Lucy Gray. William Wordsworth

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Lucy Gray - William Wordsworth


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kommen aus dem Schuppen und rennen über den Hof ins Haus. Sie lachen.

      Haus innen

      Allein von diesem kurzen Stück Weg kommen beide tropfnass herein. Sie lachen noch immer. Sie gehen durch den Korridor in den Wohnraum. Lucy sitzt noch immer am Tisch und schaut die beiden jetzt an.

      Lucy (zur Mutter)

      Hast du keine Eier mitgebracht?

      Dorothy sieht zunächst ihren Mann an ... und dann Lucy ...

      Dorothy

      Die hab ich vergessen ... dann muss ich wohl oder übel nochmal raus.

      William (zu Dorothy)

      Lass nur ... ich hole sie.

      Farm aussen

      William rennt wieder zum Schuppen hinüber ...

      Thirsk

      Auch in der Stadt regnet es noch immer in Strömen ... und wir erkennen ganz undeutlich eine Straße und die Häuser.

      Ein Mann verlässt ein Haus und läuft schnell die Straße hinunter, die vom Regen total überflutet wird.

      Er geht nun um eine Hausecke ... und biegt in eine andere Straße ein. Er ver­sucht, sich so gut wie möglich mit seinem Mantel vor dem Unwetter zu schützen ... und an seiner Körperhaltung können wir erkennen, dass er unter dem Mantel etwas mit sich trägt ...

      Er geht dann in ein Haus.

      Haus innen

      Unser Mann, er muss ein Bote sein, geht durch einen düsteren Korridor ... und muss dann eine Treppe hinab, die nur schwach von Kerzen beleuchtet wird ... und kommt dann in einen Raum, in dessen Mitte ein einfacher Holztisch steht, an dem im Schein einer beinahe heruntergebrannten Kerze ein etwa 40-jähriger Mann (es ist der Gefängniswärter) mit strähnigem Haar hockt und eine Suppe schlürft.

      Gefängniswärter

      Verdammt nochmal! ... kann man nicht einmal in Ruhe essen?! Hat hier einfach jedermann das Recht, mich zu stören, wann es ihm passt?!

      Bote

      Tom, entschuldige, aber ich bringe dir die Liste. Der Transport findet bereits morgen früh statt. Um 6 Uhr.

      Gefängniswärter

      Zeige mal.

      Er liest die Namen auf der Liste.

      Gefängniswärter

      Endlich, endlich werde ich dieses Gesindel los, alle zusammen. Es ist schrecklich, denn der eine jammert, der andere weint, der Dritte kotzt andauernd und beim Vierten weiß man nie, ob er noch lebt – ein Denker und natür­lich auch Dichter, sieht aber aus wie ein Reve­rend. Dabei behaupte ich, dass der Mann höchst gefährlich ist, denn mann weiß nie, was er denkt ... ich glaube, der Kerl ist im Grunde zu allem fähig. – Komm mit, du darfst dabei sein, wenn ich nun die frohe Botschaft ver­künde.

      Er lässt seine Suppe stehen und nimmt den Boten am Arm ... und geht mit ihm durch einen weiteren Korridor, der in den Zellentrakt führt. Hier sehen wir zehn Türen, fünf an jeder Seite.

      Gefängniswärter

      Könnt ihr mich alle hören?! –

      Keine Antwort ... eine beängstigende Stille herrscht.

      Gefängniswärter

      Wenn ich eine Frage stelle, dann erwarte ich eine Antwort!

      Aus drei Zellen tönt es:

      Ja. – Ja. – Ja.

      Dann geht der Gefängniswärter an das kleine vergitterte Fenster einer Tür auf der rechten Seite ... und schaut hinein.

      Gefängniswärter

      Habe ich mich getäuscht oder habe ich eure Stimme etwa nicht gehört?!

      Ein ausgemergelter etwa 50 Jahre alter Mann mit Brille hockt in einer Ecke.

      Gefängniswärter

      Mr Colley, darf ich euch bitten, mir mitzu­teilen, ob ihr meine vorherige Frage gehört habt?

      Mr Colley

      Ja, – hab ich, – Sir.

      Gefängniswärter

      Warum braucht Ihr bloß andauernd eine Sonder­einladung? Aber Ihr seid es ja anscheinend gewohnt, dass man Euch die Hände unter die Füße legen muss. Als Mann, der mit Feder und Papier umzugehen weiß, seid Ihr sicher in vornehmen Häusern ein- und ausgegangen, mit schriftlichen Einladungen natürlich. – Leider muss ich Euch nun eine Einladung mündlich überbringen (dies hatte er leise gesagt ... und nun an die anderen laut) und auch an die anderen Herrschaften in diesem ehrenwerten, stinkenden Klub. Ihr, Mr Colley (zuerst leise ... und dann wieder laut) und alle anderen, werden eine muntere Reise zuerst nach York unternehmen, wo sich noch andere Herren anschließen werden, um dann gemeinsam nach Portsmouth zu fahren!

      Ein junger Mann im Kerker

      Ihr kriegt mich nicht dorthin, ich will auf euren verdammten Schiffen nicht krepieren!

      Ältere Stimme im Kerker

      Sei still!

      Gefängniswärter

      Die Herren scheinen ja schon zu wissen, wohin die Reise geht. New South Wales ist ein viel zu mildes Urteil für euch, ich hätte euch am liebsten alle an den Galgen gebracht!

      Eine dritte Stimme

      New South Wales?! – Ich will nicht dorthin, ich will England nicht verlassen!

      Ältere Stimme

      Sei still!

      Gefängniswärter

      Um sechs Uhr morgen früh geht es los. In der Zwischenzeit wünsche ich noch eine an­genehme Nachtruhe, und gute Träume! Übrigens, es soll dort Kannibalen geben.

      Der Gefängniswärter und der Bote verlassen den Raum. Aus einer Zelle hören wir nun ein Weinen und Wimmern.

      Ältere Stimme

      Sei still!

      Dritte Stimme

      Mich kriegen die nie dorthin!

      Mr Colley sitz ruhig in seiner Ecke und putzt die Brillengläser.

      Ältere Stimme

      Mr Colley! ... von Ihnen wissen wir eigent­lich noch gar nichts! Warum wurden sie ver­urteilt?!

      Mr Colley hält mit dem Brille putzen inne.

      Mr Colley (leise)

      Ich habe ein Buch gestohlen.

      Ältere Stimme

      Was sagen Sie?! Wir verstehen nicht!

      Mr Colley

      Ich habe ein Buch gestohlen!

      Ältere Stimme

      Was?! – Ein Buch?! – Sie riskieren Ihr Leben für ein Buch?!

      Mr Colley

      Ja!

      Ältere Stimme

      Und wie viel haben Sie dafür bekommen?!

      Mr Colley

      Sieben Jahre Deportation!

      Ältere Stimme

      (Feststellend) Sieben Jahre, wie wir. (Und zu Mr Colley) War der Inhalt wenigsten gut?! Hat es sich gelohnt?

      Mr Colley

      Ich weiß es nicht, ich habe keine Zeit mehr gehabt, es zu lesen.

      Alle lachen in ihren Zellen ... und Mr Colley setzt die geputzte Brille wieder auf die Nase.

      Thirsk Straße

      Morgengrauen. Die ersten Sonnenstrahlen fluten durch die Straßen. Vor dem Gefängnis steht der bereits mit


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