Die weiße Sklavin von Al Dschesair | Erotischer Roman. Johanna Söllner

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Die weiße Sklavin von Al Dschesair | Erotischer Roman - Johanna Söllner


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Hurenhaus in Algier zu landen, bis ich dort zugrunde gehe? Oder lieber gleich ein Ende machen? Hier und jetzt. Ich könnte über Bord springen. Dann Wasser schlucken und mich untergehen lassen. Besser der Tod, als so zu leben. Während ich noch abwäge, was ich will, tritt der Anführer zu mir heran. Packt mich an der Schulter. Ein grober fester Griff. Es ist die Schulter, an der ich beim Untergang des Schiffes von Trümmern getroffen wurde. Tränen schießen in meine Augen. Unwillkürlich schreie ich auf. Es tut weh, aber der Griff lockert sich nicht.

      »Männer! Ich bin Karim Bey. Ich bin Euer Anführer und ich habe Euch immer Euren gerechten Anteil von unseren Kaperfahrten gegeben. Es wird auch diesmal so sein. Ich weiß, dass ihr gerne Euren Spaß haben wollt. Aber bedenkt eines. Das ist nicht irgendeine Dirne, die wir hier aufgefischt haben. Lasst Euch nicht von ihrer Nacktheit täuschen. Diese hier ist schlau. Ins Wasser zu springen war die pure Notwendigkeit, um sich zu retten. Ihr wisst ja, wie viel Kleidung diese westlichen Frauen so tragen. Kann man damit schwimmen? Aber seht selbst.«

      Er packt meine Hände. Zeigt sie seinen Männern.

      »Sind das die Hände einer Dienerin? Seht wie gepflegt sie sind. Ihre Fingernägel sind lang und schön geschnitten. Keine rissige Haut. Kein Schmutz. Und seht ihre Haare. Ihren Körper. Er ist straff und schlank. Und dennoch wohlgenährt und weiblich. Glaubt mir, diese hier hat noch an keinem Tag ihres jungen Lebens etwas arbeiten müssen. Dies ist eine edle Frau. Und wisst ihr auch, was das heißt?«

      »Ja, Karim Bey. Das heißt Lösegeld! Jemand wird für sie bezahlen. Teuer bezahlen.«

      »Genau. Ihr habt es erfasst. Sie ist eine kostbare Ware. Nur eine Ware, die aber ihr Gewicht in Gold wert ist. Denn nicht weniger werden wir fordern. Und so kostbare Ware darf man nicht beschädigen. Sie steht unter meinem Schutz. Und jetzt geht zurück an die Arbeit. Wir müssen noch einen Behelfsmast aufstellen. Oder wollt ihr bis Algier rudern?«

      Die bedrohlich wirkende Menge um mich herum löst sich auf. Nicht ohne, dass der eine oder andere noch einmal meine Haut berührt. Doch das ist alles. Mehr nicht.

      »Aimra´a. Wie heißt du?«

      Er nennt mich Frau. Aimra´a ist arabisch für Frau. Er blickt mich durchdringend an. Er durchschaut mich, als ob ich aus Glas wäre.

      »Du denkst daran, über Bord zu springen? Dann wisse, ein weiteres Mal werde ich Dich nicht retten. Aber meine Männer werden Dich sicher wieder an Bord ziehen und dann werde ich sie machen lassen, was sie vorhin vorhatten.«

      Diese Drohung zeigt Wirkung. Die Lust auf einen Heldentod ist mir vergangen. Und zwar ganz schnell.

      »Ich habe dich gefragt, wie du heißt?«

      Dabei drückt er mir seine Finger hart in mein Fleisch, um seiner Aufforderung Nachdruck zu verleihen. Sinnlos, mich gegen diesen Druck zu wehren. Ich schüttle meinen Kopf, lasse meine langen blonden Haare fliegen. Dann blicke ich ihm, so fest ich kann in seine dunklen Augen.

      »Ich bin Lady Charlotte. Lady Charlotte Seymore. Tochter von Sir Percy Seymore.«

      Ich will gerade fortfahren, wer ich noch alles bin, wie bedeutend meine Familie im britischen Empire ist, da unterbricht er mich grob.

      »Lady Seymore. Lady Charlotte. Komm, ich zeig dir was.«

      Mit einem heftigen Ruck dreht er mich herum. Dorthin, wo die Agamemnon gerade ihren Todeskampf kämpft. Jeden Moment wird das einstmals so stolze Schiff untergehen.

      »Schau genau hin. Da drüben versinkt gerade die Lady. Hier an Bord bist du keine Lady. Du bist eine Gefangene. Du bist meine Gefangene. Du bist eine wertvolle Ware. Eine Ware, die ich für viel Geld wieder laufen lassen werde. Bis dahin bist du nichts. Hörst du? Gar nichts. Eine Sklavin. Du hast keinen Namen mehr. Keinen Titel. Nur eine zugegebenermaßen hübsche Ware.«

      Ich schlucke.

      »Und jetzt sag mir. Wer wird dein Lösegeld bezahlen? Lüg mich nicht an. Denn sonst versauerst du in meinem Kerker.«

      Was mach ich nur? Der einzige Mensch auf dieser Welt, der bereit gewesen wäre für mich zu bezahlen, geht gerade mit dem Wrack da drüben unter.

      Mein habgieriger Onkel? Den jedes Pfund reut, das er ausgeben müsste? Wir haben überhaupt keine Beziehung zueinander. Für ihn bin ich nur der verzogene Fratz seines Bruders. Zumal ich ihn vor etwa drei Jahren das letzte Mal gesehen habe. Jeder, nur er nicht. Er würde nichts bezahlen. Nicht für mich.

      Und sonst? Es gibt sonst schlicht und ergreifend niemanden auf der Welt, der mir geblieben ist. Was sag ich ihm? Ich stehe am Scheideweg. Soll ich meine Hoffnung auf den Onkel setzen? Dass dieser gewissenlose Charakter doch für mich in die Bresche springt? Was soll ich nur tun? Soll ich ihm die Wahrheit sagen? Ich werde es riskieren müssen. Vielleicht lässt er mich ja laufen, wenn er merkt, dass ich arm bin wie eine Kirchenmaus.

      Ich sehe es an seiner Miene. Er ist von dieser Auskunft alles andere als begeistert. Was wird er nun tun? Wird er seinen Maat Ibrahim holen lassen und mich der Mannschaft zum Fraß vorwerfen. Ich sehe, wie es in ihm arbeitet. Mein Schicksal hängt am seidenen Faden. Dann lässt er tatsächlich Ibrahim kommen. Schubst mich in dessen Richtung.

      »Bring sie nach unten und sperr sie in meine Kabine. Den Schlüssel bringst du mir.«

      Grob packt mich Ibrahim und zerrt mich Richtung Achterschiff. Verdammt noch mal. Sind hier denn nur Grobiane an Bord? Wissen die alle nicht, wie man sich einer Frau gegenüber benimmt?

      Es geht eine schmale Stiege hinab. Ein kurzer Gang und wir stehen vor einer Tür. Kurz darauf finde ich mich in einer engen Kabine wieder. Sie ist ziemlich kärglich eingerichtet. Kein Vergleich zu der üppigen Kapitänskajüte an Bord der Agamemnon. Durch zwei Fenster im Heck fällt Licht herein. Wenigstens bin ich jetzt allein. Ob ich in Sicherheit bin? Ich bezweifle es.

      Ich setze mich auf das Bett. Versuche meine Gedanken zu ordnen. Doch es gelingt mir nicht. Ich habe nichts. Gar nichts. Dieser Kapitän hielt es nicht einmal für notwendig, mir etwas zu geben, womit ich meine Blöße bedecken kann. Doch er hat es mir ja klar ins Gesicht gesagt, was ich für ihn bin. Ein Nichts. Und daher tue ich gut daran, auch nichts zu erwarten.

      Eine Stunde vergeht. Noch eine. Es wird schon dämmrig. Da öffnet sich die Tür und jemand drückt mir wortlos eine Schüssel mit undefinierbaren Etwas in die Hand. Daneben ein Krug mit Wasser. Auch das ist ein deutlicher Unterschied zur britischen Navy. Ich würge den Fraß hinunter und spüle mit dem brackigen Wasser nach. Hoffentlich hole ich mir da nicht irgendeine Krankheit. Ich könnte jetzt ebenso gut auf dem Mond sein. So weit bin ich von der Zivilisation entfernt. Niemand weiß, wo ich bin. Niemand weiß, dass ich überhaupt noch lebe. Verzweiflung macht sich in mir breit. Eine Träne rinnt mir über die Backe. Noch eine. Erst jetzt realisiere ich langsam, was ich verloren habe. Das Bild meines Vaters taucht vor meinem geistigen Auge auf. Wie er so leblos dalag an Deck der Agamemnon. Es verschwimmt. Plötzlich höre ich Getrampel von Seemannsstiefeln auf dem Gang. Die Tür fliegt auf. Es ist Karim Bey. Sorgsam zieht er die Tür hinter sich zu und verschließt sie. Was soll das? Warum verschließt er die Tür?

      »Runter von meinem Bett!«

      Ich gehorche, so schnell ich kann. Ich habe keine Lust, mir seinen Zorn zuzuziehen.

      »Los, zieh mir die Stiefel aus.«

      Ich packe sie. Doch sie sitzen fest.

      »Umdrehen.«

      Er stemmt seinen Fuß gegen meinen nackten Arsch. Dann darf ich mir den anderen Fuß zwischen meine Beine nehmen. Ich zittere. Die Situation ist mir ganz und gar nicht angenehm. Jetzt gelingt es mir, die Stiefel herunter zu ziehen. Erst den einen und dann den anderen. Er steht wieder auf, geht zum Fenster und öffnet es. Ein angenehmer Nachtwind streicht herein. Es fröstelt mich, aber immer noch besser als diese stickige Luft. Er streift sich sein Hemd über den Kopf. Mit nacktem Oberkörper steht er vor mir.

      »Zieh die Hose runter!«

      Ich rühre mich nicht. Ich glaube, ich habe falsch verstanden. Was bin ich doch für eine dumme Kuh. Vorhin, oben an Deck, da hatte ich irgendwie diesen Gedanken, wie es wohl wäre mit ihm intim zu werden.


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