Leni Behrendt Classic 49 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Classic 49 – Liebesroman - Leni Behrendt


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      »Ist das die Möglichkeit?« Die Küchengewaltige stemmte die Arme in die Hüften. »Und gleich mit einem Dudelsack? Das kann ja gut werden!«

      Der barsche Ton schüchterte Holda merkwürdigerweise gar nicht ein. Immer noch lächelnd fragte sie: »Wo sollte ich das empfindliche Instrument denn lassen?«

      »Zu Hause. Solche Firlefanzereien sind hier nicht angebracht«, kam es brummend zurück. »Ein Glück, daß ich Ihr Zimmer schon instandgesetzt habe, sonst wüßte ich tatsächlich nicht, wohin mit Ihnen. Kommen Sie mit.«

      Mit Schritten, die ihrem Ärger Ausdruck gaben, ging sie voran. Durch die Küche, einen Flur, die Treppe hinauf, über einen Gang. An dessen Ende öffnete sie eine Glastür. Nun wurde der Gang breiter und war mit einem dicken Läufer belegt. Links zeigte er Fenster mit duftigen Gardinen und üppig blühenden Topfblumen auf den Brettern, rechts hohe Flügeltüren.

      Eine davon öffnete die Wirtschafterin und betrat vor dem jungen Mädchen ein Zimmer, in dem alles licht und hell war: die Möbel, das breite Bett mit dem duftigen Himmel und der hellgrünseidenen Daunendecke, der gleichfalls grüngemusterte Teppich, die zarten Gardinen.

      »Wie schön!« sagte Holda erfreut, was ihre Begleiterin freundlicher stimmte.

      »Bei uns ist alles schön«, entgegnete sie gnädig. »Nebenan ist das Bad.«

      »Danke, Fräulein.«

      »Eine Frau bin ich.«

      »Entschuldigen Sie bitte, Frau Auguste. In diesem entzückenden Zimmer werde ich mich sehr wohl fühlen.«

      »Müßte man, aber Undank ist nun mal der Welt Lohn. Haben Sie denn eigentlich gar kein Gepäck?«

      »Das ist noch auf dem Bahnhof. Was ich heute brauche, birgt das Köfferchen.«

      »Na, schön. Um sieben Uhr gibt es Abendbrot, halten Sie sich also bereit. Mein Mann, der Diener Gottfried, wird Sie nach dem Speisezimmer führen. Unpünktlichkeit gibt es bei uns nicht, verstanden?«

      »Ja, Frau Auguste.«

      Jetzt wurde das Mädchen ungeniert und sehr eingehend gemustert, und dann kamen Fragen, in barschem Ton gestellt, der wahrscheinlich die Neugier verdecken sollte, die Gustchen förmlich aus den Augen sprang.

      »Woher kommen Sie?«

      »Aus Königsberg.«

      »Du lieber Himmel, auch das noch! Von Großstadtmädchen halte ich nämlich nicht viel. Die haben doch bloß Kino und Tanzerei im Kopf. Das gibt’s bei uns nicht, verstanden?«

      »Ja. Auf eben erwähnte Dinge lege ich gar keinen Wert.«

      »Abwarten! Wenn die alten Scharteken, die wir bisher hier hatten, so scharf auf Vergnügen aus waren, dann ist es ein so junges Blut wie Sie allemal. Ich habe die Frau Gräfin oft genug gewarnt, sich so was Firlefanziges ins Haus zu nehmen. Sind Sie wenigstens schon zwanzig?«

      »Nein, aber ich werde es nächstens.«

      »Ich sage ja, viel zu jung für uns! Haben Sie denn was Ordentliches gelernt?«

      »Wie man’s nimmt. Ich machte Ostern mein Abitur.«

      »Wollen Sie denn studieren?«

      »Ja.«

      »Was?«

      »Medizin.«

      »Na, hören Sie mal, davon möchte ich Ihnen entschieden abraten. So ein spilleriges Ding und Doktor werden? Das hat ja noch nicht einmal so viel Kraft, um einen Zahn zu ziehen.«

      Diese Entrüstung entlockte Holda ein herzfrohes Lachen, das die Gestrenge jedoch gnädig auffaßte. Denn es klang eher wohlwollend als tadelnd, als sie meinte:

      »Sie scheinen noch ein rechter Kindskopf zu sein. Aber sowas will die Frau Gräfin ja partout um sich haben. Fröhlichkeit soll um sie herrschen, als ob die in diesem Haus angebracht wäre! Hier gibt’s nichts zu lachen, bloß zu trauern. Nun wissen Sie Bescheid, Fräulein Rothe.«

      »Sagen Sie ruhig Holda zu mir.«

      Guste starrte sie mit aufgerissenen Augen an wie etwas Grausiges. Dann jammerte sie, indem sie buchstäblich die Hände überm Kopf zusammenschlug: »Ach, du liebes Gottchen im Himmel droben, daß du das zuläßt! Das ist doch Frevel!«

      »Warum denn?« fragte Holda verständnislos. »Ist mein Name etwa frevelhaft?«

      »Ach was!« schnauzte Auguste, besann sich dann jedoch auf ihre Würde und wurde sachlich. »Wenn Sie studieren wollen, haben Sie auch das Geld dazu? Oder sind Sie gar so etwas wie eine Werkstudentin?«

      »Erraten, Frau Auguste.«

      »Dann lassen Sie man lieber das Studieren, und werden Sie was Vernünftiges. Wie Sie es vorhaben, kommt doch bloß ein Hungerleben dabei heraus. Nehmen Sie mal zuerst zwanzig Pfund zu, damit Ihnen nicht der Wind durch die Backen pustet.«

      Damit entfernte sie sich gewichtigen Schrittes, und die Zurückbleibende hatte Mühe, nicht herzlich hinter ihr herzulachen.

      *

      Bald darauf betrat Holda das Speisezimmer, wo die Hausherrin bereits in ihrem Rollstuhl am gedeckten Tisch saß. Ein weites Gemach mit gediegenen Möbeln, die wohl schon seit Generationen breit und wuchtig ihren Platz behaupteten.

      Gespeist wurde an dem runden Tisch im Erker, weil der in der Mitte des Raumes stehende für drei Personen zu groß und wuchtig war. Die sorgfältig gedeckte Tafel ließ darauf schließen, daß man hier Wert auf verfeinerte Lebensweise legte. Es lag ein Hauch von Vornehmheit über Raum und Menschen.

      »Nun, Fräulein Rothe, sind Sie mit Ihrer Unterkunft zufrieden?« fragte die Hausherrin freundlich.

      »Sehr, Frau Gräfin. Ein so entzückendes Zimmer habe ich nicht erwartete. Überhaupt ist alles, was ich bisher sah, so einzig schön, daß ich mich ordentlich müde gefreut habe.«

      »Das ist der Reiz der Neuheit, mein Fräulein«, ließ sich von der Tür her eine Stimme vernehmen, tief, dunkel, klangvoll. Sie paßte zu dem herrischen Mann, der an den Tisch trat und besorgt die Mutter musterte, die ihm herzlich zunickte.

      »Ich fühle mich wohl, mein Junge.«

      »Wirklich, Muttchen?«

      »Ganz wirklich. Die Ausfahrt ist mir gut bekommen.«

      »Dann bin ich beruhigt. Nehmen Sie Platz, Fräulein Rothe.«

      Er wies mit einladender Handbewegung auf einen der wuchtigen Lehnstühle, in dem ihre grazile Gestalt fast verschwand. Der Hausherr ließ sich ihr gegenüber nieder. Gleich darauf servierte Gottfried das ländliche Mahl, das Holda sich trefflich munden ließ. Sie zierte sich durchaus nicht, als der Diener ihr die Schüssel mit den Speckeiern zum zweitenmal reichte, langte zu, und die Hausherrin sagte freundlich:

      »So ist es recht, Fräulein Rothe! Essen Sie nur tüchtig. Sie sind ja in dem glücklichen Alter, wo Sie auf schlanke Linie noch nicht zu achten brauchen.«

      »Würde ich auch sonst nicht tun, Frau Gräfin«, kam es ver­gnügt zurück. »Meinen guten Appetit lasse ich mir durch niemand und nichts rauben.« Als sie sah, daß der Diener das Zimmer verließ, setzte sie lachend hinzu: »Außerdem hat Frau Auguste mir geraten, mein Körpergewicht um zwanzig Pfund zu vermehren, bevor ich mit dem Hungerleben einer Werkstudentin beginne. Sonst traut sie mir nämlich nicht die Kraft zu, einen Zahn ziehen zu können.«

      Frau Feline lachte amüsiert, was den Sohn aufhorchen ließ. Demnach schien ein Lachen bei der Dame nur selten zu sein. Kein Wunder bei dem Schmerzenszug in dem vornehmen Antlitz, den Augen, die gewöhnlich so leidvoll blickten, und dem weißen Haar, wie es nur Kummer und Gram so frühzeitig bleichen kann.

      »Also hat unsere Getreue Sie bereits unter strenges Verhör genommen?«

      »O ja, Frau Gräfin. Ich kam mir beinahe wie im Examen vor. Fürchtete schon, daß sie mir das Lachen verbieten würde, aber ein striktes Verbot erfolgte


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