Die Stadt der Sehenden. Жозе Сарамаго

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Die Stadt der Sehenden - Жозе Сарамаго


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traut er sich nicht, seine Brieftasche und seinen Ausweis mit Foto, Siegel und dem Bändchen in den Farben der Nationalflagge hervorzuholen, der ihn als solchen zu erkennen gibt. Doch das war, wie gesagt, am Anfang. Irgendwann hieß es nämlich, die beste Reaktion in solchen Situationen sei, dem Fragensteller gar nicht erst zu antworten, sondern ihm einfach die kalte Schulter zu zeigen oder, sollte er besonders aufdringlich sein, laut und deutlich auszurufen, Lassen Sie mich in Ruhe, wenn man ihn nicht lieber gleich, noch einfacher und wirkungsvoller, zum Teufel jagte. Natürlich blieben solche Missgeschicke und Rückschläge in den Berichten an die Vorgesetzten unerwähnt, wurden vertuscht, und alles wurde nur auf das hartnäckige, systematische Fehlen jeglicher Kooperationsbereitschaft seitens der verdächtigen Bevölkerung zurückgeführt. Man könnte meinen, all diese Geschehnisse hätten irgendwann zu einer Situation führen müssen, die einem Kampf zwischen zwei ebenbürtigen Gegnern gleichkommt, in dem der eine hier zieht und der andere da, und so wie keiner einen Fingerbreit zurückweicht, kommt auch keiner voran, weshalb nur die endgültige Erschöpfung des einen dem anderen zum Sieg verhelfen kann. Nach Meinung des obersten Verantwortlichen des Geheimdienstes könnte diese Pattsituation mühelos aufgehoben werden, indem ein Kämpfer Unterstützung von einem anderen Kämpfer erhält, was in dieser konkreten Situation dadurch zu erreichen wäre, dass man die bisher ergriffenen beschwichtigenden Maßnahmen aussetzt, da sie sich als untauglich erwiesen haben, und vorbehaltlos zu den abschreckenden Maßnahmen übergeht, welche die Anwendung brutaler Gewalt nicht ausschließen. Wenn die Hauptstadt sich aufgrund ihres wiederholten Fehlverhaltens unter Belagerung befand, wenn es den Streitkräften oblag, Disziplin zu erzwingen und im Falle schwer wiegender Verstöße gegen die Gesellschaftsordnung hart durchzugreifen, wenn die Oberkommandos sich mit ihrem Ehrenwort verpflichtet hatten, im Ernstfall nicht zu zögern, dann war es Aufgabe der Geheimdienste, entsprechende Brandherde zu entfachen, die a priori die Härte einer Repression rechtfertigten, welche die Regierung bisher so großzügig mit friedlichen, beschwichtigenden Maßnahmen, das Wort sei hier wiederholt, zu vermeiden gesucht hatte. Und die Aufständischen könnten hinterher nicht mit Klagen kommen, hatten sie es doch so gewollt und nun so bekommen. Als der Innenminister mit diesem Vorschlag in das inzwischen gebildete kleine oder auch Krisenkabinett kam, erinnerte ihn der Premierminister daran, dass er noch eine Waffe in der Hinterhand habe, um den Konflikt zu lösen, und dass er den neuen Plan oder auch andere bis dahin vorliegende nur in dem unwahrscheinlichen Fall ihrer Unwirksamkeit in Betracht ziehen werde. Während der Innenminister sein Missfallen lakonisch, in nur vier Worten bekundete, Damit verlieren wir Zeit, benötigte der Verteidigungsminister mehr Worte, um zu beteuern, dass die Streitkräfte ihre Pflicht zu erfüllen wüssten, So, wie sie es im Laufe unserer Geschichte ohne Rücksicht auf Verluste stets getan haben. Also wurde die heikle Frage vertagt, die Frucht schien noch nicht reif zu sein. Da riskierte der Gegner, des Wartens müde, einen Vorstoß. An einem der folgenden Morgen gingen die Hauptstadtbewohner zuhauf auf die Straße, mit rot-schwarzen Aufklebern auf der Brust, worauf geschrieben stand, Ich habe weiß gewählt, aus den Fenstern hingen große Plakate, die schwarz auf rot erklärten, Wir haben weiß gewählt, doch das Beeindruckendste war ein endloser, über den Köpfen der Demonstranten wogender und mit ihnen fortschreitender Teppich aus weißen Fahnen, der einen verwirrten Korrespondenten ans Telefon eilen und seiner Zeitung mitteilen ließ, die Stadt habe sich ergeben. Die Stimmen aus den Polizeilautsprechern überschlugen sich, Menschenansammlungen von über fünf Personen seien verboten, brüllten sie, doch die Menschen waren zu fünfzig, zu fünfhundert, fünftausend, fünfzigtausend, wer stellt sich in einer solchen Situation schon hin und zählt fünf und fünf ab. Die Polizeiführung wollte wissen, ob sie Tränengas und Wasserwerfer einsetzen sollte, der General der nördlichen Division, ob er Panzer losschicken dürfe, der General der luftgestützten südlichen Division, ob die Bedingungen für einen Fallschirmjägereinsatz gegeben seien oder ob man davon absehen sollte, weil das Risiko zu groß sei, dass die Springer auf die Dächer stürzten. Der Krieg stand also kurz bevor.

      Da endlich enthüllte der Premierminister vor der im Plenarsaal unter Vorsitz des Staatschefs versammelten Regierung seinen Plan, Es ist an der Zeit, dem Widerstand das Rückgrat zu brechen, sagte er, Schluss mit dem psychologischen Feldzug, den Spionagemanövern, Lügendetektoren und anderen technischen Gerätschaften, haben sie doch trotz der verdienstvollen Bemühungen des Herrn Innenministers nichts zur Lösung unseres Problems beigetragen, und ich will an dieser Stelle auch gleich hinzufügen, dass ich angesichts des zu erwartenden Blutbads, das es unter allen Umständen zu vermeiden gilt, eine direkte Intervention der Streitkräfte für unangebracht halte, was ich Ihnen im Gegenzug vorschlagen möchte, ist nichts Geringeres als ein Rückzug auf verschiedenen Ebenen, eine Reihe von Aktionen, die einigen von Ihnen vielleicht absurd vorkommen mögen, die uns jedoch nach meinem Dafürhalten mit Sicherheit den endgültigen Sieg und die Rückkehr zu demokratischer Normalität bringen werden, und diese Aktionen sind, nach Wichtigkeit geordnet, der sofortige Rückzug der Regierung in eine andere Stadt, welche neue Landeshauptstadt werden wird, der Rückzug sämtlicher noch hier befindlicher Streitkräfte und Polizeieinheiten, durch dieses radikale Vorgehen bleibt die aufständische Stadt sich selbst überlassen, hat alle Zeit der Welt zu begreifen, was es heißt, von der heiligen nationalen Einheit abgetrennt zu sein, und wenn sie die Isolation, die Entwürdigung und Verachtung nicht mehr aushält, wenn das Leben dort drin sich in Chaos verwandelt hat, werden die reumütigen Städter gesenkten Hauptes zu uns kommen und um Vergebung bitten. Der Premierminister blickte in die Runde, Das ist mein Plan, sagte er, ich stelle ihn hiermit zur Prüfung und Diskussion, brauche aber wohl nicht eigens hinzuzufügen, dass ich mit seiner einstimmigen Annahme rechne, extreme Übel erfordern extreme Mittel, und mag das Mittel, das ich Ihnen vorschlage, auch schmerzlich sein, so ist das Übel, das uns befallen hat, tödlich.

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