Der Bergpfarrer 252 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer 252 – Heimatroman - Toni Waidacher


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einfallen lassen, um sie doch noch zu überzeugen, er musste …

      Während Christine noch gedankenverloren von der Balkonbrüstung in die vor Menschen wimmelnden Gassen starrte, kehrte Lukas kurz entschlossen ins Innere seiner Wohnung zurück, entkorkte eine Flasche Sekt und schenkte zwei Gläser voll. Dann trat er, die Sektflöten in der Hand, dicht hinter Christine.

      »Chrissie, Liebes«, sagte er sanft, wobei er versuchte, seine Stimme besonders dunkel und samten klingen zu lassen.

      Mit fragendem Blick drehte Christine sich zu ihm um.

      Lukas reichte ihr eines der Gläser und prostete ihr zu. »Bitte sei mir nicht böse, Liebes. Die Sache mit St. Johann tut mir leid. Ich …, ich will dich auf keinen Fall zu etwas zwingen. Das ist doch klar. Wenn ich geahnt hätte … Nur ich war …, ich war mir so sicher, dass auch du von meiner Idee begeistert sein würdest. Und mit fliegenden Fahnen auf den Pörnbacher-Hof … Aber lassen wir das. Und wenden uns lieber erfreulicheren Dingen zu.« Er schaute Christine tief in die Augen. »Weißt du eigentlich, dass es übermorgen auf den Tag genau zwei Jahre her ist, seit wir uns zum ersten Mal begegnet sind?« Lukas legte alle Sehnsucht der Welt in seinen Blick. »Zwei lange Jahre haben wir inzwischen zusammen verbracht, Chrissie. Zwei wunderschöne Jahre, von denen mich jeder einzelne Tag und jede einzelne Stunde glücklich gemacht hat.«

      Christine Hartmanns Miene hellte sich auf wie der Himmel nach einem Sommergewitter. Nach ein paar Sekunden trat sogar der Hauch eines Lächelns auf ihre Züge.

      »Lukas, du …, du erinnerst dich wirklich immer noch an unsere erste Begegnung?«, staunte sie. »Das hätte ich nie geglaubt. Aber du hast Recht: Übermorgen kennen wir uns zwei Jahre. Es …, es ist schön von dir, dass du den Tag nicht vergessen hast … Und dabei habe ich in letzter Zeit immer gedacht, dass ich dir nicht mehr so viel bedeute wie am Anfang unserer Beziehung. Ehrlich gesagt war ich schon beinahe überzeugt davon, dass du und Kerstin, unsere neue Assisten­tin …«

      Christine verstummte erschrocken mitten im Satz. Lukas sprach vom Tag ihres Kennenlernens und sie kam ihm mit Eifersucht und Misstrauen! Sie fühlte, wie ihr eine heiße Röte in die Wangen stieg. Und war froh, dass Lukas es im matten Schein der flackernden Kerzen bestimmt nicht sehen konnte. Was sollte Lukas von ihr denken!

      Lukas zuckte allerdings nur nachsichtig die Schultern, auch wenn es bei der Erwähnung der neuen Assistentin unwillkürlich wie ein Ruck durch seinen Körper gegangen war. Wie in aller Welt war Christine bloß dahintergekommen, dass Kerstin ihm nicht gleichgültig war! Natürlich hatte er der Zuckerpuppe mehr als einmal begehrliche Blicke hinterhergeworfen. Aber er war sich sicher gewesen, seine Leidenschaft für Kerstin trotz allem sehr geschickt verborgen zu haben.

      »Auf uns und unsere Liebe, Chrissie«, sagte Lukas schließlich, als wäre nichts gewesen. »Auf dass sie ewig dauern möge.«

      Christine sah ihm tief in die Augen.

      »Auf dass sie ewig dauern möge«, wiederholte sie sehr leise, aber beinahe feierlich.

      »Ja. Ewig und einen Tag«, fügte Lukas hinzu und näherte seine Lippen denen Christines.

      Er hatte diesen Spruch einmal irgendwo gelesen.

      »Ewig und einen Tag«, gab Christine wie ein Echo zurück, ehe sie sich voneinander lösten und an dem kleinen verschnörkelten Tischchen neben einem in einem Pflanzkübel vor sich hin mickernden Oleander Platz nahmen.

      »In den nächsten Tagen werde ich mich dann wohl dazu aufraffen müssen, Gregor dem Großen zu sagen, dass du net nach St. Johann fährst«, stellte Lukas nach einer Weile mit gesenktem Blick fest. Scheinbar nervös und unsicher drehte er dabei seine Sektflöte zwischen seinen Händen hin und her. »Es wird mich auf der Karriereleiter ein gutes Stück zurückwerfen, aber wenn ich dir damit einen Gefallen tun kann …. Du weißt, dass ich für dich und deine Liebe alles opfern, auf alles verzichten kann.«

      Noch während er redete, rückte Lukas näher ran, griff nach Christines Hand und umfasste sie fest mit seinen Fingern.

      Christine schloss die Augen und ließ ihren Kopf an Lukas’ Schulter sinken.

      »Du bist wirklich lieb, Luk«, flüsterte sie. »Ich …, ich möchte dich auf keinen Fall in Schwierigkeiten bringen. Dazu hab ich dich doch viel zu gern. Ich meine, die Sache mit diesem Pörnbacher-Hof in St. Johann … Wenn es dir etwas bringt, könnte ich das Spielchen dir zuliebe wenigstens einmal versuchen. Vielleicht bin ich eine bessere Schauspielerin als ich denke. Und nachdem ich nun nimmer fürchten muss, dass du mich nur für eine Weile los sein willst, um dich Kerstin zuwenden zu können … Meine Eifersucht war kindisch, ich weiß. Aber …«

      Lukas Brenner fiel es wie Schuppen von den Augen:

      Es war wohl doch gar nicht so sehr das Schwindelmärchen von der Möchtegern-Bäuerin, das Christine die Reise nach St. Johann vergällt hatte, sondern in erster Linie die Angst, ihn zu verlieren. Lukas’ Herz klopfte bei diesem Gedanken unwillkürlich schneller. Er fühlte sich geschmeichelt, erleichtert und voll neuer Hoffnung zugleich.

      »Du musst mir deine Liebe net mit einem Aufenthalt im Wachnertal beweisen, Chris«, wagte er nach kurzem Zögern einen weiteren Vorstoß. »Allerdings wär’ ich dir, ehrlich gesagt, schon sehr dankbar, wenn du dich doch noch dazu bereit fändest.« Er kaute einen Moment lang auf seiner Unterlippe herum, dann fügte er hinzu: »Es ist mir selber auch net gerade leichtgefallen, eine mehrwöchige Trennung von dir zu akzeptieren. Das darfst du mir glauben, Liebes. Ich wollte Gregor dem Großen nur net widersprechen. Du kennst unseren Boss ja zur Genüge und weißt, wie sauer er auf Gegenwind reagiert. Da hab ich halt stillgehalten. Aber vermissen werd’ ich dich schrecklich, Chris. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Das war mir von Anfang an klar. Daran gibt es keinen Zweifel. Im Grunde fang’ ich ja jetzt schon damit an. Und den Pörnbacher werd’ ich glühend beneiden, weil er in deiner Nähe sein darf. An irgendwelche attraktive Jungbauern-Bewerber darf ich erst gar net denken, sonst wird mir gleich ganz anders. Du siehst, Chrissie, dass net nur du hin und wieder von der Eifersucht gepackt wirst. Mir ergeht es auch net besser.«

      Sanft strich Lukas über Christine Hartmanns dunkle Locken. Und schmunzelte, als ihr ein wohliger Seufzer entfuhr.

      »Wir werden telefonieren, Luk«, schlug Christine vor. »Jeden Morgen, noch vor dem Frühstück. Und jeden Abend. Und sobald ein paar Tage drehfrei sind, komm’ ich nach München.«

      Lukas streichelte weiter, aber eher automatisch, denn mit Gefühl. Nervös leckte er sich über die Lippen.

      »Das wird net nötig sein, Schatz«, antwortete er ein wenig zu rasch und ein wenig zu laut. »Weil ich jede freie Minute in St. Johann verbringen werde. Net dass dich mir doch noch einer der Jungbauern ausspannt, die alle auf den Pörnbacher-Hof wollen.«

      Christine schlang ihre Arme um Lukas’ Nacken und blinzelte dem Kollegen und Freund verliebt zu.

      »Davor brauchst du keine Angst zu haben. Ich werd’ dir net untreu, Luk«, versicherte sie. »Erstens mag ich nur dich allein. Und zweitens möcht’ ich wissen, was ausgerechnet ich mit einem Bauern anfangen sollte. Schließlich spiel’ ich ja nur die Aussteigerin. Den ganzen Tag Stall ausmisten, Kühe melken und im Feld arbeiten, würd’ mir grad noch fehlen.« Sie lachte. »Vielleicht stell’ ich mich zu all den Sachen ja sogar so dumm an, dass mich dieser Pörnbacher schon nach einer Woche wieder vor die Tür setzt. Dann sehen wir uns schneller wieder, als Gregor dem Großen lieb ist.«

      Lukas Brenner stimmte in Christines Lachen ein, wenn ihn auch beim Gedanken an Kerstin und mögliche Überraschungsbesuche Christines in München eine leise Unruhe beschlich.

      *

      Mit ausgreifenden, aber doch bedächtigen Schritten marschierte Pfarrer Trenker in Richtung Pörnbacher-Hof. Einmal warf er kurz einen leicht wehmütigen Blick zum Kogler hinauf und zu der Senke, in der die Streusachhütte lag, lief dann aber zügig weiter, bis er Franz’ und Burgls Anwesen erreicht hatte.

      Luxl, der Hofhund, kam ihm aufgebracht bellend und knurrend entgegen, verstummte aber, als er den Geistlichen erkannte, und wedelte freundlich mit dem Schwanz. Nur Murr, der Kater, kannte kein


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