charlottes Großeltern.

      »Kleine Kinder – kleine Sorgen, große Kinder – große Sorgen, sagt man. Und da steckt viel Wahrheit drin«, seufzte Elly.

      »Vielleicht hat sich das Madl verliebt?«

      »Na, da machst du dir vergeblich Hoffnung. Wenn Lotte verliebt wäre, dann würde sie strahlen. Sie wäre fröhlich und übermütig.«

      »Es kann doch sein«, sagte Willy, »dass sie unglücklich verliebt ist.«

      Elly schaute ihren Mann überrascht an. Sie dachte einen Augenblick nach. »Das könnte allerdings sein.«

      »Dann musst du sie fragen, Elly, von Frau zu Frau, du weißt schon.«

      »Schmarrn, Willy! Ich werde schön meinen Mund halten. Wenn das Madl reden will, wird es schon etwas sagen. Du kennst doch Lotte. Sie macht immer alles mit sich selbst aus. Erst wenn sie sich ganz sicher ist, lässt sie die Katze aus dem Sack. Das war damals nach ihrem Abitur genauso. Erinnerst dich, wie alle auf sie eingeredet haben, sie soll dies oder jenes studieren, Jura, Chemie, Politikwissenschaft oder Pharmazie. Mit dem guten Abitur hätte sie alles studieren können. Dann überraschte sie uns damit, dass sie Stuckateurin werden und bei dir in der Firma eine Lehre machen wollte. Das konnte ihr niemand ausreden. Jetzt hat sie den Facharbeiterbrief und wurde als Architekturstudentin angenommen. Sie hat nichts erzählt, bis sie die Zusage bekommen hatte. So ist sie eben, unsere Charlotte. Sie trifft ihre Entscheidungen allein.«

      »Das stimmt. Trotzdem mache ich mir Sorgen. Das ist schon der zweite Tag, an dem sie nicht mit uns isst. Beim Abendessen hat sie auch gefehlt. Sie isst in der Stadt und kommt spät heim. Vielleicht steckt doch ein Bursche dahinter?«, ließ Wilhelm nicht locker.

      »Ich werde Sophie anrufen. Die Madln hatten immer einen guten Draht zueinander.«

      »Pass aber auf, dass es keinen Ärger gibt, Elly! Lotte ist sehr empfindlich, wenn man sie bedrängt.«

      Das kleine Uhrmachergeschäft, in dem Sophie arbeitete, lag am anderen Ende von München. Elsbeth rief sogleich dort an.

      »Firma Urban, Sie sprechen mit Sophie Holzer«, meldete sich Charlottes Cousine.

      »Grüß dich, Sophie, ich bin es, die Elly! Du, Sophie, ich glaube, meine Uhr ist kaputt. Sie geht sehr ungenau. Kannst du danach sehen? Wann triffst du dich wieder mit Lotte zum Stadtbummel? Ich werde ihr die Uhr mitgeben und mir den Weg ans andere Ende von München sparen.«

      »Eigentlich wollten wir uns heute treffen, aber Lotte hat sich nicht gemeldet. Ist sie auf einer Baustelle?«

      »Sie ist unterwegs, Sophie. Du kennst sie doch. Wenn sie eine knifflige Arbeit hat, vergisst sie alles. Ruf sie an!«

      »Ja, das mache ich. Du kannst ihr die Uhr mitgeben. Ich sehe sie mir an. Vielleicht ist gar nicht viel zu justieren, und Lotte kann sie gleich wieder mitnehmen.«

      »Ich danke dir, Sophie! Und wie geht es Kuno?«

      Sophie lachte.

      »Meinen Bruder sehe ich selten, seit er bei dem neuen Meister arbeitet. Da ist etwas im Busch, sage ich dir. Ich denke, Kuno wird danach die Meisterprüfung machen und in das Geschäft einsteigen und Partner werden. Er will das mit den Eltern bereden, wenn sie aus dem Urlaub zurück sind. Da halte ich mich heraus. In Gelddingen sind Kuno und ich wie Feuer und Wasser, wenn wir uns auch als Geschwister sonst gut verstehen. Er hat im Augenblick nur noch Zahlen im Kopf. Ich sehne den Augenblick herbei, wenn die Eltern wieder da sind. Er nervt wirklich.«

      »Ich habe eine Idee, Sophie. Wie wäre es, wenn ihr drei euch im Biergarten verabredet und anschließend in die Disco geht? Vielleicht bringt das Kuno auf andere Gedanken.«

      »Gute Idee! Ich rufe Lotte gleich an. Pfüat di! Ich muss Schluss machen. Es kommt Kundschaft in den Laden, und der Meister ist in der Mittagspause.«

      »Pfüat di!«, sagte Elsbeth und hängte ein.

      »Welche Uhr ist kaputt?«, fragte Wilhelm.

      »Mei, keine, das war doch nur eine Ausrede, Willy«, schmunzelte Elly. »So eine kleine Schummelei sieht der liebe Gott nach.«

      *

      Charlotte lag auf einer Wiese im Park und schaute in den blauen Himmel über München. Ihre Gedanken kreisten um ihre Entdeckung. Sie hatte einen Großvater. Darüber musste sie lachen. Natürlich hatte jeder Mensch Vorfahren. Nur in Charlottes Familie wurde daraus ein Geheimnis gemacht. Jetzt hatte sie alles erfahren. So schön diese neue Gewissheit war, gab es doch viel zu bedenken. Das wird wie eine Bombe einschlagen, dachte Charlotte. Es kommt darauf an, wie ich diese Neuigkeit beibringe.

      Das Handy klingelte. Es war Sophie. Charlotte ließ sich überreden, am Abend mit ihr und Kuno in den Biergarten zu gehen.

      Charlotte kam als Letzte in den Biergarten.

      »Da bist du ja endlich«, sagte Sophie. »Wir haben versucht, dich anzurufen, haben aber nur deinen Anrufbeantworter erreicht, oder es war besetzt.«

      »Tut mir leid, eine alte Schulfreundin, sie steckt in Problemen«, flunkerte Charlotte. Sie hatte sich entschlossen, nicht gleich mit den Tatsachen herauszurücken. »Sie war froh, dass sie jemanden zum Reden hatte. Sie tut mir leid.«

      »Kenne ich sie?«, fragte Sophie.

      Charlotte ging nicht auf die Frage ein. »Ihr Leben ist nicht mehr, wie es war«, seufzte sie. »Aber jetzt will ich abschalten. Sie wird sich wieder fangen.«

      Sophie war neugierig geworden. »Ihr Kummer scheint dich mitzunehmen, Lotte. Konntest du ihr helfen?«

      Charlotte zuckte mit den Schultern.

      »Sie muss sich selbst entscheiden. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Entweder sie macht das Spiel weiter mit und tut so, als wüsste sie nichts, oder sie sucht den Streit mit ihren Eltern und Geschwistern. Okay, ich gebe euch eine kurze Zusammenfassung: Diese Freundin hat zweifelsfrei herausgefunden, dass ihr Vater kein Waisenkind war. Es gibt Verwandte und die hat sie gefunden. Die Verwandten sind sehr nett. Sie hat sie kennengelernt. Vor Urzeiten gab es wohl Streit ums Erbe. Seither tut die eine Seite so, als gäbe es die andere Seite nicht. Jetzt überlegt meine Freundin, was sie tun soll. Weiterhin das Spiel ihres Vaters mitspielen oder Farbe bekennen?«

      »Wenn da etwas zu erben ist, wäre es dumm, die Sache unter den Tisch fallen zu lassen«, sagte Kuno. »Man soll einen Kontakt nie abbrechen. Gibt es etwas zu holen? Kann deine Freundin etwas erben?«

      »Wohl eher nicht, denke ich. Nach dem Kontaktabbruch haben die Verwandten alles an Fremde verkauft. Mit denen sind sie befreundet. Diese Leute werden sie später auch mal beerben.«

      »Immobilien?«, fragte Kuno nach.

      »Land, das teilweise bebaut ist, in einem beliebten Tourismusgebiet.«

      »Wow!«, stieß Kuno hervor. »Ist das Madl noch zu haben? Diese Art von Grundbesitz kann Millionen wert sein, Lotte! Deine Freundin sollte sich auf jeden Fall mit einem Anwalt beraten. Sie soll darum kämpfen, dass sie nicht leer ausgeht. Warum das Fremden überlassen?«

      »Der Verkauf liegt schon Jahre zurück«, sagte Lotte.

      »Das spielt keine Rolle. Sie sollte überprüfen, ob der Verkauf rechtens war. Vielleicht muss er rückgängig gemacht werden. Waren die ehemaligen Besitzer alt?«

      »Sehr alt, Kuno!«

      »Dann muss sie nur nachweisen, dass sie nicht im Besitz ihrer geistigen Kräfte waren, als sie verkauften, oder dass sich die Käufer ihr Vertrauen erschlichen haben.« Kuno trank einen Schluck Bier. »Deine Freundin muss wissen, was sie tut. Falsche Rücksichtnahme ist fehl am Platze, wenn es um Geld geht. Ich würde kämpfen, statt Fremden das Erbe zu überlassen. Selbst wenn sie nicht ins Tourismusgeschäft einsteigen will, bringt es ihr eine Superrendite. Grundbesitz ist immer gut. Also, dass deine Freundin sich Gedanken macht und falsche Rücksichtnahme


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