Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband. Alfred Bekker

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Liebe und Schicksal im Adelshaus: 6 Romane Sammelband - Alfred Bekker


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in einem Sanatorium unterbringen zu lassen..."

      "Und wenn man ihr dort besser helfen könnte, als dies auf Schloss Eichenbach möglich ist?"

      "Niemand kann ihr im Moment helfen, Wilfried. Das ist leider die traurige Wahrheit. Wenn es eine Heilung für sie gibt, dann dauert sie sehr lange. Du weißt doch, was die Ärzte darüber gesagt haben..."

      "Aber es geht nicht an, dass diese Person versucht, mein Leben zu zerstören. Sei sie nun krank oder nicht!"

      "Deine Mutter kann ja noch einmal mit ihr reden. Auf sie hört sie noch ehesten..."

      Wilfried seufzte. "Gut", sagte er schließlich. "Man kann es ja wenigstens versuchen..." Die Schatten des lodernden Feuers tanzten auf dem Gesicht des Fürstensohnes. Er wirkte nachdenklich und in sich gekehrt. Sein Vater bemerkte die düstere Stimmung seines Sohnes sehr wohl. Er beugte sich etwas vor.

      "Worüber denkst du nach, Wilfried?", fragte er schließlich vorsichtig.

      Wilfried fuhr sich mit einer fahrigen Geste durch das Haar.

      Sein Gesicht bekam einen beinahe verzweifelten Ausdruck.

      "Christianes Verhalten geht mir ziemlich an die Nieren", erklärte er dann. "Einerseits natürlich, weil es um das Wohlbefinden meiner zukünftigen Frau geht. Und das ist mir sehr wichtig. Aber andererseits..."

      Er stockte und sprach nicht weiter.

      "Was?", hakte Fürst Friedrich nach.

      Er musterte seinen Sohn sehr aufmerksam.

      "Jedesmal wenn Christiane ihre absurden Anschuldigungen ausstößt, dann reißt das alte Wunden wieder auf. Wunden, die ich längst vernarbt glaubte..."

      "Ich verstehe dich gut, mein Sohn. Und ich kann auch nachvollziehen, dass du dir eher heute als morgen wünschen würdest, dass Christiane Schloss Eichenbach verlässt...."

      "So habe ich das nie gesagt!", unterbrach Wilfried sogleich seinen Vater.

      Dieser hob beschwichtigend die Hand. "Ja, gewiss. Aber ich bin sicher, dass du es gedacht hast. Dafür brauchst du dich nicht zu schämen, das ist nur natürlich. Aber du solltest auch bedenken, dass wir eine Verantwortung gegenüber Christiane haben. So schwierig sie manchmal sein mag - sie gehört zur Familie." Fürst Friedrich atmete tief durch und fügte dann nach kurzer Pause hinzu: "Aber natürlich hat alles seine Grenzen..."

      12

      Wirre Träume plagten Susanne in der folgenden Nacht. Sie konnte einfach keine Ruhe finden und wand sich immer wieder in den Kissen. Am Morgen fühlte sie sich wie gerädert.

      Eigentlich war für den Vormittag ein Ausritt geplant, aber Susanne war nicht sicher, ob sie das nicht lieber absagen sollte. Die junge Baroness machte sich frisch und zog zunächst ein schlichtes blaues Sommerkleid an. Vielleicht weckt das Frühstück ja deine Lebensgeister wieder, dann kannst du dich ja hinterher noch passend zum reiten umziehen, dachte Susanne.

      Das Frühstück sollte an diesem Morgen im Salon serviert werden.

      Auf dem Weg dorthin hörte Susanne zufällig Bruchstücke eines Gesprächs mit an, als sie die Treppe zur Eingangshalle erreichte. Ein Mann und eine Frau unterhielten sich. Der Mann war Johann, der Kammerdiener der Eichenbachs.

      Bei der Frau handelte es sich um eines der Zimmermädchen, die jeden Vormittag die Räume des Schlosses in Ordnung brachten.

      "Ich kann Wilfried von Eichenbach verstehen, wenn er Komtesse Christiane so schnell wie möglich loswerden will", tuschelte das Zimmermädchen. "Er wäre dann doch auch endlich diese Anschuldigungen los, mit denen die Komtesse ihn immer wieder behelligt..."

      "Nadine, woher wissen Sie denn, dass Wilfried solche Pläne hegt?", fragte Johann mit empörtem Unterton.

      "Ich sage nur, was ich so gehört habe... und die Gerüchte des Personals sind doch oft verlässlichere Informationsquellen als die offiziellen Verlautbarungen eines Fürstenhauses!"

      Susanne hielt an und wartete. Die beiden konnten sie noch nicht sehen. Eigentlich war es nicht ihre Art, andere bei privaten Gesprächen zu belauschen. Aber in diesem Fall konnte sie einfach nicht widerstehen. Sie hatte das Gefühl, einem düsteren Geheimnis, ganz nah auf der Spur zu sein.

      Einem Geheimnis, das vielleicht besser nicht aufgedeckt wurde...

      Susanne hielt den Atem an.

      "Etwas eigenartig sind die Umstände ja schon, unter denen die erste Verlobte des jungen Fürsten verschwand. Wie hieß sie doch noch gleich? Lisa Reindorf oder so ähnlich..."

      "Nun Tatsache ist, dass nie wieder jemand etwas von ihr hörte..."

      "Sie waren doch damals schon hier, auf Schloss Eichenbach..."

      "Ja, das ist richtig..."

      "Ein Wagen soll Lisa Reindorf abgeholt haben..."

      "Ich war in jener Nacht sehr lange auf, weil ich wegen des Vollmondes nicht einschlafen konnte. Aber von einem Wagen habe ich nichts bemerkt..."

      "Die Fürstin hat ihn gehört!"

      "Das ist richtig."

      "Vielleicht wollte sie mit ihrer Behauptung ihrem Sohn unangenehme Fragen der Polizei ersparen und die Ermittlungen von ihm ablenken."

      "Ich glaube, Sie gehen jetzt zu weit, Nadine!"

      "Wirklich?"

      Eine Pause entstand.

      Susanne erwog bereits, nun endlich die Treppe zur Eingangshalle hinabzusteigen und sich bemerkbar zu machen. Einen Moment später war sie froh, es nicht getan zu haben.

      Das Zimmermädchen Nadine sprach jetzt sehr gedämpft. Ihre Worte waren kaum lauter als ein Wispern. "Haben Sie schonmal über die Möglichkeit nachgedacht, dass Wilfried vielleicht doch etwas mit dem Verschwinden seiner ersten Verlobten zu tun haben könnte?"

      "Nadine!", entfuhr es Johann geradezu empört.

      "Hat Christiane sich mit ihren Behauptungen irgendwann einmal an die Polizei gewandt!"

      "Natürlich. Aber..."

      "...auf Grund Ihrer Krankheit hat man sie dort nicht ernst genommen, nicht wahr?"

      "So ist es", bestätigte Johann.

      "Vielleicht hätten die Ermittlungen einen ganz anderen Lauf genommen, wenn man das getan hätte!"

      Ein Geräusch ließ die beiden augenblicklich verstummen.

      Es war Fürstin Margarethe, die aus einem der Flure in die Empfangshalle trat.

      "Johann, gut, dass ich Sie treffe. Haben Sie eine Ahnung, wo sich Baroness Susanne befindet?"

      "Leider nein, Durchlaucht..."

      Dies war für Susanne das Stichwort, nun endlich die Treppe hinunterzuschreiten.

      Die Fürstin begrüßte sie sehr herzlich, aber es entging Susanne nicht, dass sie ihr gegenüber etwas angespannt wirkte. "Nun, das Frühstück wartet bereits auf Sie, Susanne... aber ich möchte vorher kurz mit Ihnen sprechen. Unter vier Augen."

      "Gewiss", sagte Susanne.

      "Dann lassen Sie uns ins Musikzimmer gehen."

      Fürstin Margarethe führte Susanne in einen Raum, in dem sie zuvor noch noch nie gewesen war. Angesichts der Vielzahl der Zimmer auf Schloss Eichenbach war das alles andere als verwunderlich. Immer wieder gab es in diesem ausgedehnten Bauwerk neue Räumlichkeiten zu entdecken.

      Das Musikzimmer wurde farblich von Holztönen beherrscht.

      Durch die hohen Fenster fiel Sonnenlicht und tauchte die Einrichtung in ein mildes Licht. Ein Flügel aus Nussbaum befand sich in der Mitte des Raumes und an den Wänden waren mehrere Dutzend alter Instrumente aufgehängt. Geigen, Bratschen und verschiedene Querflöten.


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